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Elektromedizinischer Apparat ftlr Reizstromtherapie Infolge der Fortschritte
der technischen Elektronik stehen der Elektrotherapie mit Nie derfrequenz-Reizströmen
eine Zahl verschiedener Stromarten zur Verfügung. Gemeinsam ist allen, daß ihre
obere Frequenzgrenze wegen der geringen Belastbarkeit der Haut um etwa einer Zehnerpotenz
tiefer liegt als die mit etwa iOOO/eo angegebene Grenze zwischen Nieder- und
Mittel
frequenz, wie sie reizphysiologisch für das Nerv-Muskelpräparat gefunden wurde.
Im Rahmen des bioelektrischen, etwa zwischen 0 und 100/sec liegenden therapeutischen
Niederfrequenzreiz-Spektrums, lassen sich die reizwirksamen Ströme klassifizieren
in solche, die - im Bereich ton O bis 25/sec - durch größere Flufizeit und geringere
Anstiegssteilheit zunehmend vegetative Nerveniasern und glatte Muskeln erfassen
und schließlich in ganz langsamer Rhytmik modulierte tetanisierende Impulsfolgen
für Elektrogyinnastik.
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Hinsichtlich der Applikationsformen unterscheidet sich die bipolare
Methode, bei welcher der bereits im Apparat erzeugte Reizstrom über zwei Elektroden
zugeführt wird und wegen der streuungsbedingten Verdünnung maximal im Bereich der
Elektroden (parapolar), also an der Oberfläche des Behandlungsobeines zur Wirkung
kommt, grundsätzlich von der tetrapolaren Technik der interpolaren Reizung, bei
welcher zwei geeignete reizunwirksame Ströme über gesonderte Elektrodenkreise zugeführt
werden, derart, daß sie sich in einem Tiefenbereich innerhalb des Behandlungsobjektes
zu einem resultierenden und erst als solchem reizwirksamen Strom überlagern (österr.Patentschriften
Nr. 163 979, Nr. 165 657 und Nr. 203 147).
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Die physiologischen Wirkungen parapolarer Reize beruhen teils auf
einer lokalen Bo'einflussung peripherer erregbarer Strukturen,
teils
auf einer reflektorischen Fernwirkung auf Ganglien und Schaltstellen des Sympathicus
bzw. schmerzleitender Schaltstellen. Therapeutisch resultiert daraus mit guter Erfolgsquote
Schmerzbefreiung, Spasmolyse, Sympathicusdämpfung und Durchblutungssteigerung. Diese
Effekte setzen voraus, daß der parapolar wirkende Reizstrom in möglichst hoher Dosierung
verabreicht wird und letzteres wieder größtmögliche Konstanz seiner Intensität und
Frequenz, weil nur in diesem Falle die sensible Reizschwelle ausreichend erhöht
wird.
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Soll jedoch eine myoenergetisch bedingte Gewebsaktivierung durch elektrogymnastische
und vibratorische Effekte mit ihren positiven Einflüssen auf die Trophik, Lymphomotorik
und Oedemresorption bewirkt werden, so muß die Reiz stärke in geeigneten, langsamen
Rhythmen variieren. Da dies der Forderung nach Konstanz der Reizstärke bei parapolarer
Reizung entgegensteht, wird zur Erzielung der genannten therapeutischen Wirkungen
die interpolare Reizung gewählt, umsomehr als dadurch tiefliegende Gewebsbereiche
erfaßt werden können.
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Die physiologischen und therapeutischen Wirkungen eines physikalischen
Reizes bei den vielfältigen Verletzungsiolgen und Krankheitserscheinungen (rheumatische,
en#i#ndliahe, degenerative Zirkulationsstörungen, Spasmen und Kontrakturen, Lähmungen,
funktionelle Organstörungen usw.) häfigen gemäß dem Gesetz
von der
Spezifität der Absorption von der raumzeitlichen Verteilung der absorbierten Energie
des therapeutischen Agens ab, in der Elektrotherapie demnach von dem Reizstrom als
solchem und von dem Ort seiner Einwirkung. Aus topographischen Gründen und wegen
ihrer unterschiedlichen Erregungsbedingungen werden daher die vielfältigen Gewebsstrukturen
(Fasern des animalischen und vegetativen Nervensystems, motorische, sensible, trophische,
vasomotorische Nervenfasern, die quergestreifte Skelettmuskulatur, glatte Muskeln
der Gefäßwände usw.) in sehr unterschiedlicher Weise reiznäßig erfaßt. Zu dieser
Vielfalt gesellt sich jene der komplexen Verflechtung pathophysiologischer Abweichungen
bei den genannten Erkrankungen.
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Es ist daher nicht verwunderlich, daß es kaum jemals gelingt, für
einen gegebenen Krankheitsfall von vornherein die beste Strom- und Applikationsform
zu terordnen. Selbst bei gleicher Diagnose und klinischen Symptomatik spricht bei
den einen Patienten die eine Reizmethode an, nachdem die andere völlig unwirksam
geblieben war, während der zweite Patient genau umgekehrt reagiert. Bei dieser Sachlage
ist die resignierende Feststellung des Klinikers, daß Reizstrom nicht gleich Reizstrom
ist (Stelnbach) durchaus verständlich. Sie gründet letztlich auf der hinsichtlich
Stromart
und Applikationsform sehr begrenzten therapeutischen Breite der bestehenden Reizstromgeräte.
Für die Patienten bedeutet sie eine im Durchschnitt längere Behandlungsdauer, protrahierte
Invalidität, Verdienstausfall usw., wenn nicht gar eine irreparable Schädigung wegen
Verschleppung des Krankheitsprozesses, für den Arzt Zeitverlust und eine Minderung
seiner Erfolgsquote, welchen nur zum Teil durch die Anschaffung verschiedener Gerätetypen
begegnet werden kann.
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Die vorliegende Erfindung betrifft einen Apparat; welcher die therapeutische
Anwendung verschiedener Reizströme ohne die vorgenannten Mängel gestattet, indem
er die simultane Nutzung der den unterschiedlichen. Reizstromformen eigenen Potenzen
ermöglicht, zwei getrennte Stromquellen enthält, die gleichzeitig über gesonderte
Elektrodenkreise mit dem Behandlungsobjekt verbunden werden können. Der Apparat
ist dadurch gekennzeichnet, daß die von den Stromquellen erzeugten Einzelströme
Niederfrequenz-Reizströme mit verschiedenen Frequenzen zur Erzielung unterschiedlicher-Reizwirkungen
an der Oberfläche und im Inneren des Behandlungsobjektes sind.
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Zum besseren Verständnis des Erfindungsgedankens diene die schematische
Darstellung in Fig der Zeichnung. Durch den Apparat 1 bestehend aus zwei Stromquellen
(einschließlich
Intensitätsreglern und ~Meßinstrumenten) 2 und 3,
werden über zwei gesonderte Elektrodenkreise 4 und 5 dem Behandlungsobjekt 6 Ströme
zugeführt, die in den Bereichen 7, 8, 9, 10, 11 an der Oberfläche bzw. im Inneren
unterschiedliche Reizwirkungen setzen. Um über die Differenzierung der Reizbereiche
und -wirkungen hinaus die in den verschiedenen Bereichen auftretenden Reizwirkuogen
zuoptimalisieren, wurde der Erfindungsgedanke durch die konkrete Gestaltung der
von den beiden Stromquellen zu liefernden Stromformen erweitert mit dem Ziele, jeder
einzelnen in den parapolaren und der resultierenden im interpolaren Wirkungsbereich
die aus topographischen und physiologischen Rücksichten sowie therapeutischen Erfordernissen
optimalen Reizqualitäten zuzuordnen.
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Eine bevorzugte Ausführungsforn des Apparates ist dadurch gekennzeichnet,
daß die eine Stromquelle Reizstrom mit einer Frequenz von etwa 100/sec in Form von
entweder Gleichstromimpulsen (Fig.2a) oder Wechselstrom oder amplitudenmodulierten
Mittelfrequenzstrom liefert und die zweite Stromquelle Reizstrom in Form von Gleichstromimpulsen
oder Wechselstrom mit großer Flußzeit, geringer Anstiegssteilheit (Fig.2b) und einer
Frequenz abgibt, welche in einem Bereich von 0 bis etwa 5/sec konstant gehalten
oder in langsamer Rhythmik variiert werden kann. Der Verlaufsoharakter des resultierenden
Stromes zeigt
eine in dieser Rhythmik an- und absohwellende Höhe
der Aktionsphasen der tetanisierenden Reizinpulse (Fig.2c), in deren Folge die durch
diese ausgelöste Kontraktionserregung in ihrer Intensität variiert.
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Die physiologischen Wirkungen der genannten parapolaren Reize liegen
in Hinblick auf den Gleichstromanteil der betreffenden Ströme in einer. primär lokalen
Beeinflussung des lonenmilleus der extrazellulären Flüssigkeit im subcutanen Bindegewebes
wegen der langsam ansteigenden und zeitlich gedehnten Impulse in einer selektiven
Erregung der glatten Muskelfasern der Gefäße mit einem vasamotorisch bedingten GefäBtraining
und einer nachhaltigen Erregbarkeitsänderung der das Bindegewebe innervierenden
Nerven. Dazu kommt infolge der hohen und konstanten Intensität der tetanisierenden
Stromkomponente eine Erhöhung der sensiblen und motorischen Reizschwellen, lokale
Dämpfung der schnerzleitenden Fasern sowie spasmolytische und sympathicolytische
Wirkungen. Der interpolar resultierende Reiz wirkt vor allem durch seine myoenergetischen
Potenzen gewebsaktivierend und fördernd auf die Gewebstrophik, den Lymphabfluß und
die Resorption von Stoffwechselprodukten. Dieses simultane und komplexe, im gleichen
Sinne wirkende Nebeneinander der verschiedenen para- und interpolaren Heilreize
führt in kürzerer Zeit und mit größerer Sicherheit zu dem angestrebten Heilerfolg.
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In der Zeichnung ist ein Ausführungsbeispiel des Erfindungsgegenstandes
dargestellt. Der Apparat nach Fig.] weist «inz
Stromquelle
2 auf, die aus einem an sich bekannten Schwebungsgenerator mit Gleichrichtungs-
und Siebgliedern für den von diesem gelieferten Strom, einer an sich bekannten Einrichtung
zur Frequenzeinstellung und automatischen Frequenzvariation innerhalb eines Spektrums
von 0 bis 5/sec und in einem Zeitraum von 20 sec, einem Potentiometer zur Regelung
und einem mA-Meter zur Messung dieses dem Behandlungsobjekt 6 über den Elektrodenkreis
4 zugeführten Stromes (Fig.2b) besteht, welcher in den parapolaren Bereichen 8 und
10 reizwirksam ist. Die zweite Stromquelle 3 besteht aus einer Vollweg-Gleichrichterschaltung
für den 50 periodischen Netzwechselstrom einschließlich Potentiometer und Milliampermeter
zur Regelung bzw. Messung des dem Behandlungsobjekt über den Elektrodenkreis 5 zugeführten
Stromes (Fig.2a), welcher in den parapolaren Bereichen 7 und 9 reizwirksam ist.
In dem interpolaren Reizbereich li entsteht durch Überlagerung der über die Elektrodenkreise
4, 5 dem Behandlungsobjekt 6 zugeführten und parapolar unterschiedlich reizwirksamen
Ströme ein resultierender Strom mit in Fig.2c angedeutetem Verlaufscharakter und
einer durch diesen bedingten und von den parapolaren Wirkungen verschiedener Reizwirkung.