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Reibkörper, die als Bremsbeläge, Scheibenbremsbeläge, Kupplungsbeläge
oder Eisenbahnbremsblöcke verwendet werden, werden im allgemeinen aus Asbest oder
anderen anorganischen Fasern zusammen mit einer Reihe weiterer Bestandteile wie
Kautschuk, Metallpulvern, mineralischen Füllstoffen, gehärteten Kautschukpulvern,
Graphit, Kautschuk-Vuikanisierhilfsmitteln, Antioxadantien und Weichmachern unter
geeigneten Temperatur und Druckbedingungen hergestellt. Ein Bindemittel muß in jedem
Fall vorhanden sein; im allgemeinen werden Harze als Bindemittel verwendet. Auch
Kautschuk selbst kann ein Bindemittel darstellen; gelegentlich werden Kautschuk
und Harz gleichzeitig als Bindemittel verwendet. Schließlich ist es möglich, pflanzliche
Öle sowohl allein als auch in Verbindung mit Kautschuk als Bindemittel zu verwenden.
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Reibkörper, die übliche organische Bindemittel enthalten, weisen nur
eine geringe Reibstabilität unter den verschiedenen Temperaturbedingungen auf. In
Scheibenbremsen entstehen im allgemeinen höhere Temperaturen als in Trommelbremsen,
so daß in ersteren Reibkörper, die organische Bindemittel enthalten, leicht zerstört
werden. Der thermische Abbau der Bindemittel führt zu einer Verschlechterung des
Reibverhaltens und führt zu einer vorzeitigen Abnutzung der Bremsbeläge. Weiterhin
ergibt sich bei Verwendung von organischen Materialien, vor allem Harzen, als Bindemittel
ein vorzeitiger Kantenverschleiß. Schließlich ist es auch nicht immer möglich, Produkte
mit gleichmäßigen Eigenschaften herzustellen.
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Um den Nachteil der geringen thermischen Widerstandsfähigkeit der
bisher, .bekannten Bindemittel für Reibkörper auszuschalten, hat man schon die Verwendung
gesinterter Metalle und keramischer Materialien als Bindemittel vorgeschlagen, wobei
der Sintereffekt die Bindung der Bestandteile der Reibkörper bewirkt. Ein Sintern
der genannten Bestandteile kann aber im allgemeinen nur bei hohen Temperaturen erreicht
werden. Es ist beispielsweise notwendig; das Sintern eines Reibkörpers auf Kupferbasis
bei Temperaturen von 500° C und darüber durchzuführen; bei manchen Verfahren müssen
sogar Temperaturen von über 750° C angewendet werden, wobei dann auch der Druck
unter genauer Kontrolle gehalten werden muß; insgesamt sind die Herstellungsbedingungen
komplizieit und aufwendig.
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Demgegenüber betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Herstellung
von aus anorganischen Fasern, vorzugsweise Asbestfasern, und einem Bindemittel bestehenden
Reibkörpern, das dadurch gekennzeichnet ist, daß man eine Asbestfasern, Kupfer oder
Kupferverbindungen und Schwefel enthaltende Mischung verformt und unter geeigneten
Preßdrücken und für die Bildung von Kupfersulfid ausreichenden Temperaturen unter
Vermeidung jeglicher Sinterung aushärtet, so daß man einen Reibkörper erhält, in
dem das Bindemittel vollständig oder nahezu vollständig aus Kupfersulfid besteht,
wobei das gesamte in. dem Bindemittel enthaltene Kupfersulfid in situ gebildet worden
ist.
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Gemäß weiteren Kennzeichen des erfindungsgemäßen Verfahrens wird eine
Mischung aus Asbestfasern, Kupferpulver und Schwefel verformt und bei einem Preßdruck
von 315 bis 3150 at und einer Temperatur im Bereich von 80 bis 220° C ausgehärtet,
liegt das Gewichtsverhältnis von Kupfer zu Schwefel in der zu verformenden Mischung
der Bestandteile zwischen 1:1 und 3: 1 und macht in dem fertigen Reibkörper das
als Bindemittel wirkende Kupfersulfid, berechnet als Cu(II)-sulfid, 10 bis 50 Volumprozent
aus.
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Aus der österreichischen Patentschrift 234 572 ist zwar bekannt, in
Reibkörpern Kupfersulfid in situ entstehen zu lassen. Die Bindung des Reibmaterials
wird gemäß diesem österreichischen Patent aber durch ein Glasfrittenmaterial erreicht,
welches etwa 50 Volumprozent der Mischung ausmacht. Die gebildete Sulfidmenge beträgt
dagegen nur 2 bis 3 Volumprozent und wirkt nicht als Bindemittel; sondern als Schmiermittel.
Dabei kommen Preßtemperaturen zur Anwendung, die hoch genug sind, um die Masse sintern
und die erforderliche Glasfrittenbindung entstehen zu lassen.
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Glasgebundene Reibkörper weisen im Vergleich zu kupfersulfidgebundenen
Reibkörpern zwei wesentliche Nachteile auf. Zunächst geben glasgebundene Reibkörper
ein kräftiges Geräusch, wenn die Bremse betätigt wird. Das Entstehen von Geräuschen
macht ein Reibmaterial im allgemeinen unbrauchbar und stellt einen schwerwiegenden
Nachteil dar. Kupfersulfidgebundene Materialien geben dagegen nur ein sehr geringes
Geräusch. Zweitens besitzen glasgebundene Reibkörper eine geringe Lebensdauer, d.
h., sie verschleißen schneller als kupfergebundene Reibkörper, und in der üblichen
Weise mit organischen Bindemitteln gebundene Produkte.
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Da leichte Bedingungen diejenigen sind, die in normalen PkW am häufigsten
vorkommen, ist das Verhalten der Materialien unter diesen Bedingungen sehr wichtig.
Die gute Lebensdauer der kupfersulfidgebundenen Reibkörper unter leichten Bedingungen
ist der größte Vorteil, den sie gegenüber glasgebundenen Materialien aufweisen.
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Die Bildung des Kupfersulfids in situ kann durch Umsetzung von Schwefel
mit Kupferpulver oder von Schwefel mit Cu(I)-sulfid erfolgen. Das in situ gebildete
Kupfersulfid kann entweder aus Cu(II)-sulfid oder aus Cu(I)-sulfid oder aus einer
Mischung dieser beiden Verbindungen bestehen.
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Schwefel setzt sich mit Kupfer nach folgender Gleichung zu Cu(II)-sulfid
um: Cu -i- S = CuS. Mit Cu(I)-sulfid reagiert Schwefel nach folgender Gleichung:
Cu2S -f- S = 2 CuS.
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Diese Umsetzung ist reversibel, derart, daß bei einer Temperatur von
220° C Cu(II)-sulfid in Cu(I)-sulfid und Schwefel dissoziiert.
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Damit Kupfersulfid als Bindemittel wirken kann, ist es notwendig,
daß es in der Masse der Bestandteile, die es binden 'soll, hergestellt wird. Dabei
ist die Feststellung wichtig, daß auch das bei der Dissoziation entstehende Cu(I)-sulfid
als Bindemittel wirkt.
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Erfindungsgemäß wird die Verwendung von Kupferpulver und Schwefel
als Ausgangsmaterialien bevorzugt, wobei die beiden Bestandteile in solchen Mengenverhältnissen
und unter solchen Reaktionsbedingungen (Härtung) verarbeitet werden, daß vorzugsweise
Cu(1I)-sulfid gebildet wird. Dabei kann das Verhältnis von Kupferpulver zu Schwefel
innerhalb weiter Grenzen verändert werden. Solange die
Menge an
Kupfersulfid, die gebildet wird, ausreicht, um die Bestandteile der Reibmasse zu
binden, macht sich ein überschuß des einen oder anderen Bestandteiles nicht nachteilig
im Hinblick auf die Eigenschaften des fertigen Produktes bemerkbar. Die Menge Kupferpulver
oder die Menge Schwefel, die nicht zu Kupfersulfid vereinigt wird, liegt in der
fertigen Reibmasse als Füllstoff vor. Im allgemeinen arbeitet man bei einem Gewichtsverhältnis
von Kupferpulver zu Schwefel zwischen 1:1 und 3:1; ein überschuß an Schwefel über
die zur Bildung von Gu(II)-sulfid aus Kupfer notwendige Menge ist wünschenswert.
Wird das Gewichtsverhältnis auf 4:1 erhöht, so besteht das gebildete Kupfersulfid
vollständig oder nahezu vollständig aus Cu(I)-sulfid.
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Eine Reibmasse aus Asbest oder anderen anorganischen Fasern sowie
Füllstoffen und Reibmodifikatoren erfordert normalerweise einen Bindemittelgehalt
von wenigstens 10 Volumprozent, gerechnet als Cu(II)-sulfid. Diese Zahl hängt bis
zu einem gewissen Grad von dem Gehalt an anorganischen Fasern sowie den anderen
Bestandteilen in der Masse ab; im allgemeinen erzielt man aber mit 10 Volumprozent
Bindemittel ein zufriedenstellendes Endprodukt. Der Anteil an Kupfersulfid kann
gegebenenfalls erhöht werden, wobei jedoch zu beachten ist, daß die über etwa 50
Volumprozent hinausgehende Menge nicht mehr als Bindemittel, sondern als Füllstoff
wirkt. Die Anwesenheit von nicht umgesetztem Kupfer oder Schwefel in der Reibmasse
kann unter Umständen sogar vorteilhaft sein.
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Der Hauptvorteil der erfindungsgemäßen Reibmasse ist in der wesentlich
höheren Verschleißfestigkeit derselben - verglichen mit üblichen Harz-Bindemittel
enthaltenden Reibmassen mit ähnlichen oder niedrigerem Reibungskoeffizienten bei
Prüfung unter gleichen Bedingungen - zu sehen. Diese Verbesserung macht sich um
so stärker bemerkbar, je höher die Temperaturen liegen, unter denen die Reibmasse
zum Einsatz kommt.
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Im Vergleich zu Reibmassen, die gesinterte Materialien als Bindemittel
enthalten, ergibt sich der Vorteil, daß die für eine ausreichende Bindung notwendigen
Härtungstemperaturen wesentlich niedriger liegen.
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Die Druck- und Temperaturbedingungen, unter denen die Härtung durchgeführt
wird, können in weiten Grenzen verändert werden. Im allgemeinen arbeitet man nicht
bei den Minimaltemperaturen, bei denen gerade eine Reaktion zwischen Kupfer und
Schwefel beobachtet werden kann, sondern arbeitet aus Gründen der Wirtschaftlichkeit
und der Vollständigkeit der Umsetzung bei etwas höheren Temperaturen; vorzugsweise
sollten die Härtungstemperaturen aber der Minimaltemperatur so nahe wie möglich
kommen.
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Die Härtungsdauer beträgt bei Drücken von 315 bis 350 at und einer
Temperatur von 80 bis 220° C von i/2 Minute an aufwärts; wird Kupfersulfid gebildet,
so sind die Bedingungen nicht kritisch. Zur Erzielung der jeweils bestmöglichen
Resultate müssen Härtungsdauer, -temperatur und -druck sorgfältig aufeinander abgestimmt
werden; diese Faktoren hängen bis zu einem gewissen Grad auch von den jeweils verwendeten
Schwefel- und Kupferpulvermengen bzw. von dem verwendeten Cu(I)-sulfid in der Mischung
der Bestandteile ab.
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Die Reibmassen gemäß vorliegender Erfindung enthalten im allgemeinen
15 bis 50 Volumprozent Asbest oder andere anorganische Fasern, wobei im allgemeinen
Asbestfasern der Güteklasse 5 und 7 (bezogen auf eine Standardfaserlänge, definiert
durch die »Box Test Method« der Quebec Asbestos Manufacturers) verwendet werden.
Asbest (oder beliebige andere geeignete Fasern) und Kupfersulfid machen üblicherweise
wenigstens 25 Volumprozent der genannten Reibmasse aus, d. h., der prozentuale Volumengehalt
an Füllstoffen, Weichmachern und anderen Zusätzen liegt zwischen 0 und 75 %.
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Nachfolgend sind Beispiele für Mischungen angegeben, aus denen Reibmassen
gemäß vorliegender Erfindung hergestellt werden können. Die Mischungen haben folgende
Zusammensetzung: Beispiel 1 Gewichtsteile Kupferpulver* .................... 29,2
Schwefel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16,9 Graphit ..........................
18,6 Asbestfasern ...................... 21,3 Kieselsäure .......................
10,0 Aluminiumoxyd ... . .............. . 4,0 * Feinheitsgrad: Prüfsieb mit einer
lichten Maschenweite von 0,053 mm. Beispiel 2 Gewichtsteile Cu(I)-sulfid ......................
140 Schwefel ......................... 30 Asbestfasern ...................... 52
Kieselsäure ....................... 25 Baryt ........................... 90 Graphit
.......................... 23 Jede dieser Mischungen wird kalt verformt i/2 Minute
bei 105° C, unter einem Druck von 945 at vorgehärtet und schließlich 2 Stunden bei
190° C ausgehärtet.
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Zur Herstellung der Mischung werden alle Bestandteile außer Kupfer
bzw. Cu(I)-sulfid 10 Minuten gemischt und dann durch ein Prüfsieb gegeben. Die Mischung
wird dabei auf flachen Schalen oder Trägern ausgebreitet und 24 Stunden abgestellt,
damit sie auskühlt und die Feuergefahr verwindet wird, die bestehen würde, wenn
das feinzerteilte Material, das sich in der Mischstufe erwärmt hat, in Behältern
gelagert würde. Das Kupferpulver oder das Cu(I)-sulfid kann dann zu den bereits
vermischten Materialien zugesetzt und weitere 10 Minuten mit den letzteren vermischt
werden. Würde man das Kupferpulver oder das Cu(I)-sulfid von Anfang an mit einmischen,
so bestünde die Gefahr, daß die beim Vermischen erzeugte Wärme ausreicht, die exotherme
Reaktion zwischen Schwefel und Kupfer bzw. Cu(I)-sulfid einzuleiten.
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Nach Durchführung der ersten Mischstufe kann das Produkt beliebige
Zeit gelagert werden. Nach Zugabe des Kupferpulvers bzw. des Cu(I)-sulfids ist es
jedoch ratsam, die Mischung sobald wie möglich zu verarbeiten, weil sich die Fließeigenschaften
des Produktes bei einer Lagerung allmählich verschlechtern.
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Die Reibwerte des Materials mit der im Beispiel 1 angegebenen Zusammensetzung
wurden in einer Scheibenbremsenvorrichtung an einem Schwerkraft-
Dynamometer
geprüft, und zwar wurde ein Automobil-Scheibenbremsentaster und eine Gußeisen-Bremsscheibe
mit einem Durchmesser von 25 cm und einer Stärke von 1,3 cm verwendet. Zwei Reibknöpfe
aus dem zu untersuchenden Material wurden in dem Taster aneinander gegenüberliegenden
Seiten der Bremsscheibe eingesetzt. Die Versuche wurden so durchgeführt, daß sie
den normalen Gebrauch von Automobilbremsen nachahmten, wobei folgende Bedingungen
angewandt wurden: Versuch A Es wurden 300 Bremsvorgänge durchgeführt, wobei der
Verlust an kinetischer Energie bei jedem Bremsvorgang 34,44 - 102mkg betrug. Der
zeitliche Zwischenraum zwischen den einzelnen Bremsvorgängen betrug 60 Sekunden.
In wechselnden Gruppen von jeweils 25 Bremsvorgängen betrug die Bremskraft jeweils
25,2 bzw. 50,4 mkg. Die Stoppzeiten für diese Bremskräfte lagen bei 2,8 bzw. 1,4
Sekunden. Die Btenisscheibentemperatur lag zu Beginn .jedes Bremsvorganges bei 1201
C. Versuch B Es wurden- 200 Bremsvorgänge durchgeführt, wobei der Verlust an kinetischer
Energie bei jedem Bremsvorgang bei 59,22 - 102 mkg lag. Der Zeitraum zwischen zwei
Bremsvorgängen betrug 40 Sekunden. Die Bremskraft betrug in wechselnden Gruppen
Von jeweils 25 Bremsvorgängen jeweils 25,2 bzw. 50,4 mkg, wobei die Stoppzeiten
für die Bremskraft bei 2,0 bzw. 4,0 Sekunden lag. Die Bremsscheibentemperatur lag
zu Beginn jedes Bremsvorganges bei 210° C.
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Bei einer kompletten Versuchsreihe wurde der Versuch A dreimal und
der Versuch B anschließend zweimal durchgeführt. Nach jedem Versuch A und nach jedem
Versuch B wurde die Stärke der Versuchsknöpfe gemessen.
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Der Reibungskoeffizient des Materials lag bei jedem Versuch A bei
0,40; der mittlere Abrieb der Knöpfe nach jedem VersuchA lag bei 8,3, 15,0 bzw.
6,7 - 10-3 cm. Bei den Versuchen B lag der Reibungskoeffizient ebenfalls bei 0,40;
der mittlere Abrieb lag hier bei 13;0 bzw: 7,5 - 10-3 cm. Testknöpfe, die aus einer
Reibmasse mit üblichen Harz-Bindemitteln hergestellt worden waren, wurden in derselben
Weise untersucht. Während der Versuche A lag der Reibungskoeffizient bei 0,32; der
mittlere Abrieb bei jedem Versuch betrug 16,5, 14,3 und 10,5 - 10-s cm. Bei den
Versuchen B betrug der Reibungskoeffizient (,38; der Abrieb lag nach jedem Versuch
beiS0;0--bzw." 44,5 10T3 cm.