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Verfahren zur.-Darstellung von organischen Rhodanverbindungen Es wurde
ein neues und eigenartiges Verfahren zur Einführung von Rhodangruppen in organische
Verbindungen gefunden, wonach organische Rhodanverbindungen in reinem Zustand in
sehr guter Ausbeute entstehen.
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Das neue Verfahren besteht darin, daß man auf die zu rhödanierende
organische Verbindung ein anorganisches Rhodanid in gelöster Form und gleichzeitig
ein Halogen zur Einwirkung bringt. Es unterscheidet sich hierdurch grundsätzlich
von den bisher in der Literatur beschriebenen Verfahren zur Einführung von Rhodangruppen,
bei denen in indifferenten und organischen Mitteln durch Einwirkung von Halogen
auf unlösliche Schwermetallrhodanide freies Rhodan erzeugt und dieses in naszierendem
oder molekularem Zustande auf die zu rhodanierende Substanz zur Einwirkung gebracht
wird (vgl. Söderbäck, Annalen 419 [1919], 273 und Patent 404 r75).
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Bei der praktischen Ausführung des vorliegenden. Verfahrens löst man
das Rhodansalz entweder in Wasser oder in einer Mineral-oder organischen Säure und
fügt das Halogen dem aus der Rhodanidlösung und der-organischen Verbindung bestehenden
Reaktionsgemisch zu. Besonders vorteilhaft arbeitet man in einer essigsauren oder
ameisensauren Lösung. Die Tatsache, daß unter diesen "Reaktionsbedingungen die Einführung
von Rhodangruppen in organische Verbindungen gelingt, ist in. mehrfacher Hinsicht
überraschend. Es konnte nicht vorausgesehen werden, da:ß das Halogen zunächst Rhodan
frei machen würde, man mußte vielmehr erwarten, daß das Halogen die organische Substanz,
insbesondere die leicht substituierbaren, aromatischen Körper angreifen würde. Es
ist ferner bemerkenswert, daß das frei gemachte Rhodan, auch in den Fällen, in welchen
wasserhaltige Medien angewandt werden, nicht die bekannte Zersetzung erleidet.
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Das folgende Formelschema diene zur Erläuterung des wahrscheinlichen
Reaktionsverlaufes des vorliegenden Verfahrens; als einfaches Beispiel sei die Rhodamerung
des Anilins gewählt:
Es gelingt nach dem neuen Verfahren aber auch, mehrere Rhodangruppen sowohl in aliphatische
als auch aromatische Verbindungen einzuführen.
Die organischen Rhodanverbindungen,
die man nach vorliegendem Verfahren in reinem Zustand mit sehr guter Ausbeute erhält,
sind therapeutisch wertvoll und haben Bedeutung als Zwischenprodukte für die Herstellung
von Farbstoffen. Sie bilden ferner mannigfaltige Umwandlungsprodukte, die sich ebenfalls
zur Herstellung von Farbstoffen und pharmazeutischen Produkten verschiedenster Art
eignen.
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Werden Rhodangruppen in Farbstoffe, sei es basischer oder saurer Natur,
einsgeführt, so werden die Nuance und die Echtheitseigenschaften, derselben in günstiger
Weiste b eeinflußt.
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Beispiel i i # 2-Dirhodanäthan a) 25 Teile Natriumrhodanid werden
in i 5o Teilen Essigsäure (96prozentig) gelöst. Unter guter Kühlung und Turbinieren
werden 4thylen und Chlor durch die Lösung geleitet, derart, daß für einen überschuß
des ersteren gesorgt ist. Nach Beendigung der Reaktion findet sich das Äthylendirhodanvd
vom Schmelzpunkt 9o° teils im Niederschlag, teils in der Lösung und kann mit organischen
Lösungsmitteln extrahiert werden. Um ständig einen überschuß an Rhodanid zu haben,
empfiehlt sich der Zusatz eines Ferrnsalz.es. Wenn die Menge des angewandten Chlors
zu groß wird, verschwindet die Farbe des Ferrirhodanids.
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b) io Teile Natriumrhodani,d werden in 6oTeilenSalzsäure (i 5prozentig)
gelöst. Durch die gut gekühlte Lösung geht ein lebhafter Äthylenstrom, während 6
Teile Brom, gelöst in Salzsäure, langsam eintropfen. Das entstandene Äthylendirhodanid
wird wie im Beispiel a isoliert.
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In gleicher Weise kann Acetylen rhodaniert werden.
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Beispiele Styroldirhodanid i Teil Styrol wird in s Teilen Essigsäure
(96prozentig) gelöst. Dazu kommen 2 Teile Natriumrhodanid in, 2o Teilen des gleichen
Lösungsmittels. Zu dem gekühlten Gemisch werden 1,6 Teile Brom, im gleichen Lösungsmittel
gelöst, nach und nach zugefügt. Die klare Lösung wird nach 5 Minuten in das gleiche
Volumen Wasser eingegossen. Das sich anfangs ölig ausscheidende Reaktionsprodukt
erstarrt nach einiger Zeit zu einem Kristallbrei, der nach dem Umkristallisieren
aus Wasser das bei ioi° schmelzende i-Phenyl-i, 2-dirhodanäthan liefert. Beispiel
3 Anetholdirho danid 2,8 Teile Anethol werden. in 5o Teilen Essigsäure gelöst, die
9 Teile Natriumrhodanid enthält. 3 Teile Brom fließen unter guter Kühlung allmählich
zu. Nach kurzer Zeit wird das gleiche Volumen Wasser zugesetzt, worauf sich beim
Stehen in der Kälte das bei 8i°schmelzendei-p-Methoxy-phenyl-i,2-dirhodanpropan
ausscheidet.
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Beispiel 4 Rho da na ni lim a) 56 Teile Anilin werden zu iooo
Teilen einer gesättigten wäßrigenLösungvonRhodanammonium gegeben. Dann läßt man
96 Teile Brom unter gutem Kühlen und Rühren zufließen. Man kühlt die Lösung mit
einer Kältemischung, und nach einiger Zeit scheidet sich das gebildete p-Rhodananilin
in Form seines rhodanwasserstoffsauren Salzes ab. Es wird durch Waschen mit einer
Sodalösung zersetzt. Das so erhaltene p-Rhodananilin schmilzt nach dem Umkristallisieren
aus heißem Wasser bei 57 bis 58° (s. Annalen 419 [19191, 271).
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b) Man gibt eine Lösung von 46 Teilen Anilin in _ i2o Teilen Essigsäure
zu einer Lösung von 25o Teilen Rhodannatrium in 13oo Teilen Essigsäure. Dann läßt
man 96 Teile Brom unter gutem Rühren, und Kühlen zwtropfen. Nach einiger Zeit scheidet
sich das gebildete p-Rhodanlannlin fast farblos aus der gut gekühltem Lösung ab.
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Das Filtrat wird mit ungefähr dem dreifachen Volumen; Wasser verdünnt
und mit fester Soda neutralisiert. Dabei scheiden sich Kristalle ab, die nach dem
Umkristallisieren aus heißem Wasser bei 198° schmelzen. Sie sind wahrscheinlich
das bisher unbekannte 2, 4-DLrhodananfin.
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Beispiel 5 Diphenylamin-rhodanid -2 Teile Diphenylamin werden in 7
5 Teilen verdünnter (i 5prozentiger) Schwefelsäure gelöst, und dann werden 2o Teile
Rhodannatrium, im gleichen Lösungsmittel gelöst, zugegeben. Nachdem eine Lösung
der berechneten Menge Brom in verdünnter Schwefelsäure unter gutem Kühlen zugeflossen
ist, wird die Lösung mit einer Kälternvschung gekühlt, und nach einiger Zeit scheidet
sich das gebildete p-Di,-rhodandiphenylamin in Form von gelben Flocken ab. Nach
dem Umkristallisieren aus verdünntem Alkohol schmilzt es bei 12o° (s. Annalen 419
[1919], 276).
Beispiel 6 Rho dansalicylsäure 14 Teile Salicylsäure
und 4o Teile Rhodannatrium werden in 3oo Teilen Ameisensäure unter Erwärmen gelöst.
Dann fügt man 30 Teile Brom, in demselben Lösungsmittel gelöst, hinzu. Eventuell
sich ausscheidende Polymerisationsprodukte werden durch Abfiltrieren entfernt. Dann
gießt man auf Wasser und .extrahiert mit organischen Lösungsmitteln. Nach dem Abdunsten
derselben hinterbleibt als Rückstand die 5-Rh@dansalicylsäure, die in reinem Zustand
bei 165-schmilzt (s. Ber. 56 [1923], 2519 und 58 [19251, 1556).
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Beispiel 7 Rhodan-a-naphthol 42 Teile a-Naphthol werden in Zoo Teilen
Essigsäure und 9o Teile Rhodannatrium in 65o Teilen Essigsäure gelöst und zu der
Mischung beider Lösungen 48 Teile Brom, gelöst in i5o Teilen. Essigsäure, hinzugefügt.
Die klare Lösung wird dann mit etwa dem dreifachen Volumen Wasser verdünnt, und
nach einiger Zeit scheidet sich ein Kristallbrei ab. Dieser wird abfiltriert und
in, Äther gelöst, der Äther abgedunstet und der Rückstand aus Schwefelkohlenstoff
umkristallisiert. Man erhält das 4-Rhodan; i-naphthol vom Schmelzpunkt 113" (s.
Ber. 58 [i925], 1555). Beispiel 8 Dirhodan-ä-n,aphthol i o Teile a-Naphthol werden
in 12o Teilen Essigsäure und 8o Teile Rhodankalium in 35o Teilen Essigsäure gelöst
und zur Mischung beider Lösungen i9 Teile =Brom, gelöst in i2o Teilen Essigsäure,
zugefügt. Der sich bald nachher abscheidende Kristallbrei wird abfiltriert und gewaschen.
Der Rückstand wird in Alkohol gelöst und die alkoholische Lösung durch Wasserzusatz
gefällt. Man erhält so als einen neuen Körper das 2, 4-Dirhodan-i-naphthol in Form
von gelblichen Nadeln vom Schmelzpunkt 118 bis i i 9° (unter Zersetzung).
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In gleicher Weise kann man eine oder zwei Rhodangruppen in (3-Naphthol
einführen. Beispiel 9 D irho dan-a-nap hthylamin a) 2o Teile ca-Naphthylamin werden
in 40o Teilen einer gesättigten w"aßrigen Lösung von Rhodanammonium suspendiert,
dann 3o Teile Brom unter gutem Kühlen zugegeben. Das ausgefallene rötliche Reaktionsprodukt
wird filtriert, mit Sodalösung gewaschen und .aus Alkohol umkristallisiert. Man
erhält so einen neuen Körper, der wahrscheinlich das 2, 4-Dirhodan-a-naphthylaminist.
Er ist leicht löslich in -den üblichen organischen Lösungsmitteln und schmilzt bei
2o4°.
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b) 42 Teile a-Naphthylamin werden: in Zoo Teilen Essigsäure und 17o
Teile Rhodannatrium in 88o Teilen Essigsäure gelöst und zur Mischung beider Lösungen
96 Teile Brom, gelöst in 25o Teilen Essigsäure, zugegeben. Der gebildete weiße Niederschlag
wird abfiltriert und aus Alkohol umkristallisiert. Er ist mit dem unter a erhaltenen
Produkt identisch.
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Beispiel io Rhodan-(3-naphthylamin Zu einer Lösung von 71 Teilen (3-Naphthylamin
in 45o Teilen Essigsäure gibt man eine Lösung von 16o Teilen Rhodannatrium in i
Zoo Teilen Essigsäure. Zur Mischung, in der das rhodanwasserstoffsaure Salz des
(3-Naphthylamins teilweise ausfällt, läßt man 8o Teile Brom unter Kühlung zutropfen.
Während des Bromzusatzes verschwindet der Niederschlag, und die Lösung wird klar.
Nach Einlaufen der ganzen Brommenge bildet sich nach einiger Zeit ein neuer Niederschlag,
der filtriert und mit Sodalösung gewaschen wird. Nach dem Umkristallisieren aus
Alkohol, Benzol oder Tetrachlorkohlenstoff wird ein neuer Körper erhalten, der in
den üblichen Lösungsmitteln leicht löslich ist, bei i5o bis 15q.° sintert und bei
etwa 261° unter völliger Zersetzung schmilzt. Er ist wahrscheinlich das bisher unbekannte
i-Rb.odan-2-naphthylamin.
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Will man die Rhodanide nicht als solche benutzen, sondern Derivate
derselben, so ist es nicht immer nötig, diese zu isolieren. Zur Beschreibung diene:
Beispiel ii 1,2 Teile Antipyrin werden zusammen mit 2 Teilen Natriumrhodanid in
3o Teilen Essigsäure gelöst. Hierzu tropft man 1,6 Teile Brom im gleichen Lösungsmittel.
Das das Monorhodanid des Antipyrins enthaltende Reaktionsgemisch wird darauf mit
dem gleichen Volumen Wasser verdünnt und mit Natronlauge bis zur schwach alkalischen
Reaktion versetzt. Die sich gelb färbende Flüssigkeit scheidet nach kurzer Zeit
inbe,ster Ausbeute Kristalle aus, die nach dem Waschen mit Wasser und Trocknen ohne
weitere Reinigung bereits den Schmelzpunkt 256° des Bis-i-phenyl-2, 3-dimethyl-5-pyrazolonyl-4-dis.ulfids
zeigen.