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Die Erfindung betrifft eine hydraulische
Bindemittelmischung, bei der die Frühfestigkeit und die Frühfestigkeitsentwicklung
steuerbar ist.
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Hydraulische Bindemittelsysteme aus
sulfatträgerfreien
Portlandzementklinkermehlen mit Verflüssigern zur Erstarrungsregelung
sind bekannt. Bei derartigen Bindemittelsystemen stehen die extrem hohen
Festigkeiten zu sehr frühen
Zeitpunkten, insbesondere schon ab 2 Stunden im Vordergrund. Diese
Frühfestigkeiten
sind für
die Formulierung von Spezialmörteln
und -betonen für
Reparaturzwecke sehr vorteilhaft.
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Aus "Baustoffindustrie 1990", Seiten 104 bis 107,
ist es bekannt, bei derartigen Bindemittelsystemen mit einer Kombination
von Ligninsulfonaten und Alkalicarbonaten ein gipsfreies Klinkermehl
auf Portlandzementklinkerbasis effektiv in der Erstarrung zu verzögern. Es
ist ferner bekannt, die Ligninsulfonate teilweise oder vollkommen
durch andere Plastifizierer, wie z.B. Kondensationsprodukte der
sulfonierten Phenole und Formaldehyde, Salze der Naphtalinsulfonsäuren und
Alkalicarbonate durch Alkalihydroxide zu ersetzen.
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Aus der DD 264 819 A3 ist ein Verfahren
zum Herstellen eines Bindemittels bekannt, welches schnell bindend
sein soll und hohe Frühfestigkeiten erreichen
läßt. Dieses
Bindemittel wird auf der Basis von gemahlenem Portlandzementklinker
sowie Sand und Abbinderegulatoren hergestellt, wobei als Abbinderegulatoren
kalziniertes Alkalicarbonat und Ligninsulfonat eingesetzt werden sollen.
Als kalziniertes Alkalicarbonat kann auch eine Mischung von Alkalicarbonaten
eingesetzt werden.
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Aus der
DE 35 43 210 A1 ist eine
schnell erhärtende
Bindemittelmischung bekannt, welche Portlandzementklinker, reaktive
Calciumaluminate, Calciumsulfat, einen organischen, das Wachstum
von Calciumaluminatsulfat hemmenden Abbindeverzögerer sowie Alkalicarbonat
enthält.
Bei diesem extrem schnell bindenden Bindemittel kann durch eine
Mischung aus Natrium- und Kaliumcarbonat die Erstarrungscharakteristik
und damit die Topfzeit eingestellt werden.
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Aus der
DE 28 20 067 A1 ist ein
Beschleunigungsmittel zur Beschleunigung der Härtung von Zement sowie ein
Verfahren und Material zur Hohlraumausfüllung im Untertagebau bekannt.
In dieser Druckschrift wird vorgeschlagen zur Beschleunigung der
Erhärtung
von normalen Zementen, diesen Triethanolamin, Kaliumcarbonat und
Natriumcarbonat zuzusetzen. Hiermit soll eine unter Tage pumpbare
Zementmischung erreicht werden, die nicht so schnell erhärtet, daß die Pumpleitungen
zugesetzt werden, andererseits jedoch ein normales Zementgemenge derart
beschleunigt, daß Eigenschaften
erreicht werden, die an rasch härtende
Zemente heranreichen.
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Die Wirkungsmechanismen der Alkalicarbonate
in Bindemittelmischungen aus sulfatträgerfreiem Portlandzementklinkermehl
und Ligninsulfonaten und Alkalicarbonaten sind in "Cement and Concrete Research", Vol. 3, Seiten
279 bis 293, Pergamon Press, Inc., 1973, beschrieben. Nach dem Kontakt des
Zementes mit Wasser ist die Lösung
mit Calciumhydroxid [CA(OH)2] gesättigt. Die
größte Menge des
Calciumhydroxids entsteht durch die schnelle Reaktion des Tricalciumsilikats
(C3S). Weil der Zement stets gewisse Anteile
an Alkalien (Na2O, K2O) beinhaltet,
ist der pH-Wert
der Zementlösung
immer höher
als der einer gesättigten
Calciumhydroxidlösung.
Die Alkalien lösen
sich und bilden OH–-Ionen. In den schnellerhärtenden
Bindemitteln auf der Basis von sulfatfreien Klinkermehlen und Alkalicarbonaten kommen
zzgl. OH–- Ionen aus der Umsetzung
mit dem Ca(OH)2 zu Carbonat . Das Carbonat
in dem Leim aus dem sulfatfreien Klinkermehl hat einen ähnlichen
bzw. gleichen Einfluß wie
Gips in üblichen
Pasten aus herkömmlichem
Portlandzement, also einem Zement, der durch das gemeinsame Vermahlen
von Portlandzementklinker und einem Sulfatträger erzielt wurde. Statt eines
Sulfoaluminates bilden sich auf der Oberfläche des Tricalciumaluminats
(C3A) andere schnellhydratisierende Zementkomponenten,
die Calciumcarboaluminate. Die Calciumcarboaluminate bilden eine
Schutzschicht um das C3A und verhindern
seine schnelle weitere Hydratation. Neben der Bildung von Calciumcarboaluminaten
haben die Alkalicarbonate noch zwei weitere Einflüsse. Zum
einen erhöhen
Alkalien die Geschwindigkeit der Hydratation. Die Alkalianteile
in den Alkalicarbonaten bilden Alkalihydroxide, welche die Löslichkeit
von Calciumhydroxid herabsetzen, d.h., daß das Carbonat-Ion als Verzögerer und
das Alkali-Ion als Beschleuniger wirkt. Der dritte Effekt von Alkalicarbonaten
ist mit dem Ligninsulfonat verbunden. Ohne Alkalicarbonat fällt das
Ligninsulfonat sehr schnell aus der Lösung aus, da in der flüssigen Phase
des hydratisierten Zements genügend
Ca2+-Ionen vorliegen, welche mit den Ligninsulfonaten
reagieren können. Die,
wie bereits beschrieben, von den Alkalicarbonaten produzierten OH–-Ionen,
welche die Konzentration von Ca2+-Ionen
in der Lösung
reduzieren, bewirken somit, daß Ligninsulfonat
nicht ausfällt.
Das nichtgefällte
Ligninsulfonat kann somit an der Oberfläche der Zementkörner adsobiert
werden.
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In der
EP 0 517 869 B1 werden zur Erhöhung der
Festigkeit ein Carbonatdonator und mindestens eine eisenkomplexierende
Verbindung eingesetzt. Als Carbonatdonator eignen sich wasserlösliche Salze
der Kohlensäure.
Ganz allgemein können
als Carbonatdonatoren bzw. Carbonatgeneratoren Verbindungen eingesetzt
werden, die in alkalischem wässrigen
Milieu Carbonat-Ionen freisetzen oder mit reaktiven Calciumverbindungen
zu Calciumcarbonat und/oder Calciumcarbonat enthaltenen Verbindungen
reagieren (Carboaluminat, Carboaluminoferrit, Thaumasit, Carboaluminosilikat
etc.).
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Aufgabe der Erfindung ist es, die
Frühfestigkeit
und den Frühfestigkeitsverlauf
von sulfatträgerfreien
Bindemittelmischungen zu steuern, insbesondere innerhalb eines vorgegebenen
Zeitfensters bis 24 h, und ein anwendungsgerechtes Festigkeitsintervall
variabel einzustellen.
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Die Aufgabe wird mit einer Bindemittelmischung
mit den Merkmalen des Anspruch 1 gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen
sind in den Unteransprüchen
gekennzeichnet.
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Eine Bindemittelmischung weist als
Bindemittelbestandteil ein sulfatträgerfreies Portlandzementklinkermehl
auf. Zur Erstarrungs- und Erhärtungsregelung
werden Ligninsulfonate und Alkalicarbonate eingesetzt. Als Alkalicarbonate
werden Natrium und Kaliumcarbonat in beliebigen Mischungsverhältnissen
je nach Aufgabenstellung eingesetzt.
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Es hat sich überraschenderweise herausgestellt,
daß durch
die Variation des Verhältnisses
von Kaliumcarbonat zu Natriumcarbonat die Frühfestigkeit der Bindemittelpaste
in einem weiten Bereich insbesondere an den jeweiligen Verwendungszweck
angepaßt
variiert werden kann. Die Festigkeitsentwicklung der angemachten
Bindemittelmischung kann somit zielgerichtet durch eine entsprechende
Mischung aus Natrium- und Kaliumcarbonat schon werkseitig eingestellt
werden, wobei die Festigkeitsentwicklung insbesondere im Bereich
von 2 bis 24 h durch das Verhältnis
der Alkalicarbonate steuerbar ist. Hierbei wird, bei einer vorgegebenen
Mischung bzw. bei einer vorgegebenen Bindemittelkomponente und bei einem
vorgegebenen Bereich der Frühfestigkeit
zur Steuerung des Frühfestigkeitsverlaufs
und der Frühfestigkeit
das Na2O-Äquivalent – abgestimmt auf diese Parameter – konstant
gehalten und lediglich das Verhältnis
von K2CO3/(K2CO3 + Na2CO3) innerhalb des
konstanten Na2O-Äquivalents verändert. Zusätzlich ist
die Verarbeitungszeit durch weitere Zusatzmittel wie Ligninsulfonat
innerhalb begrenzter Zeitfenster ohne nachhaltige Festigkeitsverluste
zu frühen Zeitpunkten
einstellbar. Insofern wird eine weite Variabilität bezüglich des Beginns der Festigkeit
und der Höhe
der Festigkeit der Paste geschaffen. Eine weitere Einflußmöglichkeit
bezüglich
der Festigkeitsentwicklung und des Beginns der Festigkeitsentwicklung liegt
in der Feinheit der verwendeten Bindemittelkomponente. Darüber hinaus
können
diese Parameter auch dadurch gesteuert werden, daß der Bindemittelbestandteil,
in diesem Fall das Klinkermehl, aus unterschiedlichen Kornfraktionen
jeweils individualisiert für
den Anwendungsfall zusammengemischt wird.
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In der 1 ist
beispielhaft der Bereich zu sehen, der von den beiden Alkalicarbonaten
eingegrenzt wird und innerhalb dessen eine Festigkeitsvariation
stattfinden kann.
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Die entsprechenden Kurven wurden
dabei dadurch gefunden, daß ein
Spezialzement aus 97,7 % Klinkermehl der Feinheit D95 < 12,5 μm und 0,3 % Ligninsulfonat im einen Fall mit 2 % Natriumcarbonat und
im anderen Fall mit 3,04 % Kaliumcarbonat versetzt wurde, wobei
450 kg/m3 des Spezialzements mit 1.973 kg/m3
Zuschlag, bestehend aus 35 % der Korngröße 0–2, 25 % der Korngröße 5–8 und 40
% der Körnung
8/11 bei einem Wasserzementwert von 0,35 zusammengemischt wurden.
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Die 2 zeigt
die mögliche
Variabilität
infolge der Änderung
des Verhältnisses
K2CO3/(K2CO3 + Na2CO3).
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Die unterschiedlichen Kurven gehen
dabei von einem Verhältnis
von 1 bis 0 aus. Ausgebildet wurden die Mischungen aus je 450 g
Schnellzement mit der entsprechend variierten Beschleunigerzusammensetzung
1.350 g Normsand und 157,5 g Wasser, wobei die schnellerhärtende hydraulische Mischung
eine spezielle Korngrößen- und
Phasenzusammensetzung aufwies. Die Druckfestigkeitsentwicklung der
Beispielmörtel
ist bis 24 h in der 2 und
bis 90 Tage in der folgenden 3 dargestellt.
In diesem speziellen Fall war die Phasen- und Kornzusammensetzung
des Zementes auf eine Verarbeitbarkeit im Bereich von 60 Minuten
eingestellt.
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In einem weiteren Versuch wurde die
schnellerhärtende
hydraulische Mischung mit einer Korngrößenverteilung- bzw. Fraktionenzusammensetzung
und Phasenzusammensetzung gewählt,
welche eine Verarbeitbarkeit von etwa 10 Minuten gewährleistet.
Anschließend
entwickelt diese Mischung insbesondere im Bereich von 4 bis 24 h
unterschiedlich schnell hohe Festigkeiten, die vom Verhältnis der Alkalicarbonate
abhängen.
Für den
Versuch wurde eine Mischung aus 450 g Schnellzement mit den obigen
variierenden Zusammensetzungen der Alkalicarbonate sowie 1.350 g
Normsand mit 157,5 g Wasser gemischt. Die Druckfestigkeitsentwicklung
der Beispielmörtel
bei 20 °C
bis 24 h ist in 4 dargestellt, wobei
das Verhältnis
K2CO3/(K2CO3 + Na2CO3) zwischen 0
und 1 variiert wurde. Die Druckfestigkeitsentwicklung bis zu 90
Tage nach der Herstellung ist in 5 dargestellt.
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Bei der erfindungsgemäßen Bindemittelmischung
ist von Vorteil, daß die
Frühfestigkeit,
insbesondere der Frühfestigkeitsverlauf
sowie der Beginn der Frühfestigkeitsentwicklung
in einem weiten Zeitrahmen bis 24 Stunden und in einem weiten Festigkeitsrahmen,
abgestimmt auf den Anwendungsbereich und die Anforderungen des Kunden,
individualisiert einstellbar ist. Zudem kann die Festigkeitsentwicklung über die
Korngrößenverteilung
bzw. die Feinheit der eingesetzen Bindemittelkomponente und deren
Phasenzusammensetzung geregelt werden.