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Verfahren zum Polieren von Gegenständen aus Kristall- oder Bleikristallglas
Das Polieren von Gegenständen aus Kristallglas, insbesondere Bleikristallglas, geschieht
bisher mit 30 bis 70°C warmer wäßriger, flußsäurehaltiger Schwefelsäure in weitmaschigen
Körben aus Kupfer oder Kunststoff, wobei die mit den zu polierenden Gegenständen
gefüllten Körbe in dem Polierbad zunächst gleichmäßig geschwenkt, dann aus dem Polierbad
genommen und in ein warmes Wasserbad getaucht werden. In dem Wasserbad werden die
an der Oberfläche haftenden Reaktionsprodukte, die sich in dem Polierbad gebildet
haben, abgewaschen. Es ist nötig, diese Maßnahmen sehr oft, etwa 10- bis 18mal,
zu wiederholen, bis der gewünschte Glanz auf der Oberfläche und den Schliffkanten
der Gegenstände erreicht wird. Bei diesem Verfahren läßt es sich nicht vermeiden,
daß erhebliche Wassermengen aus dem Waschbad in das Polierbad eingeschleppt werden;
dadurch sinkt bei Fortschreiten des Poliervorgangs die Konzentration des Polierbades
und damit seine Wirksamkeit. Es ist daher erforderlich, das Polierbad von Zeit zu
Zeit durch Zusatz von Fluß- und/oder Schwefelsäure wieder auf die optimale Konzentration
zu bringen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß das Volumen des Polierbades
mit zunehmender Betriebsdauer beträchtlich steigt. Es ist erforderlich, in gewissen
Zeitabständen größere Mengen der Flüssigkeit aus dem Polierbad abzulassen und als
Altsäure zu verwerfen bzw. aufzuarbeiten. Das Bad muß danach erneuert werden. Dies
bedeutet, daß die Ausnutzung der Flußsäure und Schwefelsäure im Polierbad relativ
schlecht und somit der Säureverbrauch beträchtlich ist.
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Die Aufarbeitung hochkonzentrierter und fluorhaltiger Altsäuren bereitet
erhebliche Schwierigkeiten und Kosten, weshalb die Altsäure häufig in die Flüsse
geleitet wird. Dies sind sowohl technologische als auch volkswirtschaftliche und
volksgesundheitliche Nachteile der bekannten Polierverfahren. Auch die in den großen
Mengen Abwaschwasser enthaltene Fluß- und Schwefelsäure geht verloren.
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Aus Untersuchungen von M. V a c e k in der Zeitschrift Sklär a Keramik,
XI, 1961, S. l39/140, über den Einfluß der Schwefelsäurekonzentration im Bereich
von 42 bis 63 % in Polierbädern ist bekannt, daß durch die wasserentziehende
Wirkung der höheren Konzentrationen der Schwefelsäure die Aktivität der Flußsäure
in den Polierbädern verstärkt wird, da durch Wasserverbindungen der Verlauf der
Reaktion und des Glasauflösens in Richtung der Entstehung von Kieselfluorwasserstoffsäure
gelenkt wird. Diese wird durch die Schwefelsäure in Fluorwasserstoffsäure und Siliciumtetrafluorid
gespalten.
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Daneben ist aus der österreichischen Patentschrift 183 883 ein Verfahren
zum Mattieren von Glas -bekannt, wonach die Glasgegenstände zuerst in ein Schwefelsäure
und Flußsäure enthaltendes Bad während einer Viertelstunde bis einer Stunde getaucht,
der gebildete Salzbelag mit Wasser abgespült und zur Mattierung in einem Kaliumfluorid
und Oxalsäure enthaltenden Bad, je nach gewünschter Ätztiefe, beispielsweise 1 Stunde,
belassen werden. Dann wird der Gegenstand herausgenommen, abgespült und der anhaftende
Belag mit verdünnter 30°/oiger Schwefelsäure oder einer Mischung von verdünnter
Schwefelsäure und Flußsäure oder auf mechanische Weise durch Abbürsten entfernt.
Die so erhaltene Mattierung soll besonders fein und gleichmäßig sein.
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Die Erfindung betrifft nun ein Verfahren zum Polieren von Gegenständen
aus Kristallglas oder Bleikristallglas, bei welchem die Schwierigkeiten und Nachteile
der bekannten Polierverfahren nicht auftreten und in sehr wirtschaftlicher Weise
besonders einwandfrei polierte Gegenstände erhalten werden, ohne daß Altsäuren in
größerer Menge anfallen, die in aufwendigen Verfahrensstufen und Anlagen beseitigt
oder aufgearbeitet werden müssen. Das erfindungsgemäße Verfahren zum Polieren von
Gegenständen aus Kristall-oder Bleikristallglas durch mehrmaliges Eintauchen in
ein Polierbad aus flußsäurehaltiger Schwefelsäure, wobei nach jedem Tauchvorgang
im Polierbad der gebildete Salzbelag in einem warmen Waschbad entfernt wird, ist
dadurch gekennzeichnet, daß man den Salzbelag durch Tauchen in ein Waschbad, welches
entwässernd wirkende Schwefelsäure enthält, entfernt und die Glasgegenstände erst
nach Erreichen des gewünschten Glanzgrades mit Wasser abgespült und trocknet.
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Es war überraschend, daß sich der Salzbelag aus der Reaktion im Polierbad
in kürzester Zeit und zuverlässig von der Glasoberfläche ablösen läßt, wenn die
Gegenstände
nicht, wie bisher üblich, in Wasser, sondern in das Schwefelsäure-Waschbad getaucht
werden. Die schnell ablösende Wirkung des erfindungsgemäß angewandten Waschbades
aus entwässernd wirkender Schwefelsäure beruht zum Teil darauf, daß der Salzbelag
durch freigesetztes Siliciumtetrafluorid aufreißt und abgesprengt wird.
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Ein Hauptziel des erfindungsgemäßen Verfahrens liegt darin, den Anfall
an Altsäuren möglichst weitgehend herabzusetzen, ja sogar ganz zu vermeiden. Bei
dem erfindungsgemäßen Verfahren wird im Gegensatz zu den bekannten Verfahren kein
reines Wasser in das Polierbad eingeschleppt, sondern nur die Schwefelsäure des
Waschbades. Es ist ersichtlich, daß bei gleicher oder fast gleicher Konzentration
von Schwefelsäure in Polier- und Waschbad durch das abwechselnde Tauchen in die
beiden Bäder im Polierbad keine Änderung der Schwefelsäurekonzentration eintritt,
so daß praktisch kein Altsäureanfall wegen Verdünnung des Polierbades zu erwarten
ist. Die Verschleppung von Schwefelsäure aus dem Waschbad in das Polierbad kann
zwar bei längeren Betriebszeiten des Polierbades zu einer gewissen Volumenzunahme
führen, wobei der Schwefelsäuregehalt des Bades im wesentlichen gleichbleibt und
nur der Flußsäuregehalt durch Verbrauch und Verflüchtigung absinkt. Beim erfindungsgemäßen
Verfahren ist es daher nur von Zeit zu Zeit notwendig, den Flußsäuregehalt des Polierbades
wieder auf die optimale Konzentration zu bringen, und hierfür eignet sich konzentrierte
Flußsäure oder auch Fluorsulfonsäure. Da diese 1 Mol Wasser durch die hydrolytische
Spaltung in Fluorwasserstoff und Schwefelsäure verbraucht, bewirkt sie sogar eine
Verminderung der Wasserkonzentration im Polierbad. Wird der Flußsäuregehalt mit
Fluorsulfonsäure eingestellt, so fällt praktisch keine Altsäure an. Die gelegentlich
noch abzuziehenden Poliersäuremengen auf Grund der Volumenzunahme im Polierbad können
ohne besondere Verfahrensstufen zur Füllung neuer Bäder verwendet werden. Der Anfall
an zu verwerfenden oder aufzuarbeitenden Altsäuren hat somit praktisch keine Bedeutung
mehr, so daß das Abwasserproblem durch Altsäure und Waschwässer bei Glaspolieranlagen
mit dem erfindungsgemäßen Verfahren in vorzüglicher Weise gelöst ist.
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Die aus den erwärmten Bädern, d. h. aus dem Polierbad und dem Wasch-
oder Entsalzungsbad, entweichenden fluorhaltigen Dämpfe können abgesaugt und durch
entsprechende Absorptionsanlagen gereinigt und der Fluoranteil zurückgewonnen werden.
In diesen Dämpfen befindet sich so gut wie der gesamte Fluorgehalt, welcher aus
dem Polierbad verbraucht wurde, im Gegensatz zu den bekannten Verfahren, bei denen
ein großer Anteil der Flußsäure in das Waschwasser und die Altsäuren gelangt.
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Es ist darauf zu achten, daß die Temperatur des Polierbades etwa bei
40 bis 60°C gehalten wird. Eine höhere Temperatur ist unzweckmäßig, da sonst die
Verluste an Flußsäure durch deren Flüchtigkeit zu groß werden.
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Zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens sind insgesamt drei
heizbare Bottiche oder Behälter erforderlich. In dem ersten befindet sich das Polierbad
in Form der flußsäurehaltigen Schwefelsäure, im zweiten das Waschbad in Form der
wasserentziehend wirkenden Schwefelsäure und schließlich ein Abspülbad mit reinem
Wasser zur Entfernung der anhaftenden Schwefelsäurereste nach dem letzten Tauchvorgang
in dem Schwefelsäure-Waschbad. Die Glasgegenstände werden in säurebeständigen Körben
u. dgl. abwechselnd in die Bäder getaucht und zweckmäßigerweise darin leicht bewegt.
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Die Schwefelsäure-Waschbäder nehmen den Hauptanteil des Salzanfalles
auf. Dadurch, daß die beim Säurepolieren entstehenden Salze im Polierbad und besonders
im Schwefelsäure-Waschbad schwer löslich sind, setzen sie sich über Nacht am Boden
ab und man kann sie verhältnismäßig gut abziehen. Durch eine Abkühlung, gegebenenfalls
bis -10°C, kann sowohl das Polierbad wie das Schwefelsäure-Waschbad durch die an
sieh bekannte verstärkte Ausscheidung der Salze gereinigt werden.
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Die Erfindung soll an Hand folgender Beispiele noch etwas näher erläutert
werden.
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Beispiel 1 Drei säurebeständige, getrennt beheizbare Tröge werden
dicht nebeneinander angeordnet und mit einer Absaugvorrichtung für die entstehenden
Dämpfe versehen.
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Im ersten Trog befindet sich das Polierbad aus 55 °/oiger Schwefelsäure,
der so lange hochkonzentrierte Flußsäure oder Fluorsulfonsäure zugegeben wird, bis
der Anteil an Flußsäure 5 % erreicht hat.
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Im zweiten Trog, im sogenannten Schwefelsäurebad, befindet sich 67
°/pige Schwefelsäure.
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Im dritten Trog befindet sich Wasser.
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Das Polierbad und das Schwefelsäure-Waschbad werden auf 59 bis 60°C,
das Wasserbad auf etwa 40°C aufgeheizt. Die Beheizung der Bäder erfolgt am zweckmäßigsten
mit Öl oder Wasser als Heizflüssigkeit.
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Das geschliffene Bleikristallglas wird in das oben beschriebene und
so vorbereitete Polierbad getaucht und darin geschwenkt, bis sich am Glas der bekannte
an der Oberfläche haftende Salzbelag zeigt. Hierfür wird im Durchschnitt ein Zeitraum
von 5 bis 20 Sekunden benötigt. Anschließend wird das Glas aus dem Polierbad herausgenommen
und nach dem Abtropfen in das Schwefelsäure-Waschbad getaucht und darin geschwenkt.
Durch die warme Schwefelsäure wird der Salzbelag von der Glasoberfläche innerhalb
3 bis 5 Sekunden abgelöst. Das Glas wird aus dem Schwefelsäurebad herausgenommen
und nach kurzem Abtropfen wieder in das Polierbad getaucht. Dieser Vorgang wird
so lange wiederholt, bis die gewünschte Polierwirkung erreicht ist. Nach dem letzten
Tauchen und Ablösen des Salzbelages im Schwefelsäure-Waschbad wird das Glas in dem
Wasserwaschbad von den anhaftenden Schwefelsäureresten befreit und dann getrocknet.
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Beispiel 2 Bei Gläsern mit komplizierten, ungünstigen Formen wird,
wie im Beispiel 1 beschrieben, mit nachfolgenden angegebenen Konzentrationen und
Temperaturen in den Bädern gearbeitet: Polierbadkonzentration 55 °/o Schwefelsäure;
5°/o Flußsäure; Temperatur 50°C. Schwefelsäure-Waschbadkonzentration 68 °/o Schwefelsäure;
60 bis 65'C.
Beispiel 3 Bei Überfanggläsern mit sehr dünnem farblosem
Glasüberzug wird in gleicher Weise unter Verwendung folgender Bäder poliert: Polierbadkonzentration
52°/o Schwefelsäure; 2 bis 3 °/o Flußsäure; Temperatur 50 bis 55°C. Schwefelsäure-Waschbadkonzentration:
72 °/o Schwefelsäure; 55 bis 60°C.
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Sobald im Polierbad die Konzentration an Flußsäure unter 2 °/o sinkt,
wird mit Fluorsulfonsäure wieder auf 3 °/o aufgefrischt.
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Beispiel 4 Entsprechend den Anweisungen im Beispiel 1 wurden geschliffene
Gegenstände in folgenden Bädern poliert: Polierbadkonzentration 54°/o Schwefelsäure;
7°/o Flußsäure; Temperatur 52°C. Schwefelsäure-Waschbadkonzentration: 59 °/o Schwefelsäure;
Temperatur etwa 60-C.