DE3943488C2 - Verfahren zur Reduzierung bzw. Eliminierung von freiem Formaldehyd mit Carbamaten, die in der kritischen Phase, wenn Formaldehyd freigesetzt wird, auf dem Substrat erzeugt werden - Google Patents
Verfahren zur Reduzierung bzw. Eliminierung von freiem Formaldehyd mit Carbamaten, die in der kritischen Phase, wenn Formaldehyd freigesetzt wird, auf dem Substrat erzeugt werdenInfo
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- DE3943488C2 DE3943488C2 DE19893943488 DE3943488A DE3943488C2 DE 3943488 C2 DE3943488 C2 DE 3943488C2 DE 19893943488 DE19893943488 DE 19893943488 DE 3943488 A DE3943488 A DE 3943488A DE 3943488 C2 DE3943488 C2 DE 3943488C2
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Description
Für die Anwendung bei der Sperrholz- und Spanplattenherstellung
mit Aminoplast-Klebern werden Carbamate als Formaldehydfänger
vorgeschlagen, die mit Hilfe von binären Reaktionsgemischen
vorbereitet werden, so daß zur selben Zeit Carbamate sich bil
den, so bald Formaldehyd beim Aushärten von z. B. Harnstoff-
Formaldehyd-Copolymer Klebern freigesetzt wird. Ein solches
binäres Reaktionsgemisch besteht aus festem Harnstoff und einer
Komponente, die Träger von aziden OH-Gruppen ist. Dieses binäre
Reaktionssystem kann zusätzlich einen Katalysator enthalten.
Anhand von Modellreaktionen wird gezeigt, daß azide OH-Gruppen,
insbesondere halbacetalische OH-Gruppen, im Unterschied zu ge
wöhnlichen alkoholischen OH-Gruppen, in geschmolzenem Harnstoff
sehr schnell und vollzählig Isocyansäure addieren, wobei Carba
matgruppen sich bilden und alle Folgereaktionen mit den ersten
Reaktionsschritten festgelegt werden, die ganz anders verlau
fen als bei gewöhnlichen Polyalkoholen wie z. B. beim Sorbit.
Mit Hilfe eines durch einen Katalysator abgeglichenen binären
Reaktionsgemisches kann die Produktion von Carbamatgruppen so
gesteuert werden, daß diese zeitgleich und in der richtigen
Menge mit der Freisetzung von Formaldehyd beim Aushärten vom
betreffenden Aminoplast-Kleber einsetzt. Diese zeitliche Ab
stimmung der Carbamaterzeugung mit der Formaldehydentwicklung
erlaubt die weitgehende Eliminierung von unerwünschtem freiem
Formaldehyd in den fertigen Produkten, ohne daß die bekannten
Nachteile von Harnstoff als Formaldehydfänger in Kauf genommen
werden müssen wie die Ergebnisse der Beispiele in der Patent
anmeldung vom 04. 05. 1988 mit dem amtlichen Aktenzeichen
P 38 15 204.5 dokumentieren.
In Versuchsreihen werden die angestrebten optimalen gegen
seitigen Äquivalentverhältnisse - azide OH-Gruppen/fester
Harnstoff und fester Harnstoff/Ammoniumchlorid - empirisch
festgelegt, so daß die Bildung von Carbamat zeitlich mit der
Freisetzung von Formaldehyd beim Aushärten vom Kleber so ab
gestimmt ist, daß am Schluß ein tolerierbarer Restgehalt bis
hin zur vollständigen Eliminierung von freiem Formaldehyd
erreicht wird.
In der Patentanmeldung vom 04. 05. 1988 unter der Nummer
P 38 15 204.5 und mit dem Titel - Verfahren zur Herstellung
von Verbundwerkstoffen mit verringert er Formaldehydemission -
wird in den Patentansprüchen davon gesprochen, daß der "Form
aldehydfänger in geprillter Form" auf das zu verleimende Gut
vor der Beleimung aufgebracht bzw. untermischt oder dem
Formaldehydharz zugegeben wird.
Weiter wird dieser so gekennzeichnete Formaldehydfänger ande
ren bekannt gewordenen Formaldehydfängern wie Melamin(e),
Dicyandiamid, Thioharnstoff, Dibutylthioharnstoff, Ammonium
carbonat, Polyacrylsäureamide, Guanidin, Carbamate mit freien
Amidfunktionen, Phenole, Resorcin oder Diphenylmethandiiso
cyanat und insbesondere Harnstoff gleichgestellt.
Mit der vorliegenden Erfindung wird der oben erwähnte "Form
aldehydfänger in geprillter Form" zur Chemikalie degradiert,
die zu einem binären Reaktionssystem gehört, mit Hilfe dessen
es gelingt, den beim Aushärten vom Aminoplast-Kleber in der
heißen Presse austretenden Formaldehyd abzufangen.
Harnstoff-Formaldehyd-Copolymer und die mit dieser Art von
Klebern zusammenhängende Chemie wird von A. Pizzi beschrieben
(WOOD ADHESIVES, Chemistry and Technology, edited by A. Pizzi,
MARCEL DEKKER, Inc., New York and Basel 1983; darin A. Pizzi:
Aminoresin Wood Adhesives, 59-104). Die im folgenden aus
dieser Quelle entnommenen Zitate und Literaturstellen werden
jeweils nach "A Pizzi, S. . . .:" aufgeführt.
Beim Aushärten der beleimten lignocellulosischen Substrate
bilden sich einerseits Ätherbrücken vor allem zwischen dem
cellulosischen Anteil vom lignocellulosischen Substrat und dem
Harnstoff-Formaldehyd-Gopolymer aus, wobei Wasser freigesetzt
wird; andererseits erfolgt Vernetzung vom Harnstoff-Formalde
hyd-Copolymer (A. Pizzi, S. 71: R. Steele and L. E. Giddens,
Ind. Eng. Chem. 48: 110 (1956)) und auch Bildung von cyclischen
Uronen (A. Pizzi, S. 64: H. Kadowaki, Bull. Chem. Soc. Jap.
11: 248 (1936)), wobei Wasser und Formaldehyd abgespalten wird,
was auf die Substitution von Methylolgruppen durch ebensolche
Methylolgruppen zurückzuführen ist.
Der beim Aushärten unvermeidlich freigesetzte Formaldehyd darf
im Produkt gemäß dem deutschen E1-Emissionsstandard 10 mg Form
aldehyd pro 100 g Spanplatte atro nicht überschreiten.
Diese Norm kann nur eingehalten werden, wenn Harnstoff-Form
aldehyd-Copolymer als Kleber verwendet wird, bei dessen Her
stellung das molare Verhältnis Formaldehyd : Harnstoff auf
1,2 : 1 oder, um auf der sicheren Seite zu liegen, besser auf
< 1,1 : 1 heruntergedrückt worden ist, wobei aber die ebenso
vorgeschriebene Norm für die Biegefestigkeit und die Querzugs
festigkeit der Produkte nur eingehalten werden kann, wenn bei
der Herstellung des Klebers ein molares Verhältnis Formaldehyd : Harn
stoff ≧ 1,2 eingehalten wird; ganz abgesehen von der Norm
für die 24-Stundenquellung der Produkte in kaltem Wasser, die
nur erfüllt werden kann bei einem molaren Verhältnis Formalde
hyd : Harnstoff ≧ 1,2 oder wahrscheinlich ≧ 1,3 (George E.
Myers, "How mole ratio of UF resin affects formaldehyde emis
sion and other properties: A literature critique", For. Prod.
J. 34(5), 35-41 (1984); Chem. Abstr. 101: 40029b).
In der Praxis wird oft so verfahren, daß bei der Herstellung
von Spanplatten lediglich die Deckschichtspäne mit unverstärk
tem Harnstoff-Formaldehyd-Copolymer imprägniert werden, aber
die Mittelschichtspäne mit Melaminharz-verstärktem Harnstoff-
Formaldehyd-Copolymer bedeckt werden.
Mit Formaldehydfängern kann ebenfalls der Gehalt an freiem
Formaldehyd in den Produkten abgesenkt werden, ohne daß dabei
die übrigen, von Normen ,vorgeschriebenen Eigenschaften der
Produkte beeinträchtigt werden. Auch Harnstoff ist als Form
aldehydfänger beschrieben worden (Edmone Roffael und Lutz
Mehlhorn, Verfahren zur Verminderung der Formaldehydabgabe von
Spanplatten, Patentschrift 28 29 021, Int. Cl. 2: B 29 J 5/00,
Anmeldetag: 01.07.78; Hans Diem, Christian Dudeck und Dieter
Merkel, Verfahren zur Verminderung der Formaldehydentwicklung
von Aminoplast-Schaumstoffen, OS 29 17 064, Int. Ci. 3: C 08
J 9/30, Anmeldetag: 27.04.79; Edmone Roffael und Hans-Albrecht
May, Verfahren zur Verminderung der Formaldehydabgabe von mit
Veredelungsschichten furnierten Span- und Faserplatten, Patent
schrift DE 33 44 239 C2, Int. Cl. 4: B 32 B 21/02, Anmeldetag:
07.12.83).
Harnstoff ist ein wirkungsvoller Formaldehydfänger. Mit Form
aldehyd bildet sich Methylolharnstoff, Die beiden Amidfunktio
nen im Harnstoff sind reaktiver gegen Formaldehyd als die Amid
funktion im Methylolharnstoff, deshalb wird zunächst der Harn
stoff bevorzugt einseitig mit Formaldehyd belegt.
Methylolharnstoff kondensiert leichter mit Harnstoff als Dime
thylolharnstoff, wobei Wasser freigesetzt wird und bevorzugt
Methylendiharnstoff sich bildet. Methylendiharnstoff ist wie
die höhermolekularen Methylenharnstoff-Formaldehyd-Copolymere
im schwach sauren Milieu hydrolyseempfindlich, wobei Formalde
hyd freigesetzt wird, wenn die Methylendiamidgruppierung sich
auflöst. Nach der Aufzehrung vom Harnstoff wird der durch Hydro
lyse freigesetzte Formaldehyd nur sehr schwer von den höher
gliedrigen Amiden abgefangen. Diese höhergliedrigen Amide sind
deshalb ziemlich nutzlos, weil sie nicht zur Klebekraft bei
tragen, weil dazu nur Methylolgruppen imstande sind, die mit
den Hydroxylgruppen vor allem im cellulosischen Anteil vom
lignocellulosischen Substrat Ätherbrücken bilden können (vgl.
A. Pizzi, S. 68). Diese Fehlentwicklung kann so weit gehen,
daß die paradoxe Situation eintritt, daß beim Zusetzen von
immer mehr Harnstoff zum Vorkondensat immer mehr Formaldehyd
durch Hydrolyse von Methylendiamiden gebildet wird, dem stets
zu wenig Harnstoff zum Abfangen zur Verfügung steht (A. Pizzi,
S. 83: P. R. Steiner, For. Prod. J. 23(12): 32 (1973)). Das
dabei entstehende Harz hat dann eine niedrige Viskosität
und riecht stark nach Formaldehyd.
Harnstoff, aufgelöst im Harnstoff-Formaldehyd-Copolymer, ent
faltet eine ausgeprägt depolymerisierende Wirkung, was die Her
stellung von Harnstoff-Formaldehyd-Copolymer mit niedrigem
molaren Verhältnis Formaldehyd : Harnstoff schwierig gestaltet.
Dazu kommt, daß solche sogenannten E1-Leime wegen der hohen
Gehalte an nutzlosen höhergliedrigen unsubstituierten Amiden
reaktionsträge sind und sich dementsprechend nur mit aggres
siven Härtern wie Ameisensäure aushärten lassen.
Harnstoff als Formaldehydfänger, angewendet als wäßrige Lösung,
ist nur sinnvoll, wenn der Gehalt an freiem Formaldehyd in den
ausgehärteten fertigen Produkten abgesenkt werden soll.
Die vorliegende Erfindung geht von einem anderen Ansatz aus.
Harnstoff wird nicht als Formaldehydfänger, vielmehr als
Chemikalie eingesetzt, die in der Hitze Isocyansäure und Ammo
niak liefert.
Ganz allgemein verläuft die Umsetzung von Harnstoff mit Alko
holen über die Dissoziation von Harnstoff zu Ammoniak und Iso
cyansäure (HOUBEN-WEYL, Methoden der organischen Chemie, Band
E4, Kohlensäurederivate, S. 177, Georg Thieme Verlag Stuttgart.
New York 1983; T. L. Davis und S. C. Lane, Org. Synth. Coll.
Vol. I, 140 (1941)).
Die niederen Carbamidsäure-ester, die auch Urethane oder
Carbamate heißen können, werden auf diese Weise technisch
hergestellt (P. Adams und F. A. Baron, Chem. Rev. 65, 567
(1965); Ullmann, 4. Aufl., Bd. 9, S. 115 (1975)).
Technische Verfahren zur Herstellung von Carbamaten aus Alko
holen und Polyalkoholen, die darauf beruhen, daß aus Harnstoff
beim Erhitzen Isocyansäure freigesetzt wird, die sich an alko
holische OH-Gruppen addiert, sind bekannt; ebenso die Verwen
dung von Katalysatoren (Toni Dockner und Harro Petersen, Ver
fahren zur Herstellung von Carbamaten, OS 24 59 765, Int. Cl. 2:
C 07 C 125/04, Anmeldetag: 18.12.74; Harro Petersen, Subraya
Panemangalore und Manfred Eichert, Gemische von Pentaerythrit
carbamaten mit Polyalkylenglykoläthercarbamaten und mit Alkyl
alkylenglykolcarbamaten und Verfahren zu ihrer Herstellung,
OS 26 20 010, Int. Cl. 2: C 07 C 125/04, Anmeldetag: 06.05.76).
Diese Verfahren zur Herstellung von Carbamaten haben für die
vorliegende Erfindung keine Bedeutung, weil die darin beschrie
benen Umsetzungen gewöhnlich mehrere Stunden dauern. Eine lange
Reaktionszeit ist auch für die Herstellung von Cellulosecarba
maten erforderlich (Herbert Griesser, Thomas Jeszenszky, Klaus
Weinrotter und Raimund Jurkowitsch, Verfahren zur Herstellung
von Cellulosecarbamaten, Europäische Patentanmeldung 0 178 292
A2, Int. Cl. 4: C 08 B 15/06, Priorität: 09.10.84).
In der Offenlegungsschrift DE 36 38 456 A1 werden Beispiele
beschrieben, wie Carbamate, die aus Zuckern wie Glucose oder
Lactose in einer Harnstoffschmelze entstehen, sich innerhalb
von wenigen Sekunden bilden (Dieter Ekkehard Autenrieth, Ge
schmolzener Harnstoff als Aufschlußmittel für lignocellulo
sische Rohstoffe und als chemischer Reaktionspartner für die
beim Aufschluß anfallenden Polyole oder für andere Polyole
aus anderen Quellen, Offenlegungsschrift DE 36 38 456 A1, Int.
Cl. 4: C 08 B 15/00, Anmeldetag: 11.11.86). Zucker wie z. B.
Glucose enthalten eine halbacetalische OH-Gruppe, die zusammen
mit dem C-Atom, an dem sie sitzt, nichts anderes darstellt als
eine verborgene Aldehydgruppe - ein Aldehyd, an den sich zu
nächst ein Molekül Wasser angelagert hat, wobei anschließend
eine der durch Hydratisierung entstandenen vicinalen OH-Grup
pen mit der alkoholischen OH-Gruppe am C-Atom in Position 5
des Glucosemoleküls unter Wasserabspaltung einen halbacetali
schen Ring bildet, der stabil ist. Die übriggebliebene OH-Gruppe
aus dem hydratisierten Aldehyd wird nun als halbacetalische
OH-Gruppe bezeichnet.
Auch Formaldehyd kann ein analoges Strukturelement ausbilden,
z. B. dann, wenn Formaldehyd und Harnstoff miteinander rea
gieren:
H2N-CO-NH2 + O=CH2 → H2N-CO-N=CH2 + H2O
H2N-CO-N=CH2 + H-O-H → H2N-CO-NH-CH2OH.
Es entsteht so ein Halbacetal, das verdeckten Formaldehyd dar
stellt, aus dem Formaldehyd auch wieder freigesetzt werden
kann (unerwünschte Reaktion beim Aushärten vom Harnstoff-Form
aldehyd-Gopolymer, auf der das "Formaldehydproblem" beruht).
Die Methylolgruppe enthält eine OH-Gruppe derselben Art wie
z. B. im halbacetalischen Strukturelement des Glucosemoleküls,
an das sich sehr schnell Isocyansäure addieren kann, was
Voraussetzung für die technische Verwertbarkeit dieser Carba
matbildung ist, wenn im binären System aus festem Harnstoff
und Trägern von aziden OH-Gruppen in der heißen Presse Iso
cyansäure derart schnell und erschöpfend abgefangen wird, daß
dadurch die Zersetzung vom Harnstoff in erster Näherung einer
thermodynamischen Kontrolle unterliegt, die durch das Massen
wirkungsgesetz beschrieben wird.
Mit Hilfe der Umsetzung von Zuckern in geschmolzenem Harn
stoff als Modellreaktionen kann die Addition von Isocyansäure
an alle möglichen aziden OH-Gruppen in der heißen Presse demon
striert werden. Dies wird dadurch möglich, weil die zur Iso
cyansäure äquimolekulare Menge Ammoniak, die bei der Zerset
zung von Harnstoff freigesetzt wird, nicht einfach entweicht,
sondern quantitativ in jeweiligen Destillat unter Toluol oder
Xylol im Wasserabscheider aufgefangen und im betreffenden Des
tillat durch Titrieren quantitativ erfaßt werden kann und auf
Grund dieses glücklichen Umstandes zum Schlüssel für das Ver
ständnis dieser Art von Umsetzung wird. Dazu kommt, daß die
Reaktionsschmelzen mit Ammoniak gesättigt sind, der aus diesen
ausgast, was bei jeder Umsetzung der Zucker in geschmolzenem
Harnstoff dieselbe energetische Basis schafft, so daß das Aus
maß der Zersetzung des Harnstoffs nur von der Konzentration
der Isocyansäure im Reaktionsgemisch kontrolliert wird. Das
Konzentrationsniveau der Isocyansäure in den Reaktionsschmel
zen hat dieselbe Bedeutung wie die Stellung eines Ventils in
einer Wasserleitung. Solange die Isocyansäure durch Addition
an halbacetalische OH-Gruppen aufgezehrt wird und deswegen
ihre Konzentration auf einem niedrigen Niveau gehalten wird,
zersetzt sich Harnstoff, wobei Isocyansäure nachgeliefert wird.
Ändert sich diese Situation im Verlauf der Umsetzung, hört die
Zersetzung von Harnstoff auf, weil die Konzentration der Iso
cyansäure in der Reaktionsschmelze ansteigt. Weil bei allen
Umsetzungen der Zucker in geschmolzenem Harnstoff in erster
Näherung tatsächlich ein derart einfaches und übersichtliches
thermodynamisch kontrolliertes System vorliegt, können diese
(außer der Umsetzung des Rohrzuckers) gedeutet werden.
Während der ersten, leicht exothermen Reaktionsphase ist die
Masse an ausgasendem Ammoniak, der mit den Destillaten in die
Vorlage oder den Wasserabscheider getragen wird, direkt pro
portional zur Masse an freigesetzter Isocyansäure bzw. zur
Anzahl der Moläquivalente von unmittelbar zur Verfügung stehen
der halbacetalischer OH-Gruppen, welche die Isocyansäure auf
nehmen bzw. zur Masse an zersetztem Harnstoff.
Wenn darüber hinaus Harnstoff in den Reaktionsschmelzen umge
setzt wird, bedeutet dies, daß diese zusätzliche Masse an
Harnstoff in intakter Form mit den Zuckermolekülen reagiert.
Dies geschieht tatsächlich, was daran zu erkennen ist, daß in
den Destillaten Wasser aus Kondensationsreaktionen und Form
amid bzw. Ammoniumformiat enthalten sind. Mehr Carbamidsäure
am Kühler ist dagegen darauf zurückzuführen, daß bei ausgedehn
ten Reaktionszeiten von mehreren Stunden auch normale alkoho
lische OH-Gruppen Isocyansäure addieren, wobei gleichzeitig
auch mehr Ammoniak als erwartet im Destillat gefunden wird.
Reaktionsbedingungen: 2½ Stunden unter kochendem p-Xylol.
Reaktionsbedingungen: 6½ Stunden unter kochendem p-Xylol.
Reaktionsbedingungen: 6 Stunden unter kochendem Toluol.
Reaktionsbedingungen: 7½ Stunden unter kochendem p-Xylol.
Wie aus der folgenden Tabelle hervorgeht, wird bei der Umset
zung von Monosacchariden und Disacchariden in geschmolzenem
Harnstoff bei 100°-140°C in der Regel 1 Moläquivalent
Ammoniak auf formal 5 OH-Gruppen im betreffenden Zucker frei
gesetzt. 1 Mol Traubenzucker (Monosaccharid) ergibt 1 Mol
Ammoniak, aber 1 Mol Milchzucker (Disaccharid) lediglich 1,6
Mole Ammoniak entsprechend den im Milchzucker enthaltenen
8 OH-Gruppen. Von diesem Befund weicht Beispiel 5 ab. Bei der
Umsetzung des Rohrzuckers wird genau die Hälfte der Ammoniak
menge erhalten wie beim Milchzucker.
Diese formale Betrachtungsweise zum Einstieg wird damit be
gründet, daß schließlich Ammoniak nur übrigbleiben kann, wenn
vorher Isocyansäure erzeugt und anschließend an OH-Gruppen
addiert wird. Ohne Verbrauch von Isocyansäure hört die Zer
setzung vom Harnstoff auf. Im Sorbit sind 6 OH-Gruppen, die
tatsächlich in der Harnstoffschmelze 6 Moläquivalente Isocyan
säure abfangen, wobei 6 Moläquivalente Ammoniak übrigbleiben,
die als Masseverlust registriert werden, weil in diesem Bei
spiel Ammoniak als Gas verloren geht; Beispiel 1.
Die Spalten in der Tabelle 1 sind durchgehend nummeriert. Die
Angaben in den so gekennzeichneten Spalten bedeuten:
Spalte 1: Beispiel, Nr. . . .
Spalte 2: Molmenge vom eingesetzten Zucker (MS bzw. DS) oder vom Zuckeralkohol Sorbit und Molmenge vom Harnstoff.
Spalte 3: Masse vom Destillat im Wasserabscheider in g.
Spalte 4: Dichte des wasserhellen Destillats; δ = g/cm3.
Spalte 5: Entstandener Ammoniak in g; als Masseverlust beim Sorbit bzw. im Destillat gelöst bei den Zuckern.
Spalte 6.: Entstandener Ammoniak in Mol; als Masseverlust beim Sorbit bzw. im Destillat enthalten bei den Zuckern.
Spalte 7: Ammoniak in % der erwarteten Menge; bei den Zuckern (MS bzw. DS) bezogen auf die in den Experimenten gefundenen Regel.
Spalte 1: Beispiel, Nr. . . .
Spalte 2: Molmenge vom eingesetzten Zucker (MS bzw. DS) oder vom Zuckeralkohol Sorbit und Molmenge vom Harnstoff.
Spalte 3: Masse vom Destillat im Wasserabscheider in g.
Spalte 4: Dichte des wasserhellen Destillats; δ = g/cm3.
Spalte 5: Entstandener Ammoniak in g; als Masseverlust beim Sorbit bzw. im Destillat gelöst bei den Zuckern.
Spalte 6.: Entstandener Ammoniak in Mol; als Masseverlust beim Sorbit bzw. im Destillat enthalten bei den Zuckern.
Spalte 7: Ammoniak in % der erwarteten Menge; bei den Zuckern (MS bzw. DS) bezogen auf die in den Experimenten gefundenen Regel.
Bei den Mono- und Disacchariden beruht der ganz andere Reak
tionsverlauf im Vergleich zur Umsetzung von Sorbit in ge
schmolzenem Harnstoff keineswegs darauf, daß die in den Sac
chariden auch enthaltenen alkoholischen OH-Gruppen eine andere
Reaktivität gegen Isocyansäure aufweisen würden; vielmehr be
ruht der andersartige Reaktionsverlauf auf halbacetalischen
und acetalischen Strukturelementen in den Sacchariden, mit
denen die Umsetzungen beginnen und dann folgerichtig ihren
Verlauf nehmen - ganz anders als beim Sorbit. Dabei ist der
Unterschied im chemischen Verhalten der Aldosen und Ketosen
nicht so ausgeprägt wie der zwischen gewöhnlichen Aldehyden
und Ketonen. "Bemerkenswert ist die leichte Oxydierbarkeit von
Hydroxylgruppen, die in α-Stellung zur Oxogruppe stehen. Daher
wirken auch die Ketosen - im Gegensatz zu den Ketonen - redu
zierend, d. h., der Unterschied im chemischen Verhalten der
Aldosen und Ketosen ist nicht so ausgeprägt wie der zwischen
Aldehyden und Ketonen". Aus diesem Grund werden Halbketale
und Ketale nicht weiter von Halbacetalen und Acetalen unter
schieden (vgl. Hans Beyer, Lehrbuch der organischen Chemie,
9. Aufl., S. 285, S. Hirzel Verlag LEIPZIG 1962).
"Bei den in der Lactolform vorliegenden Monosacchariden hat
man grundsätzlich zwei funktionell verschiedene Hydroxyl
gruppen, die glykosidischen (in Aldosen am C-Atom 1, in
Ketosen am C-Atom 2) und die alkoholischen zu unterscheiden.
Die glykosidische Verknüpfung zweier Zuckermolekeln zum Di
saccharid ist daher in zweierlei Weise möglich: Einmal erfolgt
der Wasseraustritt zwischen den beiden glykosidischen Hydro
xylen (Bauprinzip 1) und zum anderen zwischen einem glykosi
dischen und einem alkoholischen Hydroxyl (Bauprinzip 2). Im
ersten Fall spricht man von der Dicarbonylverbindung und im
zweiten von der Monocarbonylverbindung der Disaccharide.
Beide Bauprinzipien, die am Beispiel des Rohr- und Milch
zuckers veranschaulicht werden sollen, unterscheiden sich
dadurch, daß ersterer nicht reduzierend, der zweite jedoch
reduzieren wirkt" (Hans Beyer, Lehrbuch der organischen
Chemie, wie oben, S. 304).
In der mit Ammoniak gesättigten Harnstoffschmelze werden die
Disaccharide unter Aufnahme von Ammoniak jeweils in zwei Mono
saccharide gespalten. Für diese Ammonolyse muß zuerst 1 Mol
äquivalent Ammoniak aufgebracht werden, um die acetalische
Brücke zwischen den beiden Molekülhälften vom Disaccharid
aufzuheben. Bei der Ammonolyse des Rohrzuckers (Bauprinzip 1)
ist am Beginn der Umsetzung in geschmolzenem Harnstoff eine
auffallend ausgedehnte Induktionsphase zu beobachten. Es
dauert ca. 10 Minuten unter kochendem Xylol bis sich die an
fänglich farblose Reaktionsschmelze dunkel verfärbt. Die In
duktionsphase beim Rohrzucker ist deshalb die längste, ver
glichen mit den Induktionsphasen bei allen anderen untersuch
ten Zuckern, weil im intakten Rohrzucker keine halbacetalische
OH-Gruppe vorhanden ist, die unmittelbar für die Addition von
Isocyansäure zur Verfügung stehen würde, wie das bei der Um
setzung des Milchzuckers (Bauprinzip 2) der Fall ist. Reim
Milchzucker dauert die Induktionsphase nur wenige Sekunden,
obwohl unter kochendem Toluol (Sdp. 110,6°C) statt unter
kochendem p-Xylol (Sdp. 138,4°C) umgesetzt wird. Dies macht
deutlich, daß bereits von intaktem Milchzucker in der Harn
stoffschmelze Isocyansäure verbraucht wird und Ammoniak übrig
bleibt, der dann ohne Verzögerung die Ammonolyse bewirkt.
Sobald die Disaccharide gespalten sind, reagieren die gebil
deten Monosaccharide mit Isocyansäure bis alle halbacetalischen
OH-Gruppen in Carbamatgruppen sich verwandelt haben. Damit
ist die erste, nur wenige Sekunden bis Minuten dauernde Reak
tionsphase beendet.
Diese außerordentlich rasche Bildung von Carbamaten ist die
Voraussetzung, daß Carbamate technisch als Formaldehydfänger,
insbesondere bei der Sperrholz- und Spanplattenherstellung
genutzt werden können. Beim Aushärten des Aminoplast-Klebers,
was nur wenige Sekunden dauert, wird Formaldehyd freigesetzt,
und in dieser kritischen Phase muß dieser am Ort seiner Ent
stehung abgefangen werden. Erfindungsgemäß wird dies dadurch
erreicht, daß innerhalb dieser kritischen Phase mit Carbamaten,
die sich während der Aushärtung aus Verbindungen mit aziden
OH-Gruppen und Isocyansäure bereitstellen lassen, freigesetz
ter Formaldehyd sogleich abgefangen wird. Mono- und Disaccha
ride mit halbacetalischen OH-Gruppen bzw. die rasch solche
halbacetalischen OH-Gruppen bereitstellen können, aber auch
Vollacetale reagieren schnell mit Isocyansäure und sind auf
Grund rasch zur Verfügung stehender Carbamate als Formaldehyd
fänger geeignet, wobei die bekannten Nachteile von intaktem
Harnstoff als Formaldehydfänger vermieden werden. Geeignete
Verbindungen werden mit Harnstoff als binäre Reaktionsgemische
eingesetzt, die in der Hitze im richtigen Zeitpunkt die er
forderlichen Carbamate bereitstellen.
Die Carbamate der Monosaccharide verändern sich in der Harn
stoffschmelze weiter. Am Beispiel der Umsetzung von D-Glucose
in geschmolzenem Harnstoff wird der Ablauf der Eliminierung
von Carbamidsäure, der Angriff von intaktem Harnstoff am Mono
saccharidderivat und schließlich die Freisetzung von Formamid
beschrieben, so daß die Menge vom Destillat erklärt ist.
Die Existenz von Carbamidsäure wird in Anlehnung an neue For
schungsergebnisse (Johan K. Terlouw und Helmut Schwarz, Amgew.
Chem. 99 (1987), 829-839) als erwiesen angesehen.
In Lösung und als Festkörper liegt D-Glucose als cyclisches
Halbacetal, als Lactol vor und zwar zu 63% in der energetisch
begünstigten β-D-Konfiguration und zu 37% als α-D-Glucopyra
nose. Beide diastereomere D-Glucopyranosen stehen in Lösung
wahrscheinlich über die offenkettige Aldehydform miteinander
im Gleichgewicht. Sie sind mit der offenkettigen Aldehydform
tautomer; man spricht von einer Oxo-cyclo-Tautomerie (vgl.
Hans Beyer, Lehrbuch der organischen Chemie, wie oben, S. 294).
Die Umsetzung der D-Glucose in geschmolzenem Harnstoff erfolgt
in Form von D-Glucopyranose. Sie wird dadurch eingeleitet, daß
sich Isocyansäure an die azide halbacetalische OH-Gruppe in
Position 1 addiert.
In der Hitze wird Carbamidsäure eliminiert. Es handelt sich
dabei um eine thermische cis-Eliminierung, die entsprechend
der klassischen UGAEV-Reaktion abläuft. "Diese Pyrolyse ist
eine monomolekulare Reaktion, sie verläuft jedoch im Gegensatz
zur E1-Reaktion nicht über freie Ionen, sondern über einen cy
clischen Übergangszustand, in dem Bindungsbruch und -bildung
annähernd gleichzeitig erfolgen. Durch die Ringstruktur des
Übergangszustandes ist gleichzeitig der sterische Verlauf als
cis (syn-) Eliminierung festgelegt" (Autorenkollektiv, Organi
kum, organisch-chemisches Grundpraktikum, Nachdruck der 15.,
überarbeiteten Aufl., S. 302-303, VEB deutscher Verlag der
Wissenschaften BERLIN 1977).
Auf diese Weise entsteht aus β-D-Glucopyranosecarbamat zuerst
ein Enol, das als vinyloges Halbacetal aufgefaßt werden kann,
das im tautomeren Gleichgewicht mit der Keto-Form steht.
Mit der Ausbildung einer Carbonylgruppe kann der geschmolzene
Harnstoff in intakter Form dort angreifen, wobei ein Moläqui
valent Wasser freigesetzt wird.
In einer Reaktionsfolge, die mit einer AMADORI-Umlagerung be
ginnt, wird Formamid abgespalten, wobei eine Keto-imino-Ver
bindung übrigbleibt, die zu einem dunklen Harz polymerisiert
(vgl. Hans Beyer, Lehrbuch der organischen Chemie, wie oben,
S. 287-288).
Aus dem Enol, das mit der Keto-Verbindung sich im tautomeren
Gleichgewicht befindet, wird Formamid abgespalten.
Bei der Umsetzung der D-Glucose in geschmolzenem Harnstoff
werden 78,45 g Destillat mit der Dichte δ = 1,104 g/cm3 auf
gefangen. Davon sind 16,8 g als Ammoniak ermittelt worden. Der
Rest besteht aus Wasser und Formamid; Sdp. 111°C bei 20 Torr;
δ = 1,1334 g/cm3, von denen jeweils 1 Moläquivalent erwartet
werden. Von der erwarteten Menge fehlen demnach 1,64 g = 2,05%.
Außerdem sind im Kühler 60,85 g Carbamidsäure aussublimiert;
das sind 99,68% von der erwarteten Menge. Diese experimentel
len Befunde stützen die entwickelte Vorstellung vom Reaktions
verlauf; vgl. Beispiel 2 und Tabelle 1 und 2.
Beim Milchzucker in der Harnstoffschmelze gibt es keine ge
dehnte erste Reaktionsphase wie beim Rohrzucker, weil nach der
Addition von Isocyansäure an die halbacetalische OH-Gruppe im
intakten Milchzucker 1 Moläquivalent übriggebliebener Ammoniak
für die Ammonolyse von Anfang an zur Verfügung steht.
Gleichung 1, 2 und 3 zusammengezählt ergibt:
In der ersten Reaktionsphase bleibt kein Ammoniak übrig.
Wie D-Glucosecarbamat weiterreagiert, ist beschrieben worden.
Hinweise wie das D-Galaktosehalbaminal weiterreagiert, geben
die experimentellen Daten, die gedeutet werden müssen.
Bei der Umsetzung von 1 Mol Milchzuckermonohydrat in geschmol
zenem Harnstoff werden 135 g Destillat mit der Dichte δ = 1,140
g/cm3 im Wasserabscheider erhalten. Darin sind 26,96 g = 1,583
Mole Ammoniak enthalten. Wenn im Destillat außerdem noch 1 Mol
äquivalent Wasser (18,016 g) und 2 Moläquivalente Formamid
(90,08 g) nachgewiesen werden können, dann sind 135,056 g der
erwarteten Menge erreicht. Die etwas erhöhte Dichte des erhal
tenen Destillats im Vergleich zur Dichte van Formamid (δ =
1.1334 g/cm3) kann damit zusammenhängen, daß der Formamid
(Sdp. 111°C bei 20 Torr) beim Abdestillieren im Toluol-
Schlepper in Gegenwart von Wasser sich zersetzt, wobei
Ameisensäure (δ = 1,220 g/cm3) bzw. Ammoniumformiat entsteht.
Dadurch wird aber die durch Titrieren erfaßbare Menge an
Ammoniak, die allein auf der Umsetzung von Milchzucker in ge
schmolzenem Harnstoff stammt, kaum verändert, weil mit Methyl
orange als Indikator titriert wird, dessen Umschlagsbereich
zwischen pH 3,2-4,4 liegt, so daß sauer reagierendes Ammo
niumformiat die Genauigkeit der Titration mit Salzsäure nicht
beeinträchtigen kann.
Ammoniumsalze sind in der Hitze flüchtig, wobei sie in der
Gasphase als Ammoniak und undissoziierte Säure vorliegen.
Entsprechend der kinetischen Gastheorie ist bei einer gegebe
nen Temperatur der durchschnittliche Impuls von Molekülen
unterschiedlicher Masse immer gleich; es gilt: I = m.v [g.cm/sec]
= konst., d. h. die Diffusionsgeschwindigkeit v der Molekül
sorten ist deren Masse umgekehrt proportional. Darauf beruht
eine Methode zur Isotopentrennung von natürlichem Uran.
Beim Beispiel 4 läßt sich auf diese Weise auch folgende Er
scheinung erklären, was die Vorstellung vom Reaktionsablauf
stützt: Beim Beispiel 4 wird am Kühlerende unter einem darüber
befestigten Trichter mit einer Schlauchverbindung zu einer
Wasserstrahlpumpe austretendes Gas abgesaugt. Im ablaufenden
Wasser aus der Wasserstrahlpumpe ist von Anfang an nur wenig
Ammoniak mit Indikatorpapier nachweisbar. Nach ca. 1 Stunde
Kochen am Rückflußkühler zeigt das Indikatorpapier plötzlich
einen sauren pH-Wert an, der bis pH ∼ 3,0 absackt, aber bald
auf pH 4 und darüber klettert, jedoch nicht mehr über pH 7,0
bis zum Abbruch der Reaktion. Zuerst diffundiert der leichte
Ammoniak (MG 17,032) aus dem Ammoniumformiat in der Gasphase
aus dem Kühlerende heraus, dann folgt die schwere Ameisensäure
(MG 46,03). Im Luftstrom erreichen beide Gase nacheinander die
Wasserstrahlpumpe und verursachen scharfe Konzentrations
spitzen im ablaufenden Wasser aus der Wasserstrahlpumpe, so
daß deren Nachweis mit Indikatorpapier gelingt.
In Übereinstimmung mit den experimentellen Befunden wird fol
gender Reaktionsweg für D-Galaktosehalbaminal vorgeschlagen:
D-Galaktosehalbaminal reagiert mit intaktem Harnstoff, wobei
1 Moläquivalent Ammoniak freigesetzt wird.
Das entsprechende, substituierte und dadurch stabilisierte,
offenkettige Aldimin lagert sich in einer der AMADORI-Umlage
rung analogen Reaktion um.
Aus dem zur Ketoverbindung tautomeren Enol wird über einen
6-Ring-Mechanismus Formamid eliminiert.
Auf Grund der möglichen Tautomerie geht das Keto-aldimin in
das geschlossene Keto-halbaminal über. Aus diesem wird ein
azides Endiol zur Verfügung gestellt, das sogleich Isocyan
säure addiert, wobei 1 Moläquivalent Ammoniak aus der zur Iso
cyansäure entsprechenden Menge Harnstoff übrigbleibt.
Durch Ammonolyse entsteht Carbamidsäure und ein Enaminhalb
aminal, wobei die soeben übrig gebliebene Menge Ammoniak ver
braucht wird. Das Enaminhalbaminal steht mit dem entsprechen
den Iminhalbaminal im tautomeren Gleichgewicht; beide können
miteinander kondensieren, wobei 0,5 Moläquivalente Ammoniak
freigesetzt werden.
Durch Aufnahme von 1 Moläquivalent Wasser kann schließlich im
Kondensat die offenkettige Anordnung erreicht werden.
Nach dieser vielseitigen Reaktionsfolge, die sich der Ammono
lyse von Milchzuckercarbamat in geschmolzenem Harnstoff an
schließt, bleiben am Ende vom Milchzuckermonohydrat - außer
dunklen harzigen Polymerisations- und Kondensationsprodukten
als Rückstand - im Destillat 1,5 Moläquivalente Ammoniak,
1 Moläquivalent Wasser und 2 Moläquivalente Formamid, bzw.
statt dem Wasser und 1 Moläquivalent Formamid, 1 Moläquivalent
Ammoniumformiat übrig; zusammen 133,65 g. Am Kühler werden
2 Moläquivalente = 122,09 g Carbamidsäure erwartet.
Im Destillat gefunden worden sind: 1,583 Moläquivalente =
26,96 g Ammoniak, 1 Moläquivalent Formamid und 1 Moläquivalent
Ammoniumformiat; zusammen 135,06 g. Am Kühler sind 134,0 g =
2,195 Moläquivalente Carbamidsäure aussublimiert.
Der um 9,8% höheren Molmenge an Carbamidsäure im Kühler ent
spricht gut eine um 5,5% höhere Molmenge an Ammoniak. Ein
Fehlbetrag von 0,112 Moläquivalenten = 1,91 g Ammoniak ist
plausibel erklärbar durch unvermeidlichen Verlust wegen Ab
diffundieren von Ammoniakgas am Kühlerende. Mehr Carbamidsäure
als erwartet macht deutlich, daß Addition von Isocyansäure an
normale, wenig azide alkoholische OH-Gruppen, vergleichbar mit
denjenigen im Sorbit, in untergeordnetem Ausmaß auch eintritt.
Analyse der Umsetzungen von Fruchtzucker und Rohrzucker in ge
schmolzenem Harnstoff.
Die D-Fructose ist nur in der ß-Konfiguration bekannt. Mit
Isocyansäure bildet sie dementsprechend β-D-Fructosecarbamat,
wobei 1 Moläquivalent Ammoniak übrigbleibt.
Für die cis-Eliminierung von Carbamidsäure in einer UGAEV-Reaktion
kann nur die CH2OH-Gruppe beansprucht werden; vgl.
dazu die Analyse von Beispiel 2.
Dieses Fructosederivat trägt an der entstandenen Doppelbin
dung eine azide OH-Gruppe, die als vinyloge halbacetalische
OH-Gruppe aufgefaßt werden kann und dementsprechend addiert
sie auch Isocyansäure.
Enole und Endiole sind Protonen-aktive Verbindungen, die sogar
Salbe bilden wie z. B. die Ascorbinsäure. Enolester sind deshalb
auch als gemischte Säureanhydride aufzufassen.
Zu den experimentellen Ergebnissen paßt gut eine Art AMADORI-Um
lagerung des gebildeten sogenannten Enolesters, wobei die
C=C-Doppelbindung die Rolle einer C=N-Doppelbindung wie in der
klassischen AMADORI-Umlagerung übernimmt.
Die Keto-Verbindung kondensiert mit Harnstoff, wobei 1 Mol
äquivalent Wasser gebildet wird. Nach einer AMADORI-Umlagerung
entsteht eine Verbindung, die in der Hitze Formamid als Frag
ment abspaltet.
Die Iminoverbindung stabilisiert sich zur Aminoverbindung -
auch wieder in einer Art AMADORI-Umlagerung, so daß eine Ver
bindung entsteht, die mit sich selbst kondensieren kann, wobei
nach der Kondensation 1 Moläquivalent Wasser mehr vorhanden
sein wird.
Damit haben die experimentellen Befunde im Beispiel 3 eine Er
klärung gefunden (vgl. dazu Tabelle 1 und 2). Außer den 18,952
g = 1,113 Molen Ammoniak, der durch Titrieren ermittelt worden
ist, werden 36,032 g = 2 Mole Wasser und 45,043 g = 1 Mol Form
amid bzw. 18,016 g = 1 Mol Wasser und 63,059 g = 1 Mol Ammo
niumformiat - zusammen 100,027 g erwartet. Tatsächlich haben
sich als Destillat 97,0 g ergeben.
Die Umsetzung von Rohrzucker in geschmolzenem Harnstoff unter
scheidet sich von den bisher beschriebenen Umsetzungen von
Zuckern dadurch, daß vom Anfang an im Rohrzucker - im Disaccha
rid nach Bauprinzip 1 (Dicarbonylverbindung der Disaccharide)
keine halbacetalische OH-Gruppe zur Verfügung steht, die Iso
cyansäure rasch abfangen könnte, wobei dann eine äquimolekulare
Menge Ammoniak übrigbleiben würde.
In einer Harnstoffschmelze reagiert Isocyansäure als Anion, das
isosterisch mit dem gestreckten Kohlendioxidmolekül ist.
Das abgegebene Proton wird von Ammoniak aufgenommen (vgl. dazu
NH4 ⊗ ⇄ H⊗ + NH3 pKS-Wert = 9,25
F. Seel, Grundlagen der analytischen Chemie und der Chemie in
wäßrigen Systemen, S. 331-332, Verlag Chemie GmbH, Weinheim/Bergstr.
1955), so daß in der Harnstoffschmelze zunächst
Ammoniumisocyanat mit nur wenig Ammoniak im Gleichgewicht sich
befindet. Das Isocyanatanion kann nun als Base seinerseits ein
Proton aus einer Frotonen-aktiven OH-Gruppe (Säure) aufnehmen.
Dies geht umso schneller, je azider eine solche OH-Gruppe ist.
Aus diesem Grund reagieren halbacetalische OH-Gruppen (die zur
Klasse der OH-Gruppen in Nachbarschaft von elektronegativen
Gruppen gehören), OH-Gruppen in Enolen und Endiolen sowie
phenolische OH-Gruppen leicht mit Isocyansäure.
Die Azidität von Alkoholen ist normalerweise sehr gering
(Ethanol: KS ≈ 10-16; pKS = - log KS ≈ 16), aber in Nachbar
schaft von elektronegativen Gruppen ist die Azidität wesent
lich erhöht. "Beispielsweise sind in der Weinsäure
HOOC-CHOH-CHOH-COOH infolge der Anhäufung von elektronegativen
Sauerstoffatomen die Hydroxyl-Gruppen sauer genug, um mit
Diazomethan methyliert zu werden, was bei normalen alkoholi
schen Hydroxyl-Gruppen nicht möglich ist (H. A. Staab, Einfüh
rung in die theoretische organische Chemie, Nachdr. 4. Aufl.,
S. 618, Verlag Chemie GmbH, Weinheim/Bergstr. 1966)".
Sobald sich im π- bzw. Ladungsübertragungskomplex zwischen der
alkoholischen OH-Gruppe bzw. zwischen der mehr oder weniger
aziden OH-Gruppe und dem Isocyanatanion das Alkoholatanion und
Isocyansäure ausgebildet haben, greift das Alkoholatanion als
Nucleophil am C-Atom der Isocyansäure an, die in ihren beiden
mesomeren Grenzzuständen mit einer positiven Ladung am C-Atom
erscheint und die in diesen Grenzzuständen als Carbeniumion
formuliert wird.
Unterschiede in der Azidität von primären, sekundären und ter
tiären Alkoholen sind geringfügig. Daher kann nicht erwartet
werden, daß das Isocyanatanion bei der Umsetzung von Rohrzucker
in geschmolzenem Harnstoff an irgendeiner Stelle in diesem Di
saccharid eine besonders azide OH-Gruppe bevorzugt angreifen
würde, zumal im α-D-Glucopyranoserest alle daran sitzenden
OH-Gruppen äquatorial am Pyranosering in der Sesselform ange
ordnet sind; im β-D-Fructofuranoserest stehen die beiden darin
vorkommenden sekundären OH-Gruppen in trans-Stellung zueinander
und sind jeweils in trans-Stellung zu einer der beiden CH2OH-Gruppen
angeordnet, so daß auch hier Gleichwertigkeit anzu
nehmen ist.
Weil schon vor der Ammonolyse des Rohrzuckers uneinheitliches
Rohrzuckercarbamat entsteht, ist die Deutung des Reaktionsver
laufs bei der Umsetzung von Rohrzucker in geschmolzenem Harn
stoff nicht möglich. Es können nur Besonderheiten, die mit dem
Rohrzuckermolekül und den darin enthaltenen Monosaccharidhälf
ten zusammenhängen, hervorgehoben werden.
Es fällt auf, daß Rohrzucker in geschmolzenem Harnstoff nach
7,5 Stunden unter kochendem Xylol nur 13,51 g = 0,793 Moläqui
valente Ammoniak in nur 58,1 g Destillat von besonders hoher
Dichte (δ = 1,165 g/cm3) und 212,6 g = 3,483 Moläquivalente
Carbamidsäure liefert; letztere repräsentieren die vorher ab
reagierten Moläquivalente an Isocyansäure. Bei der Umsetzung
ist Ammoniak verbraucht worden und fehlt in der unklar bleiben
den stöchiometrischen Bilanz.
Für die Ammonolyse ist 1 Moläquivalent Ammoniak in Rechnung zu
stellen. Ein weiteres Moläquivalent Ammoniak kann in den Fruc
toserest aufgenommen worden sein. Nach erfolgter Ammonolyse
ist nämlich der nur im Glykosid beständige Fructofuranosering,
der die eine Hälfte des Rohrzuckers darstellt, instabil gewor
den und hat das Restreben, sich in den stabilen Fructopyranose
ring umzulagern (Hans Reyer, Lehrbuch der organischen Chemie,
wie oben, S. 297). Die zwangsläufige Ringöffnung der Fructo
furanose im ammoniakalischen System kann der Grund dafür sein,
daß 1 Moläquivalent Ammoniak mit der intermediär auftretenden
Ketogruppe kondensiert, wobei ein offenkettiges Fructoseketimin
und 1 Moläquivalent Wasser sich bilden.
Wie nun das Ausmaß der Bildung von Formamid, der bei der Reak
tion von intaktem Harnstoff mit den Monosaccharidderivaten als
Folgeprodukt entsteht und in Form von Ammoniumformiat (aus
Wasser und Formamid) für die hohe Dichte des Destillats ver
antwortlich ist, mit der verhältnismäßig geringen Menge an
Destillat zu vereinbaren ist, kann vorerst nicht plausibel
erklärt werden.
In der folgenden Tabelle 2 sind die tatsächlichen und die er
warteten Ausbeuten von Ammoniak und Carbamidsäure, außerdem
die erwarteten Mengen an Wasser und Formamid jeweils der er
haltenen Menge an Destillat gegenübergestellt. Wasser und Form
amid können auch teilweise in Form von Ammoniumformiat im
Destillat vertreten sein, was besonders dann der Fall ist,
wenn das betreffende Destillat eine relativ hohe Dichte auf
weist.
Die Spalten in der Tabelle 2 sind durchgehend nummeriert. Die
Angaben in den so gekennzeichneten Spalten bedeuten:
Spalte 1: Beispiel, Nr. . . .
Spalte 2: Molmenge vom eingesetzten Zucker (MS bzw. DS) oder vom Zuckeralkohol Sorbit und Molmenge vom Harnstoff.
Spalte 3: Masse vom Destillat im Wasserabscheider in g.
Spalte 4: Dichte des wasserhellen Destillats; δ = g/cm3.
Spalte 5: Entstandener Ammoniak in Mol (und g in Klammern); als Masseverlust registriert im Fall von Sorbit bzw. im Destillat durch Titrieren erfaßt bei den Zuckern.
Spalte 6: Auf Grund der Analyse vom Reaktionsverlauf erwartete Masse an Ammoniak in Mol (und g in Klammern).
Spalte 7: Im Kühler aussublimierte Masse an Carbamidsäure in Mol (und g in Klammern).
Spalte 8: Auf Grund der Analyse vom Reaktionsverlauf erwartete Masse an Carbamidsäure in Mol (und g in Klammern).
Spalte 9: Auf Grund der Analyse vom Reaktionsverlauf erwartete Masse an Wasser in Mol (und g in Klammern).
Spalte 10: Auf Grund der Analyse vom Reaktionsverlauf erwartete Masse an Formamid in Mol (und g in Klammern).
Spalte 11: Auf Grund der Analyse vom Reaktionsverlauf erwartete Masse an Destillat in g.
Spalte 12: Differenz Spalte 11 - Spalte 3 in g.
Spalte 13: Dunkler harziger Rückstand im Reaktionsgefäß in g.
Spalte 14: Gesamter Masseverlust in g, bezogen auf die in Spalte 2 angegebene Molmenge vom eingesetzten Zucker bzw. Zuckeralkohol. Die Monosaccharide D-Glucose und β-D-Fructopyranose sowie der Zuckeralkohol Sorbit sind in Wirklichkeit in der doppelten Menge als in dieser Tabelle angegeben, umgesetzt worden; das gleiche gilt dementsprechend für die Menge vom verwendeten Harnstoff in den Beispielen 1, 2 und 3.
Spalte 1: Beispiel, Nr. . . .
Spalte 2: Molmenge vom eingesetzten Zucker (MS bzw. DS) oder vom Zuckeralkohol Sorbit und Molmenge vom Harnstoff.
Spalte 3: Masse vom Destillat im Wasserabscheider in g.
Spalte 4: Dichte des wasserhellen Destillats; δ = g/cm3.
Spalte 5: Entstandener Ammoniak in Mol (und g in Klammern); als Masseverlust registriert im Fall von Sorbit bzw. im Destillat durch Titrieren erfaßt bei den Zuckern.
Spalte 6: Auf Grund der Analyse vom Reaktionsverlauf erwartete Masse an Ammoniak in Mol (und g in Klammern).
Spalte 7: Im Kühler aussublimierte Masse an Carbamidsäure in Mol (und g in Klammern).
Spalte 8: Auf Grund der Analyse vom Reaktionsverlauf erwartete Masse an Carbamidsäure in Mol (und g in Klammern).
Spalte 9: Auf Grund der Analyse vom Reaktionsverlauf erwartete Masse an Wasser in Mol (und g in Klammern).
Spalte 10: Auf Grund der Analyse vom Reaktionsverlauf erwartete Masse an Formamid in Mol (und g in Klammern).
Spalte 11: Auf Grund der Analyse vom Reaktionsverlauf erwartete Masse an Destillat in g.
Spalte 12: Differenz Spalte 11 - Spalte 3 in g.
Spalte 13: Dunkler harziger Rückstand im Reaktionsgefäß in g.
Spalte 14: Gesamter Masseverlust in g, bezogen auf die in Spalte 2 angegebene Molmenge vom eingesetzten Zucker bzw. Zuckeralkohol. Die Monosaccharide D-Glucose und β-D-Fructopyranose sowie der Zuckeralkohol Sorbit sind in Wirklichkeit in der doppelten Menge als in dieser Tabelle angegeben, umgesetzt worden; das gleiche gilt dementsprechend für die Menge vom verwendeten Harnstoff in den Beispielen 1, 2 und 3.
Ansatz:
Zuerst werden 500 g einer ca. 75 gew.-%igen wäßrigen Sorbit lösung mit Toluol am Wasserabscheider gekocht, bis alles Wasser herausgetragen ist. Innerhalb von 3 Stunden werden so 138 g = 27,6% Wasser im Wasserabscheider aufgefangen.
Zuerst werden 500 g einer ca. 75 gew.-%igen wäßrigen Sorbit lösung mit Toluol am Wasserabscheider gekocht, bis alles Wasser herausgetragen ist. Innerhalb von 3 Stunden werden so 138 g = 27,6% Wasser im Wasserabscheider aufgefangen.
Im Kolben bleiben 362 g = 1,987 Mol Sorbit; C6H14O6; MG 182,178
als leicht gelbe Schmelze zurück.
Es werden nun 716,0 g = 11,922 Mole Harnstoff; H2N-CO-NH2; MG
60,059 zugesetzt und erhitzt bis alles zu einer gelben homoge
nen Schmelze geworden ist. Dies dauert ca. 30 Minuten.
Zuerst wird noch in Toluol 1 Stunde am Rückflußkühler mit
Wasserabscheider gekocht. Es scheiden sich nur wenige Tropfen
eines schweren Destillats ab. Dann wird das Toluol durch Xylol
ersetzt. Es wird dann bei ca. 140°C 4 Stunden lang weiterge
kocht. Nach dieser Zeit hat die Ammoniakentwicklung fast voll
ständig aufgehört.
Zwischenausbeuten: Im Kühler sind 144,8 g = 2,37 Mole Carbamid
säure; HO-CO-NH2; MG 61,043 deponiert. Im Kolben sind 753,8 g
eines vollkommen klaren, rotbraunen Öls zurückgeblieben.
Es wird 2 Stunden in Xylol weitergekocht. Die Schmelze trübt
sich ein und wird braun. Am Schluß steigen nur noch wenige Gas
bläschen in der Schmelze auf. Die Ammoniakentwicklung hat prak
tisch aufgehört.
Im Kühler haben sich nochmals 23,0 g Carbamidsäure abgesetzt.
Ausbeuten:
167,8 g = 2,75 Mole Carbamidsäure.
717,5 g Sorbitpolyurethan als halbfester Honig.
192,7 g Masseverlust durch ausgasenden Ammoniak.
167,8 g = 2,75 Mole Carbamidsäure.
717,5 g Sorbitpolyurethan als halbfester Honig.
192,7 g Masseverlust durch ausgasenden Ammoniak.
Ansatz:
600,6 g = 10 Mole Harnstoff: H2N-CO-NH2; MG 60,059 werden voll ständig aufgeschmolzen. In der klaren wasserhellen Schmelze werden 360,32 g = 2 Mole D-Glucose; wasserfrei; C6H12O6; MG 180,16 aufgelöst. Die klare helle Reaktionsmischung wird mit p-Xylol; Sdp. 138°C überschichtet und dieses zum Kochen ge bracht. Die Reaktionsmischung wird gelb, dann tiefrot und schließlich rotbraun.
600,6 g = 10 Mole Harnstoff: H2N-CO-NH2; MG 60,059 werden voll ständig aufgeschmolzen. In der klaren wasserhellen Schmelze werden 360,32 g = 2 Mole D-Glucose; wasserfrei; C6H12O6; MG 180,16 aufgelöst. Die klare helle Reaktionsmischung wird mit p-Xylol; Sdp. 138°C überschichtet und dieses zum Kochen ge bracht. Die Reaktionsmischung wird gelb, dann tiefrot und schließlich rotbraun.
Nach dem Anspringen der Reaktion verläuft diese ziemlich heftig.
Der ganze Kühlerbereich wird beansprucht, und ein Strom von
schweren wasserhellen Tropfen sinkt im Wasserabscheider durch
das vorgelegte p-Xylol ab. Es entweicht jedoch kaum Ammoniak,
so daß das Kühlerende mit einer lose aufliegenden Kappe abge
deckt werden kann. Nach ca. 2,5 Stunden Kochen fängt das rot
braune Harz im Kolben zu schäumen an. Zu diesem Zeitpunkt hat
die Abscheidung vom Destillat im Wasserabscheider fast aufge
hört, und es wird abgebrochen.
Ausbeuten:
121,7 g = 1,994 Mole Carbamidsäure als Sublimat im Kühler.
121,7 g = 1,994 Mole Carbamidsäure als Sublimat im Kühler.
156,9 g einer schweren wasserhellen Flüssigkeit; δ = 1,104 g/cm3,
die Ammoniak in Lösung enthält, haben sich im Wasserab
scheider angesammelt. 307 mg davon verbrauchen beim Titrieren
mit n/10 HCl gegen Methylorange als Umschlagsindikator 38,6 ml
n/10 HCl (f = 1,7032 mg/ml). Demnach enthalten 156,9 g Destil
lat 33,6 g = 21,415% Ammoniak; NH3; MG 17,032.
Im Kolben bleiben 671,9 g dunkles zähes Harz zurück.
In der Massenbilanz fehlen 10,42 g.
Ansatz:
6.00,6 g = 10 Mole Harnstoff; H2N-CO-NH2; MG 60,059 werden voll ständig aufgeschmolzen. In der klaren wasserhellen Schmelze werden 360,32 g = 2 Mole wasserfreie D(-)-Fructose; C6H12O6; MG 180,16 aufgelöst. Die anfänglich gelbe Reaktionsmischung wird schnell tiefrot, dann rotbraun. Mit p-Xylol; Sdp. 138°C wird überschichtet, dann wird am Rückflußkühler mit Wasserab scheider gekocht.
6.00,6 g = 10 Mole Harnstoff; H2N-CO-NH2; MG 60,059 werden voll ständig aufgeschmolzen. In der klaren wasserhellen Schmelze werden 360,32 g = 2 Mole wasserfreie D(-)-Fructose; C6H12O6; MG 180,16 aufgelöst. Die anfänglich gelbe Reaktionsmischung wird schnell tiefrot, dann rotbraun. Mit p-Xylol; Sdp. 138°C wird überschichtet, dann wird am Rückflußkühler mit Wasserab scheider gekocht.
In den ersten 5 Minuten nach dem Anspringen der Reaktion muß
die Heilung abgeschaltet werden, denn die Reaktion ist derart
heftig, daß die volle Kühlerkapazität beansprucht wird und
Destillat am Kühlerende auszutreten droht. Es entweicht dabei
kaum Ammoniak, so daß mit einer lose aufliegenden Kappe das
Kühlerende abgedeckt werden kann.
Nach 4,5 Stunden geht kein schweres farbloses Destillat mehr
über. Es wird trotzdem noch 2 Stunden weitergekocht, wobei zum
Schluß das dunkle Produkt im Kolben zu schäumen beginnt. Nach
insgesamt 6,5 Stunden Kochen wird abgebrochen.
Ausbeuten:
Im Kühler und an der aufliegenden Kappe haben sich 170,5 g = 2,793 Mole Carbamidsäure; HO-CO-NH2; MG 61,043 abgesetzt.
Im Kühler und an der aufliegenden Kappe haben sich 170,5 g = 2,793 Mole Carbamidsäure; HO-CO-NH2; MG 61,043 abgesetzt.
Aus dem Wasserabscheider können 194,0 g schweres wasserhelles
Destillat; δ = 1,1496 g/cm3 abgelassen werden. Eine Probe von
333 mg vom Ammoniak-haltigen Destillat verbrauchen beim Titrie
ren mit n/10 HCl gegen Methylorange als Umschlagsindikator
38,2 ml n/10 HCl., das entspricht 65,06224 mg NH3 (f = 1,7032
mg/l). 194,0 g Destillat enthalten somit 37,904 g = 19,54%
Ammoniak; NH3; MG 17,032.
Im Kolben bleiben 604,5 g dunkles zähes Harz zurück, das noch
Spuren von Xylol enthält.
Ansatz:
480,5 g = 8 Mole Harnstoff; H2N-CO-NH2; MG 60,059 werden teil weise aufgeschmolzen. Dann werden 360,3 g = 1 Mol Lactosemono hydrat; C12H22O11.H2O; MG 360,32, die auf dem Harnstoff aufge häuft worden sind, mit dem Aufgeschmolzenen verrührt. Schließ lich entsteht so für kurze Zeit eine nur leicht gelb gefärbte, klare, leicht bewegliche Schmelze, die dann plötzlich sich sehr schnell über Rotbraun nach Dunkelbraun verfärbt.
480,5 g = 8 Mole Harnstoff; H2N-CO-NH2; MG 60,059 werden teil weise aufgeschmolzen. Dann werden 360,3 g = 1 Mol Lactosemono hydrat; C12H22O11.H2O; MG 360,32, die auf dem Harnstoff aufge häuft worden sind, mit dem Aufgeschmolzenen verrührt. Schließ lich entsteht so für kurze Zeit eine nur leicht gelb gefärbte, klare, leicht bewegliche Schmelze, die dann plötzlich sich sehr schnell über Rotbraun nach Dunkelbraun verfärbt.
Mit Toluol; Sdp. 110,6°C wird überschichtet und zum Kochen ge
bracht. Von Anfang an scheidet sich eine farblose schwere Flüs
sigkeit ab, die sich im Wasserabscheider sammelt. Es entweicht
nur wenig Ammoniak, der am Kühlerausgang unter einem Trichter,
der über einen Schlauch mit einer Wasserstrahlpumpe verbunden
ist, abgesaugt wird. Nach ca. 1 Stunde Kochen zeigt das Indi
katorpapier, angefeuchtet mit ablaufendem Wasser aus der Was
serstrahlpumpe sogar einen sauren pH-Wert an; pH ∼ 3! Der pH-Wert
klettert aber bald auf pH 4 und darüber, aber nicht mehr
über pH 7 wie am Anfang.
Im Kühler entsteht ein dicker Belag aus Carbamidsäure, die im
kalten Bereich aussublimiert. Zuletzt muß mit einem Holzspan
der Kühler an einer Stelle offengehalten werden, um zu vermei
den, daß sich in einer dicht gewordenen Apparatur Überdruck
aufbaut.
Nachdem sich im Wasserabscheider praktisch kein Produkt mehr
ansammelt, wird die Reaktion abgebrochen; Kochzeit 6 Stunden.
Ausbeuten:
Im Wasserabscheider haben sich 135,0 g einer wasserhellen Flüs sigkeit, die viel Ammoniak in Lösung enthält, angesammelt; δ = 1,140 g/cm3. Durch Titrieren mit n/10 HCl fegen Methylorange als Umschlagsindikator werden in 464 mg vom Destillat 92,65 mg NH3 festgestellt (1,7032 mg/ml × 54,4 ml = 92,65 mg). Das Destillat enthält 19,97% Ammoniak; NH3; MG 17,032.
Im Wasserabscheider haben sich 135,0 g einer wasserhellen Flüs sigkeit, die viel Ammoniak in Lösung enthält, angesammelt; δ = 1,140 g/cm3. Durch Titrieren mit n/10 HCl fegen Methylorange als Umschlagsindikator werden in 464 mg vom Destillat 92,65 mg NH3 festgestellt (1,7032 mg/ml × 54,4 ml = 92,65 mg). Das Destillat enthält 19,97% Ammoniak; NH3; MG 17,032.
Im Kühler werden 134,0 g = 2,1952 Mole Carbamidsäure; HO-CO-NH2;
MG 61,043 ausgewogen.
Nach dem Abdekantieren vom Toluol und Trocknen bei 100°C er
geben sich 573,5 g eines rotbraunen Harzes, das bei 100°C
noch fließfähig ist. Im Trockenschrank wird dieses Harz bei
100°C in ein Becherglas umgegossen, was mehrere Stunden dau
ert; Endgewicht vom Harz: 567,0 g; Gesamtverlust: 4,79 g.
Ansatz:
480,5 g = 8 Mole Harnstoff; H2N-CO-NH2; MG 60,059 werden voll ständig aufgeschmolzen. Dann werden 342,3 g = 1 Mol Saccharose; C12H22O11; MG 342,30 mit der Schmelze verrührt, wobei eine wasserhelle, klare, leicht bewegliche Reaktionsschmelze ent steht. Mit p-Xylol; Sdp. 138°C wird überschichtet, dann wird am Rückflußkühler mit Wasserabscheider gekocht. Die Reaktions schmelze verfärbt sich allmählich über Gelb und Orange nach Tiefrot innerhalb von 10 Minuten Kochen. Nach 10 Minuten Kochen beginnt die kontinuierliche Abscheidung von farblosen Tropfen, die in den Wasserabscheider absinken. Es entweicht kaum Ammo niak, deshalb wird der Kühlerausgang mit einer lose aufliegen den Kappe abgedeckt.
480,5 g = 8 Mole Harnstoff; H2N-CO-NH2; MG 60,059 werden voll ständig aufgeschmolzen. Dann werden 342,3 g = 1 Mol Saccharose; C12H22O11; MG 342,30 mit der Schmelze verrührt, wobei eine wasserhelle, klare, leicht bewegliche Reaktionsschmelze ent steht. Mit p-Xylol; Sdp. 138°C wird überschichtet, dann wird am Rückflußkühler mit Wasserabscheider gekocht. Die Reaktions schmelze verfärbt sich allmählich über Gelb und Orange nach Tiefrot innerhalb von 10 Minuten Kochen. Nach 10 Minuten Kochen beginnt die kontinuierliche Abscheidung von farblosen Tropfen, die in den Wasserabscheider absinken. Es entweicht kaum Ammo niak, deshalb wird der Kühlerausgang mit einer lose aufliegen den Kappe abgedeckt.
Nach 3,5 Stunden Kochen wird unterbrochen, weil der Kühler fast
vollständig mit Carbamidsäure blockiert ist.
Zwischenausbeuten:
45,9 g wasserhelles Destillat im Wasserabscheider.
45,9 g wasserhelles Destillat im Wasserabscheider.
164,3 g = 2,69 Mole HO-CO-NH2; MG 61,043 werden im Kühler aus
gewogen.
Nach dem Abkühlen auf Raumtemperatur wird das p-Xylol vom dunk
len Harz abgegossen. Mit Preßluft wird getrocknet. Es bleiben
im Kolben 574,8 g dunkles Harz.
Es wird wiederum 4 Stunden lang in p-Xylol weitergekocht. Im
Kühler setzen sich nochmals 48,3 g Carbamidsäure ab. Nach ins
gesamt 7,5 Stunden Kochen in p-Xylol wird abgebrochen.
Ausbeuten:
212,6 g = 3,483 Mole Carbamidsäure als Sublimat im Kühler.
212,6 g = 3,483 Mole Carbamidsäure als Sublimat im Kühler.
58,1 g wasserhelles Destillat; δ = 1,1645 g/cm3 im Wasserab
scheider. 337 mg vom Destillat verbrauchen beim Titrieren mit
n/10 HCl gegen Methylorange als Umschlagsindikator 46,0 ml n/10
HCl = 78,3472 mg NH3 (f = 1,7032 mg/ml). 58,1 g Destillat ent
halten demnach 13,51 g = 23,25% Ammoniak; NH3; MG 17,032.
Im Kolben bleibt ein schaumiges, rotbraunes, sprödes, gut
wasserlösliches Harz zurück. Es läßt sich nicht genau aus
wiegen, weil in den Hohlräumen p-Xylol eingeschlossen bleibt.
Das Harz wird deshalb in 450 g Wasser aufgelöst; Lösung 984,7
g. 3,958 g dieser Lösung verlieren beim Trocknen 1,828 g =
46,185% Wasser. Die Lösung enthält 53,8% Festharz und 984,7
g Lösung 529,92 g Festharz. In der Massenbilanz ergibt sich
ein Defizit von 22,18 g.
Harnstoff-Formaldehyd-Copolymer Kleber hat den Vorteil, daß er
unschlagbar preiswert ist und wegen seiner besonders raschen
Aushärtung in der Hitze im Vergleich mit andersartigen Klebern
kurze Taktzeiten beim Betrieb z. B. von Spanplattenpressen
erlaubt.
Beim Aushärten von Harnstoff-Formaldehyd-Copolymer Kleber wird
allerdings Formaldehyd freigesetzt.
Mit Hilfe eines binären Reaktionsgemisches läßt sich nun ein
wirkungsvoller Formaldehydfänger vorbereiten, der zeitgleich
mit der Freisetzung von unerwünschtem Formaldehyd gebildet
wird und diesen, sonst als Verlust zu verbuchenden Formaldehyd
in wertvolle Methylolgruppen überführt, die wie alle übrigen
Methylolgruppen mit alkoholischen OH-Gruppen, vor allem im
Celluloseanteil vom Substrat Ätherbrücken bilden und der auf
diese Weise sogar zur Klebekraft beiträgt.
Ein solches binäres Reaktionsgemisch besteht aus festem Harn
stoff, der von der anderen Komponente, dem Träger von aziden
OH-Gruppen räumlich getrennt bleibt, solange bis sich der Harn
stoff in der Hitze beim Pressen des beleimten Substrats zer
setzt, wobei Isocyansäure bzw. Ammoniumisocyanat entsteht -
der aktive Reaktionspartner, der mit den aziden OH-Gruppen auf
der anderen Komponente wie oben ausgeführt innerhalb ganz
kurzer Zeit (wenige Sekunden; abhängig von der Azidität der
OH-Gruppen) Carbamate bildet, die dann ihrerseits mit freige
setztem Formaldehyd reagieren und Methylolgruppen erzeugen und
auf diese Weise den unerwünschten Formaldehyd sogar nutzbrin
gend eliminieren.
Binäre Reaktionsgemische, die alle festen Harnstoff als die
eine Komponente enthalten, lassen sich dadurch herstellen,
daß fester Harnstoff mit den Trägern von aziden OH-Gruppen ver
mischt wird, so daß in der Mischung 2 Phasen erhalten bleiben,
von denen eine festen Harnstoff darstellt. Fester Harnstoff
kann z. B. mit Mono- und Disacchariden mit halbacetalischen
OH-Gruppen und anderen Trägern von OH-Gruppen in Nachbarschaft
von elektronegativen Gruppen wie Weinsäure oder Citronensäure,
aber auch mit Milchsäure auf Kieselgur oder Kieselgel und ande
ren geeigneten α-Hydroxycarbonsäuren mit oder ohne inerten Trä
ger, aber auch z. B. mit Chloralhydrat; Smp. 57°C, Chloralhalb
acetal und Chloralammoniak, die alle typische Vertreter von
Trägern azider OH-Gruppen in Nachbarschaft von elektronegativen
Gruppen darstellen, vermischt werden.
Weitere binäre Reaktionsgemische können aus festem Harnstoff
und geeigneten β-Dicarbonylverbindungen wie Acetessigester oder
Acetylaceton auf einem inerten Träger zusammengestellt werden.
Solche β-Dicarbonylverbindungen enthalten im tautomeren Gleich
gewicht stets mehr oder weniger Enol mit einer aziden OH-Gruppe
(vgl. dazu Hans Henecka, Chemie der Beta-Dicarbonylverbindungen,
Organische Chemie in Einzeldarstellungen, herausgegeben von
Hellmut Bredereck und Eugen Müller, Springer Verlag BERLIN,
GÖTTINGEN, HEIDELBERG 1950).
Ohne Schwierigkeiten kann fester Harnstoff mit einem Endiol wie
L(-)-Ascorbinsäure zum binären Reaktionsgemisch zusammenge
stellt werden, als Beispiel für einen Vertreter von α-Hydroxy
carbonylverbindungen, die auch als Reduktone bzw. Reduktonate
bezeichnet werden, weil sie nur im alkalischen Medium reduzie
rend wirken.
Azide OH-Gruppen sind auch in Phenolen zu finden. Diese addie
ren ebenfalls Isocyansäure, genauso wie sie sich mit Diazo
methan methylieren lassen. Solche phenolische OH-Gruppen kom
men in Ligninen und Ligninabbauprodukten und Ligninbauelemen
ten vor, die sich mit festem Harnstoff ebenfalls zu binären
Reaktionsmischungen oder -systemen kombinieren lassen.
Allen diesen binären Reaktionsmischungen oder -Systemen ist
eines gemeinsam: Sie liefern erst in der Hitze Carbamate, wobei
die notwendige Temperatur auch unterhalb vom Schmelzpunkt des
reinen Harnstoffs liegen kann, weil beim "verunreinigten" Harn
stoff der normale Schmelzpunkt von 135°C in gesetzmäßiger
Weise entsprechend dem Grad der "Verunreinigung" stark herab
gesetzt sein kann. Bevor die Carbamatbildung einsetzt, sintert
der Harnstoff und bildet schließlich eine Reaktionsschmelze
mit den Trägern von aziden OH-Gruppen.
Besonders bei relativ niedrigen Umsetzungstemperaturen wird
die Anwendung eines Katalysators empfohlen. Es wird angenommen,
daß- Harnstoff unter der Einwirkung von Ammoniumchlorid bereits
bei Temperaturen weit unterhalb seines normalen Schmelzpunktes
(Schmp. 135°C) in Ammoniumisocyanat sich umwandelt.
Die NH2-Gruppen im Harnstoff lassen sich ablösen, was bei der
Herstellung von gemischten Kohlensäurediamiden ausgenützt wird.
Gemischte Kohlensäurediamide werden bei der Umsetzung von Harn
stoff (am besten im Überschuß) mit entsprechenden Hydrochlori
den von primären Aminen erhalten, z. B. in der folgenden Reak
tion, die allerdings im wäßrigen Medium durchgeführt wird.
H2N-CO-NH2 + CH3NH3 ⊗Cl⊖ → H2N-CO-NHCH3 + NH4 ⊗Cl⊖.
Es liegt nahe, daß in einem sinternden Gemisch aus Harnstoff
und Ammoniumchlorid der sich bildende Komplex aus beiden
Reaktionspartnern leicht Ammoniak abspaltet.
In dieser Reaktionsfolge wird der Katalysator, das Ammonium
chlorid ständig regeneriert, aber der Harnstoff zerfällt bei
diesem Prozeß - so wie angestrebt.
Claims (10)
1. Verfahren zur Verminderung des Gehaltes an freiem Form
aldehyd bei der Herstellung von Spanplatten und Sperrholz mit
einem Aminoplast-Kleber in einer beheizten Presse, wobei zu
sätzlich zum Kleber binäre Reaktionsgemische aus festem Harn
stoff und mindestens einem Träger von aziden OH-Gruppen ange
wendet werden, dadurch gekennzeichnet, daß in diesem Verfahren
derartige Reaktionsgemische in der Hitze Carbamate liefern, die
den ebenfalls in der Hitze beim Aushärten von Aminoplast-Klebern
freigesetzten Formaldehyd sogleich abfangen, wobei Formaldehyd
mit den freien Amidfunktionen in den Carbamaten reagiert und
an diesen dann jeweils ein H-Atom durch eine vorteilhafte
Methylolgruppe ersetzt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
ein Träger von aziden OH-Gruppen mit dem festen Harnstoff, der
in geprillter oder gepulverter Form verwendet wird, als loses
Gemenge angewendet wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
gepulverter Harnstoff, der mit einem Träger von aziden OH-Grup
pen innig vermischt ist, wobei das Gemisch zu mechanisch rela
tiv festen Preßlingen oder Körnern verarbeitet ist, verwendet
wird.
4. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch
gekennzeichnet, daß die festen Partikel oder Körner mit Ammonium
chlorid in Pulverform, das als Katalysator dient, vermischt
eingesetzt werden.
5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß
Ammoniumchlorid, das als Katalysator dient, in der Weise ange
wendet wird, daß es molekulardispers oder als eigene Phase in
einem oder allen Bestandteilen der festen Partikel oder Körner
enthalten ist.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch ge
kennzeichnet, daß als Träger von aziden OH-Gruppen chemische
Verbindungen angewendet werden, die OH-Gruppen in Nachbarschaft
von elektronegativen Gruppen aufweisen, z. B. halbacetalische
OH-Gruppen in Mono- und Disacchariden; halbacetalische und
vollacetalische OH-Gruppen in Nachbarschaft von Halogenen wie
i. B. im Chloralhydrat und im Chloralhalbacetal; OH-Gruppen in
α-Hydroxy-carbonsäuren wie z. B. in Weinsäure oder Citronen
säure; OH-Gruppen in α-Hydroxy-carbonylverbindungen (Redukto
nate oder Endiolate) wie z. B. im Glycerinaldehyd oder im
Dihydroxyaceton, aber auch in der L(-)-Ascorbinsäure.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch ge
kennzeichnet, daß als Träger von aziden OH-Gruppen chemische
Verbindungen angewendet werden, die durch Keto-Enol-Umlagerung
solche azide OH-Gruppen bereitstellen können wie z. B. die ß-Di
carbonylverbindungen, z. B. Acetylaceton oder Acetessigester.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch ge
kennzeichnet, daß als Träger von aziden OH-Gruppen chemische
Verbindungen, die phenolische OH-Gruppen enthalten, angewendet
werden wie z. B. Lignine, Ligninbauelemente, z. B. Coniferyl
alkohol oder Sinapinalkohol und Ligninabbauprodukte wie z. B.
Guajacol.
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch ge
kennzeichnet, daß binäre Reaktionsgemische zur Anwendung
kommen, die zusätzlich inertes Material oder zu verklebendes
Substrat enthalten wie z. B. Kieselgur, Zeolithe, Käfigverbin
dungen, Holzmehl oder Holzspäne; die sich eignen, flüssige
Verbindungen mit aziden OH-Gruppen aufzunehmen oder Verbin
dungen mit aziden OH-Gruppen an den Oberflächen anzulagern.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch ge
kennzeichnet, daß fester Harnstoff in Partikeln oder Körnern
auf das vorher mit einem Träger von aziden OH-Gruppen ver
sehene Substrat aufgestreut oder untermischt wird.
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DE19893943488 DE3943488C2 (de) | 1989-09-14 | 1989-09-14 | Verfahren zur Reduzierung bzw. Eliminierung von freiem Formaldehyd mit Carbamaten, die in der kritischen Phase, wenn Formaldehyd freigesetzt wird, auf dem Substrat erzeugt werden |
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-
1989
- 1989-09-14 DE DE19893943488 patent/DE3943488C2/de not_active Expired - Fee Related
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