Die Paschen-Runge-Anordnung findet seit langem Verwendung in der analytischen
Spektrometrie. Dieser Umstand ist im wesentlichen darauf zurückzuführen, daß
Dispersion und Abbildung mit demselben optischen Element - einem
Konkavgitter - erfolgen.
Unter Vorgabe des Einfallswinkels und der Liniendichte des Dispersionsgitters wird
ein bestimmter Spektralbereich auf dem Rowlandkreis abgebildet. Die spektrale
Auflösung - entscheidend für die Nachweisgrenzen in der Spektrometrie - ist dabei
durch den Durchmesser des Rowlandkreises und die Dispersion bestimmt. Die
Forderung nach einer kompakten Bauweise verbietet die Verwendung großer
Rowlandkreisdurchmesser. Das notwendige spektrale Auflösungsvermögen wird
vorzugsweise über eine hohe Dispersion, d. h. eine hohe Zahl von Gitterlinien pro
Millimeter erzielt. Der verfügbare Spektralbereich ergibt sich dann aus der Länge
des genutzten Rowlandkreissegments. Bisherige Paschen-Runge-Spektrometer mit
nur einem Dispersionsgitter besitzen Nachteile aufgrund folgender Tatsachen:
- 1. Unter großen Beugungswinkeln führt die starke Zunahme der Aberrationen zu
einer Verschlechterung der spektralen Auflösung, so daß die nutzbare Bogenlänge
am Rowlandkreis und damit der verfügbare Spektralbereich eingeschränkt ist.
- 2. Es läßt sich nur ein zusammenhängender Spektralbereich darstellen, so daß Teile
des Rowlandkreises von analytisch oft wenig interessanten Abschnitten des
Spektrums belegt sind.
Die in 1. und 2. genannten Beschränkungen können bisher oft nur durch Aufteilung
des gesamten Spektralbereichs auf mehrere Spektrometereinheiten aufgehoben
werden.
- 3. Kommerzielle Halbleiterzeilensensoren werden in standardisierten Chipgehäusen
konfektioniert, deren geometrischen Dimensionen weit über die Abmessungen des
lichtempfindlichen Teils hinausgehen. Bei der Aneinanderreihung mehrerer Zeilen
sensoren entlang der Fokalkurve müssen daher zur vollständigen Erfassung
des Spektrums die einzelnen Chipgehäuse überlappend angeordnet werden. Dies
kann entweder durch Schrägstellung zur Dispersionsebene erfolgen (vgl.
Offenlegungsschrift DE 195 23 140 A1, "Mehrkanal-Spektrometer mit
Zeilensensor") oder durch Überlappung horizontal liegender Zeilen. In beiden Fällen
wird von den Zeilensensoren überwiegend Strahlung in einer Entfernung von
mehreren Millimetern oberhalb bzw. unterhalb der Dispersionsebene detektiert, in
Bereichen also, wo die Abbildungsphysik der Rowlandanordnung eine Zunahme der
Aberrationen, also eine Verminderung der spektralen Auflösung bewirkt.
Es ergeben sich somit die erfindungsgemäß zu lösenden Aufgaben:
- 1. Realisierung einer Spektrometereinheit, bei der eine Anpassung der Spektral
bereiche und der zugehörigen Dispersionen an die analytische Aufgabe erreicht
werden kann.
- 2. Realisierung einer Detektoranordnung an der Fokalkurve, bei welcher:
- (a) lediglich die Strahlung nahe der Dispersionsebene nachgewiesen und somit die
optimale spektrale Auflösung gewährleistet wird,
- (b) mit handelsüblichen Halbleiterzeilensensoren eine möglichst lückenlose
Erfassung des angebotenen Spektrums erfolgt.
Anstelle eines Dispersionsgitters werden erfindungsgemäß nun zwei Dispersions
gitter [1, 2] auf einem Rowlandkreis verwendet (Fig. 1). Dabei stimmen die geometri
schen Abmessungen und die Krümmungsradien der beiden Gitter überein, die Zahl
der Gitterlinien pro Millimeter kann sich jedoch unterscheiden. Die Gitter sind so
justiert, daß ihre Fokalkurven zur Deckung kommen und einen gemeinsamen
Rowlandkreis [3] formen (Anspruch 1). Die Gitternormalen schneiden sich im Mittel
punkt des Rowlandkreises [4] und bilden den Winkel δ [5], der den Abstand der
beiden Gitter beschreibt.
Das Spektrometer besitzt lediglich einen Eintrittsspalt [6], durch welchen das erste
Gitter [1] unter dem Einfallwinkel α1 [7] beleuchtet wird. Am Bildort des Eintrittsspalts
in nullter Beugungsordnung befindet sich ein Umlenkspiegel [8], der die Strahlung
auf das zweite Gitter [2] reflektiert. Auf diese Weise wirkt das Bild des Eintrittsspalts
als virtueller Eintrittsspalt für das zweite Gitter [2], der unter dem Einfallwinkel α2 [9]
gesehen wird (Anspruch 2).
Symmetriebedingt gilt stets: α2 = - (α1 + δ). Durch Wahl von α1 und δ nach Betrag
und Vorzeichen sowie der beiden Gitterkonstanten können an jedem Abschnitt des
Rowlandkreises unterschiedliche Spektralbereiche mit unterschiedlicher Dispersion
in 1. Beugungsordnung simultan abgebildet werden (Anspruch 3). Ausgenommen
hiervon sind lediglich die Orte, an denen die Gitter selbst, der Eintrittsspalt oder der
Umlenkspiegel stehen. Die Vielfalt der spektralen Kombinationsmöglichkeiten erhöht
sich weiter bei Verwendung höherer Beugungsordnungen.
Im Regelfall interessiert im betrachteten Rowlandabschnitt nur die Emission von
einem der Gitter. Durch Abblendung der jeweils unerwünschten Strahlung werden
am Rowlandkreis getrennte Regionen für die jeweiligen Gitter reserviert, auf denen
getrennte oder auch überlappende Spektralbereiche abgebildet werden. Die beiden
Spektralbereiche mit ihren zugehörigen Dispersionen sind angepaßt an die aktuellen
analytischen Erfordernisse.
Besonders vorteilhaft sind die Konfigurationen, bei denen α1 und α2 verschiedene
Vorzeichen besitzen. In diesem Fall findet eine weitgehende Kompensation der
Aberrationen der Abbildung des zweiten Gitters statt (Anspruch 4). Für den Arbeits
bereich des zweiten Gitters ergeben sich daraus zwei Vorteile:
- (a) Es lassen sich ohne Einbuße der spektralen Auflösung größere Einfalls- und
Beugungswinkel nutzen.
- (b) Es ergeben sich durch die verbesserte Bildqualität höhere Strahlungsdichten,
d. h. größere Signalintensitäten.
Ein zusätzlicher Vorteil ergibt sich dann, wenn der Wellenlängenbereich des zweiten
Gitters langwelliger gewählt wird als die Grenzwellenlänge des ersten Gitters
(Anspruch 5). Die Grenzwellenlänge eines Reflexionsgitters ist die Wellenlänge, für
die der Beugungswinkel der 1. Beugungsordnung 90° beträgt. Für Strahlung mit
längeren Wellenlängen existiert nur die nullte Beugungsordnung. Das erste Gitter
wirkt lediglich als Hohlspiegel, die Strahlungsenergie verteilt sich nicht mehr auf
mehrere Ordnungen, es gibt also kaum Intensitätsverluste für den Arbeitsbereich
des zweiten Gitters.
Der Nachweis spektraler Information erfolgt einerseits in herkömmlicher Weise auf
diskreten Spektrallinien mittels entsprechend positionierter Austrittsspalte und
Photoelektronenvervielfacher (Photomultiplierröhren). Andererseits wird erfindungs
gemäß ein breitbandiger spektraler Nachweis mit Hilfe von Halbleiter-Zeilensenso
ren erreicht. Es handelt sich um handelsübliche Zeilenarrays, die normalerweise in
anderen Applikationen als der Spektrometrie Einsatz finden, mit Pixelzahlen von
einigen 1000 und Pixeldimensionen in Dispersionsrichtung im 10 µm Bereich. Die
Zeilensensoren werden - wenn notwendig - nachträglich mit einer Fluoreszenz
beschichtung versehen, die sie für den Nachweis von Strahlung mit Wellenlängen
unterhalb 360 nm empfindlich macht. Jeder Zeilensensor [13] bildet zusammen mit
einem Zylinderspiegel [12] eine Detektoreinheit, die relativ zur Dispersionsebene
verschieden montiert werden kann (Fig. 2). Die Länge des Zylinderspiegels ent
spricht etwa der Länge des lichtempfindlichen Arrays. Die Zylinderachsen der
Spiegel sind tangential zum Rowlandkreis ausgerichtet. Die Spiegel befinden sich
nicht am Ort der Fokalkurve, sondern um einen gewissen Betrag zum Kreismittel
punkt hin eingerückt. Hier bewirken die Zylinderspiegel zweierlei (Anspruch 6):
- (a) Die Abschnitte der Rowlandkurve im Bereich der Spiegel werden aus dem Kreis
bogen ausgeschnitten und um 90° nach oben bzw. unten an die Stelle verlegt, wo
sich die Zeilensensoren befinden. Die Qualität der Rowlandabbildung wird dabei
nicht verändert. Planspiegel anstelle der Zylinderspiegel würden hier zum gleichen
Ergebnis führen.
- (b) Die Spiegel fokussieren Strahlung senkrecht zur Ausbreitungsrichtung. Durch
Blenden [14] vor den Spiegeln wird der bei der Fokussierung wirksame vertikale
Bereich bestimmt. Die richtige Dimensionierung der Blenden stellt sicher, daß die
Zeilensensoren nur Strahlung aus Bereichen nahe der Dispersionsebene erfassen,
wo die Bildqualität am besten, die spektrale Auflösung also am höchsten ist.
Durch abwechselndes Spiegeln nach oben bzw. unten wird erreicht, daß sich trotz
des großen geometrischen Platzbedarfs der Sensoren die Zylinderspiegel benach
barter Detektoreinheiten berühren können. Die Detektion des Spektrums läßt sich
durch geometrische Anpassung der Zylinderspiegel an die jeweilige Position am
Rowlandkreis weiter optimieren. Hierzu werden die Seitenkanten der Spiegel so
geschnitten, daß sie aus der Blickrichtung des Gitters betrachtet senkrecht
erscheinen. Auf diese Weise ergeben sich scharfe spektrale Trennstellen bei der
Strahlungserfassung benachbarter Zeilensensoren und die Detektoreinheiten
können lückenlos aneinandergeschoben werden (Anspruch 7).
Die beschriebene Spektrometeranordnung soll nachfolgend an einem Beispiel
erläutert werden (Fig. 3). Die Strahlung der Quelle tritt am Eintrittsspalt [6] in das
Spektrometer ein und beleuchtet das erste Gitter [1]. Der in nullter Ordnung
gebeugte Anteil wird auf den Umlenkspiegel [8] fokussiert und von dort auf das
zweite Gitter [2] reflektiert. Die Einfallswinkel der beiden Gitter haben verschiedene
Vorzeichen, d. h. die Aberrationen der Abbildung am zweiten Gitter [2] werden weit
gehend kompensiert. Ein Abschottungsblech schränkt die Emission der Gitter so ein,
daß auf dem Rowlandkreis zwei getrennte Bogensegmente als Arbeitsbereiche der
Gitter in 1. Beugungsordnung reserviert werden [10, 11]. Die Detektoreinheiten - über
sichtshalber wurden in Fig. 3 nur die Zylinderspiegel angedeutet - sind am
Rowlandkreis tangential aufgereiht. Unabhängig davon, ob gerade nach oben oder
unten gespiegelt wird, erscheinen die Spiegelkanten [15] parallel zu den Gitter
strichen.
Auf diese Weise erfolgt eine eindeutige Trennung der Spektralbereiche
benachbarter Detektoreinheiten und die Spiegel lassen sich nahezu lückenlos
zusammenführen. Desweiteren sind die Blenden [14] vor den Detektoreinheiten
angedeutet, mit denen der Wirkungsbereich für die vertikale Fokussierung durch die
Zylinderspiegel eingestellt wird.
Die vorgestellte Spektrometeranordnung wurde bereits technisch realisiert und die
beschriebenen Eigenschaften in Messungen verifiziert.