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Kreiselkompaß für Vermessungszwecke. Bei der Vermessung von unter
Tage liegenden Bergwerken braucht man, wie bei allen trigonometrischen Vermessungen,
eine Basis, deren Richtung sehr genau bestimmt sein muß. Bisher wird diese Basis
hauptsächlich dadurch geschaffen, daß man in den Schächten zwei .schwere Lote herabhängen
ließ und die Verbindungslinie der Fußpunkte als Basis benutzte. Die Aufhängungspunkte
wurden nach den Vermessungen über Tage ermittelt. Die Genauigkeit dieser Methode
läßt nun, wie tatsächliche Beobachtungen ergeben haben, zu wünschen übrig. Das wird
auch begreiflich, wenn man berücksichtigt, daß sich an die projizierte Basis von
einigen .Metern Länge ganz ansehnliche Vermessungszüge anschließen müssen, und daß
man dabei naturgemäß.mit sehr spitzwinkligen Dreiecken zu arbeiten gezwungen ist,
wodurch eine Ungenauigkeit von nur einigen Winkelminuten beträchtliche Fehler in
den Längenmaßen zur Folge haben kann. Hierzu kommt, daß namentlich bei jüngeren
Schachtbauten die vom Druck der mehrere hundert Meter hohen Erdschicht befreite
Sohle »arbeitet«, so daß auch hierdurch die Zuverlässigkeit der ermittelten Fußpunkte
des Lotes leidet. Zudem können diese Lotmessungen nur an betriebsfreien Tagen in
den Schächten vorgenommen werden und sind ziemlich -mühsam und zeitraubend.
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Sie durch Angaben der Magnetnadel zu ersetzen ist nicht angängig,
da der Verlauf der erdmagnetischen Kraftlinien unter Tage mehr oder weniger unregelmäßig
ist. Jedoch steht in dem Kreiselkompaß gegenwärtig ein Ricrtungsanzeiger zur Verfügung,
dessen Einstellung von dem Verlauf der erdmagnetischen Kraftlinien unabhängig ist
und der daher als Grubenkompaß Bedeutung erlangen müßte, wenn er den besonderen
Anforderungen der neuen Verwendungsart angepaßt würde.
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Ein dementsprechend ausgebildeter Kreiselkompaß bildet den Gegenstand
der Erfindung. Die Aufgabe eines solchen ist, wie sich aus vorstehendem ergibt,
eine andere als die Aufgabe des als Richtungsweiser für Schiffe dienenden Instrumentes.
Im Bergwerk ist ja die Richtung des Meridians bereits mit größerer Genauigkeit bekannt,
als sie von einem guten Schiffskompaß geliefert werden kann. Es gilt nur, die: Fehlergrenze
der Messung soweit herabzusetzen, wie nur irgend möglich. Zu diesem ?.weck ist nach
der vorliegenden Erfindung der Kreiselkompaß am beweglichen System mit einem Spiegel
für die Ablesungszwecke versehen, der die Kreisellager tragende Teil des Apparates
ist zusammen mit . dem Ablesespiegel um die Kreiselachse selbst drehbar und feststellbar
gemacht, um die Kontrolle der Ablesung zu ermöglichen, und das ganze Instrument
ist leicht transportabel angeordnet.
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In der Zeichnung ist der neue Kreiselkompaß in einer Ausführungsform
dargestellt, und zwar in einer Ansicht mit teilweisem Schnitt.
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An die Grundplatte i mit den Fußschrauben z ist der hufeisenförmige
Bügel 3 angegossen. Die Zeichnung zeigt nur den hinteren Schenkel dieses Bügels,
der vordere ist weggeschnitten zu. denken, bei 4 - ist die Schnittfläche ersichtlich.
An den Innenseiten
der Schenkel dieses Bügels 3 sind - punktiert
gezeichnet - Tragstücke 5 angebracht, auf denen mittels Flanschen 6 ein kugelförmiger
Kessel 7 ruht. Dieser Kessel wird mit Quecksilber gefüllt und enthält den kugelförmigen
Schwimmkörper 8, der den Kreiselkompaß g trägt, und zwar mittels des Bügels io,
der durch einen Hals ix mit dem Schwimmkörper 8 verbunden ist. In eine Bohrung 12
des Halses ii, durch eine Bohrung 13 des Bügels io hindurch, greift ein Zentrierstift
14 ein, der oben am Bügel 3 befestigt ist.
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Von dem eigentlichen Kreiselkompaß ist auf der Zeichnung die Kreiselkappe
g dargestellt, die mittels der Zapfen 15 in Lagern 16 des Bügels io gehalten ist,
so daß sie um sich selbst gedreht werden kann. Auf der einen Seite des Bügels io
ist ein federnder Festhaltestift 17 angeordnet, der bei der dargestellten Lage in
eine Rast 18 eingreift, die in einer an der Kreiselkappe befestigten Platte ig vorgesehen
ist. Um genau 18o° gegen die Rast 18 verdreht befindet sich in der Platte ig eine
zweite Rast 2o, in die der Stift 17 ebenfalls einfallen kann. Man kann daher die
Kreiselkappe entweder in die in de-Zeichnung dargestellte Lage oder in eine gegen
diese um i8o° verdrehte Lage bringen. Auf der anderen Seite der Kreiselkappe ist
außerhalb des betreffenden Lagers 16 eine Kapsel 21 befestigt, die seitwärts offen
ist. Durch diese Öffnung ist ein Spiegel 22 sichtbar, der mit Hilfe von drei Schrauben
23 = in der Zeichnung ist nur eine dieser Schrauben sichtbar - auf dem Zapfen 24
am Grund der Kapsel 2= befestigt ist. Dieser Spiegel wird durch eine in einer Bohrung
des Zapfens 24 liegende Feder 25 nach außen gedrückt und kann durch entsprechende
Einstellung der Schrauben 23 in genau senkrechte Lage zur gedachten Achse x-x der
Kreiselkappe g bzw. des eigentlichen Kreiselkörpers gebracht werden. Dieser Kreiselkörper
ist auf der Zeichnung nicht dargestellt, er ist in üblicher Weise innerhalb der
Kreiselkappe g gelagert in Kugellagern, die in den Zapfen 15 untergebracht sind.
Die den Zapfen 24 enthaltende Kapsel 21 dient zur Unterbringung von Schmiermitteln,.
demselben Zweck dient auch die Kapsel 26, die an der Platte ig vorgesehen ist. Die
Kapsel 26 ist dann noch mit einem Hahn-Stutzen 27 versehen, durch den die
Kreiselkappe g entlüftet oder mit einem leichten Gas gefüllt werden kann zur Verminderung
der Oberflächenreibung des eigentlichen Kreiselkörpers. Das ganze Instrument ist
mit einer Blechkappe 28 abgedeckt, die vor dem Spiegel 22 mit einer Schallöffnung
29 versehen ist.
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Der ganze Kreisel mit der Kappe g, dem Bügel io und dem Schwimmkörper
8 bilden das schwimmende System, das sich frei um die senkrechte Achse drehen und
um den geographischen Meridian schwingen kann. Ist das Instrument mit der Hand so
weit beruhigt worden, daß nur noch kleine Schwingungen stattfinden, so kann mit
Hilfe des Spiegels 22 eine Ablesung vorgenommen werden. Dann kann man, wie beschrieben,
die Kreiselkappe mit dem Spiegel. um r8o ° - drehen und die Ablesung wiederholen,
wodurch etwaige Fehler in der Einstellung des Spiegels senkrecht zur Kreiselachse
ausgeschaltet werden. Würde diese Drehungsmöglichkeit nicht vorhanden sein, so würde
es fast unmöglich sein, die richtige Einstellung des Spiegels zu prüfen, sobald
Fehlergrenzen von einer Bogenminute und weniger vorliegen. Die Befestigung des Spiegels
an der Kreiselkappe bietet dabei den Vorteil, daß etwaige Formänderungen des Tragbügels
io und des Schwimmkörpers 8 ohne Einfiuß auf die Ablesung bleiben.
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Die Drehung der Kreiselkappe mit dem Spiegel ist, wie ersichtlich,
von großer Wichtigkeit. Um sie zu ermöglichen, ohne die Stromzuführung zu dem den
Kreiselkörper antreibenden Elektromotor (im Ausführungsbeispiel Drehstrommotor)
zu unterbrechen, ist diese in folgender Weise angeordnet Der Bügel io ist mit einem
Bürstenträger 3ö versehen, an dem drei federnde Stromzuleitungsbürsten 31 gelagert
sind.- Diese schleifen auf Schleifringen 32 auf der Kreiselkappe g, von denen aus
die drei Stromphasen dem Stator eines Elektromotors zugeführt werden, der in der
Kreiselkappe eingebaut ist. Den drei Bürsten aber werden die drei Stromphasen von
außen her zugeführt, ohne daß die freie Drehung des schwimmenden Systems um die
senkrechte Achse verhindert ist. An der Grundplatte .i befindet sich ein Quecksilbernapf
33 mit der Quecksilbermasse 34. In diese taucht ein Stift 35, der mittels eines
Isolierstückes 36 an einem von den Lagern 16 herabreichenden Bügel 37 - befestigt
ist. Eine weitere Quecksilbermasse 38 ist in der Bohrung 12 des Halses ii untergebracht,
und in diese taucht das -untere Ende des Zentrierungsstiftes 14. Von diesen beiden
Quecksilbernäpfen nun wird je eine Stromphase je einer der Bürsten 31: zugeführt,
während die dritte Bürste Körperschluß mit dein- Bügel io hat und ihre Stromzuführung
- durch die Quecksilbermasse im Kessel 7 empfängt.
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Um däs Instrument leicht transportabel zu machen, sind am Bügel io
zwei federnde Haken 39 angebracht, die, wenn man, den ganzen Bügel ro mit
dem Schwimmkörper und dem Kessel in die Hölle hebt, sich über entsprechende Nasen
4o@ am Bügel 3, 4 lhängen. Hierbei greifen Zapfen 41 auf dem Bügel io in passende
Bohrungen 42 des Bügel:i 3, 4 und ein Zapfen 43 in eine passende Bohrung
44,
ebenfalls am Bügel ro, ein, während zugleich das untere Ende des Zentrierungsstiftes
14 von einem Halsring 45 in der Bohrung 12 des Halses ri fest umfaßt wird. H'_erdurch
ist das schwimmende System vollkommen am Bügel 3, 4 festgestellt, während zugleich
die obere Öffnung des Quecksilberkessels 7 durch die Schulter 46 des Halses ir abgedichtet
wird. Das Instrument ist also ohne weiteres transportabel.
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Es mag noch bemerkt werden, daß in der Arbeitsstellung zwischen dem
Umfang des unteren Endes des Zentrierungsstiftes 14 und der Bohrung im Halsring
43 Spielraum vorhanden sein muß, um die freie Drehung des Instrumentes nicht zu
stören. Hierdurch wird aber, ebenfalls wegen der Möglichkeit, die Ablesung durch
Drehung der Kreiselkappe mit dem Spiegel um 18o° zu wiederholen, das Messungsergebnis
nicht beeinflußt.
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Als Beispiel für die Verwendung des Gerätes sei die Festlegung der
Horizontalrichtung von Grubenstrecken (Querschlägen) gewählt. Hier werden an der
First der Grubenstrecke, in einer Entfernung von etwa ioo bis Zoo m voneinander,
zwei Punkte A und B
fest bezeichnet. Die Verbindungslinie der beiden
Punkte ist die gesuchte Strecke, ihre Horizontalrichtung soll bestimmt werden.
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Zu diesem Zweck stellt man genau unter dem Punkt A einen gewöhnlichen
Theodoliten auf. In Punkt B befestigt man ein Lot, das herabhängt, und das von dem
Theodoliten aus anvisiert werden kann.
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Nun stellt man neben den Theodoliten unter dem Punkt A den neuen Kreiselkompaß
mit Spiegel auf, und zwar so, daß die Verlängerung der Kreiselachse den Punkt A
bzw. die von ihm aus gedachte Senkrechte schneidet oder wenigstens dicht daran vorbeigeht.
Das macht im allgemeinen. keine Schwierigkeiten, da die ungefähre Richtung der Nord-Süd-Linie
bekannt ist und es sich ja nur um die Bestimmung der letzten und kleinsten Differenzen
handelt. Um die Einstellung zu erleichtern, kann zudem der Kreiselkompaß auf einem
Dreifuß stehen, auf welchem das Instrument von der Mitte aus in jeder Richtung etwa
bis zu 5 cm verschiebbar ist.
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Der Theodolit in A muß unterhalb des Horizontalkreises eine Skala
mit Teilstrichen erhalten; die ungefähr in gleicher Höhe wie der Spiegel des Kreisels
oder etwas darunter sich befindet und während der Ablesung in geeigneter Weise beleuchtet
wird. Die Schwingungen des Kreisels werden mit der Hand bis auf kleine Restschwingungen
abgedämpft. Richtet man dann das Fernrohr des Theodoliten auf den Kreiselspiegel,
so erblickt man darin die vorbeiwandernden Teilstriche des Spiegelbildes der Skala.
Bei den Umkehrpunkten der Schwingungen wird diese scheinbare Wanderung einen Moment
aufhören und dann umkehren, in welchem Augenblick der Stand des Fadenkreuzes mit
Bezug auf das Spiegelbild der Skala abgelesen wird. Aus .den beiden Ablesungen bei
den Umkehrpunkten ergibt sich dann die mittlere Nordlinie. Aus der Differenz der
Skalenteile rechts und links der Mittellinie des Theodoliten ergibt sich die Korrektur
gegen die Grobeinstellung des Fernrohrs mit Bezug auf den Horizontalkreis. Jetzt
ist nur noch nötig, mittels Fernrohr den von B herabhängenden Faden anzuvisieren
und den Winkel ebenfalls auf dem Horizontakreis abzulesen, um nach Abzug der korrigierten
ersten Ablesung sofort die geographische Richtung der Linie A-B zu erhalten.