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Die
Erfindung betrifft ein modellbasiertes Diagnosesystem, bei dem das
zu diagnostizierende technische System in ein Wahrscheinlichkeitsnetz abgebildet
wird. Das Wahrscheinlichkeitsnetz ist hierbei als Bayesnetz ausgebildet.
In einer zugehörigen Wissensbasis
ist entscheidungsrelevantes Wissen abgespeichert und kann von dem
Expertensystem zur Entscheidungsfindung herangezogen werden. Der
Einsatz von Bayesnetzbasierten Expertensystemen zum Zwecke der Diagnose
ist derzeit Gegenstand intensiver Forschung und technischer Entwicklung.
Die hier behandelte Erfindung erweitert die Bayesnetzbasierten Diagnosesysteme
um eine Risikoanalyse und um die Möglichkeit der Funktionswiederherstellung
von defekten Komponenten des technischen Gesamtsystems.
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Die
Erfindung geht aus von einem Diagnosesystem, wie es beispielweise
in der amerikanischen Patentanmeldung
US 2003/ 0018600 A1 beschrieben
ist. Bei diesem Diagnosesystem wird das zu diagnostizierende technische
System, z. B. eine elektrische Lokomotive, modellbasiert in ein
Bayesnetz abgebildet. Zur automatisierten Berechnung eines Diagnoseergebnisses
wird das modellbasierte Bayesnetz in einen sogenannten Junction
Tree, auch als Clique Tree bezeichnet, transformiert. Zur Er mittlung der
Apriori-Wahrscheinlichkeiten und der konditionierten Wahrscheinlichkeiten
wird das Bayesnetz in einem von einem Experten überwachten Lernprozess an das
technische System, das es zu diagnostizieren gilt, angepasst. Hierzu
werden die von dem Diagnosesystem berechneten Diagnoseergebnisse
mit den tatsächlich
auftretenden Fehlersymptomen verglichen und durch Adaption der Apriori-Wahrscheinlichkeiten
sowie der konditionierten Wahrscheinlichkeiten möglichst in Übereinstimmung gebracht. Die Adaption
der Apriori-Wahrscheinlichkeiten kann hierbei automatisiert durch
Vergleich mit statistischen Fehlerhäufigkeiten erfolgen. Für die korrekte
Adaption der konditionierten Wahrscheinlichkeiten überprüft ein Experte
inwieweit die berechneten Diagnoseergebnisse mit den tatsächlich beobachteten
Diagnoseergebnissen übereinstimmen
und macht sich im Falle einer gravierenden Fehldiagnose an eine
Fehleranalyse des Diagnosesystems, mit dem Ziel, die konditionierten
Wahrscheinlichkeiten derart anzupassen, dass möglichst keine Fehldiagnosen
mehr auftreten.
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Die
Erfindung macht weiterhin Gebrauch von etablierten Junction Tree-Algorithmen
und etablierten Propagationsalgorithmen für Bayesnetze. Der Propagationsalgorithmus
wird auch oft im Zusammenhang mit Bayesnetzen mit Inference-Algorithmus
oder mit Inference-Maschine bezeichnet. Zum Beleg und zur Klärung der
Begriffe sei auf den Aufsatz von Anbross L. Matsen und Finn V. Jensen:
Laizy Propagation: A junction tree inference algorithmen based on
laizy propagation" in
Elsivier Artificial Intelligence 113 (1999), Seiten 203–245 sowie
auf einem im Internet veröffentlichten
Folienvortrag von Threta Mahadewan: „The junction tree algorithm" an der University
of Massechussetts, erhältlich
im Internet unter http:\\www.ai.mit.edu/∼murphyk/bayes/jtree.html, in dem
insbesondere die Begriffe „Propagation,
Marginalisierung, Junction Tree sowie Clique Tree" belegt sind. Die
zuvor einge führten
Algorithmen sind heutzutage als Software-Produkte auf dem Markt
erhältlich.
Ein für
die Erfindung geeignetes Entwicklungstool wird von der Firma Hugin
Expert A/S, 9220 Alborg, Dänemark,
angeboten und vertrieben. Die mit Hugin Decision Engine bezeichnete
Software ermöglicht
mit einem graphischen User-Interface die Konstruktion hierarchischer
Bayesnetzwerke auf der Basis der Graphentheorie und die automatisierte
Compilation der modellbasierten Graphen in einen Junction Tree.
Weiterhin unterstützt
die Hugin Decision Engine mit einem Table-Generator die Erstellung
von sogenannten Look-up-Tables, mit deren Hilfe entscheidungsrelevantes
Wissen aufgebaut und abgespeichert werden kann. Die Hugin Decision
Engine unterstützt
ebenfalls die Propagation von evidentem Wissen indem kompilierten
Junction Tree. Einen Überblick über die
Leistungsfähigkeit
der Hugin Decision Engine findet man im Internet unter http://www.hugin.com.
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Der
Gedanke, modellbasierte Diagnosesysteme um den Schritt einer Funktionswiederherstellung
zu erweitern, wurde z. B. Gregory Provan vom Rockwell Science Center
in seinem Aufsatz „Model-based
diagnostics and recovery: An integrated approach" auf dem 13th International
Workshop on Qualitative Reasoning in Loch Or, Schottland vom 06. bis
09. Juni 1999 vorgestellt. In diesem Aufsatz wird die Idee verfolgt,
durch Verdoppelung der technischen Teilsysteme ein technisches Gesamtsystem redundant
auszulegen. Ein erstes Teilsystem ist hierbei einem zweiten Teilsystem
identisch, wobei jeweils das eine Teilsystem das andere Teilsystem
vollständig
in seinen Funktionen ersetzen kann. Zu jedem Teilsystem gibt es
ein auf Graphentheorie basiertes Diagnosesystem, das es erlaubt,
fehlerhafte Zustände
in den Teilsystemen zu erkennen. Wird in einem Teilsystem ein Fehler
detektiert, so besteht die Funktionswiederherstellung des technischen
Gesamtsystems darin, dass das zweite parallele Teilsystem die Funktion
des ausge fallenen Teilsystems übernehmen
muss. Die verwendeten Diagnosesysteme sind hierbei modellbasierte
Kausalnetzwerke. Diese Kausalnetzwerke arbeiten mit Steuerungsvariablen
und Sensorsignalen. Die Sensorsignale sind hierbei beobachtbare
Größen und
werden als sogenannte Observablen behandelt. Zur Funktionswiederherstellung
bei Ausfall des ersten Teilsystems werden hierbei die Observablen
des zweiten Teilsystems als Zielgrößen festgelegt und dazu die
erforderlichen Steuerungsvariablen berechnet. Das vorbeschriebene
Diagnosesystem zur Funktionswiederherstellung ausgefallener Teilsysteme
hat hierbei den großen
Nachteil, dass das interessierende technische Gesamtsystem komplett
redundant ausgelegt sein muss. Damit die Funktionswiederherstellung
reifen kann, müssen
alle Teilkomponenten des technischen Gesamtsystems doppelt vorhanden
sein.
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Ausgehend
von dem vorbeschriebenen Stand der Technik ist es deshalb erfindungsgemäße Aufgabe,
ein Expertensystem zur Diagnose und Funktionswiederherstellung anzugeben,
dass auch für
technische Systeme einsetzbar ist, die über keine vollständige duale
Redundanz verfügen.
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Die
Lösung
gelingt mit einem Expertensystem mit den Merkmalen nach Anspruch
1. Vorteilhafte Weiterbildungen des erfindungsgemäßen Expertensystems
sind in den Unteransprüchen
und in der Beschreibung der Ausführungsbeispiele
enthalten.
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Die
Lösung
gelingt hauptsächlich
durch den Einsatz eines Bayesnetz-basierten Expertensystems, bei
dem jede technische Komponente eines technischen Gesamtsystems durch
mindestens drei Variablen, nämlich
einer Verhaltensvariablen, einer Mode-Variablen und einer Steuerungsvariablen,
abgebildet wird. Durch mehrfaches Propagieren der jeweils als evident
festgestellten Zustandsvariablen können hierbei mit dem Ex pertensystem
verschiedene Funktionen wahrgenommen werden. Durch Betrachten und
Berechnen unterschiedlicher Zustandsvariablen ist die Realisierung
und Wahrnehmung der unterschiedlichen Funktionen des Expertensystems möglich. Hierzu
wird in einem ersten Schritt durch Berechnen und Betrachten der
Mode-Variablen ein Diagnoseergebnis
errechnet und bei Bestätigung
die dem Diagnoseergebnis zugehörigen
Mode-Variablen als evident festgesetzt. Dann wird die Information über die
evident festgesetzten Mode-Variablen in dem Junction Tree des Bayesnetzwerkes
propagiert. Im nächsten
Schritt werden die Verhaltensvariablen der im System befindlichen
Funktionskomponenten betrachtet und berechnet. Man erhält dadurch
für jede
Funktionskomponente eine Wahrscheinlichkeitsaussage, inwiefern die
einzelnen Funktionskomponenten trotz des durch die Diagnose festgestellten Fehlers
noch funktionstüchtig
sind. Dies ermöglicht eine
Bewertung inwieweit das technische Gesamtsystem noch einsatzfähig ist
bzw. welche Notlauffunktionen oder eingeschränkte Funktionen nach dem Diagnoseergebnis
noch möglich
sind. Mit anderen Worten ergibt die Berechnung der Verhaltensvariablen
eine Aussage darüber,
inwiefern als Defekt erkannte Funktionen durch Umsteuern von Nachbarkomponenten
aufgefangen werden können
oder wieder in Gang gesetzt werden können.
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Besonders
geeignet ist das erfindungsgemäße Expertensystem
für den
Einsatz in Kraftfahrzeugen. Hier ist es mit dem erfindungsgemäßen Expertensystem
z. B. möglich,
bei dem Ausfall des Betätigungselementes
eines Fensterhebermotors diesen Funktionsausfall insoweit zu beheben,
als dass das Schließen
des betreffenden Fensters durch die Betätigung eines Betätigungselementes
für die
Zentralverriegelung bewirkt werden kann.
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In
einer vorteilhaften Ausführungsform
des erfindungsgemäßen Expertensystems
wird aus den möglichen
Zuständen
der Verhaltensvariablen nach erfolgter und evident festgelegter
Diagnose mit einem Zielfindungssalgorithmus eine Zustandsbelegung
als zu verfolgendes Ziel für
die Funktionswiederherstellung ausgewählt und durch Setzen von Goal-Variablen
als evident festgelegt. Durch Propagieren der evident festgelegten
Goal-Variablen können die
Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Steuerungsvariablen berechnet
werden. Die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Steuervariablen ermöglicht somit
eine Aussage darüber,
mit welchen Steuerungsalternativen eine Funktionswiederherstellung
möglich
ist.
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In
einer weiteren vorteilhaften Ausbildung des erfindungsgemäßen Expertensystems
ist das für die
Zielfindung notwendige Entscheidungswissen in Look-up-Tabellen für die Mode-Variablen, für die Steuerungsvariablen
sowie für
die Verhaltensvariablen hinterlegt. Das Entscheidungswissen kann
hierbei mit einem Auswertealgorithmus in Form einer Kostenfunktion
realisiert sein. Hierdurch ist es möglich, den verschiedenen Alternativen
zur Funktionswiederherstellung Kosten zuzuordnen und damit die verschiedenen
Alternativen zu bewerten.
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In
einer weiteren vorteilhaften Ausführung der Erfindung werden
die verschiedenen Alternativen zur Funktionswiederherstellung als
Kundeninformation angezeigt. Der Kunde kann dann z. B. anhand der zugeordneten
Kosten eine ihm genehme Alternative zur Funktionswiederherstellung
auswählen.
Alternativ zur Auswahl durch den Kunden ermöglicht die Zuordnung von Kosten
im Zusammenhang mit einem Auswertealgorithmus auch die automatisierte
Auswahl einer Alternative zur Funktionswiederherstellung. Dies kann
z. B. erfolgen, indem der Auswertealgorithmus diejenige Alternative
zur Funktionswiederherstellung auswählt, der die geringsten Kosten
zugeordnet wurden.
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In
einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform des erfindungsgemäßen Expertensystems
können
zu einer ausgewählten
Alternative zur Funktionswiederherstellung verschiedene mögliche Belegungen
der Steuerungsvariablen berechnet werden und die verschiedenen alternativen
Belegungen der Steuerungsvariablen wiederum mittels einer Kostenzuordnung
gewertet werden. Hiermit ist es möglich, für eine ausgewählte Alternative
zur Funktionswiederherstellung unter verschiedenen Steuerungsmaßnahmen,
mit denen die Funktionswiederherstellung bewirkt werden kann, diejenige
Steuerungsmaßnahme
auszuwählen,
die am günstigsten
erscheint.
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In
einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform des erfindungsgemäßen Expertensystems
können
die zur Funktionswiederherstellung möglichen Steuerungsalternativen
von dem Expertensystem selbsttätig
ausgewählt
werden. Die Auswahl kann hierbei über die zugeordneten Kosten
erfolgen. Die selbsttätige
Auswahl von möglichen
Steuerungsalternativen zur Funktionswiederherstellung ermöglicht mit
Vorteil das automatisierte Einrichten einer Rückfallebene für das technische
Gesamtsystem.
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Die
mit der Erfindung hauptsächlich
zu erzielenden Vorteile liegen darin, dass Maßnahmen zur Funktionswiederherstellung
von technischen Systemen ermittelt werden können, ohne dass in diesen technischen
Systemen Redundanz durch Mehrfachauslegung von Teilkomponenten vorhanden
sein muss. Durch Aufzeigen verschiedener Alternativen zur Funktionswiederherstellung,
kann auch dann eine Funktionswiederherstellung ermittelt werden, wenn
ein 100 %iger Ersatz einer ausgefallenen Funktion nicht mehr möglich ist.
Für eine
ausgefallene Drosselklappe bei einem Verbrennungsmotor in einem
Kraftfahrzeug kann dies z. B. bedeuten, dass die Funktionswiederherstellung
darin besteht, den Kraftfahrzeugmotor noch mit einer maximalen Leis tung von
25 % der Nennleistung zu betreiben. Sind verschiedene Alternativen
zur Funktionswiederherstellung möglich,
so ermöglicht
die Erfindung eine graduelle, abgestufte Funktionswiederherstellung,
mit der auf verschiedene Umgebungsbedingungen gezielt reagiert werden
kann. So kann es z. B. bei dem vorherigen Beispiel möglich sein,
dass bei ausgefallener Drosselklappe der Motor entweder bei herkömmlichen
Spritverbrauch noch bei 25 % seiner Leistung zu betreiben ist, jedoch
auch eine Funktionswiederherstellung möglich ist, bei der der Motor
bei vierfachem Spritverbrauch noch 50 % seiner Leistung abgibt.
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Ein
ganz großer
Vorteil des erfindungsgemäßen Expertensystems
besteht darin, dass es prinzipiell für jedes technische System möglich ist,
eine Funktionswiederherstellung einzurichten. Bei keinem der technischen
Systeme bedarf es hierzu einer Neukonstruktion oder gar des Hinzufügens von
redundanten Teilsystemen.
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Anhand
der folgenden Figuren wird die Erfindung nun näher erläutert. Es zeigen:
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1 den Graphen eines technischen
System, bestehend aus drei Funktionskomponenten,
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2 den Junction Tree zu dem
Graphen aus 1,
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3 die Funktionsarchitektur
des erfindungsgemäßen Expertensystems,
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4 eine Aufteilung eines
Junction Tree auf mehrere Recheneinheiten.
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Die
Abbildung technischer Systeme mittels der Graphentheorie ist bekannt.
Jeder Prozessgröße und jeder
Variablen des Systems wird hierbei ein Knoten zugewiesen und die
Abhängigkeit der
Systemvariablen und der Prozessgrößen untereinander wird mit
gerichteten Pfeilen, auch Kanten genannt, abgebildet. Es entsteht
ein Graph aus Knoten und gerichteten Kanten. In dem Ausführungsbeispiel
der 1 ist ein technisches
System abgebildet, bei dem mit drei Funktionskomponenten 1, 2, 3 ein
Motor 4 angesteuert wird. Jede der Funktionskomponenten 1, 2, 3 ist
in dem Graphen mit einem Mode-Knoten 5, mit einem Behaviour-Knoten 6 und
einem Steuerungsknoten 7 abgebildet. Den Steuerungsknoten 7 können mit
Gebern Input1 und Input2 Steuerbefehle übermittelt werden. Die Funktionskomponente 1 kann
z. B. das Türsteuergerät zur Betätigung eines elektrischen
Fensterhebermotors in einem Kraftfahrzeug sein. Der Geber Input1
wäre in
diesem Fall das Betätigungselement
für den
elektrischen Fensterhebermotor in der linken Fahrertür. Die Funktionskomponente 2 könnte das
Steuergerät
für die
Zentralverriegelung in einem Kraftfahrzeug sein, während Funktionskomponente 3 das
Steuergerät
einer Diebstahlsicherung oder eines Regensensors ist. Der Geber
Input2 wäre
dann der entsprechende Sensor, entweder für die Diebstahlsicherung oder
für den
Regensensor. Die Mode-Knoten 5 der Funktionskomponenten
repräsentieren
hierbei jeweils die Zustandsvariable jedes Steuergerätes. Mode-Knoten 5 enthält also
die Information, ob die zugehörige
Funktionskomponente, repräsentative
das Steuergerät,
ordnungsgemäß arbeitet
oder nicht. Im einfachsten Fall enthält Mode-Knoten 5 die
Funktion Ein/Aus der zugehörigen
Funktionskomponenten. Mit den Steuerungsknoten 7 wird das
Verhalten bzw. die Funktion der Funktionskomponenten gesteuert.
Die Steuerungsknoten 7 enthalten daher die Information
darüber,
wie die Funktionskomponente anzusteuern ist. Die durch die Funktionskomponente
auszuführenden Funktionen
sind mit dem Behaviour-Knoten 6 abgebildet. Die Behaviour-Knoten 6 enthalten
daher die Information, in welcher Art und Weise die Steuerungsbefehle
aus den Steuerungsknoten 7 auszuführen sind. Den verschiedenen
Funktionen eines jeden Steuergerätes bzw.
einer jeden Funktionskomponente 1, 2, 3 können noch
Risiken und Ziele zugeordnet sein. In dem Graphen der 1 sind deshalb zu jedem
Behaviour-Knoten 6 noch jeweils ein Risikoknoten 8 und
ein Zielknoten 9 zugeordnet. Auch dem Motor 4 ist
ein Zielknoten 9 zugeordnet, mit dem dem Motor ein zu verfolgendes
Ziel zugeordnet werden kann.
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Schon
jetzt erkennt man, ohne bereits näher auf die Erfindung eingegangen
zu sein, dass es von dem Geber Input 1 mindestens zwei
Pfade bis zu dem Motor 4 gibt. Der eine Pfad läuft über die
Funktionskomponente 1, der zweite Pfad läuft über die Funktionskomponente 2.
Für das
bereits eingeführte Ausführungsbeispiel
eines elektrischen Fensterhebermotors mit einem Türsteuergerät und einem
Steuergerät
für eine
Zentralverriegelung bedeutet dies, dass der Fensterhebermotor sowohl über das
Türsteuergerät als auch über das
Steuergerät
für die Zentralverriegelung
in Gang gesetzt werden kann. Normalerweise würde bei Betätigung des Gebers für den Fensterhebermotor
in der linken Fahrertür
dieser Fensterhebermotor über
das entsprechende Türsteuergerät angesteuert
werden. Fällt
dieses Türsteuergerät jedoch
aus, so gibt es als Rückfallebene für das ausgefallene
Türsteuergerät noch die
Möglichkeit,
den Fensterhebermotor über
das Steuergerät
für die
Zentralverriegelung anzusteuern. In heutigen Fahrzeugen sind die
Steuergeräte üblicherweise über ein
Bussystem untereinander vernetzt. Steuerbefehle, die an ein Steuergerät über dieses
Bussystem übermittelt
werden, können
daher prinzipiell auch von den anderen Steuergeräten mitgelesen werden. Wenn
daher z. B. von dem Geber Input1 ein Steuerbefehl an die Funktionskomponente 1 in
das Bussystem eingespeist wird, so gibt es je nach Abhängigkeit
der Steuergeräte
untereinander eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass
der gewünschte Steuerbefehl
auch von einer anderen Funktionskomponente innerhalb des Netzwerks
umgesetzt werden kann. Diesen Sachverhalt macht sich die Er findung zu
Nutze, indem die funktionalen Abhängigkeiten der einzelnen Komponenten
eines technischen Systems mit einem. Wahrscheinlichkeitsnetz, nämlich einem Bayesnetz,
abgebildet und erfasst werden.
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Die
Erfindung besteht nun darin, ein Expertensystem anzugeben, mit dem
in einem vernetzten technischen System bei Ausfall einer technischen Komponente
Ersatzmaßnahmen
aufgefunden und umgesetzt werden können, mit denen die Funktion des
technischen Systems aufrechterhalten werden kann, obgleich eine
Komponente des Systems ausgefallen ist. Dieses Expertensystem muss
dabei computerimplementiert selbsttätig ablaufbar sein und die
Ersatzmaßnahmen
selbsttätig
auffinden können.
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Zur
computerimplementierten Berechnung eignen sich die Graphen von Bayesnetzen,
wie z. B. in 1 gezeigt,
nicht. Man hat deshalb in der Vergangenheit Transformationsalgorithmen
entwickelt, mit denen der Graph eines Bayesnetzes in einen sogenannten
Junction Tree, transformiert werden kann. Diese Transformationsalgorithmen
hat man zu integrierten Werkzeugen weiterentwickelt, die aus einem vorgegebenen
Graphen selbsttätig
den zugehörigen Junction
Tree berechnen und aufstellen. Ein derartiges Werkzeug wird von
der Firma Hugin Expert aus Dänemark,
unter dem Namen Hugin Decision Machine, als kommerzielles Softwareprogramm
angeboten. Dieses Programm verfügt über eine
graphische Benutzeroberfläche,
mit deren Hilfe die Graphen von Bayesnetzen auf graphische Weise
eingegeben werden können,
so dass mit den implementierten Algorithmen die Graphen von Bayesnetzen
in die zugehörigen
Junction Trees transformiert werden können. Die zur Transformation
notwendigen Algorithmen sind in den in der Beschreibungseinleitung
genannten Dokumenten näher
erläutert
und beschrieben. Durch den Transformationsalgorithmus werden jedem
Knoten in dem Bayesnetzwerk eine Wahrscheinlichkeitsvariable zugeordnet.
Der Transformationsalgorithmus beinhaltet hierbei eine Triangulation des
ursprünglichen
gerichteten Graphen in einen ungerichteten Graphen sowie in einem
weiteren Schritt, einen Optimierungsalgorithmus, der die ganzen
Systemvariablen bzw. Wahrscheinlichkeitsvariablen des Systems in
sogenannte Cliquen 10 und sogenannte Separatoren 11 zusammenfasst.
In 2 sind die Separatoren
schraffiert dargestellt. Die Zusammenfassung von Wahrscheinlichkeitsvariablen
zu Cliquen sowie die Trennung von je zwei Cliquen durch einen Separator
hängt hierbei
von den Abhängigkeiten
der Wahrscheinlichkeitsvariablen untereinander ab. Separatoreneigenschaft
ist es hierbei, dass die Variablen, die zu einem Separator zusammengefasst
wurden, die Abhängigkeit
zwischen den beiden Cliquen, die der Separator trennt, vollständig beschreibt.
Nach dem optimierten Transformationsprozess des ursprünglichen
Graphen aus dem Bayesnetz in einen Junction Tree erhält man einen
ungerichteten Graphen aus Cliquen und Separatoren, bei dem die Systemgrößen des
ursprünglichen
technischen System als Wahrscheinlichkeitsvariable vorliegen, wobei
die Änderung
einer x-beliebigen Wahrscheinlichkeitsvariablen in einer x-beliebigen Clique
oder in einem x-beliebigen Separator auf alle anderen Wahrscheinlichkeitsvariablen
des Junction Tree propagiert werden kann. Damit kann die Auswirkung
einer Zustandsänderung
einer Wahrscheinlichkeitsvariablen auf alle übrigen Wahrscheinlichkeitsvariablen
des Junction Trees berechnet und bewertet werden. Die hierfür notwendigen
Propagationsalgorithmen sind ebenfalls Stand der Technik und bereits
in der Hugin Decision Machine implementiert.
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2 zeigt den Junction Tree,
wie er durch Triangulation und Optimierung aus dem Bayesnetz der 1 gewonnen wurde. Der Vorteil
des Junction Tree ist es nun, dass er berechenbare Variablen enthält, die
das Systemverhalten des zugrunde liegenden technischen Systems beschreiben.
Damit wird die automatisierte, computerimplementierte Berechnung
von Systemzuständen
sowie die Berechnung der Auswirkung von lokalen Zustandsänderungen auf
das Gesamtsystem möglich.
Die Berechenbarkeit jeder Systemvariablen bzw. jeder Wahrscheinlichkeitsvariablen
des Junction Trees und die Eigenschaft der ungehinderten Informationsausbreitung
in dem Junction Tree ist eine wichtige Grundlage für die hier
beschriebene Erfindung. Betreffend der Funktionskomponenten 1, 2, 3 wurden
die ursprünglichen Mode-Knoten,
Steuerungsknoten 7 und Behaviour-Knoten 6 durch den Transformationsprozess für jede Funktionskomponente
jeweils in eine Mode-Variable Mode1, Mode2, Mode3, eine Steuerungsvariable
Set1, Set2, Set3 und eine Verhaltensvariable Behaviour1, Behaviour2,
Behaviour3 umgewandelt. Auch alle übrigen Knoten des Graphen aus 1 wurden in Wahrscheinlichkeitsvariablen
umgewandelt.
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Nach
einer derartigen Vorarbeit sind nun die Grundlagen für das erfindungsgemäße Expertensystem
geschaffen. Ein Junction Tree erlaubt nämlich die gezielte Berechnung
und Auswertung einzelner Wahrscheinlichkeitsvariablen, die jeweils
von Interesse sind. Hat man dafür
Sorge getragen, dass jede Funktionskomponente 1, 2, 3 eines
technischen Systems durch jeweils drei verschiedene Knoten und damit
drei verschiedene Wahrscheinlichkeitsvariablen abgebildet wurde,
und beschreibt jede Wahrscheinlichkeitsvariable eine andere Eigenschaft
der Funktionskomponente, so können
auf der Basis des Junction Tree mit gezielten Berechnungsalgorithmen
jeweils drei verschiedene Eigenschaften einer jeden Funktionskomponente
berechnet werden. Im Zusammenhang mit der Erfindung interessieren
hierbei besonders die Eigenschaften Fehlerzustand der Funktionskomponente,
an der Funktionskomponente anliegende Steuerungsmaßnahmen
sowie mit der Funktionskomponente mögliche ausführbare Funktionen. Der Fehlerzustand
der Funktions komponente sei hierbei mit der Mode-Variablen abgebildet,
die anliegenden Steuerungsmaßnahmen
sollen mit der Steuerungsvariablen Set1, Set2, Set3 abgebildet werden und
die möglichen
ausführbaren
Funktionen werden mit der Verhaltensvariablen Behaviour1, Behaviour2, Behaviour3
abgebildet. Dies ermöglicht
drei verschiedene, berechenbare Sichten auf jede Funktionskomponente
eines größeren Gesamtsystems.
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Für die Berechnung
eines Diagnoseergebnisses interessiert hierbei die Sicht auf die
Mode-Variablen Mode1, Mode2, Mode3, deren Werte eine Aussage über den
Fehlerzustand der zugehörigen Funktionskomponente
geben. Ändert
sich der Zustand einer Wahrscheinlichkeitsvariablen im Junction Tree,
so wird die Information über
diese Zustandsänderung
im Junction Tree propagiert und die Auswirkung dieser Zustandsänderung
auf alle übrigen Wahrscheinlichkeitsvariablen
berechnet. Nach erfolgter Propagation können die Werte der Mode-Variablen
Mode1, Mode2, Mode3 durch Marginalisierung berechnet werden. Bei
diesem mit Marginalisierung bezeichneten Berechnungsverfahren werden
alle die jeweilige Mode-Variable beeinflussenden Wahrscheinlichkeiten
aufsummiert, so dass sich für
die jeweilige Mode-Variable ein dem jeweiligen Gesamtzustand des
technischen Systems entsprechender Wert ergibt. Die Mode-Variable
enthält
also ein Wahrscheinlichkeitswert über den Fehlerzustand der betreffenden
Funktionskomponente. Durch Berechnung der Mode-Variablen erhält man also
eine Aussage darüber,
welche Funktionskomponenten mit welcher Wahrscheinlichkeit defekt,
ausgefallen oder intakt sind. Man erhält mit anderen Worten ein Diagnoseergebnis.
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Setzt
man den Wert einer Mode-Variablen oder den Wert mehrerer Mode-Variablen
als evident fest, so kann diese Evidenz wiederum im Junction Tree
auf alle übrigen
Wahrscheinlichkeitsvariablen propagiert werden. Mit der evidenten
Festle gung der Mode-Variablen wird eine Aussage über den Fehlerzustand der im
technischen Gesamtsystem vorhandenen Funktionskomponenten getroffen.
Die Propagation der evident festgesetzten Mode-Variablen im Junction
Tree enthält
also die Auswirkung eines festgestellten Fehlers auf das technische
Gesamtsystem. Die Information darüber, welche Funktionen der einzelnen
Funktionskomponenten noch in welchem Maße möglich sind, ist hierbei in
den Verhaltensvariablen enthalten. Die Berechnung der Verhaltensvariablen
Behaviour1, Behaviour2, Behaviour3 erfolgt wiederum mittels Marginalisierung.
Auch hierbei werden die die jeweilige Verhaltsvariable beeinflussenden
Wahrscheinlichkeiten aufaddiert. Man erhält also eine Wahrscheinlichkeitsverteilung
für die
Verhaltensvariablen der einzelnen Teilkomponenten, mit anderen Worten,
welches Verhalten, welche Funktionen mit den Funktionskomponenten
noch in welchem Maße
und mit welcher Wahrscheinlichkeit möglich sind.
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Wurde
z. B. die Funktionskomponente 1 als Defekt diagnostiziert
und wurde die Mode-Variable Mode1 auf den Wert für 100% defekt gesetzt, und
ergibt sich nach Propagieren der evident festgesetzten Mode-Variablen
Mode1 im Junction Tree für
die Verhaltensvariable Behaviour1 der zugehörigen Funktionskomponente 1 ein
von Null verschiedener Wert für
das Funktionieren dieser Funktionskomponente, so existiert eine
Wahrscheinlichkeit dafür,
dass die Funktionen der ausgefallenen Funktionskomponente 1 durch
Ersatzmaßnahmen
wieder hergestellt werden kann. Beim Beispiel des bereits angesprochenen elektrischen
Fensterhebermotors könnte
z. B. ein ausgefallenes Türsteuergerät, das evident
als fehlerhaft gesetzt wurde, eine Propagation dieses Fehlers und
eine Marginalisierung der Funktion „Fenster schließen" für die Wahrscheinlichkeit,
dass die Funktion „Fenster
schließen" trotz ausgefallenem
Türsteuergerätes noch
möglich
ist, einen Wert von 50 % ergeben. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein „Fenster schließen" trotz ausgefallenem
Türsteuergerät noch möglich ist,
könnte
z. B. durch die mögliche
Ansteuerung des Fensterhebermotors über das Steuergerät für eine Zentralverriegelung
herstammen. Bei einer Marginalisierung der Verhaltensvariablen „Fenster schließen" würde sich
dann bei ausgefallenem Türsteuergerät für den Pfad über das
Türsteuergerät der Wahrscheinlichkeitswert
Null ergeben, für
den Pfad über
das Steuergerät
für die
Zentralverriegelung würde
sich jedoch weiterhin ein Wert von 100 ergeben, so dass nach erfolgter
Marginalisierung und Neunormierung der Verhaltensvariablen „Fenster
schließen" sich ein Gesamtwert
für diese
Verhaltensvariable von 50 % ergäbe.
Die Aufrechterhaltung der Funktion einer ausgefallenen Komponente
ist also möglich
und mit dem erfindungsgemäßen Expertensystem
berechenbar. Bei dem vorgenannten Beispiel des elektrischen Fensterhebermotors
könnte
die ausgefallene Funktion des Türsteuergerätes von
der Zentralverriegelung übernommen
werden.
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Mit
dem erfindungsgemäßen Expertensystem
ist es in einer weiteren Ausführungsform
nicht nur möglich,
die Möglichkeit
einer Funktionswiederherstellung zu berechnen und festzustellen,
sondern es kann nach einer entsprechenden Zielfindung und nach einer
Auswahl aus verschiedenen Wiederherstellungsszenarien auch berechnet
und ermittelt werden, mit welchen Ersatzmaßnahmen die Funktionswiederherstellung
bzw. die ausgewählten
Ziele zu erreichen sind. Ist in dem Ausführungsbeispiel aus 1 und 2 die Funktionskomponente 1 die
Ansteuerung einer Drosselklappe eines Verbrennungsmotors, während die
Funktionskomponente die Ansteuerung für die Benzinpumpe ist, so kann
das bisher berechnete Ergebnis zur Funktionswiederherstellung z.
B. die beiden Alternativen aufzeigen, dass der Verbrennungsmotor
entweder noch mit einer Leistung von 25 bei ausgefallener Drosselklappe
oder unter anderen Voraussetzungen noch mit einer Leistung von 50
% bei ausgefallener Drosselklappe betrieben werden kann. Die beiden
Alternativen 25 %-Leistung bzw. 50 %-Leistung würden sich hierbei aus unterschiedlichen
Ersatzmaßnahmen
für die
ausgefallene Drosselklappe auszeichnen. Bei einem derartigen Szenario
ermöglicht
das erfindungsgemäße Ausführungsbeispiel
in einer Weiterbildung auch die Berechnung und die Ermittlung der
für die
Zielfindung notwendigen Ersatzmaßnahmen. Wurde ein gewünschtes
Verhaltensziel ausgewählt
und festgelegt, so liegen damit auch die Verhaltensvariablen als
evident fest. Die Informationen über
die evident festgelegten Verhaltensvariablen Behaviour1, Behaviour2, Behaviour3
wird im Junction Tree propagiert. Damit sind nun die Mode-Variablen
und die Verhaltensvariablen evident festgelegt. Eine Propagation
der zuletzt festgelegten Verhaltensvariablen wirkt sich auf die
Steuerungsvariablen Set1, Set2, Set3 der einzelnen Funktionskomponenten
aus. Die Berechnung dieser Steuerungsvariablen durch Marginalisierung ergibt
eine Aussage, mit welchen Steuerungsmaßnahmen das ausgewählte Ziel
erreicht werden kann. Für
das Beispiel der ausgefallenen Drosselklappe können die Ersatzmaßnahmen
z. B. lauten: die Drosselklappe durch Setzen der Steuerungsvariablen
auf 100 % soweit zu öffnen,
wie noch möglich
ist und ausgefallene Leistung dadurch zu kompensieren, dass der
Motor auf Kosten des Benzinverbrauchs nicht mehr stöchiometrisch
betrieben wird, sondern dass durch erhöhte Förderleistung und erhöhte Ansteuerung
der Benzinpumpe der Motor mit einem fetten Kraftstoffgemisch betrieben
wird. Dies könnte durch
eine überproportionale
Erhöhung
der Steuerungsvariablen Set2 geschehen. Durch Marginalisierung bzw.
Berechnung der Steuerungsvariablen ergeben sich also mögliche Ersatzmaßnahmen,
mit denen die Funktionen ausgefallener Komponenten zumindest teilweise
kompensiert werden können.
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Sind
bei einem komplexen System verschiedene Ersatzmaßnahmen möglich, so können die möglichen Ersatzmaßnahmen
einer zu sätzlichen
Bewertung, z. B. in Form einer Kostenrechnung, zugeführt werden
und die letztlich zu treffenden, konkreten Ersatzmaßnahmen
zur Funktionswiederherstellung von der Bewertung der verschiedenen
Ersatzmaßnahmen
abhängig
gemacht werden. Die letztliche Entscheidung und Auswahl wird auch
als Recovery-Entscheidung bezeichnet.
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Im
Folgenden soll anhand von 3 der
zuvor beschriebene Prozess zur Funktionswiederherstellung nochmals
anhand eines Flussdiagramms zusammengefasst werden. Bei einem technischen
System werden mittels Aktuatoren oder Sensoren oder durch Benutzereingaben über eine
Schnittstelle Input-Interface-Informationen über die
Zustandsänderung
eines technischen Systems in das Expertensystem eingegeben. Diese
Information über
eine eingetretene Zustandsänderung
wird in dem Junction Tree, der das technische System abbildet, durch
Propagieren auf alle Wahrscheinlichkeitsvariablen ausgedehnt. Zur
Erzielung eines ersten Diagnoseergebnisses werden diejenigen Variablen,
die über
den Fehlerzustand einzelner Funktionskomponenten Auskunft geben
können,
marginalisiert. In den hier besprochenen Ausführungsbeispielen sind dies
jeweils die Mode-Variablen.
Das durch Marginalisierung berechnete Diagnoseergebnis wird mittels Look-up-Tabellen
zu den verschiedenen Belegungen der Mode-Variablen bewertet. Entsprechend
dem Ergebnis der Bewertung erfolgt eine Diagnoseentscheidung. Die
Diagnoseentscheidung über
den Fehlerzustand einer Funktionskomponente kann hierbei computerimplementiert
und automatisiert getroffen werden, indem z. B. eine Funktionskomponente
evident als Defekt gesetzt wird, wenn der berechnete Wert der Mode-Variablen
für das
Vorhandensein eines Fehlers bei über
80 % Wahrscheinlichkeit liegt. In diesem Fall könnte die betreffende Mode-Variable
z. B. per Diagnoseentscheidung auf 100% Wahrscheinlichkeit für defekt
geschätzt
werden. Diese Diagnoseentscheidung beinhaltet also das Evidentfestsetzen
der Mode-Variablen für
die einzelnen zu betrachtenden Funkti onskomponenten. Die Information über die
evident festgesetzten Mode-Variablen wird wiederum im Junction Tree
propagiert. Im nächsten Schritt
werden diejenigen Variablen des Junction Tree marginalisiert, die
die verschiedenen Funktionszustände
der einzelnen Funktionskomponenten abbilden. In den bisher ausgewählten Ausführungsbeispielen
sind dies die Verhaltensvariablen. Einzelnen Funktionen des technischen
Gesamtsystems können hierbei
verschiedene Risiken zuwachsen oder zugeordnet sein. Zum Beispiel
kann es in einem Kraftfahrzeug erforderlich sein, dass zum weiteren
Betrieb des Fahrzeugs mindestens 80 % der Nennbremsleistung gewährleistet
sein müssen.
Die Belegung der Verhaltensknoten kann also unmittelbare Auswirkung auf
die Risiken, mit denen das technische Gesamtsystem noch betrieben
werden kann, haben. Deshalb wird bei risikobehafteten Gesamtsystemen
das erfindungsgemäße Expertensystem
um Risikoknoten (siehe 1)
erweitert. Die Marginalisierung der Verhaltensknoten muss bei diesen
risikobehafteten technischen Systemen für die Zielfindung noch auf
die Risikoknoten bzw. die Risikovariablen Junction Tree propagiert
werden. Die Zielfindung, welche Verhaltensbelegung zur Funktionswiederherstellung
wieder ausgewählt
werden soll, erfolgt dann bei diesen risikobehafteten Systemen durch
Auswertung der Risikovariablen. Ergibt die Auswertung der Risikovariablen
z. B. das Ergebnis, dass das technische System unverzüglich stillzulegen
ist, so kann diese Systemstilllegung z. B. durch unmittelbares Setzen
von Zielvariablen und deren sofortigen Propagieren auf die Steuerungsvariablen
der einzelnen Funktionskomponenten erreicht werden. Die Risikoabschätzung kann hierbei über den
Risikovariablen zugeordneten Look-up-Tabellen erfolgen. In diesen Look-up-Tabellen
ist festgehalten, bei welchen Werten der Risikovariablen, welche
Maßnahmen
zu treffen sind. Für nicht
besonders risikobehaftete technische Systeme können die Risikoknoten und die
Goal-Knoten, respektive die Risikovariablen und die Zielvariablen
als sepa rat ausgebildete Variablen entfallen. Risiko und Ziel wird – dann mit
den Verhaltensvariablen und deren Zustandsbelegungen selbst gefunden
und festgesetzt. Zur Zielfindung können deshalb auch in Verhaltensvariablen
bzw. deren Belegungen Look-up-Tabellen
zugeordnet sein. In diesem Fall können die Look-up-Tabellen Kostenfunktionen
abbilden, die bestimmten Zustandsbelegung der Verhaltensvariablen
Kosten zuordnen. Durch die Implementierung dieser Kostenfunktion
können
zu möglichen
verschiedenen Belegungen der Verhaltensvariablen die Kosten zugeordnet
und berechnet werden und für
eine Zielfindung, welche Zustandsbelegung der Verhaltensvariablen
auszuwählen
ist, herangezogen werden. Eine Zielfindung kann sich z. B. durch Minimierung
der Kosten für
das Gesamtsystem ergeben. Nach der Zielfindung werden entweder bei
risikobehafteten Systemen die Goal-Variablen festgelegt oder bei
Systemen, bei denen die Goal-Variablen nicht separat ausgebildet
sind, die Verhaltensvariablen festgelegt und anschließend die
Informationen über
die evident festgelegt Variablen im Junction Tree propagiert. Durch
die Marginalisierung der Steuerungsvariablen ergibt sich eine Wahrscheinlichkeitsverteilung
für die
für die
Funktionswiederherstellung zu treffenden Steuerungsmaßnahmen.
Stehen für die
definierte Zielerreichung mehrere Alternativen für die Belegung der Steuerungsvariablen
als Ersatzmaßnahmen
zur Verfügung,
so kann auch den Steuerungsvariablen in Form einer Look-up-Tabelle
eine Kostenrechnung hinterlegt sein. Die letztendliche Recovery-Entscheidung,
d. h., welche der vielen möglichen
Ersatzmaßnahmen
letztlich auszuwählen
ist, kann dann durch eine Kostenrechnung erfolgen, z. B. durch Auswahl
derjenigen Ersatzmaßnahme,
die die niedrigsten Gesamtkosten zur Folge hat. Die getroffene Recovery-Entscheidung wird
dann nach Festsetzen der Steuerungsvariablen über eine Systemschnittstelle
Output-Interface entweder in direkte Steuerungsbefehle für die betreffenden
Funktionseinheiten umgesetzt oder die Recovery-Entscheidung wird
als Kundeninformation, z. B. dem Fahrzeugnutzer zur Anzeige gebracht,
wobei dann der Kunde aus den möglichen,
bereits bewerteten Ersatzmaßnahmen
eine ihm geeignete Ersatzmaßnahme
zur Funktionswiederherstellung auswählen kann. In dem letztgenannten
Fall wird erst nach Auswahl durch den Kunden die getroffene Ersatzmaßnahme durch
Steuerungsbefehle an die Funktionseinheiten umgesetzt.
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4 zeigt eine weitere mögliche Ausführungsform
des erfindungsgemäßen Expertensystems,
die immer dann in Erwägung
gezogen werden kann, wenn ein technisches Gesamtsystem aus mehreren
Funktionseinheiten besteht, die jeweils über eigene Rechenkapazität verfügen und
untereinander über
ein Kommunikationsnetzwerk verbunden sind. Dies ist z. B. bei Steuergerätenetzwerken,
wie sie auch im Kraftfahrzeug eingesetzt werden, durchgängig der
Fall. In 4 sind die
Steuergeräte
mit ECU1, ECU2, ECU3 bezeichnet. Jedes dieser Steuergeräte verfüge über eigene
Rechenkapazität
und sei an ein Kommunikationsnetzwerk angeschlossen. Nach Abbildung
des technischen Systems in einen Graphen eines Bayesnetzwerkes,
nach Triangulation des Bayesnetzwerkes und nach Aufstellen des zugehörigen optimierten
Junction Trees ist für
ein derartiges technisches System mit mehreren vernetzten Steuergeräten eine
Parallelisierung und eine Aufteilung der notwendigen Berechnungen
auf die einzelnen Steuergeräte
möglich.
Hierzu wird eine Eigenschaft der Separatoren 11 eines optimierten
Junction Tree ausgenutzt. Jeder Separator zweier benachbarter Cliquen
enthält
alle Informationen über
die Abhängigkeit
der Wahrscheinlichkeitsvariablen in den durch den Separator getrennten
benachbarten Cliquen. Damit kann ein Junction Tree an jedem Separator ohne
Informationsverlust aufgetrennt werden, sofern man dafür sorgt,
dass die Information an der Trennstelle in beiden entstehenden Teil-Junction
Trees zur Verfügung
steht. Der Informationsaustausch zwischen zwei getrenn ten Teilnetzen,
die an einem Separator aufgetrennt wurden, kann deshalb in Kommunikationsnetzwerken
mit einem sogenannten Token 12 erfolgen, der jeweils den
Informationsgehalt des trennenden Separators von dem ersten Teilnetz auf
das sich anschließende
Teilnetz überträgt. Da der Junction
Tree an jedem Separator aufgeteilt werden kann, kann der Junction
Tree im Prinzip in beliebig viele Teil-Junction Trees aufgespalten
werden. Zur Informationsübergabe
zwischen zwei Teilnetzen wird dann jeweils ein Token 12 eingeführt. Damit
können die
zur Propagation und zur Auswertung notwendigen Berechnungen durch
Aufteilung des Junction Tree auf verschiedene Rechnersysteme, insbesondere
Steuergeräte,
parallelisiert werden. Vorteilhafterweise teilt man zur Parallelisierung
den Junction Tree des Gesamtsystems in eine Anzahl Teilnetze auf,
so dass die Anzahl der Teilnetze der Anzahl der für die Parallelisierung
eingesetzten Rechnersysteme entspricht. Die Aufteilung und damit
die Parallelisierung ist hierbei umso effektiver je weniger Wahrscheinlichkeitsvariablen
der für
die Trennung ausgewählte
Separator enthält.
Die Anzahl der Wahrscheinlichkeitsvariablen des trennenden Separators bestimmt
wesentlich den Kommunikationsaufwand zwischen den parallelisierten
Teilnetzen. Besonders günstig
sind daher für
eine Parallelisierung diejenigen Separatoren, die am wenigsten Variablen
enthalten.