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Verfahren zur Herstellung von therapeutisch wirksamen Steroidverbindungen
Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Herstellung von therapeutisch wirksamen
Steroidverbindungen der allgemeinen Formel
in der Y Wasserstoff oder Fluor, X Ketosauerstoff oder (H, ß - OH) und R Wasserstoff
oder den Acylrest einer Carbonsäure mit 1 bis 12 Kohlenstof atomen bedeutet, dadurch
gekennzeichnet, daß man in an sich bekannter Weise eine Verbindung der allgemeinen
Formel
in der X, Y und R die obige Bedeutung haben, mit Streptomyces argenteolus ATCC
11009 fermentativ hydroxyliert, gegebenenfalls die 16- und 21-ständige Hydroxylgruppe
mit dem Halogenid oder Anhydrid einer organischen Carbonsäure mit 1 bis 12 Kohlenstoffatomen
acyliert, gegebenenfalls die 11-ständige Hydroxylgruppe mit einem Chromsäureoxydationsmittel
oxydiert und gegebenenfalls die 16- und 21-ständige Acylatgruppe des erhaltenen
11-Ketoderivates mit einer Base hydrolysiert.
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Man hat zwar schon mittels der Actinomycetenart ATCC 11009
in 11-Desoxysteroidverbindungen eine 16a-ständige Hydroxylgruppe eingeführt. Auf
Grund der außerordentlichen Substratspezifität von Mikroorganismen konnte man jedoch
nicht annehmen, daß Streptomyces argenteolus auch in Steroidverbindungen, die einen
6a-ständigen Fluorsubstituenten enthalten, eine 16a-ständige Hydroxylgruppe einführen
würde, ohne dabei gleichzeitig die einer Oxydation zugänglichen Hydroxylgruppe in
llß-Stellung zu beeinträchtigen.
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Die erfindungsgemäß herstellbaren Verbindungen besitzen stärkere glucocorticoide
und entzündungswidrige Wirkung als Hydrocortison und Cortison. Sie erhöhen ferner
die Salz- und Wasserausscheidung und sind daher besonders für die Behandlung von
chronischen kongestiven Herzbeschwerden, Lebercirrhose, Nieren- und Nebennierensyndromen
sowie Eklampsie und Präeklampsie geeignet.
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Zur therapeutischen Anwendung können sie in den üblichen Dosierungsformen
oral, parenteral und örtlich verabreicht werden. Für die orale Anwendung eignen
sich Pillen, Tabletten und Kapseln, für die parenterale Verabfolgung flüssige Präparate,
wie sie
bei natürlichen und synthetischen Corticosteroidhormonen
üblich .sind, und für die örtliche Anwendung Salben, Cremes, Lotionen u. dgl. Gegebenenfalls
können noch andere Wirkstoffe, wie Antibiotica, Germicide u. dgl., zugesetzt werden.
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Die Einführung der 16a-ständigen Hydroxylgruppe -kann unter den
in der USA.-Patentschrift 2602 769 angegebenen Bedingungen- erfolgen.
Der Streptomyces argenteolus wird hierzu auf einem Medium gezüchtet, das assimilierbaren,
nichtsteroidalen Kohlenstoff, z. B. Kohlenhydrate, wie Dextrose, assimilierbaren
Stickstoff, wie lösliche oder unlösliche Proteine, Peptone oder Aminosäuren, sowie
mineralische Bestandteile, wie Natrium- oder Ammoniumphosphat und Magnesiumsulfat,
enthält. Vor der Beimpfung mit den Mikroorganismen weist das Medium vorzugsweise
einen pH-Wert zwischen etwa 6,5 und 7,8 auf, doch kann der pH-Wert auch höher oder
niedriger sein. Für das Wachstum der Mikroorganismen wird ein pH-Wert zwischen etwa
6,8 und 7,4 bevorzugt sowie ein Temperaturbereich von etwa 20 bis 35°C, vorteilhaft
von etwa 20 bis 32°C.
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Die Wachstumsperiode vor dem Zusatz des zu fermentierenden Steroids
scheint nicht kritisch zu sein. Das Steroid kann z. B. vor der Sterilisation des
Mediums, zum Zeitpunkt der Beimpfung mit dem Mikroorganismus oder später, z. B.
24 bis 48 Stunden danach zugesetzt werden. Der Zusatz des Steroidsubstrates kann
auf jede geeignete Weise erfolgen, z. B. durch Dispergieren, gegebenenfalls mit
einem Dispergiermittel, oder gelöst in einem organischen Lösungsmittel. Submerse
und Oberflächenkulturen sind in gleicher Weise geeignet, doch wird eine submerse
Kultur bevorzugt.
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Die Temperatur während der Fermentation kann die gleiche sein, wie
sie für das Wachstum des Mikroorganismus angewendet wurde. Sie muß nur innerhalb
eines Bereiches liegen, in dem der Mikroorganismus leben und wachsen bzw.. das von
ihm erzeugte Enzym wirksam sein kann.
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Die zur Einführung der 16a-ständigen Hydroxylgruppe erforderliche
Zeit hängt etwas vom angewandten Verfahren ab. Wird das Steroid nach wesentlichem
Wachstum des Mikroorganismus zugesetzt, z. B. nach 16 bis 24 Stunden bei optimaler
Temperatur, so beginnt die Umwandlung des Steroids sofort und ist nach 2 bis 10
Tagen praktisch beendet. Meist werden innerhalb von 5 Tagen befriedigende Ergebnisse
erhalten.
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Nach Beendigung der Fermentation wird das umgewandelte Steroid durch
Extraktion mit einem organischen Steroidlösungsmittel, z. B. Methylisopropylketon,
Methylenchlorid, Chloroform, Tetrachlorkohlenstoff, Athylenehlorid, Trichloräthylen,
Äther, Amylacetat, Benzol u. dgl. aus dem Fermentationsgemisch (Gärflüssigkeit -E-
Mycel) gewonnen. Die Gärflüssigkeit und das Mycel können auch getrennt mit geeigneten
Lösungsmitteln extrahiert und die Extrakte .vor oder nach dem Waschen mit einer
alkalischen Lösung, z. B. Natriumbicarbonatlösung, vereinigt werden. Anschließend
wird z. B. über wasserfreiem Natriumsulfat getrocknet und das Steroid durch Umkristallisation
oder Verreiben mit organischen Lösungsmitteln oder durch Chromatographieren gereinigt-Anschließend
kann die 16a- und 21-ständige Hydroxygruppe nach bekannten Verfahren verestert und
die llß-ständige Hydroxygruppe oxydiert werden. Falls. 11-Ketoverbindungen mit freier
16a- und 21-ständiger Hydroxygruppe gewünscht werden, schließt sich daran noch eine
Hydrolyse, zweckmäßig mit Alkalibicarbonat unter Sauerstoffausschluß an.
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Die folgenden Beispiele erläutern das erfindungsgemäße Verfahren.
Beispiel 1 a) 6a-Fluor-llß,16a,17a,21-tetraoxy-4-pregnen-3,20-dion 100m1 2%iges
Maisquellwasser Feststoffgehalt 60% wurden mit Natronlauge auf pH 6,8 bis 7,4 eingestellt
und 30 Minuten bei einem Druck von etwa 1 kg(cm2 sterilisiert. Dann wurde eine auf
ähnliche Weise sterilisierte Lösung von 2 g technischer Dextrose, die unter der
Handelsbezeichnung »Cerelose« bekannt ist, in 4 ml Wasser zugesetzt. Das sterile
Medium wurde mit einer Suspension von Sporen und Mycel von Streptomyces argenteolus
ATCC 11009 geimpft und 24 Stunden auf einen Rotationsschüttler gebracht.
In dieser Zeit entstand eine gute Kultur des Mikroorganismus. Der 24 Stunden alten
Kultur wurden 20 mg 6a-Fluor-l lß,17a,-21-trihydroxy-4-pregnen-3,20-dion (6a-Fluorhydrocortison),
gelöst in 0,2m1 Dimethylformamid, zugesetzt. Die Bebrütung des Steroids erfolgte
unter Bewegung 5 Tage lang. Darauf betrug der pH-Wert 8,6. Durch Zentrifugieren
wurden sodann Mycel und Gärflüssigkeit getrennt. Das Mycel wurde zuerst zweimal
mit je 25 ml Aceton und anschließend viermal mit je 25 ml Methylisopropylketon extrahiert.
Die Gärflüssigkeit wurde viermal mit je 25 ml Methylisopropylketon extrahiert. Alle
Extrakte wurden vereinigt, mit 20/0iger wäßriger Natriumbicarbonatlösung und danach
mit Wasser gewaschen, mit wasserfreiem Natriumsulfat getrocknet und zur Trockne
eingedampft. Der Rückstand, der auf Grund einer papierchromatographischen Analyse
das 6a-Fluor-l1ß,16a,17a,21-tetraoxy-4-pregnen-3,20-dion enthielt, wurde durch Chromatographieren
über synthetisches Magnesiumsilikat, das unter der Handelsbezeichnung »Florisil«
bekannt ist, und Kristallisation aus Aceton gereinigt. F. = 234 bis 236°C.
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b) 6a-Fluor-llß,16a,17a,21-tetraoxy-4-pregnen-3,20-dion-16,21-diacetat
Eine Lösung von 1,2 g 6a-Fluor-1 1ß,16a,17a,21-tetraoxy-4-pregnen-3,20-dion -in
20m1 pyridin und 20m1 Essigsäureanhydrid wurde 17 Stunden bei Zimmertemperatur (etwa
25°C) stehengelassen und anschließend in 200m1 Eiswasser gegossen. Das erhaltene
Gemisch wurde mit Methylenehlorid extrahiert und der Extrakt nacheinander mit verdünnter
Salzsäure, verdünntem Natriumbicarbonat und Wasser gewaschen. Nach dem Trocknen
der Lösung über wasserfreiem Natriumsulfat wurde das Lösungsmittel abgedampft und
der Rückstand durch Chromatographieren über synthetischem Magnesiumsilikat und Kristallisation
aus Aceton gereinigt. Man erhielt 6a-Fluor-llß,16a,17a,21-tetraoxy-4-pregnen-3,20-dion-16,21-diacetat
vom Schmelzpunkt 187 bis 192°C.
Beispiel 2 Unter Anwendung der im
Beispiel 1, a) beschriebenen Verfahrensweise erhielt man aus 6a,9a-Difluorllß,17a,21-trihydroxy-4-pregnen-3,20-dion
das entsprechende 16a-Hydroxyderivat vom Schmelzpunkt 242 bis 248'C, das nach dem
Verfahren des Beispiels 1, b) in 6a, 9a-Difluor-llß,16a,17a,21-tetraoxy-4-pregnen-3,20-dion-16a,21-diacetatumgewandelt
wurde. F. = 182 bis 185'C.