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Verfahren zur Herstellung von Polyolefinen durch Niederdruckpolymerisation
Es ist bereits bekannt, daß man bei der Niederdruckpolymerisation von gasförmigen
Olefinen, wie Äthylen, mit Hilfe eines Mischkatalysators aus aluminiumorganischen
Verbindungen und Titanverbindungen, wie Titansäureestern, durch Erhöhung des Wasserstoffpartialdruckes
im eingesetzten Olefingemisch den Polymerisationsgrad der erhaltenen Polyolefine
erniedrigen kann. Vermutlich greift der Wasserstoff über eine Reaktion mit dem Mischkatalysator
in den Polymerisationsmechanismus regelnd ein. Es ist auch bereits vorgeschlagen
worden, die Einheitlichkeit der durch Niederdruckpolymerisation erhaltenen Polyolefine
dadurch zu verbessern, daß man das dem Polymerisationsansatz zugeführte gasförmige
Olefin im Verlauf der Polymerisation in zunehmendem Maße mit Hilfe von inerten Gasen
oder mit Wasserstoff verdünnt. Bei Verwendung von Wasserstoff, der in Mengen von
mehr als 5 Volumprozent für notwendig gehalten wurde, wird die Aktivität der Mischkatalysatoren
nachteilig verändert.
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Es wurde gefunden, daß man Polyolefine verringerten Polymerisationsgrades
durch Niederdruckpolymerisation von gasförmigen, geringen Mengen Wasserstoff enthaltenden
Olefinen mit Hilfe von Mischkatalysatoren aus metallorganischen Verbindungen des
Aluminiums einerseits und Titansäureestern andererseits, bevorzugt in Gegenwart
von inerten Verdünnungsmitteln, vorteilhafter herstellen kann, wenn man eine Mischung
aus gasförmigem Olefin und Wasserstoff mit einem Gehalt an Wasserstoff von 0,01
bis 5, vorzugsweise 0,1 bis 5 Volumprozent in Gegenwart eines Mischkatalysators
polymerisiert, bei dessen Herstellung als Titansäureester Halogenorthotitansäureester
verwendet worden ist.
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Als gasförmige Olefine werden insbesondere Äthylen, aber z. B. auch
Propylen und x-Butylen verwendet.
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Geeignete Mischkatalysatoren erhält man beispielsweise aus den Estern
der Monochlor-, Dichlor-, Monofluor-, Difluor-, Monojod-, Dijod- sowie Monobrom-
und Dibromorthotitansäure, deren Alkoholkomponente von niedrigen aliphatischen Alkoholen,
wie Methylalkohol, Äthylalkohol, n- und iso-Butylalkohol, 2-Äthylhexylalkohol, Isopropylalkohol
oder von Cyclohexylalkohol, Benzylalkohol oder von Phenolen gebildet wird, einerseits
und metallorganischen Verbindungen des Aluminiums andererseits.
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An Stelle der reinen Halogenorthotitansäureester lassen sich gegebenenfalls
auch die Halogenorthotitansäureester enthaltenden Umsetzungsgemische von Titantetrahalogeniden
mit Alkoholen oder Orthotitansäuretetraestern der entsprechenden Alkohole ver-
wenden.
Als metallorganische Verbindungen des Aluminiums kommen beispielsweise folgende
in Frage: Aluminiumtrialkyle, Aluminiumtriaryle und Aluminiumtriaralkyle, wie Aluminiumtrimethyl,
Aluminiumtriäthyl, Aluminiumtriisobutyl, Aluminiumtriphenyl, Aluminiumtriäthylphenyl
sowie Gemische derselben, ferner auch Dialkylaluminiummonohalogenide, Diarylaluminiummonohalogenide
und Diaralkylaluminiummonohalogenide, z. B. Diäthylaluminiummonochlorid, Diphenylaluminiummonochlorid,
Diäthylphenylaluminiummonochlorid, Diäthylaluminiummonojodid, Diäthylaluminiummonobromid,
schließlich auch die Monoalkylaluminiumdihalogenide, Monoarylaluminiumdihalogenide,
z. B. Monoäthylaluminiumdichlorid, Monoäthylaluminiumdibromid.
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Außerdem sind auch Dialkylaluminiumhydride, z. B. Diäthylaluminiummonohydrid
und Diisobutylaluminiummonohydrid, geeignet. Mit besonderem
Vorteil
verwendet man die als Alkylaluminlum sesquichloride bezeichneten Umsetzungsgemische
von metallischem Aluminium mit Alkylchloriden.
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Die Mischkatalysatoren werden in an sich bekannter Weise durch Zusammenbringen
der Komponenten, zweckmäßig in inerten Verdünnungsmitteln, hergestellt.
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Gegebenenfalls kann der sich beim Zusammenbringen der Komponenten
bildende Niederschlag abgetrennt, mit frischen Verdünnungsmitteln gewaschen und
dann reaktiviert werden. Weiterhin ist es in vielen Fällen vorteilhaft, die Mischkatalysatoren
vor der Polymerisation zu reifen und bzw. oder mit geringen Mengen eines polymerisierbaren
Olefins zu versetzen.
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Die Polymerisation erfolgt in an sich bekannter Weise, vorteilhaft
in Gegenwart von inerten Verdünnungsmitteln, z. B. unter den Polymerisationsbedingungen
flüssigen Kohlenwasserstoffen und Kohlenwasserstoffgemischen, wie Butan, Pentan,
Hexan, Isopropylcyclohexan, Benzinfraktionen, Benzol, Toluol, bei Temperaturen zwischen
-20 und 200"C und bei gewöhnlichem oder wenig erhöhtem Druck bis zu 20 at.
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Wasserstoff wird in Mengen von 0,01 bis 5, vorzugsweise 0,1 bis 5
Volumprozent, bezogen auf die Mischung, verwendet. Diese geringen Mengen beeinträchtigen
die Aktivität der Mischkatalysatoren nicht wesentlich und verringern deshalb auch
nicht die Ausbeute. Die regelnde Wirkung des Wasserstoffs reicht bereits in den
geringen verwendeten Konzentrationen völlig aus, um eine wesentliche Verringerung
des Polymerisationsgrades hervorzurufen. Wenn man die Polymerisationsbedingungen
so wählt, daß das verwendete, Wasserstoff enthaltende Olefin im Kreislauf geführt
wird, kann man schon mit Wasserstoffgehalten von 0,05 bis 1 Volumprozent im Ausgangsgas
zufriedenstellende Wirkungen erreichen, da sich der Wasserstoffspiegel im Kreisgas
dann im Verlauf der Polymerisation erhöht.
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Bei einer gegebenen Wasserstoffkonzentration wird der Polymerisationsgrad
der erhaltenen Polyolefine um so mehr verringert, je größer die Polymerisationsgeschwindigkeit
gewählt wird. Diese läßt sich durch Erhöhung der Rührgeschwindigkeit und der Einleitungsgeschwindigkeit
des Olefingemisches, letztere insbesondere zu Beginn der Polymerisation, steigern.
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Die erhaltenen Polyolefine besitzen neben einem niedrigen mittleren
Molekulargewicht - bestimmt als sogenannte reduzierte Viskosität flrect - eine besonders
enge Molekulargewichtsverteilung und zeigen deshalb hervorragende anwendungstechnische
Eigenschaften. Sie lassen sich leicht verformen und insbesondere verspritzen und
weisen trotzdem noch gute Reißfestigkeit und Reißdehnung sowie hohe Kerbschlagwerte
auf. Bekanntlich lassen sich Polyolefine, wie Polyäthylen, nur mit einer technisch
ausreichenden Geschwindigkeit verspritzen, wenn sie einen Schmelzindexwert (vgl.
Fußnote zur Tabelle II des Beispiels 1) von etwa 1 oder mehr aufweisen. Der u2red-Wert
(als Maßzahl für das mittlere Molekulargewicht) darf in der Regel den Wert 2 nicht
überschreiten. Setzt man nun mit Hilfe von Wasserstoff unter Verwendung von Mischkatalysatoren,
wie sie bei den Verfahren nach den österreichischen Patentschriften 196 620 und
196 621 eingesetzt werden, das mittlere Molekulargewicht der Polyäthylene so weit
herunter, daß der rred-Wert niedriger als 2 wird und der Schmelzindex auf über 1
ansteigt, so weisen diese
Produkte schlechte Werte für Fließfestigkeit und Reißdehnung
auf, die weit unter den tragbaren Grenzen liegen und die verantwortlich sind für
eine zu große Sprödigkeit der daraus hergestellten Spritzgußteile. Arbeitet man
dagegen nach dem vorliegenden Verfahren, so erhält man selbst bei einem 7r¢,-Wert
von 1,0 und bei einem Schmelzindex von 31,3 noch Produkte mit einer Fließfestigkeit
von 291 kg/cm2, einer Reißdehnung von 6790/o sowie mit einem Kerbschlagwert in cmkg/cma
von 4,8, die die Herstellung vollkommen bruchsicherer und einwandfreier Spritzgußteile
zulassen. Weiterhin begünstigt die Anwesenheit von Wasserstoff die Abscheidung der
Polyolefine in einer Form, die hohe Feststoffgehalte der anfallenden Polyolefindispersionen
von 20 bis 30 Gewichtsprozent und mehr ermöglicht, das ist für die Wirtschaftlichkeit
des Verfahrens von großer Bedeutung.
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Beispiel 1 In einem mit trockenem Stickstoff gefüllten 2-l-Polymerisationsgefäß
werden bei 30"C 4,95 g Äthylaluminiumsesquichiorid, in 100 ml Isopropylcyclohexan
gelöst, vorgelegt. Unter Umrühren wird dazu eine Lösung von 5,3 g eines durch Zusammengeben
von äquimolaren Mengen Orthotitansäuretetraisobutylester und Titantetrachlorid bei
600 C hergestellten Dichlororthotitansäurediisobutylesters in 40 ml Isopropylcyclohexan
gegeben. Das Reaktionsgemisch wird 15 Minuten lang bei 30"C gerührt. Dann füllt
man mit 1,11 Isopropylcyclohexan auf, bringt die Temperatur auf 65"C und leitet
je Stunde 501 Äthylen ein, dem je Stunde 11 Wasserstoff kontinuierlich zugemischt
wird. Die Temperatur wird durch Außenkühlung auf 65"C gehalten. Das eingeleitete
Äthylen wird vollständig polymerisiert. Nach 31/2 Stunden spült man mit Stickstoff
und zersetzt den Mischkatalysator mit 200 ml Butanol. Nach Absaugen und Aufkochen
des abfiltrierten Polyäthylens in Methanol, erneuter Filtration und Trocknen im
Vakuum erhält man 180 g eines Polymerisats der reduzierten Viskosität 1reM = 1,0,
entsprechend einem Durchschnittsmolekulargewicht von ungefähr 40000.
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Wird unter sonst gleichen Bedingungen ein Äthylengemisch verwendet,
welches die in der nachfolgenden Tabelle I aufgeführten Wasserstoffmengen enthält,
so werden Polymerisate mit den in der nachstehenden Tabelle angeführten reduzierten
Viskositäten und Molekulargewichten erhalten. Reduzierte Viskosität und Molekulargewicht
erreichen bei Wasserstoffgehalten von etwa 4 °/0 den niedrigsten Wert.
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Tabelle I
Volumprozent Wasserstoff Mol- |
im Äthylengemisch gred gewicht |
- (Vergleichsversuch 5,95 335 000 |
0,5 1,85 85 500 |
1 1,5 66000 |
2 1,0 40 000 |
4 0,7 25 500 |
8 (Vergleichsversuch) 0,7 25 000 |
16 (Vergleichsversuch) 0,7 25 500 |
Die anwendungstechnische Prüfung von 4 der in Tabelle 1 angeführten Polymerisate
ergibt folgende Werte:
Tabelle II
,Jred Fließfestig- Fließ- Reiß- Reiß- Kerbschlag Schmelz- Memory2) |
keit keit dehnung festigkeit dehnung index') |
kgicm2 Olo kg/cm2 o/O cmkgicm2 |
5,95 222 22 536 581 54,4 - |
1,85 254 20 317 774 - 0,9 35 |
1,5 266 19 335 1057 15,9 2,8 - 70 |
1,0 291 19 175 679 4,8 31,3 95 |
t) Unter Schmelzindex wird der Zahlenwert (J/S-Wert) verstanden, der bei der Prüfung
nach der amerikanischen Norm ASTM D 1238-52 T im sogenannten Grade-Tester, jedoch
mit einem Belastungsgewicht einschließlich Druckstempel von 5 kg statt 2,16 kg erhalten
wird.
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2) Der Memory-Wert gibt eine Aussage über die prozentuale Querschnittsänderung
des im geschmolzenen Zustand ausgepreßten Stranges nach dessen Erkalten.
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Beispiel 2 In einem 50-1-Kessel werden unter Stickstoff 1,43 kg Dichlororthotitansäurediisobutylester,
hergestellt aus Titantetrachlorid und Isobutanol im Molverhältnis 1:2, als 150/,ige
Lösung in Hexan zu 221 Hexan gegeben und unter Rühren bei 300 C mit einer 33%igen
Lösung von 1,34 kg Äthylaluminiumsesquichlorid in Hexan versetzt. Nach 1 Sminütigem
Rühren bei 30"C wird die entstandene Suspension in einen 500-1-Rührkessel gedrückt,
in dem 3001 Hexan von 50"C vorgelegt sind. Dann leitet man 11/2 Stunden lang 40
Nm3/ Stunde Äthylen ein, das 0,5 Volumprozent Wasserstoff enthält. Man erhält 75
kg Polyäthylen mit der reduzierten Viskosität flre4 = 1,2.
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Leitet man unter sonst gleichen Polymerisationsbedingungen das 0,5
Volumprozent Wasserstoff enthaltende Äthylen in den ersten 15 Minuten mit einer
Geschwindigkeit von 40 Nm3/Stunde und anschließend 43/4 Stunden lang mit einer Geschwindigkeit
von 10 Nm3/Stunde ein, so erhält man 75 kg Polyäthylen der reduzierten Viskosität
#red = 1,3.
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Leitet man unter sonst gleichen Polymerisationsbedingungen 5 Stunden
lang 12 Nm3/Stunde des gleichen Äthylengemisches ein, so erhält man 75 kg Polyäthylen
der reduzierten Viskosität rred, = 2,0.