DE19852167C2 - Einfache SNP-Analyse mittels Massenspektrometrie - Google Patents
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Description
Die Erfindung betrifft ein Verfahren einer massenspektrometrischen Untersuchung des durch
Polymerase-Kettenreaktion (PCR) vervielfältigten Genmaterials Desoxyribonukleinsäure
(DNA) zur Identifizierung von bekannten Mutationen und Polymorphismen; insbesondere be
trifft es die Analyse von einfachen Basenaustauschen (Einzelnukleotid-Austausche, single
nucleotide polymorphisms, SNPs) mit Hilfe der Ionisierung durch matrix-unterstützte Laser
desorption (MALDI).
Die Erfindung besteht darin, für die selektive PCR-Vervielfältigung der DNA einen Satz an
Nukleosidtriphosphaten zu verwenden, bei denen eines oder mehrere der Nukleosidtriphos
phate durch das Anhängen einer chemischen Gruppe deutlich schwerer gemacht wurde, jedoch
so, daß die Vervielfältigung durch die Polymerase nicht gestört wird. Dadurch kann ein Basen
austausch in DNA-Stücken mit etwa 40 bis 50 Basen Länge sehr leicht ohne weitere Manipu
lationen massenspektrometrisch sichtbar gemacht werden.
Gegenstand dieser Erfindung ist eine Methode zum leichten und schnellen Nachweis von mu
tativen Veränderungen an bestimmten, vorbekannten Stellen der genomischen DNA eines Or
ganismus. Insbesondere werden hier Polymorphismen betrachtet, bei denen an einer bestimm
ten Stelle im Genom statistisch häufig ein einzelner Basenaustausch zu finden ist. Diese Art
von Polymorphismen ist in den letzten Jahren mit der Bezeichnung "single nucleotide polymor
phism" (SNP) belegt geworden.
SNPs haben inzwischen eine überragende Bedeutung für Genotypisierungen erlangt. Im
menschlichen Genom werden etwa 3 Millionen solcher SNPs vermutet. Es gibt also etwa
3 Millionen Stellen, an denen statistisch häufig eine Base gegen eine andere Base ausgetauscht
ist. Ein solcher Basenaustausch kann innerhalb eines Genes oder auch in nicht exprimierten
Bereichen zwischen den Genen liegen. Daher und auch wegen der großen Redundanz des ge
netischen Codes kann ein SNP ohne phänotypische Auswirkung sein. Bestimmte Zustandsfor
men (sogenannte Allele) von SNPs können jedoch auch mit einer phänotypischen Variation
verbunden sein, z. B. durch den Austausch einer Aminosäure in einem Protein, durch eine Än
derung der Genexpression oder ihrer Regulation etc. Die phänotypische Variation kann z. B. in
einer veränderten Toleranz gegen Umwelteinflüße, in einer veränderten Arzneimittelwirkung
oder im Extremfall in einer genetisch bedingten Erkrankung zum Ausdruck kommen. SNPs
vererben sich je zur Hälfte von Vater und Mutter, daher können SNPs auch zur Individualana
lyse (genetischer Paß) herangezogen werden.
Eine wachsende Bedeutung kommt SNPs für die Genotypisierung und insbesondere für die
Kopplungsanalyse von multikausalen Krankheiten zu. Dabei sind die größere Häufigkeit im
Genom und das damit mögliche dichtere Markernetzwerk sowie die geringere Mutationsrate
gegenüber den bislang verwendeten STRP-Markern (short tandem repeat polymorphisms) von
großem Vorteil.
Grundlage für den Nachweis solcher und anderer Mutationen ist die selektiv arbeitende PCR
("polymerase chain reaction"), eine Vervielfältigungsmethode für DNA-Stücke im Reagenz
glas, die erst 1983 von K. B. Mullis (dafür Nobelpreis 1993) entwickelt wurde und nach der
Einführung temperaturstabiler Polymerasen einen beispiellosen Siegeszug durch die geneti
schen Laboratorien angetreten hat.
PCR ist die gezielte Vervielfältigung eines genau durch die Vervielfältigungsmethode selbst
ausgesuchten Stückes der zweisträngigen DNA (dsDNA). Die Auswahl des DNA-Segments
erfolgt durch ein Paar von sogenannten Primern, zweier Einzelstrang-DNA-Stücke (ssDNA)
mit je etwa 20 Nukleotiden Länge, die (etwas verkürzt und vereinfacht beschrieben) an beiden
Seiten (den zukünftigen Enden) des ausgesuchten DNA-Stückes hybridisieren. Die enzymati
sche Vervielfältigung erfolgt durch eine DNA-Polymerase, die eine chemische Fabrik in einem
Molekül darstellt, durch Durchlaufen eines einfachen Temperaturzyklus. Die PCR-Reaktion
läuft in wäßriger Lösung ab, in der wenige Moleküle der Ausgangs-DNA und genügende
Mengen an DNA-Polymerase, Primern, Nukleosidtriphosphaten, Aktivatoren und Stabilisato
ren vorhanden sind. In jedem Temperaturzyklus (beispielsweise Aufschmelzen der Doppelhelix
bei 94°C, Hybridisieren der Primer bei 55°C, Wiedervervollständigung zu einer Doppelhelix
durch Anbau neuer DNA-Bausteine durch die Polymerase bei 72°C) wird die Anzahl der aus
gewählten DNA-Segmente im Prinzip verdoppelt. In 30 Zyklen werden also aus einem einzigen
Doppelstrang der DNA als Ausgangsmaterial rund eine Milliarde DNA-Segmente erzeugt. (In
strenger Beschreibung hybridisieren die beiden Primer auf den beiden verschiedenen Einzel
strängen der DNA und die Verkürzung auf das ausgewählte DNA-Segment einschließlich der
beiden anhängenden Primer tritt erst statistisch bei weiterem Vervielfachen auf).
Massenspektrometrie mit Ionisierung schwerer Moleküle entweder durch matrix-unterstützte
Laserdesorption (MALDI) oder durch Elektrosprühen (ESI) ist eine sehr leistungsfähige Art
der Analyse von Biomolekülen. Die Ionen können beispielsweise in Flugzeitmassenspektro
metern auf ihre Masse hin analysiert werden. Da die Fluggeschwindigkeit der Ionen im Mas
senspektrometer etwa 107 mal schneller ist als die Wanderungsgeschwindigkeit der Moleküle
im Gel der Elektrophorese, ist das massenspektrometrische Verfahren außerordentlich viel
schneller als die bisher meist eingesetzten gelelektrophoretischen Verfahren, selbst wenn die
Spektrenmessung 10- bis 100-mal wiederholt wird, um zu guten Signal-zu-Rausch-Verhält
nissen zu kommen.
Wegen der Fähigkeit zu höherem Probendurchsatz hat sich für die Analyse von DNA bisher
das MALDI-Verfahren gegenüber ESI durchgesetzt. Das MALDI-Verfahren besteht darin,
daß zunächst die Analytmoleküle auf einem festen Probenträger in eine feste, UV-absorbieren
de Matrix, meist eine organische Säure, eingebettet werden. Der Probenträger wird in die Io
nenquelle eines Massenspektrometers eingeführt. Durch einen kurzen UV-Laserpuls von etwa
3 Nanosekunden Länge wird die Matrix ins Vakuum verdampft; das Analytmolekül wird dabei
weitgehend unfragmentiert in die Gasphase befördert. Durch Stöße mit gleichzeitig entstehen
den Matrixionen wird die Ionisation des Analytmoleküls erreicht. Eine angelegte Spannung
beschleunigt die Ionen in ein feldfreies Flugrohr. Auf Grund ihrer verschiedenen Massen wer
den die Ionen in der Ionenquelle auf unterschiedliche Geschwindigkeiten beschleunigt. Kleinere
Ionen erreichen den Detektor früher als größere. Die Flugzeit wird in die Masse der Ionen um
gerechnet.
Technische Neuerungen der Hardware haben die Methode der Flugzeitmassenspektrometrie
mit MALDI-Ionisierung signifikant verbessert. Erwähnenswert ist die zeitverzögernd einset
zende Beschleunigung (Delayed Extraction), mit der eine verbesserte Auflösung der Signale an
einer Stelle im Spektrum, aber auch eine noch geringere Fragmentierung, erreicht wird. Durch
eine zusätzliche dynamische Veränderung der Beschleunigungsspannung kann man eine gute
Auflösung in einem weitem Massenbereich erreichen (siehe beispielsweise DE 196 38 577).
Selbstverständlich kann das MALDI-Verfahren zur Ionisierung aber auch mit anderen Arten
der Massenspektrometrie gekoppelt werden, wie beispielsweise mit Hochfrequenz-Quadrupol-
Ionenfallen oder Ionenzyklotron-Resonanz-Spektrometern.
MALDI eignet sich ausgezeichnet zur Analyse von Peptiden und Proteinen. Die Analyse von
Nukleinsäuren ist weit schwieriger. Für Nukleinsäuren ist die Ionisierung im MALDI-Prozeß
etwa 100-mal geringer als für Peptide und nimmt mit zunehmender Masse überproportional ab.
DNA-Stücke sind einerseits sehr fragil und zerfallen leicht im MALDI-Prozeß, andererseits
neigen sie zur Adduktbildung. Beide Prozesse der Fragmentierung und Adduktbildung führen
dazu, daß mit größer werdender Masse die Bestimmung der Masse rasch immer ungenauer
wird.
Kann man ein DNA-Stück von 20 bis 25 Basen Länge (rund 6000 bis 8000 atomare Massen
einheiten) noch auf etwa drei bis fünf atomare Masseneinheiten genau bestimmen, so ist das für
DNA der Länge von etwa 40 bis 50 Basen (rund 12 000 bis 16 000 atomare Masseneinheiten)
nicht mehr der Fall. Hier braucht man bereits eine Massendifferenz von etwa 40 bis 60 Mas
seneinheiten für eine sichere Unterscheidung. Die vier natürlich vorkommenden Nukleobasen
der DNA haben aber nur Massenunterschiede von 9 bis maximal 40 atomaren Masseneinheiten,
ein Basenaustausch ist also bei dieser Länge der DNA-Stücke nicht mehr sicher zu erkennen.
Nur bei sorgfältigstem Arbeiten und extrem gutem Reinigen, um die Adduktbildung gering zu
halten, kann man in diesem Massenbereich noch Massenunterschiede von 20 atomaren Mas
seneinheiten erkennen.
Nun ist die Mindestlänge eines PCR-amplifizierten DNA-Produkts um ein SNP (single nucleo
tide polymorphism) herum etwa 40 bis 50 Basen, da ja zwei Primer mit etwa 20 Basen Länge
verwendet werden müssen, und sich die Primer manchmal nicht unmittelbar an die SNP-Stelle
anschließen lassen. Für diese PCR-Produkte ist daher eine sichere, massenspektrometrische
Erkennung eines Basenaustauschs durch die sonst so bequeme und schnelle MALDI-Ioni
sierung nicht mehr gegeben.
Es ist vor kurzem ein Verfahren zur Mutationsdiagnostik bekannt geworden, das die MALDI-
Massenspektrometrie benutzt und das besonders für die SNP-Analyse eingesetzt werden kann
(Little, D. P., Braun, A., Darnhofer-Demar, B., Frilling, A., Li, Y., McIver, R. T. and Köster,
H.; Detection of RET proto-oncogene codon 634 mutations using mass spectrometry. J. Mol.
Med. 75, 745-750, 1997). Dabei wird zunächst mit einem Paar von Erstprimern eine normale
PCR durchgeführt, um genügend DNA-Material für die weitergehenden Schritte zur Verfü
gung zu haben. Nach Zwischenreinigung zur Entfernung von Restprimern und Nukleosidtri
phosphaten wird dann ein neuer Primer zugegeben. Dieser Zweitprimer wird dabei so syntheti
siert, daß er sich in der Nähe einer bekannten Punktmutation bzw. eines SNPs an den Matri
zenstrang anlagen. Zwischen der Position dieses SNPs und dem 3'-Ende des Primers (an die
sem Ende wird der Primer verlängert) darf die Sequenz des Matrizenstrangs maximal drei der
vier Nukleobasen enthalten. Die vierte Base tritt frühestens an der Stelle des SNPs (im Falle
Allel 1 des Polymorphismus) oder dahinter (Allel 2) zum ersten Mal auf. Mit einer Polymerase
und einem besonderen Satz von Desoxynukleosidtriphosphaten (die maximal drei komplemen
tären, die bis zum Polymorphismus auftreten) und einem Didesoxynukleosidtriphosphat (mit
der Base, die komplementär zu einem Allel des Polymorphismus ist) wird der Primer dann ko
pierend verlängert. Das Didesoxynukleosidtriphosphat beendet ("terminiert") die Kettenverlän
gerung. Je nach vorliegendem Allel des Polymorphismus wird die Kettenverlängerung am SNP
oder einige Nukleotide später terminiert. Dieses Verfahren ist von den Autoren als "PROBE "
bezeichnet worden.
Diese Methode ist sehr günstig, da sie mit kurzen DNA-Produkten von etwa 25 Nukleotiden
Länge endet, die sich gut für eine MALDI-Analyse eignen, und da der Massenunterschied im
mer mindestens eine Base beträgt. Sie verlangt aber andererseits eine größere Anzahl von
Temperatur- und Reinigungsschritten. Zunächst müssen die PCR-Produkte vom Erstprimer,
vom Enzym und allen Nukleosidtriphosphaten gereinigt werden, wobei zu bedenken ist, daß
die Aufreinigung, besonders vom Primer, immer schwieriger wird, je kürzer das zu reinigende
DNA-Produkt ist. Dann erst kann der Zweitprimer, der verlängert werden soll, mit dem beson
deren Satz an Nukleosidtriphosphaten zugegeben werden. Es ist jetzt ein neuer Thermozyklus
für die Verlängerung des Primers einzuschalten. Dann muß wiederum gereinigt werden, bevor
das Verlängerungsprodukt mit MALDI gemessen werden kann. Die Autoren haben diese
Schritte dadurch gelöst, daß sie die DNA an einer Oberfläche nicht nur physikalisch-adsorptiv,
sondern chemisch fixieren, später aber wieder lösen müssen, was aber die Reaktionen nochmals
kompliziert.
Es ist die Aufgabe der Erfindung, durch einfache PCR-Vervielfältigung ohne weitere enzyma
tisch oder chemisch verändernden Schritte zu PCR-Produkten zu kommen, die sich für die
sichere Typisierung eines Polymorphismus bzw. Identifizierung einer Punktmutation durch eine
massenspektrometrische Messung eignen, insbesondere durch eine Messung mit MALDI-
Ionisierung.
Die Erfindung besteht darin, jeweils mindestens eins der in der PCR-Amplifizierung eingesetz
ten vier Nukleosidtriphosphate durch eine chemische Veränderung so in seiner Masse zu ver
ändern (derivatisieren), daß einerseits dadurch die PCR-Reaktion nicht gestört wird, aber ande
rerseits ein Basenaustausch durch die dann stark veränderte Masse des PCR-Produkts sicher
erkennbar wird. Es ist dabei von der Art des Basenaustauschs abhängig, welches Nukleosidtri
phosphat am günstigsten massenverändert eingesetzt wird.
Eine Derivatisierung führt leichter zu einer Massenvergrößerung als zu einer Verkleinerung.
Diese Vergrößerung braucht im Falle des Nucleosidtriphosphats (G) nur etwa 14 atomare
Masseneinheiten zu betragen, um diese Base sicher in einem Austausch durch eine der beiden
leichtesten Nucleosidtriphosphate (C und T) zu erkennen. Besser ist jedoch ein Massenunter
schied von mindestens 20 atomaren Masseneinheiten; ideal für dieses Verfahren sind jedoch 40
bis 80 atomare Masseneinheiten als Derivatisierungszuwachs.
Es werden dazu nicht einmal massenveränderte Nukleosidtriphosphate für alle vier Basen be
nötigt. Zwei in der Masse veränderte Nukleosidtriphosphate reichen für die Erkennung aller
Basenaustausche aus, da ja die Basen im DNA-Strang und -Gegenstrang immer paarweise
(G und C, A und T) vorkommen. Günstigerweise sind dabei die beiden schwersten Nucleosid
triphosphate (G und A) in der Masse zu vergrößern. Die Massenveränderung braucht aber nur
in einem Strang erkennbar zu sein. Normalerweise (wenn nicht besondere Maßnahmen getrof
fen werden) werden im MALDI-Prozeß immer beide Stränge gleichzeitig gemessen. Bei Be
nutzung nur eines Stranges (auch dafür sind Verfahren vorhanden) kann der zur Messung be
nutzte Strang entsprechend ausgesucht werden.
Die Nukleobasen bestehen aus den beiden Purinen Adenin (A) und Guanin (G) und aus den
beiden Pyrimidinen Cytosin (C) und Thymin (T). (In der RNA kommt statt des Thymins das
Uracil (U) vor). Aus Strukturgründen lassen sich nach jetziger Kenntnis G und A leichter deri
vatisieren, was aber im Sinne der Erfindung sowieso günstiger ist. Eine Derivatisierung der
Pyrimidine ist aber nicht ausgeschlossen.
Es ist im besonderen eine Grundidee der Erfindung, die Purine A und G in Stellung 7 zu deri
vatisieren (Buchstaben b und e in Abb. 1). Dazu ist es erforderlich, die Stickstoffatome
der Stellung 7 durch Methin-Gruppen auszutauschen. Als Ergebnis erhält man 7-Desaza-
Purinnukleoside, die anschließend in Triphosphate überführt werden. Der Wasserstoff am C-
Atom in Stellung 7 wird dann durch eine entsprechend schwere Gruppe ersetzt. Dabei kann
man sehr verschiedene Gruppen verwenden. Insbesondere können die modifizierten Purinnu
kleoside in Stellung 7 durch Anhängen von Resten der Form -R, -(CH2)n-R oder -C∼C-R
derivatisiert werden, wobei R ein Rest der Form -H, -F, -Cl, -Br, -I, -OH, -SH, -SeH, -Alkyl,
-Alkenyl, -Alkinyl, -OCH3, -SCH3, -CHF2, -CF3, -CH2CH2-(OCH2CH2)n-O-Alkyl, -NH2,
-(NHCOCH2)n-NH2, -(NHCOCHCH3)n-NH2, -OCOCH2NH2, -OCOCH2(NHCOCH2)n-NH2,
-OCOCHCH3NH2, -OCOCHCH3(NHCOCH3)n-NH2, -OCH2F, -OCHF2, -OCF3, -SCH2F,
-SCHF2 oder -SeCH3 sein kann, soweit sich dadurch ein Massenunterschied von mindestens
14, günstiger jedoch von mindestens 20 oder besser noch 40 atomaren Masseneinheiten ergibt.
Dem Fachmann sind darüberhinaus weitere Reste bekannt, die den gleichen Zweck erfüllen.
Weiterhin besteht die Möglichkeit 8-Aza-7-Desaza-Purinnukleoside wie oben beschrieben zu
derivatisieren. Auch die Stellung 6 des Guanins, an der normalerweise ein Sauerstoffatom
hängt, kann zur Massenmodifikation derivatisiert werden. So ist es möglich, hier ein Schwefel-
oder Selenatom einzubauen, ohne die Watson-Crick-Bindung zur gegenüberliegenden Pyrimi
dinbase wesentlich zu stören.
Zur Massenmodifikation kann auch in der Desoxyribose O1' durch S1' substituiert werden.
Auch kann ein DNA-Baustein durch ein Phosphothioat ersetzt werden.
Es ist weiter eine Basisidee der Erfindung, für diese SNP-Analyse entsprechende Chemikalien-
Kits herzustellen. Diese können einerseits nur die modifizierten Nucleosidtriphosphate enthal
ten, beispielsweise in Mischungen mit unmodifizierten Nucleosidtriphosphaten. Es können aber
auch Puffer, Aktivatoren für die Polymerase und Stabilisatoren enthalten sein. Es ist aber auch
möglich, gebrauchsfertige Kits herzustellen, die auch schon die inaktivierte Polymerase ent
halten und denen bei Gebrauch nur noch die spezifischen Primer und Aktivatoren zugegeben
werden müssen.
Abb. 1 zeigt einen Ausschnitt aus einem genomischen Doppelstrang mit den vier Basen
A, C, G und T in paarweiser Bindung nach Watson-Crick (zwei oder drei Wasserstoffbrücken-
Bindungen). Die besonders für eine Derivatisierung an 7-Desaza-Nukleotiden geeignete Positi
on 7 ist durch den Buchstaben b am Guanin G, und durch den Buchstaben e am Adenosin A
gekennzeichnet. Die Buchstaben a und d kennzeichnen die günstigerweise zu azalierenden
Stellen 8 der beiden Purine G und A. Der Buchstabe c kennzeichnet den Sauerstoff an Stellung
6 des Guanins, der sich durch Schwefel oder Selen ersetzen läßt.
Abb. 2 zeigt die 7-Desaza-Purinnucleoside und deren mögliche Derivatisierungen zur
Massenmodifikation. Die Zahlen 1, 3, 5, 7, 9 numerieren die Purinatome des Ringsystems in
der gewöhnlich angewandten, sogenannten "Purinzählweise".
Eine besonders günstige Ausführungsform ist die Derivatisierung eines ein 8-Aza-7-Desaza-
Guaninnukleosidtriphosphat an der Stelle 7 mit einer -C∼C-CH2NH2-Gruppe (Propargylamino-
Gruppe). Dadurch wird die Base Guanin um 53 atomare Masseneinheiten schwerer. Da die
Base Guanin bereits um 40 atomare Masseneinheiten schwerer ist als die leichteste Base Cyto
sin und 16 atomare Masseneinheiten schwerer als die nächstschwere Base Adenin, ist ein das
Guanin betreffender Basenaustausch sehr leicht massenspektrometrisch zu detektieren, selbst
wenn massenspektrometrisch nicht optimale Verhältnisse eingehalten werden können.
Aber auch eine Derivatisierung der gleichen Stelle mit einer Ethinylgruppe -C∼CH führt bereits
zu einer normalerweise unterscheidbaren Situation. Der Massenunterschied beträgt hier zwar
nur 23 atomare Masseneinheiten, da jedoch Guanin bereits um 40 atomare Masseneinheiten
schwerer ist als die leichteste Base, kann dieser Unterschied bei einigermaßen sorgfältiger
Massenspektrometrie sicher erkannt werden.
Des weiteren ist eine Bromierung an der Stelle 7 des 8-Aza-7-Desaza-Guaninnukleosidtriphos
phats günstig. Dadurch ergibt sich ein Massenzuwachs von etwa 80 atomaren Masseneinhei
ten. Es stört dabei nicht, daß Brom aus zwei Isotopen besteht, sie lassen sich massenspektro
metrisch bei dieser Art der Analyse nicht auflösen.
Eine solche Massendifferenz von etwa 80 Masseneinheiten ist für den vorliegenden Zweck
ideal. Die durchschnittliche Masse eines Nukleotids, die normalerweise etwa 310 atomare
Masseneinheiten beträgt, wird dadurch auf etwa 330 Masseneinheiten erhöht. Die Massener
höhung einer Base sollte nach Möglichkeit unter 80 bis 120 atomaren Masseneinheiten bleiben,
da sonst die Möglichkeiten des Verfahrens zum Multiplexen eingeschränkt werden.
Das Multiplexen besteht darin, in einem PCR-Gang nicht nur ein SNP, sondern gleichzeitig
durch mehrere Primerpaare mehrere SNPs zu untersuchen. Dazu ist es erforderlich, die Massen
der dadurch entstehenden Produkte so planen, daß sich die dadurch jeweils entstehenden Mas
senbereiche der beiden Allelen der verschiedenen SNPs nicht überlappen.
Das Verfahren nach dieser Erfindung bietet gegenüber allen anderen bisher bekannt geworde
nen Verfahren große Vorteile:
- 1. Das Verfahren ist unübertroffen einfach; es braucht nur eine einzige PCR-Vervielfältigung, eine einmalige Reinigung und dann die massenspektrometrische Analyse.
- 2. Die Reinigung ist gegenüber anderen Verfahren viel einfacher, weil größere doppelsträngi ge DNA-Produkte zu reinigen sind. Selbst die weitgehende Beseitigung der Primer ist ein facher (obwohl nicht unbedingt notwendig), da der Massenunterschied bedeutend ist. Als Reinigungsverfahren kann beispielsweise die Aufreinigung in Pipettenspitzen (Reversed- Phase-Chromatographie) verwendet werden. Solche Pipettenspitzen sind bereits kommer ziell erhältlich. Es kann aber auch eine Aufreinigung durch gezielte Adsorption an Magnet partikeln (Magnetic Beads) verwendet werden, für die es kommerzielle Apparaturen gibt, die sich in Pipettierautomaten integrieren lassen.
Damit ist eine Automatisierung der Probenvorbereitung für eine MALDI- oder auch ESI-
Massenspektrometrie leicht möglich. Es gibt bereits Pipettierroboter mit integrierten Ther
mocyclern für die Durchführung der PCR. Die Automatisierung ist für die Analyse von SNPs
stark wünschenswert, weil in der Regel für die Genotypisierung, insbesondere aber für Kopp
lungsanalysen von Krankheiten mit Genloci und für statistische Bioinformatik jeweils Zehntau
sende von Proben zu analysieren sind.
Die Arten der massenverändernden Derivatisierungen sind hier nicht vollständig angegeben.
Der Fachmann, insbesondere der biochemisch arbeitende Synthetiker, kann auf der Grundlage
der Erfindungsidee leicht weitere Derivatisierungsmöglichkeiten angeben, die dem Erfindungs
zweck entsprechen.
Claims (10)
1. Verfahren zur massenspektrometrischen Analyse bekannter Polymorphismen oder Muta
tionen in genomischer DNA, mit selektiver Vervielfältigung kurzer, die polymorphe Stelle
umfassender DNA-Stränge durch Polymerase-Kettenreaktion (PCR),
dadurch gekennzeichnet,
daß von den vier Nukleosidtriphosphaten, die bei der PCR eingesetzt werden, mindestens
eines durch chemische Veränderung (Derivatisierung) in seiner Masse verändert ist.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Massen des veränderten
Nukleosidtriphosphat-Derivate um mindestens 14 atomare Masseneinheiten schwerer sind
als das der unveränderten Nukleosidtriphosphate derselben Art.
3. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß zur weiteren
Veränderung der Basen A und G die bereits modifizierten 7-Deaza-Purinnukleosidtri
phosphate oder 8-Aza-7-Deaza-Purinnukleosidtriphosphate eingesetzt werden.
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß die 7-Deaza-Purinnukleosidtri
phosphate oder 8-Aza-7-Deaza-Purinnukleosidtriphosphate in Stellung 7 weiter derivati
siert werden.
5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die modifizierten Purinnukleo
sidtriphosphate in Stellung 7 durch Anhängen von -R, -(CH2)n-R oder -C∼C-R deriva
tisiert werden, wobei R einen Rest der Form -H, -F, -Cl, -Br, -I, -OH, -SH, -SeH, -Alkyl,
-Alkenyl, -Alkinyl, -CHF2, -CF3, -OCH3, -OCH2F, -OCHF2, -OCF3, -SCH3, -SCH2F,
-SCHF2, -(OCH2CH2)n-O-Alkyl, -NH2, -(NHCOCH2)n-NH2, -(NHCOCHCH3)n-NH2,
-OCOCH2NH2, -OCOCH2(NHCOCH2)n-NH2, -CCOCHCH3(NHCOCH3)n-NH2,
-OCOCHCH3NH2 oder -SeCH3 kennzeichnet, soweit dadurch eine Massenerhöhung um
mindestens 14 atomaren Masseneinheiten erzeugt wird.
6. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüch 3 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß
für die Base G zusätzlich zu anderen Modifikationen der Sauerstoff an Stellung 6 durch
Schwefel oder Seien ersetzt wird.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Desoxy-
Ribose-Einheit des Nukleosidtriphosphats derivatisiert wird.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß ein Nukleo
sid am α-Phosphor-Atom derivatisiert wird.
9. Chemikalien-Kit mit Nukleosidtriphosphaten für die PCR eines Verfahrens nach einem der
Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß die Masse von mindestens einem der ent
haltenen Nukleosidtriphosphate durch Derivatisierung um mindestens 14 atomare Mas
seneinheiten erhöht ist.
10. Chemikalien-Kit nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, daß bis auf die Primer alle für
die PCR notwendigen Enzyme, Puffer, Aktivatoren, modifizierten und unmodifizierten
Nukleosidtriphosphate im Kit enthalten sind.
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