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Das Vergüten von unlegierten und legierten Stählen unmittelbar aus
der Verformungswärme ist an sich bekannt. Die Ergebnisse, die durch dieses Verfahren
bis jetzt erzielt wurden, befriedigen im allgemeinen jedoch nicht,_ da die so behandelten
Stähle häufig grobkörnig und somit spröde werden und eine verstärkte Rißanfälligkeit
der behandelten Werkstücke zu erhöhtem Ausschuß führt oder da man mit unterschiedlichem
Gefüge und wechselnder Korngröße rechnen muß. Man hatte auch bereits die Erkenntnis
gewonnen, daß die Wahl des Temperaturbereichs und der Abkühlungsgeschwindigkeit
wichtig sei. Es ist in diesem Zusammenhang ferner schon, ausgehend von einer - Verformungswärme
bei oder oberhalb des oberen Umwandlungspunktes Ac3, eine Luftvergütung vorgesehen
worden, wodurch das sonst erforderliche Anlassen vermieden wird.
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Bei einem anderen bekannten Verfahren wird so vorgegangen, daß die
Stähle unmittelbar aus der Endverformungstemperatur gehärtet werden, wobei diese
Temperatur möglichst niedrig und bei oder knapp oberhalb des Ar3-Umwandlungspunktes
gehaltdn wird. Das Abschrecken erfolgt hierbei im Wasser.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, Bedingungen aufzustellen,
die bei dem erhebliche Energiemengen, Arbeitszeit und Transportwege einsparenden
Vergüten von unlegierten und legierten Stählen aus der Verformungswärme mit Sicherheit
und zwangläufig zu der bisher nach aufwendigeren Verfahren erzielbaren Feinkörnigkeit
des Gefüges und damit zu einer genügenden Zähigkeit .führen und die geeignet sind,
Härterißanfälligkeit zu vermeiden.
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Die Lösung der Aufgabe besteht erfindungsgemäß darin, daß bei der
Verformung bestimmte Bedingungen für die Verformungstemperatur, -geschwindigkeit
und Mindestverformungsgrade sowie für die Haltezeit bei 750 bis 1150°C vor dem Abschrecken
eingehalten werden, wie sie den Tabellenwerten der A b b. 4 und 5 oder den Diagrammen
der A b b. 1 und 3 zu entnehmen sind. Demgemäß können also beim Vergüten unmittelbar
aus der Verformungswärme mit Sicherheit positive Ergebnisse nur dann erwartet werden,
wenn bestimmte Verformungsbedingungen, d. h. Mindestverformungsgrade in Abhängigkeit
von der Verformungstemperatur und- der Verformungsgeschwindigkeit, eingehalten werden.
Hierbei kann der gesamte in den A b b. 1 und 3 schraffierte Bereich zugrunde gelegt
werden.
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Unter Verformungsgeschnwindigkeit wird die Zunahme des verdrängten
Volumens in der Zeiteinheit, bezogen auf das an der Verformung teilnehmende Gesamtvolumen,
verstanden.
w = Verformungsgeschwindigkeit in s-1, Vd = verdrängtes Volumen in mm3, t = Zeit
in s, V = Volumen, das an der Verformung teilnimmt in mm', d t, d Vd = Differentiale
von t bzw. Vd. Bei einfachen Stauchverformungen ist hierbei:
F = jeweiliger Querschnitt in mm2, h = jeweilige Höhe in mm, ho = Anfangshöhe des
Stückes, hl = Höhe des Stückes nach der Verformung, v = Stauch- oder Werkzeuggeschwindigkeit
in mm/s. Bei einfachen Stauchverformungen entspricht somit die Verformungsgeschwindigkeit
der Werkzeuggeschwindigkeit, bezogen auf die jeweilige Gesamthöhe des Werkstückes.
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Bei technischen Verformungen, bei denen sich die Verformungsgeschwindigkeit
während des Verformungsvorganges.ändert, wird mit einer mittleren Verformungsgeschwindigkeit
(w",) gerechnet; und zwar ist
wobei v", = mittlere Werkzeuggeschwindigkeit in mm/s, vu,fu"a = Werkzeuggeschwindigkeit
zu Beginn der Verformung in rnm/s, ae"de = Werkzeuggeschwindigkeit am Ende
der Verformung in mm/s und ho, hl - = die Werkstückhöhe vor und nach
dem Verformen bedeuten. Die Einhaltung der gemäß der Erfindung aufgestellten Mindestverformungsgrade
ist deshalb notwendig, weil die Rekristallisationsbedingungen bei Vorliegen entsprechend
höherer Ausgangstemperaturen, wie dies nun beim Warmverformen von Stählen erforderlich
ist, ab diesen Mindestverformungsgraden bzw. erst bei höheren Verformungsgraden
als diesen zu einer entsprechenden Feinkörnigkeit führen.
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Neben der Rekristallisation ist auch die sogenannte-Kornvergröberung,
die nach erfolgter Rekristallisation zustande kommt, für die Endkorngröße maßgebend.
Zur Erzielung entsprechender Feinkörnigkeit ist es daher notwendig, daß die zulässigen
Nachwärmezeiten (Halten des Werkstückes auf oder knapp unter der Verformungstemperatur)
nach dem Endverformen nicht überschritten werden. Diese Zeiten gehen aus der A b
b. 1 - hervor. Beispielsweise ist aus dieser Abbildung zu entnehmen, daß das Werksfück
bei 750°C nach dem Verformen unbeschränkt lange gehalten werden kann und bei 1150°C
die Zeit nicht über 2 Sekunden ausgedehnt werden sollte.
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Bei ganz tiefen Verformungstemperaturen kann es --..Bei sein, bestimmte
Mindestzeiten einzuhalten, während der die Stücke nach dem Verformen auf Temperatur
gehalten werden. Geschieht z. B. das Verformen bei 750°C, so ist bei dem angeführten
Verformungsgrad eine Zeit von 5 Minuten erforderlich,
um die Rekristallisation
im genügenden Ausmaß voranzutreiben und eine Kornverfeinerung zu erzielen. Die Einhaltung
dieser Mindestzeiten nach dem Schaubild gemäß A b b. 1 ist nur dann erforderlich,
wenn die Verformung vorwiegend bei den dort angegebenen Temperaturen erfolgte und
nicht etwa zum wesentlichen Teil schon bei höheren Temperaturen während der kontinuierlichen
Abkühlung vorweggenommen wurde bzw. auch nur dann, wenn die angewandten Verformungsgrade
nahe an den in den Tabellen nach den A b b. 4 und 5 bzw. im Schaubild nach A b b.
3 angegebenen Mindestwerten liegen und nicht ganz wesentlich überschritten wurden.
Die Tabellen nach den A b b. 4 und 5 geben Einzelwerte aus den Schaubildern gemäß
den A b b. 1 und 3 an.
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Bei dem an sich bekannten unmittelbaren Härten der Stähle aus der
Endverformungstemperatur wird schroffe Abschreckung bis oder nahezu bis zur Raumtemperatur
vorgenommen, was eine Umwandlung der Stähle überwiegend in der Martensitstufe mit
sich bringt und gleichzeitig zu erhöhter Rißanfälligkeit führt. Im Gegensatz dazu
können gemäß der Erfindung die Stähle aus der Verformungswärme bis zu Temperaturen
von 200 bis 650°C der Zwischenstufe abgekühlt und dort umgewandelt werden, gegebenenfalls
isotherm, d. h. bei gleichbleibender Temperatur.
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Ferner empfiehlt sich in der Zwischenstufe die Anwendung von mild
wirkenden Abschreckmitteln. Es. werden hierbei Gütewerte der Stähle erzielt, die
den heute gestellten Anforderungen genügen. Die Stähle werden hierbei gemäß einer
Weiterbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens mittels Preßluft, Sprühregen, Warmluft,
Warmbad oder anderer ähnlich leicht regelbarer Abkühlmittel bis zum Martensitpunkt,
in Sonderfällen bis Raumtemperatur, kontinuierlich abgekühlt. Hierbei wird die Umwandlung
in der Perlitstufe unterdrückt, und es können infolge der höheren Austenitisierungstemperaturen,
die durch das Anwärmen für den Verformungsvorgang zwangläufig Anwendung finden,
verhältnismäßig milde (mildere als bei der bisher bekannten üblichen Zwischenstufenvergütung)
Abschreckmittel verwendet werden. Das Zwischenstufenvergüten vereinigt das Abschrekken
und Anlassen in einem Arbeitsgang. Es können somit gegenüber den bisher bekannten
Vergütungsmethoden aus der Verformungswärme nicht nur die Energiemengen eingespart
werden, die für das Erhitzen zum Härten, sondern auch diejenigen, die für das Erwärmen
zum Anlassen notwendig sind.
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In verschiedenen Fällen kann es angebracht sein, dem Zwischenstufenumwandeln
sofort ohne Zwischenabkühlung im Temperaturbereich zwischen 200'C
und dem
AI-Punkt ein Anlassen folgen zu lassen, insbesondere dann, wenn niedrigere Festigkeit
und höhere Zähigkeit verlangt wird. Durch das teilweise Ausnutzen -der Verformungswärme
für den Anlaßvorgang werden gegenüber den bisher bekannten Verfahren des Härtens
aus der Verformungswärme auch hier Ersparnisse an Anwärmkosten erreicht. In besonderen
Fällen ist es auch möglich, das erforderliche Anlassen nicht unmittelbar nach der
Umwandlung in der Zwischenstufe, sondern nach einer Zwischenabkühlung, eventuell'
bis Raumtemperatur, vorzunehmen.
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Durch die hohen Austenitisierungstemperaturen, die beim Vorwärmen
der Stähle vor dem Verformen zur Anwendung gelangen, können bei dem erfindungsgemäßen
Verfahren größere Querschnitte in der Zwischenstufe umgewandelt werden, als das
bei den üblichen bekannten Verfahren der Zwischenstufenvergütung nach gesondertem
Anwärmen möglich ist. Darüber hinaus ist auch die Anwendung von milder wirkenden
Abschreckmitteln, z. B. Luft an Stelle von Salzbädern, möglich, insbesondere dann,
wenn die nicht ganz genaue Temperatur- bzw. Festigkeitserfassung durch eine anschließende
Anlaßkorrektur bei etwas höherer Temperatur ausgeglichen wird.
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In den Schaubildern nach A b b. 2 ist das erfindungsgemäße Verfahren
in Abhängigkeit von der Temperatur und der Zeit schematisch dargestellt.
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Nach der A b b. 2a wird das Ausgangsmaterial zuerst auf etwa 1200°C
erhitzt und dann nach einer entsprechenden Zeit 1 einem. Verformungsvorgang
2
unterworfen, worauf Abkühlung 3 bis in das Gebiet der Zwischenstufe vorgenommen
wird. Anschließend geschieht die Gefügeumwandlung 4 isotherm, und darauf
erfolgt Abkühlung 5 bis Raumtemperatur. Zwischen dem Verformungsvorgang 2 und der
Abkühlung 3 liegen die Haltezeiten gemäß der Erfindung nach den Tabellen
gemäß den A b b. 4 und 5 bzw. nach dem Schaubild gemäß A b b. 1.
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Gemäß der A b b. 2b besteht nach dem Umwandlungsschritt
4 auch die Möglichkeit, direkt ein geringfügiges Anwärmen 6 anzuschließen,
dem in üblicher Weise ein Halten 7 auf Anlaßtemperatur folgt, worauf Abkühlung 8
auf Raumtemperatur R vorgenommen wird.
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Außerdem ist es, wie aus der A b b. 2c hervorgeht, möglich, die Abkühlung
3 in geregelter Weise bis zum Martensitpunkt Ms nach dem Linienzug 9a und von da
in beliebiger Weise bis zur Raumtemperatur R nach dem Linienzug 9b fortzusetzen.
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Gemäß der A b b. 2d kann sich an den Linienzug 9b der A b b. 2c ein
Anlassen 10 und dann ein Halten 11 auf Anlaßtemperatur anschließen,
worauf Abkühlung 12 auf Raumtemperatur R erfolgt.
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Ferner besteht nach A b b. 2 e eine weitere Möglichkeit darin, anschließend
an die geregelte Abkühlung 3 nach dem Linienzug 9a bis zum Martensitpunkt Ms wieder
ein Erwärmen 13 vorzunehmen, dem sich eine gewisse Anlaßhaltezeit
11a anschließt, nach der eine Abkühlung 12a auf Raumtemperatur R erfolgt.
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Das Schaubild nach A b b. 3 nimmt Bezug auf den »Verfahrensschritt
2« gemäß A b b. 2 a, nämlich auf das Verformen; das Schaubild nach A b b. 1 gibt
die zulässigen Zeiten zwischen den »Verfahrensschritten 2 und 3«' nach A b b. 2a
an. Im Schaubild nach A b b. 3 sind auf der Abszisse die Verformungstemperatur T,.
und 'auf der Ordinate der Mindestgesamtverformungsgrad V % aufgetragen. Die beiden
ausgezogenen Kurven
15 und
16 beziehen sich auf die mehrstufige Verformung
bei kontinuierlich öder nahezu kontinuierlich fallender Temperatur, während die
unterbrochenen Kurven
17
und
18 für die einstufige Verformung bei konstanter
oder nahezu konstanter Temperatur Gültigkeit haben. Die Kurve
15 gibt die
Mindestverformungsgrade an, die zum Erreichen entsprechender Feinkörnigkeit eingehalten
werden müssen, wenn eine sehr kleine Umförmgeschwindigkeit von 0,005 s-1 zugrunde
gelegt wird. -Die Kurve
16 gibt Werte an für eine hohe Umformgeschwindigkeit
von 250 s-`. Die Kurven
17
und
18 geben ebenfalls Mindestgesamtvcrformungsgrade
an, und zwar wiederum für niedrige und hohe Umformgeschwindigkeiten.
Nach
dem erfindungsgemäßen Verfahren konnten z. B. an Schmiedestücken in der Qualität
34 CrMo 4 folgende Ergebnisse festgestellt werden:
Kerbschlag- |
Streckgrenze*) Festigkeit) Dehnung) #higkeit*g* )*) |
kg/mm' kg/mm2 °/ä DVM mgk/em2 |
I. Zwischenstufenvergütung isotherm aus Schmiede- |
hitze (nach Verfahrensschritten 1, 2, 3, 4, 6, 7 und 8 |
nach A b b.2) ...................... . ..... 63 85 20 13 |
1I. Zwischenstufenvergütungkontinuierlich abgekühlt |
aus der Schmiedehitze (Verfahrensschritte 1, 2, 3, |
9 n, 9.b,10,11,12 nach A b b. 2) . . . . . . . . . . . . .
. . . . 64 83 18 12 |
II I. Normale Vergütung nach gesondertem Anwärmen |
zum Härten und gesondertem Anwärmen zum |
Anlassen .................................. 67 85 19 12 |
*) Mittelwert aus jeweils 5 Proben. , |
**) Mittelwert aus jeweils 15 Proben. |
Bei Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens (I und I1) werden zwar die Materialwerte
nicht verbessert, jedoch werden etwa dieselben Werte, wie sie bisher nach dem bekannten
Verfahren (III) erzielt werden (nämlich bei zweimaligem Anwärmen), bei erheblich
geringerem Energieaufwand, unter Herabsetzung der Bearbeitungszeit und bei Wegfall
von Transportwegen erreicht. Damit werden auch die Kosten wesentlich herabgesetzt;
sie betragen bei dem erfindungsgemäßen Verfahren nach I etwa 20% und nach 1I etwa
50 jo der für das Verfahren III aufzubringenden Kosten. Es ist ferner von großei-Bedeutung,,
daß die Anwendung der neuen Lehre eine Herabsetzung der Ausschußquote zur Folge
hat.
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Die angeführten Verformungsgeschwindigkeiten.von 0,005 und 250 s-t
sind Grenzwerte der heute üblichen Umformgeschwindigkeiten. Bei der in Zukunft zu
erwartenden Steigerung der Umformgeschwindigkeiten wird es möglich sein, mit noch
geringeren Gesamtverformungsgraden als den angegebenen positive Ergebnisse zu erzielen.