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Verfahren zur Zerlegung von Kokereiteer ohne Destillation. In den
Patenten 420 394. 430 438 und 433 455 sind Verfahren geschützt, um Steinkohlenurteer
ohne Destillation zu zerlegen und auf diese Weise große Mengen als Schmieröle brauchbare
Produkte zu gewinnen. Bei dieser schonenden Behandlungsweise wird die Viskosität
der Urteerbestandteile vollständig erhalten, während durch die übliche Destillation
des Urteers infolge weitgehender Umwandlungsreaktionen, die durch die hohen Temperaturen
ausgelöst werden, die Destillate ihre Viskosität zum größten Teil eingebüßt haben.
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Wird nun Kokereiteer, der infolge seiner eigenen Entstehungsart bei
den hohen Temperaturen des Koksofens mit dem Urteer kaum etwas gemeinsam hat, in
ähnlicher Weise aufgearbeitet, so ergeben sich für das Verfahren einige Schwierigkeiten,
deren Beseitigung für die Wirtschaftlichkeit der Arbeitsweise und für die Beschaffenheit
der Endprodukte von höchster Bedeutung war. Die Einzelheiten seien im nachfolgenden
näher beschrieben und durch Beispiele erläutert.
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Im rohen Kokereiteer ist bekanntlich ein aus Benzol und seinen Homologen
bestehendes Leichtöl vorhanden. Wenn man nun aus dem Rohteer mit Petrolbenzin die
Asphaltstoffe abscheidet, so muß das Benzin bei wiederholter Benutzung sich mit
dem zum größten Teil ähnlich siedenden Leichtöl anreichern und zur Asphaltabscheidung
mit der Zeit immer ungeeigneter werden, da die Leichtöle dies Teers auf Asphalte
lösend wirken. Nach einer relativ kleinen Anzahl von Operationen wäre man gezwungen,
da Petrolbenzine und Leichtöl des Teers durch Fraktionierung nicht zu trennen sind,
frisches Benzin dem Betriebe zuzuführen. Selbst wenn man das leichtölhaltige Benzin
als Motorbetriebsstoff verwendet, würde man, abgesehen von der Wertminderung des
Petrolbenzins, den beabsichtigten volkswirtschaftlichen Vorteil, Deutschland in
bezug auf Schmieröle vom Ausland unabhängig zu machen, dadurch illusorisch. machen,
daß mehr Benzine eingeführt werden müßten. Es wurde nun- so gearbeitet, daß man
den Rohteer zuerst durch das übliche Abtreiben bis zoo° von Wasser und Leichtöl
befreit und dann erst den leichtölfreien Teer nach Abkühlen auf gewöhnliche Temperatur
mit Benzin behandelt. Auf diese Weise gewinnt man das wertvolle Leichtöl des Teers
und kann das Benzin praktisch unbegrenzt lange gebrauchen, da es ja infolge der
Siedeunterschiede
vollkommen wiedergewonnen werden kann.
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Um die Viskosität des aus dem Kokereiteer mit Hilfe von Benzin gewonnenen
Öls zu erhöhen, kann man bekanntlich so verfahren, daß man die leichter siedenden
Anteile abdestilliert. Durch Abtreiben ,des Leichtöls bis zur Naphthalinfraktion
(etwa 250') erhält man z. B. aus einem Öl mit einer Viskosität von i,7° E
bei 5o° C ein Öl mit einer Viskosität von 6° E bei 50° C. Es wurde nun gefunden,
daß es zweckmäßiger ist, schon im Anschluß an die Leichtölabtreibung auch die Naphthalinfraktion
abzudestillieren und erst dann den bis etwa :245' abgetriebenen Teer mit Benzin
zu entasphaltieren. Als besonderer Vorteil dieser Arbeitsweise ist noch anzugeben,
daß außer dem Naphthalin auch fast noch alle Phenole aus dem Öl entfernt und gewonnen
werden.
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Das im Kokereiteer vorhandene Anthracen neigt bekanntlich z. B. auch
beim Teerfettöl zu kristallinischer Ausscheidung. Diese Satzbildung ist zwar bei
den nach dem zu-. letzt erwähnten Verfahren gewonnenen Produkten weniger groß, da
der Asphalt Anthracen mitreißt, immerhin hat es sich als notwendig herausgestellt,
auch die geringen Anthracenmengen zu beseitigen, da gerade diese die Qualität der
Öle beeinträchtigen.
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Das Anthracen ist im Teeröl weit besser löslich als im Benzin, aber
auch Benzin vermag einige Prozent Anthracen zu lösen. . Es wird nun gemäß vorliegender
Erfindung nur so viel Benzin angewendet, um die Asphalte eben noch vollkommen genug
abzuscheiden; es genügt nach den Versuchsergebnissen die doppelte Menge an Benzin.
Beim Abkühlen der Benzinlösung, die sich beim Entasphaltieren ergibt, fällt ein
.erheblicher Teil des Anthracens aus und kann durch Filtrieren oder Zentrifugieren
entfernt werden. Geringe Mengen Benzin setzen demnach die Löslichkeit des Teeröls
für Anthracen herab, während größere Benzinmengen diesen Vorteil aufheben, da Benzin
seinerseits auch Anthracen zu lösen vermag. Die Verringerung der zur Asphaltausscheidung
notwendigen Benzinmenge hat aber auch noch den großen .Nutzen, daß wir mit kleineren
Apparaturen auskommen und beträchtlich an Destillationskosten der Wiedergewinnung
sparen.
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Zur Herstellung von sehr guten 0.ualitätsschmierölen sind folgende
Arbeitsweisen sehr geeignet: Man treibt außer dem Leichtöl und der Naphthalinfraktion
auch noch höhersiedende Fraktionen (Anthracenöl) ab, kühlt die nach der Naphthalinfraktion
erhaltenen Destillate ab, filtriert sie von Ausscheidungen, setzt sie dann dem Destillationsrückstand
wieder zu und bringt ihn durch gelindes Erwärmen wieder in, Lösung, dann erst wird
in obiger Weise entasphaltiert. Man geht dabei von der Beobachtung aus, daß Teerbestandteile,
die zur Asphaltbildung neigen, bei den nunmehr verwendeten hohen Destillationstemperaturen
rasch verdicken und bei der nach-_folgiendeii Entasphaltierung ebenfalls abgeschieden
werden. Es ist einleuchtend, daß auf diese Weise die Ölausbeute sich verringert
(relativ ist sie immer noch recht hoch), die Oüalität der Öle aber beträchtlich
verbessert wird. Ein, so gewonnenes Öl muß selbst bei -hohen Temperaturen brauchbar
-sein, da die Teile, welche in der Hitze polymerisieren und unliebsame Verdickungen
hervorrufen, durch die neue Behandlungsart schon entfernt sind. Als zweckmäßig hat
es sich ergeben, nicht zu hoch abzutreiben, da sonst auch viskose Anteile vernichtet
werden. Ohne an genaue Grenzen gebunden zu sein, werden als vorteilhaft zu wählende
Endtemperaturen etwa 325' C angewendet (Übergangstemperatur).
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In dem Bestreben, vom Auslande ganz unabhängig zu sein, wurden auch
andere als Petrolbenzine versucht und z. B. in den Urteerbenzinen ein vollwertiger
Ersatz gefunden. Da die Urteerbenzine etwas weniger Asphalte (anscheinend nur die
Hartasphalte), sind die erhaltenen Öle bei sonst ähnlichen Eigenschaften etwas viskoser.
Die Arbeitsweisen sind nicht streng an die angegebenen Versuchsbedingungen geknüpft,
sie können, wie es ja auch erklärlich ist, in recht weiten Grenzen variiert werden.
Die in den folgenden Beispielen eingeteilten Werte gelten nur für einen speziellen
Kökereiteer, bei anderen Teersorten werden auch andere Ergebnisse sich einstellen.
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Beispiel i.
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Rohteer iooo Gewichtsteile werden bis 2oo° C abgetrieben, 5o Gewichtsteile
Wasser und Leichtöl destillieren ab. Die 95o Gewichtsteile Destillationsrückstand
werden nach Abkühlen finit igoo g Petrolbenzin gut verrührt und etwa :24 Stunden
sich selbst überlassen. Sehr zweckmäßig ist eine Kühlung mit Wasser oder besser
mit Eis. Die Benzinlösung wird dann vom Asphalt abgetrennt, das Benzin abgetrieben,
ebenso aus dem Asphalt die geringen Mengen anhaftenden Benzins. Es wird erhalten
(benzinfreie Produkte)
Asphalt - q.3o Gewichtsteile = 43 Prozent des Rohteers, |
01 = 48o - = 48 - - - , a |
Aus dem Öl wird zur Erhöhung der Viskosität die Naphthalinfraktion
(bis etwa 245') abgetrieben und das
01 nach nochmaligem Stehenlassen unter
Abkühlung von geringen Anthracenausscheidungen abfiltriert oder zentrifugiert. Erhalten
werden:
Anthracen = 7 Gewichtsteile - o,7 Prozent des Rohteers, |
Naphthalinfraktion = loo - = 10,0 - - - |
Reines 01 = 373 - = 37,3 - - - , |
Die Konstanten des Ols sind Viskosität - 3 ° Engler bei
50' C, Stockpunkt
= 8° C, Flammpunkt = 132' C. Der Asphalt wird als Weichpech verwertet. Beispiel
e.
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Rohteer 4ooo Gewichtsteile, abgetrieben bis 325° C. Die von 25o° C
an übergehenden Destillate werden abgekühlt, filtriert und dann dem Destillationsrückstand
zugesetzt. Unter Rühren und Erwärmen findet völlige Lösung zu einem dickflüssigen
Produkte statt, das nach Abkühlen wie oben mit der doppelten Benzinmenge entasphaltiert
wird. Nach dem Stehenlassen des Öls (unter Kühlung) und Zentrifugieren von etwaigen
Ausscheidungen wird aus den 400o Gewichtsteilen eingesetztem Rohteer erhalten:
Asphalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1835
Gewichtsteile - 46,o Prozent des Rohteers, |
Roh-Anthracenabscheidungen... 317 - - 8,o - - - |
Destillat bis 25o°. . . . . . . . . . . . . 751 - = 18,8 -
- - |
(Naphthalinöl) |
Schmieröl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89o Gewichtsteile
= 22,3 - - - |
Summe... = 95,1 Prozent |
Arbeitsverlust... = 419 - |
Analyse des Öls Viskosität = 3,9 ° Engler bei 50 ° C, Flammpunkt = 143,0 ° C, Stockpunkt
= 7,0' C. Das Öl fließt sehr gut, ist durchsichtig, von roter Farbe und zeigt grüne
Fluoreszenz.