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Die Erfindung betrifft eine bahntaugliche Messsonde zur Unterbringung in der Hohlwelle eines Radsatzes von einem Schienenfahrzeug zum Zweck von Schwingungsmessungen, insbesondere der Messung von Torsionsschwingungen.
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Ein Radsatz für Schienenfahrzeuge weist zum Fahren auf einem Gleis zwei Räder auf, die mit einer Radsatzwelle drehfest verbunden sind. Je nach Bauart ist die Radsatzwelle als Hohlwelle ausgeführt, auf der sich zusätzliche Bauteile für den Antrieb (Zahnräder, Lager) oder die Bremse (Bremsscheiben) befinden können. Die Radsätze übertragen das Fahrzeuggewicht sowie die Antriebs- und Bremskräfte auf die Schienen und führen das Fahrzeug im Gleis.
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Der Radsatz unterliegt im Betrieb hohen Beanspruchungen, wobei die Radsatzwelle auf Biegung beansprucht wird. Durch die Umdrehung des Radsatzes während der Fahrt entsteht aus der Biegelast eine Wechselbeanspruchung. Hinzu kommen die Kräfte die aus Spurführung sowie Antrieb und Bremse resultieren und deren Momente zu einer Verdrehung der Radsatzwelle führen. Ja nach Bremsausrüstung kann eine zusätzliche Belastung durch Wärmeeinwirkung entstehen.
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Damit treten während der Fahrt eines Schienenfahrzeugs bedingt durch Adhäsionsveränderungen bei Kurvenfahrten und/oder hohe Traktions- oder Bremskräfte sogenannte Torsionsschwingungen auf, die über die Räder auf die Achswelle einwirken und die insbesondere zu Material-Ermüdungserscheinungen, wie z. B. Rissen führen können, welche die Betriebssicherheit gefährden. Aus diesem Grund müssen Radsatzwelle und Räder während ihres Betriebseinsatzes in regelmäßigen Abständen stationär unter Werkstattbedingungen auf Schäden überprüft werden.
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Für die Zulassung von neuen Schienenfahrzeugen hingegen sind fahrtechnische Nachweisprüfungen zu absolvieren, die bislang sehr aufwändig sind und entweder auf einem Rollenprüfstand oder einer Teststrecke durchgeführt werden können. Dabei werden ein oder mehrere Radsätze mit Messtechnik ausgerüstet. An deren Radscheiben befinden sich Dehnungsmessstreifen und in der Hohlwelle elektronische Bauteile zur Datenübertragung. Die Übertragung der Messsignale der sich drehenden Radsätze erfolgt mittels Schleifringen, optisch oder per Telemetrie.
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Mit der
DE 10 2004 021 488 B4 ist ein Prüfstand für Drehgestelle und/oder Radsätze von Schienenfahrzeugen bekannt, der zwei hintereinander angeordnete Gleisabschnitte aufweist, wobei ein fest verlegter und ein beweglicher Gleisabschnitt vorgesehen ist, der letzterer relativ zum ortsfesten Gleisabschnitt beweglich und vollständig entkoppelt ist.
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Ein solcher Prüfstand ist jedoch nicht für die Anregung von Torsionsschwingungen in Radsätzen ausgelegt, auch wenn in der Radsatzwelle eine statische Belastung auf Torsion erzeugt werden kann.
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Weiter ist mit der
WO 2015/165839 A1 ein Rollenprüfstand bekannt, auf dem die Räder des Radsatzes mittels Antriebsrollen in Drehbewegungen versetzt werden, wobei jedoch der Radsatz keine Linearbewegung relativ zu der Basis des Prüfstandes ausführt.
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Es ist zwar denkbar, dass während der Rotationsbewegung des Radsatzes Torsionsschwingungen auftreten und diese gemessen werden können, jedoch sind die Umgebungsbedingungen und -Verhältnisse im Vergleich zu der Fahrt eines Schienenfahrzeugs auf freier Strecke recht verschieden, so dass realistische Bedingungen zur Anregung von Torsionsschwingungen hierbei nicht hergestellt werden können.
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Aussagefähige Untersuchungen von Torsionsschwingungen an Radsätzen/Radsatzwellen werden daher vorzugsweise während der Fahrt des Schienenfahrzeugs auf freier Strecke durchgeführt. Nachteilig daran ist jedoch bislang der hohe Aufwand für die Vorbereitung der Radsätze durch die spezielle Instrumentierung mit Messwertgebern und die anschließende Kalibrierung.
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Die
WO 00/76828 A1 beschreibt ein Verfahren und Vorrichtung zum Überwachen eines Fahrzeugs, wobei während des betriebsmäßigen Fahrens an zwei beabstandeten Messstellen mit unterschiedlichen Sensoren in verschiedenen Frequenzbereichen am Fahrzeug das Schwingungsverhalten von Fahrzeugkomponenten erfasst wird. Dabei wird aus den beiden Messsignalen ein aktueller Kennwert gebildet und mit einem Referenzkennwert verglichen.
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So ist es zwar möglich, einzelne Messpunkte in den Messsignalen unterschiedlichen Radstellungen bzw. unterschiedlichen Positionen am Radumfang zuzuordnen, aber für eine gezielte Schwingungsmessung, insbesondere von Torsionsschwingungen der Hohlwelle eines Radsatzes ist die gezeigte Anordnung nicht geeignet.
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Speziell mit der Untersuchung von Torsionsschwingungen an Radsätzen von Schienenfahrzeugen befasst sich hingegen die
DE 10 2012 206 606 B3 und beschreibt hierfür wiederum eine ortsfeste Anordnung, die es erlauben soll, bei geringem Aufwand reproduzierbare Torsionsschwingungen in Radsätzen zu erzeugen.
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Hierbei werden über zumindest ein Tragelement, das ein Rad des Radsatzes trägt, Kräfte auf das Rad und damit auf den Radsatz ausgeübt, die zu Torsionsschwingungen des Radsatzes führen sollen und die Untersuchung von Torsionsschwingungen soll so ohne Fortbewegung des Prüflings durchgeführt werden können.
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Mit dieser Einrichtung soll der hierzu vergleichsweise hohe Aufwand für die Durchführung einer Testfahrt auf freier Strecke vermieden werden. Weiter wird ausgeführt, dass Untersuchungen während der Fahrt des Fahrzeugs lediglich in besonders abgesicherten Bereichen von Fahrstrecken vorzusehen seien und der erforderliche Zeitaufwand wird entsprechend hoch eingestuft.
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Hier bringt die vorliegende Erfindung eine Abhilfe und erfüllt damit ein seit langem bestehendes unbefriedigtes Bedürfnis der Bahnen nach einer bahntauglichen Messsonde. Sie ermöglicht einen einfacheren, rascheren und zuverlässigen Nachweis von Torsionsschwingungen der Achshohlwellen von Schienenfahrzeugen, als dies mit den bislang genannten Einrichtungen möglich ist. Die benötigte Installationszeit der Messsonde liegt dabei um ein Vielfaches unter der Zeit für die Installation nach herkömmlichen Methoden.
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Mit der Schaffung einer handlichen Messsonde sorgt die vorliegende Erfindung für eine ortsunabhängige und quasi „ambulante” Möglichkeit der Unterbringung in der Achshohlwelle eines Schienenfahrzeuges. Sie dient auch in kleineren Hohlbohrungen als zuverlässiger Messaufnehmer für Schwingungsmessungen, insbesondere von Torsionsschwingungen. Außerdem ist mit der erfindungsgemäßen Konstruktion auch das Problem des Kerbwirkungseinflusses bei nahe beieinanderliegenden Wellenabsätzen gelöst worden.
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Darüber hinaus ist sie bahntauglich ausgeführt und speziell für den Verbleib zu Messungen in der Hohlwelle des Radsatzes während der regulären Betriebsfahrten geeignet. Verdrehungen der Messsonde selbst können nicht stattfinden und die Klemmung der Messsonde hat keine negativen Auswirkungen auf die Festigkeit der Radsatzwelle. Das Resultat sind aussagefähige Messwerte unter realistischen Bedingungen auf beliebigen Streckenabschnitten sowie von Schienenfahrzeugen aller Art, die eine Achshohlwelle besitzen. Praxistests haben gezeigt, dass die resultierende Messungenauigkeit bei < 1% liegt.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Messsonde zur einfachen und raschen Unterbringung in der Achshohlwelle von einem Schienenfahrzeug zum Zweck von zuverlässigen Schwingungsmessungen, insbesondere von Torsionsschwingungen zu schaffen, die für den Verbleib zu Messungen in der Hohlwelle des Radsatzes während der regulären Betriebsfahrten für Schienenfahrzeuge aller Art geeignet ist.
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Diese Aufgabe wird durch eine Messsonde mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass eine Messsonde zur Unterbringung in der Hohlwelle eines Radsatzes von einem Schienenfahrzeug zum Zweck von Schwingungsmessungen, insbesondere von Torsionsschwingungen als kompakte und handliche Einheit bahntauglich ausgebildet ist, die sich egal von welcher Seite, von außen in eine Achshohlwelle einschieben lässt. Mit ihrem Spannmechanismus kann die Messsonde auch beim Auftreten sehr großer Torsionsamplituden zuverlässig in der Hohlbohrung der Radsatzwelle fixiert werden. Ein geeigneter Mechanismus sorgt dafür, dass die Sonde selbst nach mehreren Wochen Verbleib zu Messzwecken in der Hohlwelle zuverlässig lösbar ist und die geschliffene Radsatzhohlwelle dabei nicht beschädigt wird.
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Ausführungsbespiele der vorliegenden Erfindung werden nachstehend anhand von Figuren näher erläutert. Es zeigen:
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1: eine erfindungsgemäße Messsonde (ohne Messausrüstung) in Außenansicht
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2: eine Messsonde gemäß 1 in einer Längsschnitt-Darstellung
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3: eine Messsonde gemäß 1 in einer Montage-/Demontageposition
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4: eine weitere Ausführungsform (ohne Messausrüstung) in Außenansicht
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5: eine Messsonde gemäß 4 in einer Längsschnitt-Darstellung
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6: eine Detailansicht nach 4 mit Startmutter und Spannbuchse
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7: eine Detailansicht nach 6 in einer Montage-/Demontageposition
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8a–c: verschiedene Ausführungsformen der Spannbuchsen-Geometrie für eine Messsonde gemäß 4
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Gemäß den 1 und 2 besteht eine erfindungsgemäße Messsonde (10) im Wesentlichen aus einem torsionsaufnehmenden Messstab (11) und zwei darauf beabstandeten zylinderförmigen Spannelementen (15, 15'). Hierzu weist ein Messstab (11) je einen zylindrischen Sitz (12, 12') für ein vorderes Spannelement (15) und ein hinteres Spannelement (15') auf.
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Weiter sind auf einem Messstab (11) zumindest zwei an sich bekannte, um zumindest 90° versetzte, Biege- und Torsionsmessstellen bzw. entsprechende Signalwandler (nicht dargestellt) angeordnet, die per Kabel durch eine Bohrung (17) im Messstab (11) hinter dem vorderen Spannelement (15) zu einem (ebenfalls nicht dargestellten) an sich bekannten Telemetrie-Adapter geführt sind.
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Gemäß 3 ist für das Aktivieren und Deaktivieren der Spannelemente (15, 15') ein Betätigungselement (18) vorgesehen, das außerhalb des Messstabes (11) zunächst durch ein vorderes Spannelement (15) hindurch zu der Verschraubung (19') eines hinteren Spannelementes (15') geführt wird und mit dem danach ein vorderes Spannelement (15) mit einer Verschraubung (19) ebenfalls in der Bohrung (2) einer Achshohlwelle (1) verspannt werden kann.
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Die 4 und 5 zeigen eine weitere bevorzugte Ausbildungsform einer erfindungsgemäßen Messsonde (20), die im Wesentlichen aus einem hohlgebohrten Messstab (21) besteht, welcher zwei voneinander beabstandete konische Sitze (22, 22') zur Aufnahme je einer entgegengesetzt gerichteten Spannbuchse (24, 24') aufweist. Ein Betätigungselement (26) ist durch den hohlgebohrten Messstab (21) hindurchgeführt und wird in diesem durch zwei beabstandete Sitze (27, 27') geführt. Das Betätigungselement (26) besitzt zudem zwei zueinander gegenläufige Gewinde (28, 28') jeweils im Bereich der Spannbuchse (24, 24'), sowie eine Eingriffsgeometrie (29) am Ende. Auf dem hinteren Gewinde (28') des Betätigungselementes (26) befindet sich eine Endmutter (31), die mit der hinteren Spannbuchse (24') über eine Sicherungsmutter (32) verschraubt ist. Auf dem vorderen Gewinde (28) des Betätigungselementes (26) befindet sich eine Startmutter (33), die ihrerseits über eine Sicherungsmutter (32) mit der vorderen Spannbuchse (24) verschraubt ist. Durch Drehen des Betätigungselements (26) werden somit die Spannbuchsen (24, 24') aus entgegengesetzten Richtungen auf die nach vorne bzw. nach hinten gerichteten konischen Sitze (22, 22') geschoben oder von diesen gelöst.
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Die 6 und 7 zeigen jeweils das vordere Ende einer Ausführungsform der Messsonde (20), in 6 ohne, in 7 mit angesetztem Werkzeug (36). Dabei sind in der Startmutter (33) zwei gegenüberliegende Fräsungen (35) für das Gegenhalten mit dem Werkzeug (36) beim Anziehen, sowie eine Bohrung (37) für die Kabelführung vorgesehen. Endmutter (31) und Startmutter (33) sind durch je zwei gegenüberliegende, in einen Messstab (21) eingepresste Zylinderstifte (38) gehalten, um ein Mitdrehen beim Anziehen zu verhindern.
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Das Aktivieren und Deaktivieren der Verspannung der entgegengesetzt gerichteten Spannbuchsen (24, 24') erfolgt durch Drehen des Betätigungselementes (26). Hierdurch verschieben sich Start- (33) und Endmutter (31) durch die gegenläufigen Gewinde (28, 28') zueinander. Auf den Muttern (31, 33) ist jeweils eine Spannbuchse (24, 24') durch je eine Sicherungsmutter (32) gehalten.
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Beide Spannbuchsen (24, 24') können sich durch ihre jeweiligen Schlitze (25) beim Aufdrücken auf die konischen Sitze (22, 22') des Messstabs (21) radial ausweiten und verspannen so eine Messsonde (20) in der Bohrung (2) der Achshohlwelle (1).
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Die
8a bis
8c zeigen verschiedenartige Geometrien einer Spannbuchse (
24,
24'). Unter Verspannung wird eine Spannbuchse (
24,
24') auf geweitet und gegen die Bohrung (
2) der Achshohlwelle (
1) gepresst. Die durch die Aufweitung aufgezwungene Deformation der Spannbuchsen (
24,
24') erzeugt Spannungen in den Radien der Schlitze (
25), die sich durch verschiedene Formgebung und Anzahl der Schlitze (
25) optimieren lassen. Bezugszeichenliste
1 | Achshohlwelle |
2 | Bohrung |
10 | Messsonde |
11 | torsionsaufnehmender Messstab |
12, 12' | zylindrischer Sitz |
15 | vorderes Spannelement |
15' | hinteres Spannelement |
17 | Bohrung |
18 | Betätigungselement |
19, 19' | Verschraubung |
20 | Messsonde |
21 | Messstab |
22, 22' | konischer Sitz für Spannelement |
24, 24' | Spannbuchse |
25 | Schlitz |
26 | Betätigungselement |
27, 27' | Sitz für Betätigungselement |
28, 28' | Gewinde |
29 | Eingriffsgeometrie |
31 | Endmutter |
32 | Sicherungsmutter |
33 | Startmutter |
35 | Fräsung |
36 | Werkzeug |
37 | Bohrung |
38 | Zylinderstift |
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102004021488 B4 [0006]
- WO 2015/165839 A1 [0008]
- WO 00/76828 A1 [0011]
- DE 102012206606 B3 [0013]