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1. Technischer Bereich
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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Sicherungssystem zum Einsatz mit einem Roboter, und insbesondere ein Sicherungssystem zum Einsatz mit einem Roboter, welcher anhand einer Bahnplanung in einer MRK-Umgebung gesteuert wird.
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2. Technischer Hintergrund
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Ein Roboter ist ein universell einsetzbarer Bewegungsautomat mit mehreren Achsen, der aufgrund des frei programmierbaren Bewegungsablaufs für verschiedene Aufgaben einsetzbar ist. Üblicherweise dient ein Roboter dazu, dem Menschen mechanische Arbeit abzunehmen. Häufig steht ein Roboter als Assistenzmedium im Vordergrund. Hierbei teilen sich üblicherweise Menschen und Roboter einen gemeinsamen Arbeitsraum und bearbeiten gegebenenfalls auch dasselbe Werkstück bzw. Bauteil. Für solche eine Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK) wird eine sichere Zusammenarbeit zwischen Robotern und Menschen vorausgesetzt.
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Roboter, die mit einem Menschen interagieren, müssen durch entsprechende Sicherheitstechnik abgesichert werden, wenn von den Robotern Gefahren für die interagierenden Menschen ausgehen. Diese Sicherheitstechnik umfasst üblicherweise eine Vielzahl von Sicherheitsfunktionen, die vorher in einer Risikoanalyse zumeist applikationsspezifisch erstellt werden. Bei Robotersystemen können diese Sicherheitsfunktionen beispielsweise einen Nothalt umfassen, oder auch eine Begrenzung bestimmter physikalischer Zustände eines Roboters (z. B. der Position, der Geschwindigkeit oder der Kraft des Roboters).
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Bei der Auswahl der Sicherheitstechnik wird meist vermieden bestimmte kognitive Fähigkeiten des Menschen vorauszusetzen. Es wird also implizit eine Konstellation der Interaktion zwischen Mensch und Maschine vorausgesetzt, die von den kognitiven Fähigkeiten des Menschen abstrahiert ist. Diese Vorgehensweise führt insbesondere bei Robotern in anthropomorpher Bauweise, wie beispielsweise Kleinrobotern mit armähnlicher Kinematik, zu einer sehr umfangreichen, also kosten- und entwicklungsintensiven Ausstattung mit Sicherheitsfunktionen. Eine weitere Konsequenz der Vernachlässigung der kognitiven Fähigkeiten des Menschen ist eine sehr konservative Parametrisierung dieser Sicherheitsfunktionen. Dadurch wird die durch die physikalischen Zustände der Maschine umsetzbare mechanische Energie als auch die Größe des Arbeitsraumes, in welchem sich der Roboter bzw. arbeiten kann, stark eingeschränkt. Folglich verbleibt durch diese einfache Sicherheitstechnik ein nicht zu geringes Restrisiko, und insbesondere Kollisionsrisiko, und ferner auch eine durch diese Sicherheitstechnik verursachte geringe Performanz des anthropomorphen Systems.
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Der vorliegenden Erfindung liegt somit die Aufgabe zugrunde, ein Robotersystem bereitzustellen, welches seine intendierte Bewegung effektiv an die in der MRK-Umgebung beteiligten Menschen kommuniziert. Es ist ferner eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Sicherheitssystem bereitzustellen, welches im Zusammenspiel mit kognitiven Fähigkeiten des Menschen eine sichere MRK erlaubt.
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Diese und weitere Aufgaben werden durch den Gegenstand der Hauptansprüche der vorliegenden Erfindung gelöst.
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3. Inhalt der Erfindung
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Ein erfindungsgemäßes Sicherungssystem eignet sich dabei zum Einsatz mit einem Roboter, und insbesondere mit einem Leichtbauroboter. Der Roboter wird dabei anhand einer Bahnplanung in einer MRK-Umgebung gesteuert. Die Steuerung des Roboters kann dabei auf unterschiedliche Art und Weisen erfolgen, wie beispielsweise durch eine Punkt-zu-Punkt-Steuerung, Multipunktsteuerung oder Bahnsteuerung. Anhand der Bahnplanung sind die geplanten zukünftigen Bewegungen bzw. Positionen des Roboters bekannt.
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Das erfindungsgemäße Sicherungssystem ist dabei eingerichtet, örtliche und zeitliche Informationen aus der Bahnplanung an die MRK-Umgebung zu signalisieren. Somit können Menschen, die sich in der MRK-Umgebung aufhalten, auf diese Signale reagieren und entsprechend interagieren, so dass eine Kollision mit dem Roboter vermieden wird. Die örtliche und zeitliche Information aus der Bahnplanung, wie beispielsweise Information bezüglich einer Pose, die von dem Roboter als nächstes eingenommen wird, erlaubt es dem Menschen intuitiv zu erfahren, wie er sich in dem geteilten Arbeitsraum verhalten soll. Da die Information aus der Bahnplanung vorzugsweise vorab an die MRK-Umgebung signalisiert wird, kann der Mensch sich hierauf einstellen wodurch Kollisionen vermieden werden.
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Vorzugsweise kennzeichnet die örtliche und zeitliche Information aus der Bahnplanung, die von dem Sicherungssystem an die MRK-Umgebung signalisiert wird, zumindest eine geplante Konfiguration, geplante Pose und/oder geplante Bewegung des Roboters. Somit kann ein Mensch, der in einer MRK-Umgebung mit einem Roboter zusammenarbeitet, anhand der örtlichen und zeitlichen Information erfahren, wie sich der Roboter bewegen wird bzw. welchen Raum er in dem geteilten Arbeitsraum belegen wird.
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Vorzugsweise weist das erfindungsgemäße Sicherungssystem Mittel auf, um die Information visuell und/oder akustisch zu signalisieren. Hierzu kann das Sicherungssystem beispielsweise einen Lautsprecher umfassen, welcher an die MRK-Umgebung mitteilt, dass und wie sich der Roboter verhalten wird. Auf diese Information kann ein Mensch reagieren, um vorteilhaft Kollisionen mit dem Roboter zu verhindern.
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Die Information kann auch visuell signalisiert werden, beispielsweise mittels ein oder mehrerer Leuchtmittel wie beispielsweise LEDs. Durch eine entsprechende Steuerung beispielsweise der Helligkeit oder Farbe der Leuchtmittel kann an die MRK-Umgebung signalisiert werden, wann der Roboter welche Bewegung durchführt bzw. Pose einnimmt. Vorzugsweise sind die Mittel an einem Fuß und/oder an einem Flansch des Roboters bereitgestellt. Die Bereitstellung am Fuß ist vorteilhaft, da der Fuß des Roboters nur selten von dem Roboter verdeckt wird, so dass das Mittel aus nahezu beliebiger Orientierung von der MRK-Umgebung aus sichtbar ist. Die Position am Flansch des Roboters ist vorteilhaft, wenn ein Mensch beispielsweise direkt mit dem Roboter zusammenarbeitet und hierbei in nächster Umgebung mit dem Endeffektor bzw. Werkzeug des Roboters arbeitet. Somit können die örtliche und zeitliche Information aus der Bahnplanung deutlich dem Menschen mitgeteilt werden.
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Der Fachmann versteht, dass verschiedene Komponenten kombiniert werden können, um die Information zu signalisieren. So können beispielsweise sowohl Lautsprecher als auch Leuchtmittel eingesetzt werden, um eine sichere MRK zu ermöglichen.
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Vorzugsweise ist das Sicherungssystem integral in dem Roboter bereitgestellt. Alternativ kann das Sicherungssystem auch separat von dem Roboter bereitgestellt sein, und kann beispielsweise auch eingerichtet sein, örtliche und zeitliche Information aus der Bahnplanung unterschiedlicher Roboter an die MRK-Umgebung zu signalisieren. Somit ist das erfindungsgemäße Sicherungssystem flexibel einsetzbar.
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Vorzugsweise kann als Informationsquelle der intendierten Bewegung, bzw. geplanten Konfiguration, geplanten Pose oder geplanten Bewegung der Vorlaufzeiger gewählt werden. Weiter vorzugsweise kann als Informationsquelle der intendierten Bewegung die durch eine ”Teach-and-learn”-Funktion aufgezeichnete Trajektorie gewählt werden.
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Die örtliche und zeitliche Information kann vorzugsweise Information aus der Bahnplanung mit einer festen Vorschauzeit oder einer variablen Vorschauzeit an die MRK-Umgebung signalisiert werden. So kann beispielsweise eine Vorausschauzeit von zehn Sekunden gewählt werden, so dass der MRK-Umgebung signalisiert wird, welche Pose bzw. Bewegung der Roboter in zehn Sekunden aufgrund der Bahnplanung durchführen wird. Somit kann sich eine Mensch, der einen Arbeitsraum mit dem Roboter teilt, effizient auf diese geplante Bewegung einstellen um sich beispielsweise nach Ablauf der ihm bekannten Vorschauzeit an einem ihm ungefährlichen Ort zu befinden. Bevorzugt wird eine Vorausschauzeit von 5 Sekunden und besonders bevorzugt eine Vorausschauzeit von 2 Sekunden gewählt.
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Die vorliegende Erfindung vermindert somit das Restrisiko einer Kollision zwischen einem Menschen und einem Roboter in einer MRK-Umgebung. Hierbei wird aufgrund eines effektiven Zusammenspiels zwischen dem erfindungsgemäßen Sicherungssystem und kognitiven Fähigkeiten eines Menschen ein simples, einfaches und effizientes Sicherheitskonzept gewährleistet. Hiermit wird ferner die Anforderung an die Sicherheitsintegrität reduziert.
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Die vorliegende Erfindung umfasst ferner ein Robotersystem, welches einen Roboter, eine Robotersteuerung und ein erfindungsgemäßes Sicherungssystem aufweist. Der Roboter wird dabei anhand einer Bahnplanung in einer MRK-Umgebung gesteuert. Das Robotersystem ist dabei eingerichtet, folgende Verfahrensschritte durchzuführen: Ermitteln, basierend auf der Bahnplanung, von örtlicher und zeitlicher Information aus der Bahnplanung, und Signalisieren der Information an die MRK-Umgebung.
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Der Fachmann versteht, dass das vorliegende Sicherungssystem mit weiteren bekannten Sicherheitsfunktionen kombiniert werden kann. Dabei erlaubt es das erfindungsgemäße Sicherungssystem, Restrisiken, die durch den Einsatz der bekannten Sicherheitsfunktionen bestehen, zu reduzieren. Ferner ist das erfindungsgemäße Sicherungssystem vorteilhaft, da es weniger konservative, also Performanz-orientierte Parameter als bekannte Sicherheitsfunktionen voraussetzt.
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4. Ausführungsbeispiele
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Im Folgenden wird die vorliegende Erfindung anhand der beiliegenden Figur näher beschrieben. Hierbei zeigt:
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1 einen Roboter mit einem erfindungsgemäßen Sicherungssystem.
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In 1 wird exemplarisch ein Roboter 10 dargestellt, welcher in Form eines mehrachsigen Gelenkarmroboters 10 ausgebildet ist. Der Roboter 10 ist in einer gestreckten Konfiguration, und weist an seinem Fuß 12 eine Signalisierungsvorrichtung 20 auf, welche aus einem Leuchtring besteht. Diese Signalisierungsvorrichtung 20 stellt dabei eine Ausführungsform des erfindungsgemäßen Sicherungssystems dar. Der Leuchtring 20 ist in einzelne Teile unterteilt, welche unabhängig voneinander in unterschiedlichen Farben leuchten können. Dieser Leuchtring codiert bzw. markiert den gesamten Arbeitsraum des Roboters, indem er den Arbeitsraum in verschiedene Richtungen auflöst.
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Arbeitsraumpositionen in der XY-Ebene werden durch die horizontalen Leuchtbereiche an dem Leuchtring 20 markiert, während Arbeitsraumpositionen in der Z-Ebene durch Leuchtpositionen am oberen oder unteren Bereichs des Leuchtrings 20 markiert werden.
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Abhängig der geplanten Bewegung in den nächsten beispielsweise zehn oder fünf Sekunden leuchtet die Stelle des Leuchtrings rötlich, die den Teil des Arbeitsraums des LBR codiert bzw. markiert, zu welchem der Gelenkarmroboters 10 als nächstes fahren wird. Wie in 1 dargestellt, leuchtet ein Teil 21 des Leuchtrings 20 rot. Somit wird angezeigt oder signalisiert, dass der Roboter in Naher Zukunft wohl in die durch Teil 21 markierte Stelle verfahren wird. Um Kollisionen zu vermeiden, kann ein Mensch diesen Bereich meiden. Die anderen Teile hingegen leuchten grün und zeigen an, dass in diesen Bereichen in den nächsten beispielsweise zehn oder fünf Sekunden keine Gefahr besteht. Der Fachmann versteht, dass auch andere Vorausschauzeiten gewählt werden können, wie beispielsweise zwei, 20 oder 30 Sekunden.
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Die rötliche Leuchtintensität wird umso stärker, je mehr Gefahr von der intendierten Bewegung durch den Gelenkarmroboters 10 ausgeht, z. B. je schneller die intendierte Bewegung ist. Der Fachmann versteht, dass die Intensität der Leuchtkraft an eine variable Vorausschauzeit gekoppelt sein kann. So kann einem Menschen, welcher einen Arbeitsraum mit dem Gelenkarmroboter 10 teilt, die Vorausschauzeit durch die Intensität der Leuchtkraft mitgeteilt.
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Der Fachmann versteht, dass die Anbringung des Leuchtrings 20 am Fuß 12 des Gelenkarmroboters 10 besonders dann vorteilhaft ist, wenn der Gelenkarmroboter 10 aufgrund seines Einsatzes weite Strecken im Arbeitsraum zurücklegt. Wenn hingegen nur kurze Wege zurückgelegt werden, beispielsweise um ein angekoppeltes Werkzeug über eine kurze Strecke hinweg zu verfahren, eignet sich die Anbringung des Leuchtrings am Flansch 11 des Gelenkarmroboters 10. So kann ein Mensch, welcher ebenfalls in der Nähe des Werkzeugs arbeitet, sofort erkennen wie der Gelenkarmroboter 10 verfahren wird.
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Neben der beschriebenen Ausführungsform als Leuchtring kann das erfindungsgemäße Sicherungssystem als Ring oder Kugel ausgebildet sein. Eine kugelförmige Ausführungsform ermöglicht dabei eine verbesserte dreidimensionale Signalisierung der intendierten Bewegung bzw. eine verbesserte räumliche Markierung des Arbeitsraums.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Roboter
- 11
- Flansch
- 12
- Roboterfuß
- 20
- Leuchtring
- 21
- rot-leuchtendes Teil