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Holzblasinstrumente, wie z. B. Klarinetten, Flöten und Oboen, bestehen vielfach aus einzelnen Stücken, welche zur Aufbau des gesamten Instruments zusammengesteckt werden müssen. Die Aufteilung eines Holzblasinstruments in derartige einzelne Formhohlkörper bietet verschiedene Vorteile. So werden hierdurch sowohl die Fertigung als auch der Transport eines Instruments erleichtert. Weiterhin können im Falle einer Beschädigung eines Formhohlkörpers eine Reparatur oder ein Austausch auf einfachere Weise durchgeführt werden als bei einem einstückigen Instrumentenkörper aus einem Vollmaterial.
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Weiterhin bietet der segmentartige Aufbau eines Holzblasinstruments aus zusammengesteckten Formhohlkörpern die Möglichkeit, dass ausgewählte Formhohlkörper u. U. auch aus unterschiedlichen Materialien hergestellt werden können. Auf diese Weise kann z. B. die Klangentfaltung eines Holzblasinstruments gezielt beeinflusst werden. Andererseits können einzelne Formhohlkörper, welche einen nur untergeordneten Einfluss auf die Klangbildung eines Instruments haben, aus Kostengründen gegebenenfalls aus einem einfacheren Werkstoff hergestellt werden.
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Einzelne Formhohlkörper, welche beim Gebrauch eines Instruments einer besonderen Belastung ausgesetzt sind, können auch aus einem widerstandsfähigeren Werkstoff gefertigt werden. Dies soll am Beispiel des Mundstücks einer Klarinette erläutert werden. Ein solches Mundstück ist bekanntlich ein den Klang des Instruments wesentlich beeinflussendes Bauteil. Andererseits ist es aber einer besonderen Belastung insbesondere durch die Blasfeuchte des Musikers ausgesetzt.
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Mundstücke, die aus natürlichem Vollholz hergestellt sind, verleihen einem Holzblasinstrument, wie z. B. einer Klarinette, zwar einen besonders vollen und weichen Klang. Jedoch ist deren Herstellung aufwendig, da ähnlich wie bei der Verarbeitung von Metall ein ausgesuchter Rohling verschiedenen Bearbeitungsschritten mittels Bohr-, Dreh- und/oder Schleifwerkzeugen unterzogen werden muss. Zudem ist bei einem Mundstück aus natürlichem Vollholz auf Grund der mechanischen Beanspruchung und der insbesondere von innen einwirkenden, intensiven Feuchtigkeitsbelastung beim Spielen kein dauerhaft gleichmäßiges Anblasverhalten gewährleistet.
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Aus diesem Grund werden Mundstücke vielfach aus einem Werkstoff gefertigt, welcher resistenter ist gegenüber der beim Gebrauch des Instruments auftretenden Blasfeuchtigkeit und der Beanspruchung durch Speichel. So sind Klarinettenmundstücke aus gehärtetem Kautschuk, z. B. Ebonit, oder aus verschiedenen Kunststoffen, z. B. Acryl, im Gebrauch.
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In der Praxis wird jedoch besonders von Orchestermusikern berichtet, dass der beim Spielen eines Holzblasinstruments mit einem derartigen Mundstück erzielbare Klang nicht in jedem Falle den gewünschten Anforderungen entspricht. So kann z. B. die hiermit beim Spielen einer Klarinette erzielbare Klangfarbe als unerwünscht hart bzw. schrill empfunden werden.
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Aus der
DE 198 52 082 C1 ist ein Kunststoff-Werkstoff bekannt, der auf Grund von dessen Eigenschaften, Farbe und Konsistenz als Ersatz für Holz oder Holzwerkstoffe geeignet ist. So wird auf eine Verwendung des Kunststoff-Werkstoffs zur Herstellung von Profilen und Formteilen für Möbel, Fensterrahmen, Türen und Gehäusen für elektrische oder elektronische Geräte hingewiesen.
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Der Kunststoff-Werkstoff aus einem Polymer-Blend besteht aus wenigstens einem synthetischen und wenigstens einem natürlichen Polymer auf der Basis von Lignin. Vorteilhaft wird als Lignin das als Abfallprodukt aus der Herstellung von Zellstoff in großer Menge verfügbare Alkali-Lignin verwendet. Als synthetische Polymerkomponenten können annähernd alle bekannten synthetischen Thermoplaste verwendet werden, z. B. Polyethylen. Der Kunststoff-Werkstoff kann weiterhin synthetische Verstärkungsfasern, z. B. Glas- oder Kohlefasern, sowie natürliche Verstärkungsfasern, z. B. Flachs-, Sisal-, Cellulose-, Holz-, Miscanthus- oder Hanffasern enthalten.
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Der Kunststoff-Werkstoff dieser Art weist eine hohe UV-Beständigkeit, hohe Festigkeit, hohe Steifigkeit und hohe Schlagzähigkeit auf. Der Ligninanteil verleiht dem Werkstoff wärme- und schallisolierende Eigenschaften und einen besonders das optische Erscheinungsbild bestimmenden holzähnlichen Charakter. Auf Grund der Zusammensetzung und der daraus resultierenden Eigenschaften ist der aus der
DE 198 52 082 C1 bekannte Kunststoff-Werkstoff einsetzbar zur Herstellung konstruktiver Profile von bzw. in technischen Objekten bzw. deren Bestandteilen, d. h. von statischen und im Wesentlichen druckbelastbaren Konstruktionselementen.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde einen Formhohlkörper, welcher als ein Bestandteil zum segmentartigen Aufbau eines Holzblasinstrument geeignet ist, aus einem möglichst aus natürlichen Komponenten zusammengesetzten Verbundwerkstoff herzustellen. Dieser soll besonders den blastechnischen Anforderungen sowohl bezüglich der Feuchtigkeitsresistenz als auch den gewünschten akustischen Eigenschaften bei einem Blasinstrument entsprechen.
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Die Aufgabe der Erfindung wird mit den Merkmalen des im Anspruch 1 angegebenen Formhohlkörpers gelöst. Weitere vorteilhafte Ausführungsformen der Erfindung sind in den Unteransprüchen angegeben.
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Der erfindungsgemäße Formhohlkörper besteht aus einem thermoplastisch form- und aushärtbaren Kompositwerkstoff, d. h. Verbundwerkstoff. Dieser weist zerkleinerte Holzbestandteile auf, die bevorzugt span-, granulat-, raspel- und/oder mehlförmig sind und entweder zumindest anteilig aus Grenadillholz bestehen.
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Ein gemäß der Erfindung ausgeführter Formhohlkörper ist besonders als ein Mundstück für eine Klarinette geeignet. Es ist aber auch möglich, dass andere Bestandteile einer Klarinette, z. B. der Becher bzw. Trichter am unteren Ende des Instruments, als ein Formhohlkörper gemäß der Erfindung ausgeführt sind.
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Bei einer beispielhaften Ausführung der Erfindung kann der Anteil an Grenadillholz im Kompositwerkstoff des Formhohlkörpers bis zu 50 Masse % betragen, während der Rest durch das natürliche Polymer auf der Basis von Lignin gebildet wird. Als besonders vorteilhaft hat sich ein Anteil von 30 Masse % erwiesen. Als Polymer kann bevorzugt das in großen Mengen verfügbare Alkali-Lignin, aber auch ligninhaltige Granulate und dergleichen eingesetzt werden.
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Je nach der Klangfarbe, die mit einem Blasinstrument, das mit einem erfindungsgemäßen Formhohlkörper, z. B. einem entsprechenden Mundstück, ausgestattet ist, erzeugt werden soll, können die Holzbestandteile zumindest ein weiteres Holz enthalten. Es handelt sich dabei um Hölzer, die einen ursprünglich natürlich hohen Feuchtigkeitsgehalt aufweisen. Im Gegensatz zu Grenadill stammen diese Holzbestandteile nicht von z. B. afrikanischen Baumarten aus regenarmen Erdzonen. Vielmehr wird Holz von Bäumen eingesetzt, die in regenreichen gemäßigten Zonen z. B. auf der Nordhalbkugel der Erde wachsen. Weitere Holzbestandteile dieser Art können somit durch Weichhölzer gebildet werden, wie z. B. von der Fichte, und/oder durch Harthölzer, wie z. B. von der Buche, gebildet werden. Es sind auch Mischungen hieraus möglich.
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Der Anteil an weiterem Holz im Kompositwerkstoff kann z. B. 20 bis 30 Masse % betragen. Eine beispielhafte, zur thermoplastischen Weiterverarbeitung vorgesehene Mischung des Kompositwerkstoffs kann somit z. B. aus 50 Masse % Grenadillholzspänen, aus 20 Masse Fichtenholzspänen und aus 30 Masse % mehlförmigem Lignin bestehen. Wie bereits ausgeführt, kann das Mischungsverhältnis besonders abhängig von der Art des jeweiligen Holzblasinstruments und der damit unter Verwendung eines erfindungsgemäßen Formhohlkörpers erzielbaren Klangfarbe variiert werden.
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Ein als ein Formhohlkörper gemäß der Erfindung ausgeführtes beispielhaftes Mundstück weist den besonderen Vorteil auf, dass damit bei einem Holzblasinstrument, z. B. bei einer Klarinette, ein Klangverhalten erzielbar ist, das mit dem Klangverhalten eines Mundstücks aus natürlichem Vollholz ohne weiteres vergleichbar ist.
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Bei entsprechender Fertigkeit z. B. eines Klarinettenbläsers kann mit einem gemäß der Erfindung aufgebauten Mundstück sogar die Brillanz des von der Klarinette erzeugten Tones erhöht werden, ohne dass Verluste im Tonvolumen auftreten. Weiterhin kann eine verbesserte Intonation des Instruments festgestellt werden. Schließlich verfügt eine Klarinette bei Einsatz eines erfindungsgemäßen Mundstücks über eine präzise Ansprache selbst bei den hohen Tönen in der schwer spielbaren dritten Lage.
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Darüber hinaus bleibt ein gemäß der Erfindung aufgebautes Mundstück auch bei dauerhaftem Gebrauch gegenüber Speichel und Blasfeuchte formstabil. Es ist somit bezüglich dieser Eigenschaft ohne weiteres mit Mundstücken aus einem Kunststoff oder Kautschuk vergleichbar. So ist besonders vorteilhaft bei einem gemäß der Erfindung aufgebauten Klarinettenmundstück, im Gegensatz zu Mundstücken aus Vollholz, kein Aufquellen der Bahn, d. h. der Auflage des Klarinettenblatts, zu befürchten.
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Der Kompositwerkstoff des erfindungsgemäßen Formhohlkörpers stellt somit ein Gemenge aus Grenadill, gegebenenfalls zusätzlichen Weich- oder/oder Hartholzbestandteilen und dem harzartigen Naturstoff Lignin dar. Die z. B. als kleinste Späne oder Mehle vorliegenden Holzbestandteile und das als ein Pulver vorliegende Lignin können ist der Art eines Zwischenprodukts zu einem Granulat verbunden werden. Dieses ist besonders zur thermoplastischen Verarbeitung in Spritzgussformen geeignet. Dabei können in üblicher Weise durch Pressung und Aushärtung bei Temperaturen bis zu 200°C Mundstücke in beliebiger Form in einem einzigen Arbeitsgang „gebacken” werden.
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Trotz der Verwendung von natürlichem Lignin als thermoplastisches Bindemittel der Holzbestandteile tritt während des Aushärtens eines Formlings in der Spritzgussform nur ein geringer Schwund auf. Auf Grund der damit erzielbaren hohen Maßhaltigkeit wird der Aufwand durch Nachbearbeitung deutlich reduziert.
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Ein Mundstück als ein beispielhafter, erfindungsgemäßer Formhohlkörper zeichnet sich weiter dadurch aus, dass es ohne Einschränkungen üblichen Weiterbearbeitungen unterzogen werden kann. So ist eine Öltränkung mit säure- und harzfreien Ölen zum Verschluss von Oberflächenporen und damit der Verbesserung der Resistenz gegenüber der Einwirkung von Wasser und Speichel ohne weiteres möglich. Weiterhin ist es durch natürliche Zersetzungsprozesse voll recycle bar, also in der gleichen Weise wie Holzbruch im Wald.
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Auf Grund der positiven Klang-, Gebrauchs-, Herstellungs- und auch Entsorgungseigenschaften eines Formhohlkörpers gemäß der Erfindung ist es vorteilhaft, dass dessen Kompositwerkstoff möglichst ausschließlich aus natürlichen Rohstoffen zusammengesetzt ist.
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Dennoch ist es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass dem Kompositwerkstoff, z. B. zur Verbesserung der thermoplastischen Bindung von dessen Holzbestandteilen, ein Zuschlag von einem oder mehreren synthetischen Polymeren zugesetzt wird. Mit einem solchen, mengenmäßig möglichst gering zu haltenden Anteil können in Ausnahmenfällen die Gebrauchseigenschaften eines erfindungsgemäßen Formhohlkörpers optimiert werden. So können damit z. B. beim Einsatz eines Holzblasinstruments im Freien, bei ungünstigen Witterungsbedingungen bzw. bei tiefen Temperaturen die Intonation und das Anblasverhalten stabilisiert werden.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 19852082 C1 [0007, 0009]