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Die
Anmeldung betrifft eine Insassenschutzvorrichtung in einem Fahrzeug
und ein Verfahren zur Auslösung
der Insassenschutzvorrichtung.
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Die
Anzahl sogenannter Sports Utility Vehicles und kleiner Nutzfahrzeuge
verzeichnet hohe Zuwachsraten. Die meisten schwerwiegenden Verletzungen
der Insassen sind bei diesen Fahrzeugen durch einen Überschlag
verursacht. Die Schwere der Unfälle
ist bei Überschlägen größer als
bei irgendwelchen anderen Arten von Unfällen.
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Als Überrollschutz-Schutzsysteme
sind vorwiegend sogenannte „Seiten-Curtain-Airbags", Seiten-Airbags
und Sicherheitsgurt-Vorspann-Systeme
vorgesehen. Die Aktivierung eines solchen Schutzsystems durch eine
Signalverarbeitungseinheit wird gewöhnlicherweise auf der Basis
von Algorithmen getroffen, die die Lateral- und Vertikal-Beschleunigung
sowie die Drehrate des Fahrzeugs als Eingangsgrößen berücksichtigen.
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Auslöselogiken
der Schutzsysteme fokussieren sich gegenwärtig überwiegend auf die Detektion
einer Drehbewegung des Fahrzeuges um die Fahrzeuglängsachse.
Wenn ein Überschlag
erwartet wird, besteht die Hauptaufgabe der Schutzsysteme darin,
den Fahrzeuginsassen innerhalb des Fahrzeuges zu halten und das Verletzungsrisiko
beim Aufprall auf die Innenstruktur des Fahrzeugs zu reduzieren.
Der Auslösezeitpunkt
der Schutzsysteme muss derart bestimmt sein, dass die Aktivierung
erfolgt, bevor die Distanz zwischen dem Kopf des Insassen und dem
Seitenfenster geringer ist als die Ausdehnungen des Schutzsystems,
insbesondere des Curtain-Airbags.
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Aus
der
DE 196 51 124
C1 ist eine Steuervorrichtung für ein Schutzmittel zum Überrollschutz
in einem Fahrzeug bekannt, bei der zwei Beschleunigungssensoren
an unterschiedlichen Stellen im Fahrzeug angeordnet sind und Beschleunigungssignale
an eine Auswerteeinheit liefern. Dort wird aus den Signalen eine
Drehbewegungsgröße sowie
ein Drehpunkt errechnet. Je nachdem, wie die Empfindlichkeitsachsen
der Beschleunigungssensoren angeordnet sind, können Drehbewegungen um die
Fahrzeuglängs-
wie auch die -querachse erkannt werden. Hierdurch ist die Ermittlung
der Drehrate um eine der genannten Achsen möglich.
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Die
DE 42 12 421 A1 beschreibt
eine Einrichtung zum Schutz von Fahrzeuginsassen mit mindestens einem
Beschleunigungssensor, einer elektronischen Einrichtung für die Auswertung
des Ausgangssignals des Sensors und Schutzmitteln für die Fahrzeuginsassen.
Die Einrichtung ermöglicht
die Durchführung
eines Verfahrens zur rechtzeitigen Aktivierung der Schutzmittel
durch die elektronische Einrichtung, indem Schätzwerte für die zukünftige Verlagerung des Fahrzeuginsassen
und/oder seine Relativgeschwindigkeit in Bezug auf die Fahrgastzelle
vorausgeschätzt
und mit vorgebbaren Grenzwerten verglichen werden.
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Die
DE 100 10 633 A1 offenbart
eine Verfahren zum Erkennen einer Rollover-Situation, durch die
ein zeitrichtiges Auslösen
von Rückhaltemitteln
wie Gurtstraffer oder Kopfairbags beim Fahrzeugüberschlag ermöglicht wird.
Dabei werden die Signale aus mehreren Sensoren, die translatorische
und rotatorische Bewegungen erfassen, erfasst, miteinander verknüpft und
ausgewertet.
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Aufgabe
der vorliegenden Erfindung ist es, eine Insassenschutzvorrichtung
in einem Fahrzeug bereit zu stellen, die bei einem Überschlag
den Fahrzeuginsassen bestmöglichen
Schutz bietet.
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Diese
Aufgabe wird mit einer Insassenschutzvorrichtung in einem Fahrzeug
mit den Merkmalen des Patentanspruches 1 sowie mit einem Verfahren
zur Auslöseentscheidung
eines Insassenschutzsystems in einem Fahrzeug mit den Merkmalen
des Patentanspruches 9 gelöst.
Vorteilhafte Ausgestaltungen ergeben sich jeweils aus den abhängigen Ansprüchen.
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Die
Insassenschutzvorrichtung weist erfindungsgemäß zumindest einen Sensor und
eine dem Sensor nachgeschaltete Signalverarbeitungseinheit auf,
die ein Ausgangssignal liefert, das für eine Auslöseentscheidung eines Insassenschutzsystems
heranziehbar ist, wobei das Ausgangssignal aus einer ersten Variablen, welche
eine Beschleunigung, insbesondere die Querbeschleunigung, des Fahrzeuges
darstellt und eine zweite Variable, welche die Drehrate um eine
Fahrzeugachse, insbesondere die Fahrzeuglängsachse, darstellt, mit Hilfe
einer vorgegebenen Rechenvorschrift ermittelt wird, in der die Auslenkung
eines im Fahrzeug befindlichen Insassen bezüglich des Fahrzeugs ermittelt
wird.
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Die
Rechenvorschrift basiert auf dem Prinzip der Biegung von Balken,
insbesondere von Kragbalken, auf den eine Kraft und/oder ein Moment
einwirken. Ein Kragbalken weist die Eigenschaft auf, dass er lediglich auf
einer Seite befestigt ist, während
er auf der anderen Seite frei beweglich ist. Der Erfindung liegt
der Gedanke zugrunde, dass sich ein Insasse bei Einwirkung einer
lateralen und/oder vertikalen Beschleunigung und einer Drehrate ähnlich einem
Kragbalken verhält.
Die Rechenvorschrift berücksichtigt
dabei den „worst
case", in dem der
Kopf des Insassen die größte Auslenkung
erfährt.
Die „Befestigung" des Insassen mit
dem Fahrzeug wird in der Rechenvorschrift zwischen Becken und Sitz
angenommen. Der Kopf des Insassen entspricht der freischwingenden
Seite des Kragbalkens.
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Besonders
bevorzugt ist es, wenn in der Rechenvorschrift ein Balken mit zumindest
einem Teilstück zugrundegelegt
ist, wo bei auf jedes Teilstück
unterschiedliche Kräfte
einwirken. In einer Variante der Erfindung ist zumindest ein Teilstück des Balkens
starr und zumindest ein Teilstück
des Balkens elastisch bzw. deformierbar. Hier liegt die Überlegung
zugrunde, dass sich der Kragbalken bzw. der Körper in verschiedene unterschiedliche
Teilstücke
einteilen lässt,
die einerseits starr und andererseits deformierbar sind. So wird
die Einheit aus Becken und Sitz, welche sich bevorzugt in der Nähe des Sensors
oder der Sensoren befindet, als deformierbar angenommen. Bauch und
Brustkorb, die den Torso bilden, stellen einen starren Körper dar.
Gleiches gilt für
den Kopf, während
der den Kopf und den Brustkorb bzw. Torso verbindende Hals wiederum
als deformierbar angenommen wird.
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Es
hat sich als vorteilhaft herausgestellt, den menschlichen Körper in
insgesamt vier Teilstücke,
wie oben aufgezählt,
zu untergliedern. Mit diesen vier Teilstücken lässt sich mit ausreichend hoher
Genauigkeit die Relativbewegung des Insassen zu dem Fahrzeugbauteil,
insbesondere die Relativbewegung des Kopfes zum Fenster, ermitteln.
Die der Rechenvorschrift zugrundeliegenden Operationen, die nachfolgend
näher erläutert werden,
sind dabei von der Komplexität
derart, dass sie durch einen einfachen Mikroprozessor, wie er in
Fahrzeugen vielfach verwendet wird, bewältigt werden können.
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Mit
anderen Worten wird in der Signalverarbeitungseinheit eine Relativbewegung
des Insassen, insbesondere dessen Kopf, zu einem Fahrzeugbauteil,
insbesondere einem Seitenfenster, ermittelt, wodurch in kürzerer Zeit
als bislang eine präzise
Feststellung darüber
möglich
ist, wie weit das Körperteil
des Insassen von dem Karosseriebauteil entfernt ist. Im Gegensatz
zu herkömmlichen
Anordnungen wird damit nicht nur die Bewegung des Fahrzeuges sensorisch
erfasst, sondern die auf das Fahrzeug einwirkenden Kräfte werden dazu
herangezogen, die Körperbewegung
des Fahrzeuginsassen zu ermitteln bzw. vorherzusagen, um damit eine
präzisere
bzw. schnellere Auslöseentscheidung
für das
Schutzsystem zu erzielen. Die Vorhersage der Körperbewegung des Insassen wird
durch Auswertung der zur Verfügung
stehenden Messgrößen und
Anwendung bekannter mathematischer Algorithmen ermöglicht.
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In
einer bevorzugten Ausgestaltung ist der Sensor auf der Mittelachse,
bezogen auf die Fahrzeuglängsachse
des Fahrzeugs angeordnet. Die Position des Sensors, der das Koordinatensystem
festlegt, ist bevorzugt nahe der Sitze der Insassen angeordnet.
Die große
Nähe des
Sensors zu den Insassen ermöglicht
eine besonders präzise
Bestimmung des Bewegungsverhaltens eines Insassen im Falle eines
bevorstehenden Überschlags.
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Es
ist weiterhin vorteilhaft, wenn die erste und die zweite Variable,
die Querbeschleunigung des Fahrzeugs und die Drehrate um die Fahrzeuglängsachse,
zum gleichen Zeitpunkt ermittelt werden. Eine Verbesserung der Genauigkeit
ist weiter durch Erfassen der Vertikalbeschleunigung als weitere
Variable möglich.
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Als
Insassenschutzsystem kommen bevorzugt ein Curtain-Airbag, ein Seitenairbag
oder ein Gurtstraffer zum Einsatz. Diese Rückhaltesysteme können im
Falle eines Überschlags
alternativ oder additiv ausgelöst werden.
Insbesondere der Curtain-Airbag,
der sich meist vom Dach entlang der (Seiten-)Fenster nach unten ausbreitet,
bietet den Insassen aufgrund seiner langen Standfestigkeit im Bereich
von mindestens fünf
bis sechs Sekunden den bestmöglichen
Schutz im Falle eines Überschlags.
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Im
Falle eines drohenden Überschlages
kann mit der erfindungsgemäßen Insassenschutzvorrichtung für jeden
aktuellen Zeitpunkt der etwaige Abstand, insbesondere des Kopfes
zu einem Fahrzeugbauteil, berechnet werden. Unter Anwendung bekannter
Algorithmen aus der Mathematik ist es auch möglich, die in der unmittelbaren
Zukunft liegenden Abstände
des Kopfes zu dem Fahrzeugbauteil vorher zu sagen. Möglich wird dies
durch die Berechnung der Auslenkung des Kopfes bezüglich der Einheit
Becken/Sitz aufgrund der auf den Kopf einwirkenden Kräfte sowie
Drehmomente.
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Die
Berechnung des Verhaltens eines Insassen neben der sensorischen
Erfassung der Beschleunigungen und Drehraten des Fahrzeuges ermöglicht eine
genaue Anpassung des Auslöseverhaltens,
d.h. der Zündzeiten,
aus den Crashtests. Damit wird ein System bereit gestellt, das sensibler
reagiert, wenn sich der Insasse aufgrund der auf ihn einwirkenden
Kräfte
auf das Fenster zu bewegt. Durch die Kenntnis des Verlaufs des Abstands
zwischen Kopf und Fenster kann die in der Signalverarbeitungseinheit
gespeicherte Auslöseschwelle
des Schutzsystems oder der Schutzsysteme verringert werden, wenn
sich der Kopf dem Fenster nähert.
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Nachdem
die erfindungsgemäße Insassenschutzvorrichtung
die Bestimmung des Abstandes zwischen Kopf und Fenster ermöglicht,
kann das Schutzsystem abhängig
vom Abstand in geeigneter Weise aktiviert werden. Ist der Abstand
zwischen Kopf und Fenster ausreichend groß, so dass sich z.B. ein Curtain-Airbag noch ohne
weiteres entfalten kann, so wird dieser durch die Signalverarbeitungseinheit
ausgelöst.
Sollte der Abstand zwischen Kopf und Fenster jedoch bereits zu gering
sein, so dass durch einen auslösenden
Curtain-Airbag der Kopf durch das Fenster nach außerhalb
des Fahrzeugs gedrückt
werden könnte,
so kann auf eine Auflösung
dieses Schutzsystems verzichtet werden. Dies bedeutet nichts anderes,
als dass das Schutzsystem ausgelöst
wird, wenn das Ausgangssignal einen vorgegebenen Schwellenwert über- und/oder
unterschreitet.
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Die
Erfindung, deren Vorteile und Zweckmäßigkeiten anhand der nachfolgenden
Figuren näher
erläutert
werden. Es zeigen:
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1 einen schematischen Ablauf
des Verfahrens zur Auslöseentscheidung
eines Insassenschutzsystems,
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2a, b die mechanischen Hintergründe, die
das Prinzip der Biegung von Balken verdeutlichen,
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3 eine schematische Darstellung
eines vereinfachten Fahrzeuges und eines Dummys,
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4 eine weitere schematische
Darstellung eines einfachen Dummy-Modells, aus dem einige der der
Rechenvorschrift zugrundegelegten Parameter ersichtlich werden,
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5 eine weitere schematische
Darstellung eines einfachen Dummy-Modells, aus dem weitere der der
Rechenvorschrift zugrundegelegten Parameter ersichtlich werden,
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6 eine vereinfachte Darstellung
eines Fahrzeuges und eines Dummys, aus der die der Signalverarbeitungseinheit
zugeführten
Größen ersichtlich
sind,
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7 das aus 4 bekannte vereinfachte Dummy-Modell, aus dem die
auf den Dummy wirkenden externen Kräfte hervorgehen,
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8 eine schematische Darstellung
der auf den Dummy einwirkenden Kräfte,
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9 eine schematische Darstellung
der resultierenden Kräfte
und Momente an zwei deformierbaren Teilstücken des Kragbalkens aus 8 und
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10 eine schematische Darstellung
des aufgrund einer lateralen Beschleunigung ausgelenkten Kragbalkens
aus 8.
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1 zeigt schematisch das
der Erfindung zugrundeliegende Verfahren zur Auslöseentscheidung
eines Insassenschutzsystems in einem Fahrzeug. Von einem oder mehreren
Sensoren 1 werden eine Beschleunigung, eine Querbeschleunigung
und/oder eine Vertikalbeschleunigung, und eine Drehrate um die Fahrzeuglängsachse
erfasst. Diese Variablen werden von dem Sensor oder den Sensoren
einer Signalverarbeitungseinheit 2 zugeführt, die
aus diesen Größen eine
Relativbewegung des Insassen zu einem Fahrzeugbauteil errechnet.
Von besonderem Interesse ist hierbei die Bewegung des Kopfes in
Richtung eines Fensters des Fahrzeuges. Die Signalverarbeitungseinheit
errechnet darüber
hinaus, ob sich das Fahrzeug überschlagen wird
oder nicht. Nach Ermittlung dieser Werte wird ein daraus resultierendes
Auslösesignal
an eine Auslöselogik
weitergegeben, welche gegebenenfalls das Schutzsystem, z.B. einen
Seiten-Airbag, einen Curtain-Airbag oder einen Gurtstraffer, auslöst. Die
Auslösung
kann z.B. dann erfolgen, wenn das von der Signalverarbeitungseinheit
abgegebene Ausgangssignal einen ersten vorgegebenen Schwellwert überschreitet
und gleichzeitig einen zweiten vorgegebenen Schwellwert unterschreitet.
Dies bedeutet, der Kopf des Insassen bewegt sich in Richtung des
Fensters und würde
bei Nichtauslösen
eines Schutzsystems an dieses anprallen. Der Abstand zum Fenster
des Kopfes ist andererseits noch so groß, dass durch die Aktivierung,
beispielsweise des Curtain-Airbags, ein Schutz desselben möglich wäre. Ist
der Kopf bereits so nahe an dem Fenster, so dass ein auslösender Curtain-Airbag
diesen gegebenenfalls aus dem Fenster hinausdrücken würde, so kann eine Auslösung des
Schutzsystems unterbleiben.
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Das
Erfassen der Variablen „Beschleunigung" und „Drehrate" sowie das Errechnen
der Relativbewegung des Insassen zu einem Fahrzeugbauteil und das
Errechnen, ob ein Überschlag
bevorsteht, wird in kurzen, vorgegebenen Zeitabständen permanent
wiederholt, damit das Schutzsystem im geeigneten Zeitpunkt ausgelöst werden
kann.
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In
den nachfolgenden 2 bis 10 werden die aus der Elastostatik
bekannten Prinzipien der Biegung von Balken und deren Übertragung
auf einen Dummy veranschaulicht. Das Balkenmodell, das in der Signalverarbeitungseinheit
hinterlegt ist, wird zur Errechnung der Relativbewegung des Insassen
zu einem Fahrzeugbauteils herangezogen. Hintergrundinformationen
können
beispielsweise dem Fachbuch „Technische Mechanik – Eine Einführung", E. Brommundt, G.
Sachs, Springer Verlag 1988, S. 135 bis 146 entnommen werden.
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Die 2a und 2b zeigen zwei einseitig befestigte Balken
der Länge
1, auf die einmal die Kraft F (2a)
und einmal das Moment M (2b)
einwirkt. In beiden Fällen
wird eine Endauslenkung δ =
f(F) bzw. δ =
f(M) und ein Endwinkel Θ =
f (F) bzw. 0 = f (M) erreicht.
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Im
Falle der auf den Balken einwirkenden Kraft F gilt:
mit F
= Kraft, 1 = Länge
des Balkens und EI = Biegesteifigkeit des Balkens.
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Im
Falle des auf den Balken einwirkenden Moments M gilt:
mit M
= Moment, 1 = Länge
des Balkens und EI = Biegesteifigkeit des Balkens.
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3 zeigt in einer schematischen
Darstellung ein vereinfachtes Fahrzeug mit einem darin befindlichen
Insassen, einem Dummy-Modell. Das Fahrzeug wird als starrer Körper betrachtet,
dessen Fahrtrichtung aus der Zeichenebene heraus, auf den Betrachter
zu, ist (x-Achse des Koordinatensystems). Die Körperstruktur des Insassen beruht
auf der Struktur eines aus dem Stand der Technik bekannten Seitencrash-Dummys. Der
Sitz 25, das Becken 24 und der Hals 21 werden
als deformierbare Teilstücke
angenommen. Der Bauch 23, der Brustkorb 22 sowie
der Kopf 20 werden als starre Teilstücke angenommen. Im weiteren
werden der Sitz 25 und das Becken 24 als Einheit
betrachtet. Gleiches gilt für
den Brustkorb 22 und den Bauch 23, die den Torso
bilden.
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Aus
der Figur geht weiterhin der Ursprung des Koordinatensystems hervor,
der mit U bezeichnet ist. Im Ursprung des Koordinatensystems befindet
sich der bzw. die Sensoren zur Erfassung der Querbeschleunigung
und der Drehrate, welches notwendige Größen sind, um das Verhalten
des Dummys bzw. des menschlichen Körpers zu ermitteln. In der
Praxis sind die Sensoren vorzugsweise in einer Mittelachse bezogen
auf die Fahrzeuglängsachse
angeordnet. Je näher
die Sensoren sich an der Einheit Sitz/Becken befinden, desto präziser kann
eine Vorhersage des Verhaltens des Insassen erfolgen.
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Von
besonderer Bedeutung für
die Rechenvorschrift ist das Verhalten der starren Teilstücke, also
des Kopfes 20 und des Torsos 22, 23.
Deren Massen sind mit den Bezugszeichen mh sowie
mt bezeichnet. Im folgenden bezieht sich
der Index h auf den Kopf 20 und der Index t auf den Torso.
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Für das Verständnis der
später
aufgeführten
Rechenvorschrift ist es sinnvoll, die relevanten Größen zu betrachten
(4 bis 6). Der Dummy wird als Kragbalken modelliert,
welcher zwei deformierbare Teilstücke und zwei starre Teilstücke aufweist.
Zur Vereinfachung ist neben den jeweiligen Bezeichnungen in Klammern aufgeführt, ob
das jeweilige Teilstück
starr oder deformierbar ist. In 4 ist
mit P derjenige Punkt bezeichnet, auf welchem das Fahrzeug rollt.
Vereinfacht wird angenommen, dass P mit dem Sitz 25 starr
verbunden ist. Diese Verbindung ist mit dem Bezugszeichen 13 versehen.
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Relevant
sind weiterhin die Abstände
zwischen dem Punkt P und dem Schwerpunkt des Kopfes 20 sowie
dem Schwerpunkt des Torsos 22, 23. Diese Abstände sind
mit rh_d bzw. rt_d bezeichnet.
Die Größen Θmh_d bzw. Θmt_d bezeichnen
die Winkel zwischen Verbindung 13 und den obige Abstände definierenden
Abstandslinien.
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5 zeigt die bereits aus 4 bekannte vereinfachte
Darstellung des Modells, aus dem die Abstände für die Berechnung notwendigen
Längen
l1.....l6 zwischen
der Verbindung und jeweiligen Teilstücken hervorgehen. Im einzelnen
stellen dar:
l1: Länge zwischen Verbindung 13 und
dem Ende des Beckens,
l2: Länge zwischen
Verbindung 13 und dem Schwerpunkt des Torsos 22,23,
l3: Länge
zwischen Verbindung 13 und dem Ende des Brustkorbes 22,
l4: Länge
zwischen Verbindung 13 und dem Ende des Halses 21,
l5: Länge
zwischen Verbindung 13 und dem Schwerpunkt des Kopfes 20,
l6: Länge
zwischen Verbindung 13 und dem Ende des Kopfes 20.
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6 zeigt die bereits in 2 dargestellte Anordnung
aus vereinfachtem Fahrzeug 10 und Dummy 19 aus
dem die für
die Rechenvorschrift relevanten Parameter hervorgehen. Dies sind
die Masse des Kopfes mh und des Torsos mt, die Drehrate ω, die Querbeschleunigung ay sowie der Vertikalbeschleunigung az.
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7 zeigt die auf den Kopf
20 und
den Torso
22,
23 einwirkenden Kräfte, die
abhängig
von Beschleunigungen, Winkel, Winkelrate und Winkelbeschleunigung
sind. Für
das Rechenmodell sind Kräfte
in z-Richtung (Vertikale) nicht relevant und werden deshalb außer Acht
gelassen. Kräfte
in y-Richtung und Drehmomente greifen an den Schwerpunkten des Torsos
22,
23 und
des Kopfes
20 an. Die auf den Kopf
20 und den
Torso
22,
23 einwirkenden Kräfte sind jeweils Polynome zweiten
Grades und abhängig
von dem Drehwinkel Θ
car und der Querbeschleunigung a
y.
Es gilt folglich:
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Die
Gesamtkräfte
auf den Kopf (Gleichung (8)) und den Torso (Gleichung (9)) ergeben
sich wie folgt.
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Wegen
ihres geringen Einflusses auf die Kopfbewegung können der Gewichtsanteil und
die Zentrifugalkraft vernachlässigt
werden, woraus sich ergibt:
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Die
oben genannten Gleichungen (8) und (9) repräsentieren die Gesamtkraft,
die sich aus den folgenden, aus
7 ersichtlichen,
Teilkräften
am Kopf bzw. am Torso ergeben. Dabei stellen dar:
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Wie
bereits ausgeführt,
wird der Dummy als Kragbalken aus vier Teilstücken betrachtet. In einem Kragbalken
sind die Endauslenkung und der Endwinkel, welche durch Kraft und
Drehmoment verursacht sind, bekannt. Die auf den Dummy einwirkenden
Kräfte
Ft_d und Fh_d, die
die Gesamtkraft in y-Richtung (laterale Richtung) auf den Kopf bzw.
auf den Torso darstellen, sind in 8 dargestellt.
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Aufgrund
des Gesetzes der Überlagerung
ergibt sich die Endauslenkung und der Endwinkel aus der Summe der
durch Kräfte
und Momente verursachten Auslenkungen. Dieser Sachverhalt ist in 9 schematisch dargestellt.
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In
den nachfolgenden Formeln indiziert der Index f die Auslenkung und
den Winkel, der durch eine Kraft verursacht und der Index m diejenige
Auslenkung und den Winkel, die durch ein Moment verursacht sind.
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In 9 ist eine weitere Vereinfachung
enthalten. Da das mit dem Bezugszeichen 22, 23 versehene Teilstück (Torso)
des Balkens starr ist, kann die Kraft Ft_d an
das Ende des Teilstückes 24, 25 verschoben
werden. Gleiches gilt für
die Kraft Fh_d, die in 8 am starren Teilstück 20 (Kopf) angreift
und an das Ende des Teilstückes 21 (deformierbarer
Hals 21) verschoben werden kann. Hieraus ergeben sich folgende
Auslenkungen. Die weiter verwendeten Indizes a bis f beziehen sich
bereits auf die 10,
in welcher die Gesamtauslenkung des Dummys bzw. eines Insassen dargestellt
ist.
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An
den deformierbaren Teilstücken
24,
25 (Einheit
Becken/Sitz) und
21 (Hals) ergeben sich folgende Winkel Θ
1 und Θ
3, die für
die Berechnung der Gesamtauslenkung benötigt werden:
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Die
weiterhin benötigte
Biegesteifigkeit zur Berechnung der Gesamtauslenkung kann bei einem
bekannten Dummy durch Anwenden einer Kraft F
EI und
Messen der Auslenkung ermittelt werden:
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Mit
den nunmehr ermittelten Werten ist es möglich, die Gesamtauslenkung
des Kopfes eines Insassen zu bestimmen. Diese ergibt sich nach folgender
Gleichung, wobei die jeweiligen Teilauslenkungen der
10 am einfachsten entnommen
werden können:
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Die
Gesamtauslenkung berücksichtigt
nunmehr alle in y-Richtung
auftretenden Kräfte
und Momente.
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Durch
die Verwendung bekannter Größen eines
Dummy, der für
Seiten-Crashs verwendet wird und die Messung der Querbeschleunigung
sowie Drehrate und der Anwendung bekannter Mechanismen der Elastostatik
wird man in die Lage versetzt, eine Relativbewegung des Insassen
zu einem Fahrzeugbauteil im Falle eines drohenden Überschlages
zu ermitteln und geeignete Schutzmaßnahmen für den Insassen einzuleiten.