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Reizstromgerät bei schlafen Lähmungen
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Stand der Technik Die Erfindung geht aus von einem Reizstromgerät
nach der Gattung des Hauptanspruchs. Der Nutzen und die Anwendung der sogenannten
Reizstromtherapie bei der Behandlung von schlaffen Lähmungen sind seit längerer
Zeit bekannt und unumstritten. Eine Muskelzelle als Teil eines allgemeinen Muskelsystems
reagiert auf einen elektrischen Reiz wie ein Neuron, nämlich durch eine sprunghafte
Potentialverschiebung zwischen dem Zellinneren und dem Zelläußeren durch vorübergehende
Permeabilitätsänderung. Dabei ist die physiologische Erregung von Muskelzellen,
die zu einer Kontraktion führt, impulsförmig, und die Zelle reagiert nach dem Alles-
oder Nichts-Gesetz, etwa wie eine elektrische Kippstufe. Üblicherweise geht ein
solcher elektrischer Reiz einer Muskelfaser von einer Nervenfaser aus, an deren
motorischer Endplatte der Übergang auf die Muskelfaser stattfindet. Der erregte
Faserabschnitt
reagiert in der Reihenfolge Reiz, Depolarisation,
Repolarisation und gleichzeitig mechanische Kontraktion. Die Repolarisation ist
nach etwa 20 ms erreicht. Die Kontraktion erreicht ihren Höhepunkt jedoch erst,
wenn der elektrische Zyklus bereits beendet ist und dauert etwa 10 Mal länger als
dieser. Ein Muskelfaserabschnitt ist also bereits wieder erregbar, wenn er noch
kontrahiert ist. Folgen Reizimpulse in kurzen Abständen, so bleibt der Kontraktionszustand
deshalb bestehen, es ergibt sich der sogenannte Tetanus. Die hierfür erforderliche
Mindestfrequenz ist nach Muskelart verschieden. Sie liegt im Mittel bei 50 Hz.
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Eine Einzelauslösung oder Kontraktion wird als Zuckung bezeichnet;
durch Überlagerung von Reizen entsteht der Tetanus, wobei alle willkürlichen Verkürzungen
von Skelettmuskeln beispielsweise tetanisch sind.
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Bei nervengeschädigten Patienten bedient man sich einer künstlichen
elektrischen Stimulation, wobei eine solche Reizstromtherapie sowie -diagnostik
auf der Tatsache aufbaut, daß eine Depolarisation von Nerven- und Muskelzellen durch
extern applizierte elektrische Energie herbeigeführt werden kann.
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Die Depolarisation einer Zelle tritt ein, wenn das Potential über
der Zellmembran der zu entladenden Zelle kurzzeitig gesenkt wird; diese Potentialsenkung
kann durch einen Spannungsabfall erreicht werden, den ein Strom bei hinreichender
örtlicher Stromdichte über der Membran erzeugt. Damit ein Strom gegebener Stromstärke
für eine Depolarisation einer Zellmembran ausreicht, ist eine bestimmte Reizdauer
erforderlich, die man als Nutzzeit bezeichnet.
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Eine Reizstromtherapie kann eine Gleichstrombehandlung (Galvanisation)
sowie eine Impulsbehandlung umfassen, die auch der Behandlung total denervierter
Muskulatur dient,
wie dies bei schlaffen Lähmungen der Fall ist.
Hierbei geschieht die Reizung des Muskels direkt, wobei die gelähmten Muskeln durch
Viereck Dreieck-oder Exponentialimpulse selektiv ansprechbar sind. Einen Überblick
über die bekannten Maßnahmen bei der Reizstromdiagnostik und -therapie lassen sich
beispielsweise entnehmen dem Kompendium Elektomedizin" von J.Patzold, Abschnitt
Reizstromdiagnostik und -therapie, Seiten 137 - 150, Siemens AG., 1976.
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Bemerkenswert ist, daß bei sämtlichen bisher bekannten Reizströmen,
auch solcher impulsartiger Form diese grundsätzlich jeweils von einer Null-Linie
aus ansteigend verlaufen, woraufhin dann die Kurvenform des Impulses wieder zur
Null-Linie zurückkehrt. Die folgenden Impulse schließen sich mit vorgegebenen Pausen
zwischen ihnen an und verlaufen sämtlich in der gleichen Richtung, sind also unipolar.
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Auf dem Gebiet der Stimulation peripherer schlaffer Lähmungen mit
elektrischen Impulsen, das auch die vorliegende Erfindung betrifft, sind die Muskeln
denerviert, und das zweite periphere Neuron ist beschädigt. Bei der üblichen Therapie
solcher Lähmungen werden Reizströme in Exponentialkurvenform mit langen Nutz- und
Pausenzeiten verwendet, wodurch eine selektive Reizung gelähmter Muskelpartien möglich
ist. Allerdings führt diese Reizung während der Therapie zur Ermüdung des behandelten
Muskels und kann, auf lange Sicht gesehen, eine Atrophie, also eine Degeneration
des Muskels zu Bindegewebe, keinesfalls verhindern, außerdem sind tetanische Reizungen,
die auf der Grundlage der bisher bekannten Behandlungsverfahren, Geräte und Impulsformen,
die zu Dauerkontraktionen führen, mit erträglichen Stromformen nicht möglich. So
stellt beispielsweise V.Klare in der Veröffentlichung "Grundlage und Ergebnisse
der Niederfreyuenztherapie auf S. 246 fest, daß nur ein Muskel, dessen zweites peripheres
Neuron ungeschädigt ist,
mit erträglichen Stromdosen tetanisiert
werden kann, während der peripher gelähmte Muskel eine wesentlich verschlechterte,
u.U. eine praktisch aufgehobene Tetanisierbarkeit zeigt.
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Ein solcher Muskel ist vollkommen ungeeignet für die Therapie mit
tetanisierenden Stromformen.
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Besonders problematisch ist der Stromeintritt in den Körper, der wegen
der notwendigen niedrigen Frequenzen und der vergleichsweise hohen Gleichstromanteile
nur über die Poren der Schweißdrüsen geschieht und wegen der Querschnittsverengung
zu hohen Stromdichten führt. Eine weitere Belastung der Haut erfolgt durch den Übergang
des Stroms von einem Leiter erster Klasse (aufgelegte Elektroden) auf einen Leiter
zweiter Klasse (feuchte Haut). An den Phasengrenzen entstehen Säure- bzw. Basenreste,
die die Haut angreifen.
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Zur Abhilfe verwendet man dicke Schwämme, die zwischen den Elektroden
und die Haut gelegt werden und die in der Lage sind, für einige Zeit die Säuren
und Basen aufzufangen (zu puffern). Allerdings müssen wegen dieser Schwämme die
Reizstromgeräte hohe Ausgangsspannungen (Größenbereich ca. 200 V) liefern. Dies
verlangt besondere Vorsicht vom Bedienungspersonal; beispielsweise dürfen die Elektroden
nicht abgenommen werden, ohne den Strom vorher auf Null zu regeln.
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Es ist in diesem Zusammenhang zur Verringerung der Hautbelastung auch
bekannt, nach dem Verfahren der Interferenzströme nach Nemec (siehe Zeitschrift
"Der deutsche Badebetrieb", 61.Jahrgang, Aufsatz vonNemec "Reizstrom;Reizstrom",
Seite 171 bis 174) zu arbeiten. Bei diesen Verfahren werden zwei normale, unbeeinflußte
Mittelfrequenzströme, beispielsweise
im Schwingungsbereich zwischen
4 - 5 000 Hz, jedoch geringfügig unterschiedlicher Frequenz, kapazitiv über die
Haut in den Körper gebracht. Bei Frequenzen von ca. 4 kHz ist der Hautwiderstand
und damit die Hautbelastung vergleichsweise gering. Außerdem entfallen sonst zu
Verätzungen führende Gleichglieder vollständig. Das Einbringen der beiden Mittelfrequenzströme
unterschiedlicher Frequenz erfolgt mit Hilfe von vier Elektroden, wobei sich im
Körper selbst ein Überlagerungsgebiet bildet, in dem die Ströme wegen der nichtlinearen
u/i-Kennlinien der Zellmembranen der Muskeln in verschiedene Frequenzbereiche, insbesondere
in den biologisch wirksamen Bereich zwischen 0 Hz und 100 Hz aufgespalten werden.
Auf Seite 173, 5.ems., der genannten Literaturstelle stellt jedoch der Verfasser
selbst fest, daß das Interferenzstromverfahren gegenüber peripheren, schlaffen Lähmungen
keine Indikation darstellt, wenn beispielsweise angestrebt wird, denervierte Muskeln
elektrogymnastisch zu aktivieren. Diese Maßnahmen sind eindeutig eine Domäne der
Elektroreiztherapie unter Verwendung progressiver Stromeinflüsse, also mittels Exponentialstrom
oder Dreieckimpulsen.Nachteilig ist außerdem, daß nur Gleichanteile einer Polarität
an den Membranen entstehen.
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Von besonderer Problematik ist auf jeden Fall bei der elektrischen
Stimulation von peripheren schlaffen Lähmungen, und dies sei hier wiederholt, die
starke Hautbelastung sowohl auf Grund der sich bildenden Säuren und Basen als auch
infolge der notwendigerweise zu verwendenden hohen Stromdichten, so daß eine tetanisierende
Behandlung solcher schlaffer Lähmungen, abgesehen von den physiologischen Gegebenheiten,
die eine weitere Atrophie nicht verhindern können, auch auf
Grund
der erheblichen Schmerzbelastung des Patienten unmöglich ist, eine Schmerzbelastung
im übrigen, die auch jede Möglichkeit einer kostengünstigen und wünschenswerterweise
sehr häufigen Heim behandlung ausschließt.
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Die vorliegende Erfindung hat sich die Aufgabe gestellt, bei der elektrischen
Stimulation von peripheren schlaffen Lähmungen die Nachteile der bekannten Behandlungsformen
und -geräte zu beseitigen und einerseits die Hautbelastung zu beseitigen, andererseits
eine intensive Behandlung der Muskelpartien zu ermöglichen, eine Behandlung, die
auch langdauernde Tetanisierungen ermöglicht, ohne daß es zu auffälligen Ermüdungserscheinungen
im Muskel selbst kommt.
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Vorteile der Erfindung Das erfindungsgemäße Reizstromgerät mit dem
kennzeichnenden Merkmal des Hauptanspruchs hat gegenüber den bekannten Geräten den
Vorteil, daß sich auf Grund der neuen impulsartigen Stromformen, deren Gleichstrommittelwert
zu Null kompensiert ist, die Hautreizungen wesentlich verringern, gegebenenfalls
vollständig beseitigen lassen; außerdem ist es möglich, lange Reizzeiten zu vermeiden.
Die Erfindung ermöglicht tetanische Kontraktionen bei peripher gelähmter, denervierter
Muskulatur, ohne daß es zu nennenswerten Ermüdungserscheinungen kommt.
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Von besonderem Vorteil ist auch, daß wegen der speziellen Stromformen
und der hieraus resultierenden, geringen oder praktisch nicht mehr vorhandenen Hautbelastung
die üblichen Schwammunterlagen zwischen Elektroden und Haut nicht mehr erforderlich
sind, es genügt beispielsweise eine einlagige Stoffunterlage. Dies ermöglicht wiederum
das Arbeiten mit
wesentlich gesenkten Ausgangsspannungen bei vergleichbaren
Therapieergebnissen. So liegt beispielsweise die Spannungsversorgung von nach der
Erfindung aufgebauter Geräte zwischen + 15 V und + 30 V, so daß der Aufbau eines
erfindungsgemäßen Reizstromgerätes mit preiswerten Standardbausteinen der Elektronik
durchgeführt werden kann.
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Bei einem Kind mit peripheren schlaffen Lähmungen und denervierter
Muskulatur wurde bei regelmäßiger Behandlung mit dem erfindungsgemäßen Reizstromgerät
sogar ein verbessertes Knochen- und Muskelwachstum festgestellt, Ergebnisse, die
von der Fachwelt bisher bei solchen Formen der Erkrankung für nicht realisierbar
gehalten worden sind.
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Eine besonders vorteilhafte Weiterentwicklung der Erfindung besteht
darin, daß sich die erfindungsgemäßen, ambipolaren Reizströme mit der, allerdings
in wesentlichen Bereichen modifizierten Kreuzstrommethode (Interferenzströme) über
die Haut in den Körper bringen lassen, so daß wegen der dann überwiegenden kapazitiven
Einkopplung Hautreizungen völlig vermieden werden können.
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Ähnliche Ergebnisse lassen sich bezüglich der Hautbelastung erzielen,
wenn man den ambipolaren Strom mit ein- oder doppelweggleichgerichteten Mitellfrequenzströmen
oder Rechteckimpulsen im Bereich zwischen 500 Hz bis 10 kHz, vorzugsweise zwischen
4 bis 5 kHz moduliert.
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Ein besonderes Anwendungsgebiet findet die vorliegende Erfindung bei
Einfachgeräten, die, nicht zuletzt wegen ihrer Kostengünstigkeit und kompakter Abmessungen,
eine Therapie zuhause ermöglichen.
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Da es möglich ist, ein erfindungsgemäßes Reizstromgerät mehrkanalig
auszubilden bzw. mehrere solcher Geräte miteinander zu
verschalten
oder über bestimmte Koppelglieder lediglich Endstufen mit den auf der Erfindung
beruhenden neuen Stromformen anzusteuern, ist es auch möglich, komplexe Bewegungsabläufe
durch Steuerung oder Regelung zu bewirken, oder ahnichen Rechnereinheiten.
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beispielsweise mit Einsatz eines Mikroprozessor#. Das bedeutet,
daß sich für den Behinderten durch den Einsatz der Erfindung nicht nur die Möglichkeit
bietet, der Atrophie entgegenzuwirken und die Muskulatur zu erhalten und zu verbessern
sowie später gegebenenfalls die Beweglichkeit zu verbessern, sondern auch die Durchblutung
zu steigern. Von besonderer Bedeutung ist im Zusammenhang mit der Steuerung und
Regelung von ganzen Bewegungsabläufen und dem Einsatz von Mikroprozessoren auch
eine zeitmultiplexe Reizung von Patienten, wobei man über geeignete Ruckmeidungen
an dem Mikroprozessor koordinierte Bewegungen erzielen kann. Daher eignet sich die
Erfindung in besonders vorteilhafter Weise zum Einsatz bei der Orthesenentwicklung,
wodurch sich die Beweglichkeit von Patienten entscheidend verbessern läßt. Der Einsatz
und die Schaffung von Orthesen bei peripheren schlaffen Lähmungen, die auf denervierte
Muskulaturbereiche zurückzuführen sind, waren bisher für undenkbar gehalten worden,
allein schon deshalb, weil alle bisherigen Entwicklungen und Maßnahmen noch nicht
einmal eine Eignung aufwiesen, um auf lange Sicht die Muskelatrophie und eine tetanische
Reizung, also eine Dauerkontraktion, zu erzielen. Koordinierte Bewegungsabläufe
erfordern aber notwendigerweise tetanische Reizungen, die bei schlaffen Lähmungen
wegen der unerträglichen Strombelastung, wegen der Säuren-und Basenbildung im Grenzschichtbereich
zwischen Elektrode und Haut und wegen der sehr schnellen auf gewebephysiologische
Ursachen (vermutlich Ionenpotentialverschiebungen) zurückzuführenden Ermüdungen,
nicht möglich waren. Bisher verringerte sich die sich durch Zuckungen manifestierende
Reaktion auf Reizstromimpulse nach einigen Impulsen rasch auf Null, d.h.
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die Muskelzelle sprach nicht mehr an.
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Durch die in den Unteransprüchen aufgeführten Maßnahmen sind vorteilhafte
Weiterbildungen und Verbesserungen der im Hauptanspruch angegebenen Erfindung eines
Reizstromgerätes möglich.
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Besonders vorteilhaft ist das Einbringen von ambipolaren Gleichstrom-Kurvenformen
mit Hilfe von Mittelfrequenzströmen (nach dem Interferenz-Verfahren), wobei mindestens
einer der Mittelfreciuenzströme mit dem ambipolaren Gleichstrom amplituden-, frequenz-
oder phasenmoduliert ist. In einer besonders vorteilhaften Weiterbildung vorliegender
Erfindung erfährt schließlich auch der zweite Träger der nach dem Interferenz-Verfahren
fließenden Kreuzströme eine Vorzeichen-Umschaltung, indem vorzugsweise jeweils bei
Änderung der Polarität des modulierenden, ambipolaren Signals für den ersten Träger
im zweiten Träger ein Phasensprung um 1800 bewirkt wird, was im Endeffekt dazu führt,
daß sich eine Vorzeichenumschaltung bei den Gleichanteilen ergibt, die sich, hier
aufgrund körpereigener Gegebenheiten, nämlich dem nichtlinearen Verhalten der Muskelzellmembranen,
als Modulationsprodukte ergeben.
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zeichnung Ausführungsbeispiele der Erfindung sind in der Zeichnung
dargestellt und werden in aer nachfolgenden Beschreibung näher erläutert. Es zeigen:
Fig. 1 eine vereinfachte Blockbilddarstellung eines Reizstromgerätes, welches mit
zwei Elektroden und ambipolarem Strom arbeitet und mit welchem sich eine Vielfalt
unterschiedlicher Reizströme erzeugen lassen, Fig. 2 eine Ausführungsform eines
Reizstromgerätes, welches mit vier Elektroden und Interferenzströmen arbeitet, Fig.
3 eine letzte Ausführungsform eines kombinierten Reizstromgerätes für alle Anwendungszwecke,
die Fig. 4a - 4g zeigen Kurvenverläufe von Reizströmen, auch solchen, die auf Modulationsverfahren
beruhen.
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Beschreibung der Ausführungsbeispiele Die Erfindung beruht auf der
Erkenntnis, daß bei der bisher bekannten elektrischen Stimulation von peripheren,
schlaffen Lähmungen, bei der mit Strbmimpulsen in Exponentialform gearbeitet wird,
die mit längeren Pausen zwischen einzelnen Impulsen im Sekundenbereich liegen, eine
dermaßen starke Ionenkonzentrationsverschiebung an den interessierten Muskelmembranen
bewirkt wird, daß der Reiz nach einigen wenigen Wiederholungen nicht mehr wirkt.
Dies ist offensichtlich der Grund, warum es sehr schnell zur Ermüdung des behandelten
Muskels kommt, unabhängig von den unangenehmen und unerträglichen Hautreizungen
durch Säuren oder Basen sowie hohenStromdichten.Die Erfindung beseitigt diese Nachteile
mit einem Schlag, insbesondere die nachteilige Ionenkonzentrationsverschiebung,
wobei zwar einerseits die zur Reizung erforderlichen Gleichstrommittelwerte eingebracht
werden, dennoch aber weder das Hautgewebe noch der interessierte Muskelbereich Polarisationseinwirkungen
unterworfen wird.
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Der erfindungsgemäß zur Einwirkung gebrachte Reizstrom ist ambipolarer
Natur, d.h. die über Elektroden, und zwar zunächst nur über zwei Elektroden, dem
Behinderten zugefügten Reizimpulse ändern, vorzugsweise regelmäßig, ihre Richtung,
so daß sich im Mittel eine Kompensation der Gleichstromeinwirkung zu Null erzielen
läßt. Das bedeutet mit anderen Worten, daß es weder zu Ionenkonzentrationsverschiebunqen
an den skelzellmembranen kommt (die Ionenkonzentrationen an den rluske membranen
werden also im Mittel nicht verändert), so daß Ermüdungserscheinungen praktisch
nicht auftreten, noch zu den nachteiligen Hauteinwirkungen, insbesondere nicht zu
der Bildung von Säuren oder Basen. Dies ist auch der Grund, warum bei dem erfindungsgemäßen
Reizstromqerät auf das Zwischenlegen von Schwämmen verzichtet werden kann, so daß
mit wesentlich geringeren Spannungen gearbeitet werden kann, auch dies ein Grund
für die nur sehr geringe Hautbelastung.
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Zunächst wird anhand der Fig. 1 eine erste einfache Ausführungsform
eines erfindungsgemäßen Reizstromgeräts im Aufbau kurz besprochen. Die Grundform
des nach erfindungsgemäßen Maßnahmen verwendeten ambipolaren Impulsstroms für die
elektrische Reizung und Stimulation von Muskeln ist in Fig. 1 bei A dargestellt,
und zwar in Form von aufeinanderfolgenden Rechteck- oder Dreieckimpulsen (gestrichelter
Verlauf) entgegengesetzter Polarität oder impulsen sonstiger beliebiger Form, auch
solche bekannter Exponentialform, zwischen denen sich eine Pause befindet. Die Erzeugung
dieser Grundstromform A erfolgt bei dem dargestellten Ausführungsbeispiel mit Hilfe
eines Oszillators 1, eines von diesem getriggerten Kippgliedes 2, eines weiteren
Kippgliedes 3 sowie eines vierten Xippgliedes 4. Bei sämtlichen Bausteinen 1 bis
4 handelt es sich um Multivibratoren, und zwar ist der Oszillator 1 gebildet von
einem astabilen Multivibrator, dessen Schwingungsdauer T1 einstellbar ist. Die Multivibratoren
2, 3 und 4 sind sogenannte Monoflops mit ebenfalls einstellbaren Impulsdauern T2,
T3 und T41 wobei eine bevorzugte Zeitdauer für den metastabilen Zustand jedes Monoflops
bei 3 und 4 in der Zeichnung in ms angegeben ist. Hierdurch lassen sich die Schaltzeiten
T1 - T4 des Reizsignals selektiv einstellen. Die Kippglieder 1 bis 4 triggern sich
jeweils aufeinanderfolgend, wobei der astabile Vibrator 1 als Oszillator audi als
Monoflop ausgebildet sein kann, wenn er von der Rü&flanke des letzten Monoflops
4 getriggert wird. Eine entsprechende Realisierung mit einem Taktgenerator und Zählern
ist auch in digitaler Technik möglich, die zwar aufwendiaer sein kann, aber eine
genaue, problemlose Einstellung der Schaitzeiten tHedienungsfreundlichkeit) ermöglicht.
Mit dem ambipolaren Reizstromverlauf nach Kurve A lassen sich die Muskeleinzelzuckungen
bei geeigneter Wahl der Zeiten T1 bis T4 zu einer Zuckung bzw.
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zu einem Dauertonus überlagern. Als Anhalt für die Dauer der Zeiten
T1 bis T4 kann gelten T3<T2; T4<T1, beispielsweise also T3 = 5 ms, T2 = T4=20
ms, T1=100 ms. Die ambipolare Kurvenform A - von ambipolarer Kurvenform wird im
folgenden stets dann gesprochen, wenn sich ein oder mehrere Impulse einer
Polarität
abwechseln mit Impulsen entgegengericilteter Polarität, so daß im Mittel Gleicbstromwerte
zu Null kompensiert sind bzw. sich gleichepositiveund negative Stromreizflächen
ergeben - kann man dadurch gewinnen, daß man den Ausgang des Monoflops 2 mit dem
nichtinvertierenden oder Pluseingang und den Ausgang des Monoflops 4 mit dem invertierenden
oder Minuseingang eines Differenzverstärkers 5 verbindet. Zur selektiven Reizung
können die steilen Rechtecke auch zu Dreiecken abgeflacht werden. Infolge der Fähigkeit
zur Akkomodation spricht der gesunde Muskel nicht auf diese Signale an. Durch Umschaltung
eines Schalters S1 auf Ausgänge 2b, 4b der Monoflops 2 und 4 läßt sich eine Dreiecksform
der ambipolaren Stromimpulse gewinnen, da an diesen Ausgängen 2b, 4b ein kontinuierlicher
Spannungsanstieg abgenommen werden kann, der sich beispielsweise im Bereich der
Umladung des Rückkopplungskondensators dieses Monoflops ergibt. Schon diese ambipolare
Kurvenform A ist, wie weiter vorne schon erläutert, von erheblicher therapeutischer
und diagnostischer Bedeutung, da das Gewebe nicht solange wie bei der Einwirkung
polarer Exponentialströme polarisiert wird, so daß offenbar die Ionenkonzentration
an den Grenzflächen nicht durch hohe Gleichstromanteile verschoben wird. Es treten
daher auch keine auffälligen Ermüdungserscheinungen auf, ganz abgesehen von dem
Fehlen der üblichen Säuren- undBasenbildungen an Anoden und Kathoden von Elektroden,
die die Haut erheblich schädigen.
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Die im Differenzverstärker 5 zum ambipolaren Signal überlagerten Rechtecks-
oder Dreiecks impulse gelangen daher im einfachsten Fall vom Ausgang des Differenzverstärkers
5 über die gestrichelte Umgehungsleitung 35 auf ein Koeffizientenpotentiometer k1
und von dort über einen weiteren, auf Durchgang geschalteten Schalter S3 auf den
Eingang mindestens eines nachgeschalteten Leistungsverstärkers 12. Der andere Eingang
des Leistungsverstärkers 12 ist
mit Masse verbunden; es ergibt
sich daher am Ausgang des Leistungsverstärkers 12 eine erste, sozusagen die Phase
des therapeutischen Reizstromes A führende Elektrode 15 und eine Masseelektrode
16; es kann noch ein Gerät 21 zur Spitzenstromanzeige vorgesehen sein.
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Diese einfachste Möglichkeit,durch Anlegen von zwei Elektroden 15
und 16 einen Patienten therapeutisch und diagnostisch wirksam zu behandeln, ist
ein erste Ausführungsbeispiel der Erfindung, bei dem aber schon die wesentlichen
und entscheidenden Vorteile voll zur Geltung kommen. Zur umfassenden Definition,
aber auch Abgrenzung und Darstellung des erfindungsgemäßen Grundgedankens sei nochmals
darauf hingewiesen, daß der bisher uns im folgenden häufig verwendete Begriff des
ambipolaren Reizstroms stets eine solche Reizstromeinwirkung aus impulsartig aufeinanderfolgenden
Stromspitzen umfaßt, daß sich die weiter vorn erwähnten beiden Vorteile, und zwar
vorzugsweise gleichzeitig ergeben, nämlich eine auffällige Verringerung von Ermüdungserscheinungen
bei erfindungsgemäß behandelten Muskelpartien, und zwar offensichtlich deshalb,
weil die Ionenkonzentrationen an den Grenzflächen nicht durch hohe Gleichstromanteile
verschoben werden - und eine bemerkenswerte Abnahme der Hautbelastung bzw. eine
völlige Beseitigung desselben im Verlauf weiter unten noch zu schildernder Weiterentwicklungen
der Erfindung.
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Insofern bedingt der Begriff "ambipolar", daß sich die Impulse in
ihrer Polarität alternierend abwechseln, wobei aber nicht ausgeschlossen ist, daß
auch Impulse gleicher Polarität zunächst aufeinanderfolgend als ein Impulszug appliziert
werden, woraufhin dann ein entsprechender Impulszug der anderen Polarität folgt.
Unter entsprechend ist hier, unter Einschluß von Pausen zwischen den einzelnen Impulsen
und Impulszügen, eine Maßnahme zu verstehen, die
sich unter anderem
auch durch Beobachtungen des speziellen Patienten ergibt, die mlt Einstellgeräten
erfolgen kann, die auf der erfindungsgemäßen Grundkonzeption basieren. So lassen
sich durch entsprechende Beobachtungen des jeweiligEn Patienten in der Klinik im
diagnostischen Rahmen zunächst die Daten mit Hilfe von Einstellgeräten feststellen,
die für diesen Patienten und seine Behandlung am besten geeignet sind, beispielsweise
also die Dauer der Impuls zeiten und Impulspausen T1, T2, T31 Tq, die Größe der
einwirkenden Amplituden, die Art der Kurvenform, ob Dreieckimpulse, exponentiale
Impulse oder Rechteckimpulse oder sonstige Kurvenformen anzuwenden sind, außerdem
die Dauer der jeweiligen Behandlungen und sonstige Daten, die insofern aber auf
empirischer Ermittlung beruhen und daher auch nicht in den engeren Rahmen der zu
erläuternden Erfindung gehören.
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Benötigt man höhere, zur Einwirkung beim Patienten gelangende Spannungen,
dann bedient man sich mit Vorteil der in Fig. 1 dargestellten Ausgestaltung der
Erfindung, die einen zusätzlichen Leistungsendverstärker 17 umfaßt, der so an die
das ambipolare Signal führende Leitung angeschaltet ist, daß er das Signal mit 0°
Phasendrehung und der Verstärker 12 dieses Signal mit 1800 Phasendrehung verstärkt.
Die Verstärker 12 und 17 arbeiten daher gegenläufig, d.h. ist beispielsweise der
invertierende Eingang des Verstärkers 12 mit der Leitung 18 verbunden, dann wird
beim Verstärker 17 der nichtinvertierende Eingang mit dieser Leitung verbunden.
Da beiden Verstärkern 12 und 17 Speisespannungen von - 30 V (bei diesem Ausführungsbeispiel;
selbstverständlich sind auch andere Spannungen denkbar) zugeführt sind, steht an
den Ausgangselektroden 15 und 19
das Reizsignal, einstellbar mit
dem Potentiometer k1, mit der Spitzen-Spitzen-Ausgangs-Spannung von beispielsweise
maximal 110 V Uss zur Verfügung. Damit gelingt eine Verdopplung ir Ausgangsspannung
und der Ausgangsleistungen, wobei man beispielsweise mit Ausgangsströmen im Bereich
von maximal 100 mA rechnen kann. Im übrigen lassen sich bei dem dargestellten Ausführungsbeispiel
sämtliche Schaltungskomponenten, und zwar bis auf die Leistungsverstarker 12 und
17, mit einer Versorgungsspannung von f 15 V speisen, den beiden Leistungsverstärkern
werden zusätzliche + 30 V zugeführt. Dadurch ist es möglich, praktisch jede verwendete
Schaltungskomponente mit üblichen integrierten Bausteinen (IC) zu realisieren, so
daß sich ein preiswerter Aufbau ergibt, der insbesondere eine kostengünstige Herstellung
von Heimgeräten ermöglicht.
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Eine weitere Ausgestaltung vorliegender Erfindung, auf die ebenfalls
gleich eingegangen werden kann, ist die Verwendung eines sogenannten opto-elektronischen
Kopplers 20, kurz Opto-Koppler genannt. Der Opto-Koppler ermöqlicht den potentialfreien
Anschluß weiterer Geräte zum Serienbetrieb und, worauf weiter unten noch eingegangen
wird, zum gemeinsamen Interferenzbetrieb. Hierzu verfügt der Opto-Koppler 20, dessen
Aufbau bekannt und daher nicht weiter erläutert zu werden braucht, über einen Gerätekupplungsausgang
21. Da das mindestens eine, an den Opto-Koppler 20 potentialfrei anzuschließende
Gerät ebenfalls wieder über eine Reizsignalspannung von 110 V Uss verfügen kann,
ergibt sich eine nochmalige Spannungs- und Leistungsverdopplung.
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Die bisherige Erläuterung bezog sich auf die Reizung mit aus alternierenden
Impulsen oder Impulsfolgen bestehenden Reizströmen entsprechend Kurvenverlauf A,
wobei die Spannung an jeder Elektrode die gewünschte Stromreizung an den Muskeln
beinhaltet. Hierbei rekombinieren bei geeigneter Wahl von T3C T2, T4, die an den
Phasengrenzen (Übergang Elektrode, Zwischenlage einerseits und Haut andererseits)
entstandenen Ionen, bevor sie die beispielsweise einlagige Unterlage durchdringen
und die Haut belasten. Ein Vergleich mit bekannten Reizzeiten bei Verwendung von
Exponentialströmen ergibt folgendes. Der Veröffentlichung von 0. Gillert Niederfrequente
Reizströme", R. Pflaum-Verlag München 1974 läßt sich folgende Tabelle entnehmen:
Zustand der Muskulatur Impulsdauer Pausendauer in ms in ms Schwerste Entartung 400
- 600 2000 - 5000 (in seltenen Fällen sogar bis 1 000) Schwere Entartung 150 - 400
1000 - 3000 Mittlere Entartung 50 - 150 500 - 1000 Geringe Entartung 10 - 50 50
- 150 Normale Erregbarkeit 0,5 - 1,0 20 Es hat sich bei Versuchen herausgestellt,
daß die durch Einsatz der Erfindung ermittelten Reizzeiten, die bei schwerster Entartung
des Muskulaturzustandes angewendet werden müssen, vergleichbar sind mit den Werten,
die sich
aus der bekannten Tabelle für die Behandlung bei lediglich
geringer Entartung ergeben.
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In einer Variante und Weiterentwicklung von vorliegender Erfindung
läßt sich die Hauptbelastung dann noch weiter verringern, wenn man mittelfrequente
Ströme mit den ambipolaren Reizsignalen moduliert, die entweder ein- oder doppelweggleichgerichtet
sind oder denen, unter Umgehung eines Gleichrichters, ein Gleichanteil zuaddiert
worden ist. Als Träger kommen auch Rechteckimpulse einer Polarität in Frage.
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Zur Durchführung dieser Modulation bzw. genauer gesagt Multiplikation
des ambipolaren Reizstroms nach Kurve A mit einem mittelfrequenten Träger, der etwa
im Bereich zwischen 1 bis 10 kHz, bevorzugt 4 bis 5 kHz, liegt, ist ein Generator
22 vorgesehen, dessen Ausgangsfrequenz zwischen o,5 bis 10 kHz einstellbar ist.
Der Frequenzgenerator 22 erzeugt an seinem Ausgang einen unmodulierten, sinus- oder
rechteckförmigen Träger. Mit einem Modulator 8 kann das ambipolare Signal A mit
dem mittclfrerluenten Träger versehen werden. Der Träger erhält über den Differenzverstärker
23a eine Polarität und weist dann den in Fig. 4e gezeigten Verlauf auf. Anstelle
des Differenzverstärker£: 23a kann auch ein (idealer) Gleichrichter 23 eingefügt
werden oder anstelle des Generators 22 und des Differenzverstärkers 23a ein astabilerMhltivibrator.
Damit erhält man die Trägersignale nach Fig. 4c bis 4g. Der Träger wird mit dem
Schalter S2 auf den Modulator geschaltet, dessen anderem Eingang 8b das ambipolare
Signal direkt zugeführt ist.
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Die jeweiligen Modulationsprodukte sind in den Figuren 4b, 4e und
4f dargestellt.
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In der Darstellung der Fig. 4a ist der ambipolare Reizstrom entsprechend
Kurvenverlauf A nochmals dargestellt. Nach Multiplikation mit dem doppelweggleichgerichteten
Träger (Fig. 4c) ergeben sich die in Fig. 4b dargestellten, ihre Polarität jeweils
entsprechend dem ambipolaren Reizstrom wechselnden Impulspakete; in Fig. 4f sind
die Impulspakete dargestellt,
die sich nach Multiplikation mit
einem Rechtecksignal-Träger entsprechend Fig. 4g ergeben, während in Fig. 4d die
Impulspakete dargestellt sind, wenn der Träger nicht gleichgerichtet wird, sondern
diesem mittels des Differenzverstärkers 23a ein Gleichstromanteil hinzugefügt wird,
so daß sich seine Lage zur Nullinie verschiebt. In diesem Fall ergeben sich die
Impulspakete entsprechend Fig. 4d nach Multiplikation mit den alternierenden Impulsen
des ambipolaren Reizstroms A, wobei jeweils normale Sinusschwingungen die Zeiträume
T2nd T4 ausfüllen, die von den Impulsdauern des ambipolaren Reizstroms vorgegeben
sind.
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Bei einer solchen Multiplikation mit einem mittelfrequenten Träger
gelangen die Gleichanteile der ihre Polarität ändernden Reizstromimpulse nach Kurvenform
A durch kapazitive Einkoppelung über die Haut zu den zu behandelnden Muskelbereichen,
so daß sich die Hautbelastung erheblich verringert; es werden aber immer noch in
bestimmten abgegrenzten Zeiträumen Gleichanteile unter Verwendung von lediglich
zwei Elektroden appliziert, Gleichanteile allerdings, die sich aufgrund der ambipolaren
Natur des Reizstroms zu Null kompensieren und Polarisationserscheinungen im nutbereich
und an den einzelnen Zellmembranen verhindern.
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in Fig. 2 dargestellten Schließlich ist es in einer weiteren vorteilhaften
Variante vorliegender Erfindung möglich, den erfindungsgemäßen, ambipolaren Reizstromverlauf
auch ohne jeden Gleichanteil an der Haut über eine in wesentlichen Bereichen modifizierte
Kreuzstrom- oder Interferenzstrommethode einzubringen. Da bei den üblicherweise
gewählten Frequenzen von ca. 4 kHz der flautwiderstand gering ist und im übrigen
im wesentlichen kapazitiv eingekop,Jelt wird, ist auch die llautonelastung gering
und
Gleichglieder, die sonst zu Veratzungen infolge Säuren- oder
Basenbildung führen könnten, entfallen völlig. Das bedeutet, daß die Reizung mit
in diesem Fall allerdings vier Elektroden ohne jeden Gleichanteil an der Haut vorgenommen
werden kann, wobei sich, wie nach dem Interferenzstromverfahren an sich bekannt
(siehe den weiter vorn erwähnten Aufsatz von mc), im Interferenzbereich die wirksamen
Stromkomponenten bilden. Allerdings wird bei vorliegender Erfindung so vorgeganzen,
daß die mittelfrequenten Ströme, die über je zwei beispielsweise kreuzweise auf
der Haut angeordnete Elektroden eingebracht werden, gleiche Frequenz aufweisen,
auf jeden Fall aufweisen können, und einer der mittelfrequenten Tragerströme mit
dem ambipolaren Reizstromverlauf entweder nplituden-, frequenz- oder phas enmoduliert
wird.
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Fig. 2 zeigt den Funktionsplan eines solchen Reizstromgerätes mit
vier Elektroden 15, 1G, 16, 19 für Interferenzströme.
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Die Rechteck- oder Dreieckimpulse werden wieder mit den Multivibratoren
1, 2, 3 und 4 erzeugt, wobei hier Differenzverstärker Sa und 5b, denen die Ausgangssignale
der Multivibratoren 2 und 4 sinngemäß zugeführt sind, jeweils das Summen- bzw. das
Differenzsignal der Eingangssignale bilden, d.h. den Betrag (Kurvenverlauf A') und
das Vorzeichen (Kurvnnverlauf A = ambipolarer Reizstromverlauf) des Nutzsignals.
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Eine erste Variante eincs mit vier Elektroden für Interferenzströme
arbeitenden Reizstromgerätes besteht nun darin, daß über den Verstärker 12 eine
mit dem Reizsignal zunächst beliebig modulierte Trägerform an die Elektroden 15
und 16 gelangt und dem Verstärker 17 der unmodulierte Träger silber die den Modulator
8" umgehende Leitung 37 zugeführt sind; es ergeben sich dann an den Muskelzellmembranen
aufgrund deren Nichtlinearität Modulationsprodukte in geeigneter, eine
Muskelreizung
bewirkender Form.
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Dabei gelanyt der zunächst unmodulierte Träger über ein Phasendrehglied
29, die Umgehungsleitung 37 auf den einen Eingang 28a eines Differenzverstärkers
28, dessen anderem Eingang 28b über ein Potentiometer k2 der modulierte Träger zugeführt
ist. Das Phasendrehglied 29, beispielsweise ein Allpaß 1. Ordnung bildet zusammen
mit dem Potentiometer k2 einen sogenannten Profunditas oder Tiefenregler, denn durch
die Beeinflussung der Phasenlage eines Trägers bzw. eines nichtmodulierten Trägersignals
läßt sich das Überlagerungsgebiet und damit die Eindringtiefe ins Gewebe verändern.
Die Amplitude des unmodulierten, in der Phase aber gedrehten Trägers wird mit dem
Potentiometer k3 eingestellt, die Amplitude des modulierten Trägers erfährt ihre
Einstellung über das Potentiometer kl am Ausgang des Multiplizierers oder Modulators
8'.
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Die Modulation des auf den Eingang 8a' des Modulators 8' vom Ausgang
des Generators 22' gelangenden ersten Trägers kann eine Amplituden-, eine Frequenz-
oder eine Phasenmodulation sein. Wird frequenz- oder phasenmoduliert, dann ist es
möglich, auch den Generator 22' entsprechend auszulegen und das ambipolare Reizsignal
diesem Generator sofort zuzuführen, wenn es sich hierbei beispielsweise um einen
sogenannten VCO-Oszillator handelt (spannunRsgesteuerter Oszillator = voltage controlled
oscillator). Einem solchen VCO-Oszillator ist dann eine PLL-Schaltung (phase locked
loop) zugeordnet. Der Leistungsverstärker 12 führt daher das frequenz-, phasen-oder
amplitudenmodulierte Signal, der Leistungsverstärker 17 bei diesem Ausführungsbeispiel
einen unmodulierten,gegebenenfals aber in seiner Phase entsprechend gedrehten Träger.
Durch die Mischung beider Signale am Differenzverstärker 28 und die Einstellung
des
modulierten Signals am Potentiometer k2 ergeben sich die Tiefenreglereigenschaften.
Das Phasendrehglied 29 vermeidet durch die geräteinterne Überlagerung eines phasenverschobenen
Anteils des anderen Stroms an einem Elektrodenpaar eine Hautbelastung und eine mögliche
Schmerzempfindung durch hautnahe Interferenzen. Aufgrund der echten Modulation der
beiden Träger ergeben sich infolge der bekannten Nichtlinearität der Zellmembran
dann im Gewebeinneren die Madulationsprodukte, die die gewünschten Gleichanteile
enthalten, die die Reizung ermöglichen. Das Eindringen In das Gewebeinnere erfolgt
ausschließlich durch die mittelfrequenten beiden Träger ohne Hautbelastung kapazitiv.
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Eine besonders vorteilhafte Ausgestaltung vorliegender Erfindung mit
einem ersten, mit einem ambipolaren Reizstromverlauf modulierten Träger und einem
zweiten Träger vorzugsweise gleicher Frequenz ergibt sich dann, wenn dieser zweite
Träyer, der über die Verbindungsleitungen 37 und 37a zu seinem eigenen Elektrodenpaar
16, 19 (Leistungsverstärker 17) gelangt, ebenfalls moduliert ist, beispielsweise
Phasensprünge um jeweils 180° aufweist, denn durch diese Phasensprünge ergeben sich
bei den die Gleichanteile enthaltenden Modulationsprodukten im Gewebeinneren Vorzeichenumkehrungen,
so daß unmittelbar im Bereich der Zellmembran mit ambipolaren C:leichanteilen zur
eizung gearbeitet werden kann. Es gelingt auf diese Weise, einmal den Ermüdungserscheinungen,
die zumindest zum Teil auf Ionenkonzentrationen und deren Verschiebung an den Grenzflächen
durch sonst zu hone Gleichstromanteile. stets wierderkehrender gleicher Polarität
zurückzuführen sind, entgegenzuarbeiten und außerdem die Hautbelastung praktisch
zu Null zu machen, da keinerlei Gleichanteile über die iiaut in das Gewebe eingebracht
werden müssen. Dieses Einbringen von Gleichanteilen, d.h. deren Bildung zur Reizung
erfolgt durch
die Modulation eines modulierten Trägers und eines
unmodulierten Trägers bzw. vorzugsweise Phasensprünge aufweisenden Trägers an der
Zellmembran der Muskelzelle selbst.
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Zur Erzielung der Phasensprünge von 1 800 dMs zweiten Trägers kann
ein Analogschalter, Multiplizierer oder zweiter Modu-Natur S" dienen, der über eine
Verbindungsleitung 31 vorzugsweise vom ambipolaren Reizsignal A oder A' selbst geschaltet
wird, so daß die Polaritätsumkehrungen auf den Reizstromverlauf synchronisiert sind,
was selbstverständlich bevorzugt ist.
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Die folgenden Ausführungen erläutern kurz das Entstehen biologisch
wirksamer Membranspannungen bei Reizung mit Interferenzströmen.
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An Zellemembranen stehen Strom und Spannung nicht mehr in einem linearen
Verhätnis, wie es das Ohmsche Gesetz beschreibt.
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Der kompliziertere Zusammenhang kann durch eine Kennlinie oder durch
eine Potenzreihe beschrieben werden. Bei Reizung mit Interferenzströmen entstehen
am achsensymmetrischen Teil der Kennlinie - dem entsprechen di geradzahligen Potenzen
-Spannungsanteile im biologisch wirksamen Frequenzbereich O-100 Hz.
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1. Nichlineare Membranwiderständ: Nach Patzold (s. weiter vorn) verändert
sich die Permeabilität der Membranen (i. e. die Durchlässigkeit für Ionen) abhängig
von der Membranspannung u. Elektrostatiche Krafte verkleinern die Querschnitte der
Poren, durch die die Natrium- und Kaliumionen hindurchtreten. Mit zunehmenden Betragsquadraten
der Membranspannung werden die Porenquerschnitte enger und die Membranenwiderstände
größer, bis beim Ruhepotential wewesentlich
weniger Natriumionen
als Kaliumionen durch die Poren hindurchtreten können. Der Membranwiderstand R wird
als Potenzreihe der Membranspannungen angesetzt: R(u) = r0 + r1u + r2u2 + .........
(1) ie angegebenen Koeffizienten erlauben eine physikalische Dautung: r berücksichtigt
die Leitfähigkeit der Lösung, die mittlere Länge und den Querschnitt der Pore.
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r1 berücksichtigt die Reibung der Ionen, die in erster Näherung geschwindigkeits-
und damit spannungsproportional ist.
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r2 brücksichtigt die elektrostatischen Kräfte, die umgekehrt proportional
zum Querschnitt sind.
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Nach einigen Umformungen für Potenzreihen erhält man für den Strom.
und die Spannung:
Die lineare Abhängigkeit des Wid-rstands von der Spannung verursacht infolge des
Ohmschen Gesetzes die quadratische Abhängigkeit der Spannung vom Strom u.s.w. @
Die Abhängigkeit u(i) wird wegen des angegebenen physikalischen Zusammenhangs bevorzugt.
Weiterhin hat die Nichtlinearität der Membranen wenig Einfluß auf den Strom, der
von der Elektrodenspannung und der gesamten Schleifenimpedanz bestimmt wird.
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2. Entstehung von Gleichgliedern und niederfrequenten Wechselstromanteilen
Im Überlagerungsgebiet setzt sich der resultierende Strom aus den Teilströmen beider
Bahnen zusammen: i = k1i1 +k2i (4) Die Faktoren k1 und k2 berücksichtigen unterschiedlichen
Richtungen der Ströme. Zur Vereinfachung wird weiteren der einfache Fall betrachtet,
daß alle Ströme in einer Richtung fließen; dann gilt: k1 = k2 = 1.
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Die zugehörige Membranspannung wird mit Gleichung (3) berechnet. Da
nur die niederfrequenten Antei In interessieren, genügt es, die Potenzen erster
und zweiter Ordnung zu berückwichtigen. Die zugehörigen Koeffizienten werden mit
al und a2 abgekilrzt: u = a1i + a2i2 + ..... (3') Bei der Reizung mit Interferenzströmen
sind die Ströme bei-Spielsweise von unterschiedlicher Frequenz, wobei in allen Fällen
Gleichanteile einer gegebenen Polarität entstehen, die sich abhängig von der Modulation
m(t) zwischen 0 und 100 % ändern. Erfindungsgemäß werden beide Trägers röme moduliert
-z.B. einer mit dem gewichteten Betrag des Nutzsignal und der andere mit dem Vorzeichen
(signum-Funktion) desselben. Die Gewichtung berücksichtigt dabei die Verzerrung
des Nutzsignal bei der Demodulation. Auf diese Weise lassen sich Nutzsignals originalgetreu
bis auf ein Gleichsignal als Spannungen an den Membranen erzeugen, wie weiter vorn
schon erwähnt.
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Die Fig. 3 zeigt schließlich eine mögliche Ausführungsform ines vollständigen
Gerätes. Diese in Fig. 3 gezeigte Reiz
stromgerät läßt sich auf
die Anwendung von zwei mal vier Elektroden für ambipolare Ströme und Interferenzströme
auslegen. Mit den Schaltern S3, S4, S5 und S6 lassen sich die weiter vorn beschriebenen
einzelnen Betriebsarten einstellen. Eine galvanisch entkoppelte Reizung mit Interferenzströmen
ist mit zwei Geräten, die über die Gerätekupplung 21 aill Optokoppler 20 verbunden
sind, möglich. iii:rzu wird Ein zweites Gerät, dessen Aufbau mit der Schaltungsausführung
der Fig. 1 identisch ist, an den Optokoppler 20 angeschlossen, wobei i am steuernden
Gerät der Schalter 55 in die in Pig. 1 nicht dargestellte zweite Stellung uyschaltet
wird, so daß der unmodulierte Träger über den Optokoppler zum zweiten Gerät gelangt.
Beim fremdgesteurten Gerät arbeiten dann die beiden Leistungsverstärker 12 und 17
in Serienschaltung mit dem zweiten unmodulierten oder auch modulierten Träger, während
das steuernde Gerät vom ersten modulierten Träger beaufschlagt wird; in diesem Fall
befindet sich der Schalter 54 in der in Fig. 1 dargestellten, eine Serie-nschaltung
bewirkenden Position. Mit dem Schalter S7 läßt sich im übrigen das ambipolare Nutzsignal
beeinflussen.
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Es ist weiter vorn schon darauf hingewiesen worden, daß es die Erfindung
in ihren sämtlichen Ausführungsbeispielen und Anwendungsmöglichkeiten ermöglicht,
zu Dauerkontraktionen führende tetanische Reizungen zu applizieren, und zwar bei
peripheren schlaffen Lähmungen (die Muskeln sind denerviert, das zweite periphere
Neuron ist beschädigt). An Behinderten konnten durch entsprechend koordinierte Reizungen
auch koinplexe Bewegungsabläufe, beispielsweise Art Strampelvorgang der Beine, erzeugt
werden, ohne daß es wegen dieser langandauernden tetanische Reizungen, die für sich
selbst gesehen bisher schon für unmöglich gehalten worden sind, zu den unter den
bekannten Voraussetzungen zu erwartenden Belastungen
gekommen
ist. Demgemäß eignet sich das erfindungsgemäße Reizstromgerät auch besonders zur
Verbesserung einer Beweglichkeit von entsprechend behinderten Personen, zur Verbesserung
der Durchblutung und einem verbesserten Knochen- und Musckelwachstum (also nicht
nur Bremsung der Atropie) und, was von besonderer Bedeutung ist, zur Orthesenentwicklung,
wodurch sich die Gesamtbeweglichkeit eines Patienten verbessern läßt.
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Auf der Grundlage vorliegender Erfindung können für den klinisehen
Bereich Einstellgeräte erstellt werden, die eine. Vielzahl von variablen Einstellungen
ermöglicht. Nach Festlegung von Diagnose und Therapie in der Klinik können dann
die Daten auf einen geeigneten Speicher, beispielsweise einen PROM im in Fig. 1
dargestellten Einfachgerät übertragen und bei weiteren Klinikversuchen dann verbessert
werden. Bei einer häuslichen Therapie brauchen keine Einstellungan vorgenommen zu
werden. Es versteht sich, daß das komplexere Einstellgerät i£n klinischen Bereich
eine Vielzahl von getrennt ansteuerbaren Ausgängen eit':ialten kann, um di? Behandlungsdauer
zu verkürzen. Steuert man ein E-instellrj"rät oder auch ein häusliches Einfachgerät
über einen Mikroprozessor an, dann können einfache, aber auch komplexere Bewegungen
durch Beaufschlagung von Beugern und Streckern erzielt werden. Dabei erfolgt die
Programmierung des Mikroprozessors nach bewegungsanalysen, un möglichst natürliche
Bewegungen zu erzielen. Rückmeldungen über Bewegungsabläufe können aus Myopotentialen,
äußeren Stellpotentiometern in Stützschienen oder dergleichen oder über D'IS (Dehnungsmeßstreifen)
von den gereizten Muskeln gewonnen werden.
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In diesen Bereich gehören auch klinisch Untersuchungen, inwieweit
sich bei Behinderten eine mögliche Atrophie gelähmter
Muskeln
eventuell bei Bewegungen unter Belastung aufhalten läßt und ob ein Musckelwachstum
möglich ist.
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Letzten Endes sind unter Einsatz der erfindungsgemäßen Grundkonzeption
und weiterer Einzelmaßnahmen automatische Steuergeräte und Regelungen denkbar, die
auch bei Fällen sehr sciiwerer schlaffer Lähmungen zumindest einfache Bewegungsformen
noch ermöglichen, so daß der Behinderte nicht vollkoitunen hilflos sein muß. Solche
nach einem vorgegebenen Programm ablauft:nden Bewegungsformen können vom Behinderten
beispielsweise über geeignete Maßnahmen abgerufen werden, etwa durch einen bestimmten
Befehl, der aus einer Zuckung noch dem Willen unterworfener Muskelbereichemechanisch
oder elektrisch ableitbar ist oder aus sonstigen kombinierten Maßnahmen und der
dann einen der in einem Mikroprozessor, genauer in dessen umfassendem Speicher gespeicherten
geschlossenen Bewegungszyklus veranlaßt, etwa das Zugreifen mit einer gelähmten
hand, das Umblättern eines Buches und das Zurückziehen der Hand.
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Auch komplexere Bewegungsabläufe, etwa ein Gehen über kurze Strecken
u. dgl. sind nicht ausgeschlossen.
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Alle in der Beschreibung, den nachfolgenden Ansprüchen und der Zeichnung
dargestellten neuen Merkmale können sowohl einzeln als auch in beliebiger Kombination
miteinander erfindungswesentlich sein.
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L e e r s e i t e