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Die Erfindung betrifft ein Verfahren
zur Räumung
von Munition unter Verwendung eines mobilen Splitterschutzes in
der Art wenigstens eines wassergefüllten Behälters, der den Freiraum um
und über
einer zu räumenden
Munition unter Freilassung einer Kontroll- oder Arbeitsöffnung überdeckt.
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Die
DE 38 83 998 T2 beschreibt ein Verfahren
und eine Vorrichtung zum Schutz der Umgebung im Fall einer Detonation
einer Munition. Die Vorrichtung besteht aus einem flexiblen Behälter, dessen Hohlraum
mit einer Flüssigkeit
befüllt
werden kann. Es ist der Druckschrift jedoch kein Hinweis zu entnehmen,
auf welche Weise die innerhalb des Behälters angeordnete Munition
auf einfache Weise zu initiieren ist.
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Zur Räumung von Kampfmitteln sind
beispielsweise aus der
DE
36 23 240 C1 sogenannte EOD-Ladungen (Explosive Ordnance
Device) bekannt. Es handelt sich hierbei um Hohlladungen, die so
auf das zu räumende
Kampfmittel abgestimmt sind, dass dieses entweder im "Low Order"- oder im „High Order"-Verfahren entsorgt
wird. „Low
Order" oder „High Order" steht hierbei für die Intensität der Reaktion,
die in der Sprengladung des Kampfmittels ausgelöst wird. Ist der Energieeintrag
in das Kampfmittel durch den Stachel der EOD-Hohlladung ausreichend
niedrig, so kommt es nur zu geringfügigen Reaktionen wie Abbrand
oder Deflagration. Meistens reißt
dabei die Hülle
des Kampfmittels auf, wodurch es zu einer Druckentlastung kommt
und dadurch eine Reduktion der Intensität der Reaktion herbeigeführt wird.
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Bestimmte Kampfmittel, wie beispielsweise große und/oder
empfindliche Kampfmittel, können nur
im High Order-Verfahren geräumt
werden, da aufgrund der Größe der Sprengladung
eine Art Eigenverdämmung
dazu führt,
dass sich angeregte niedrige Reaktionsniveaus zu einem höheren Level aufschaukeln
und schließlich
die ganze Ladung detoniert.
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Die Abstimmung einer bekannten EOD-Hohlladung
erfolgt im wesentlichen über
das Kaliber der Hohlladung. Infolge der Zündung ergibt sich ein Hohlladungsstachel
mit der Spitzengeschwindigkeit vj und dem
Durchmesser d, welche beide vom Kaliber beeinflusst werden. Die
Anpassung des Initiier-Stimulus vj
2d erfolgt über Vorschaltungen geeigneter
Materialien, wodurch die Stachelspitzengeschwindigkeit reduziert
wird. Jede Sprengladung besitzt eine kritische Grenze des Initiier-Stimulus, oberhalb
der die Ladung zur Detonation angeregt wird. Mittels ausreichender Über- oder
Unterschreitung dieser Schwelle erzielt man die Räumung der Munition
im High Order- oder Low Order-Verfahren, soweit die Art der Munition
eine solche Wahl zulässt.
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Die bekannte EOD-Hohlladung arbeitet
nur mit einer Initiierstelle, die exakt auf die zu räumende Munition
ausgerichtet sein muss. Dies ist jedoch je nach Art der zu räumenden
Munition nicht immer möglich.
Es ist natürlich
auch möglich,
mehrere Initiier-Stimuli gleichzeitig in Richtung auf die zu räumende Munition
auszulösen,
sei es in Form von Mehrfach- oder auch Splitterladungen. Liegt der
Initiier-Stimulus v
2d jedes einzelnen Partikels
dabei weit unter der kritischen Schwelle, so kann eine für diese Räumungsart
geeignete Munition mechanisch vollkommen zerstört werden, ohne dass eine Reaktion
in der Sprengladung der Munition abläuft oder höchstens eine mit niedrigem
Reaktionsniveau. Dies ist beispielsweise dann besonders wichtig,
wenn ein wertvolles Objekt mit einer Haftmine versehen wurde und
diese Mine nicht auf konventionelle Art geräumt werden kann. Bekannt ist
diese Methode aus der Patentanmeldung
DE 100 58 325 A1
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Aus den vorgenannten Druckschriften
ist jedoch kein Hinweis zu entnehmen, auf welche besondere Weise
gegen eine nur detonativ zu räumende Munition
vorgegangen werden kann. Es ist deshalb Aufgabe der Erfindung, ein
Verfahren und eine Vorrichtung für
eine weitgehend berührungslose
Räumung
einer Munition bereitzustellen, welche gleichzeitig einen integrierten
Splitterschutz aufweist und damit der Minimierung des Unfallrisikos
bei der Räumung
dient.
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Die Aufgabe wird durch das in Anspruch
1 beschriebene Verfahren und die in Anspruch 2 dargelegte Vorrichtung
zur Räumung
von Munition in einfacher und vorteilhafter Weise gelöst. Günstige Weiterbildungen
sind in den nachgeordneten Ansprüchen beschrieben.
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Basierend auf der älteren Anmeldung
eines mobilen Splitterschutzes ergeben sich weitere Vorteile durch
die Anwendung des Verfahrens und der erfindungsgemäßen Vorrichtung.
Der mobile Splitterschutz kann schnell und flexibel aufgebaut werden und
er ist gut geeignet, die bei der Detonation der zu räumenden
Munition entstehenden Splitter direkt abzufangen. Die im oberen
Bereich des mobilen Splitterschutzes angeordnete Kontroll- und Arbeitsöffnung bietet
sich geradezu zur Anbringung einer Halterung für eine entsprechend den weiter
oben genannten Vorgaben dimensionierte Räumladung an. Dabei muss diese
Raumladung nicht exakt auf die Munition ausgerichtet sein. Es genügt, wenn
mindestens ein von der Räumladung
erzeugtes Projektil oder ein Splitter, dessen Stimulus über der
kritischen Grenze liegt, die Munition trifft und damit deren Auslösung einleitet.
Voraussetzung ist jedoch, dass die Dimensionierung der Räumladung
die Erzeugung eines derartigen Stimulus zulässt.
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Vorteilhafterweise ist die Räumladung
von einer Verdämmung
umgeben. Die Verdämmung
besteht dabei aus einem Material hoher Dichte, das sich bei der
Detonation in staubartige Bestandteile zerlegt, so dass in der Umgebung
keine ballistisch wirksamen Splitter oder Partikel auftreten.
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Die Einlage kann in Abstimmung mit
der Form der Sprengladung der Räumladung
so gewählt werden,
dass immer ein divergierender Partikel- oder Splitterschauer erzeugt
wird. Als besonders vorteilhaft haben sich Einlagen erwiesen, die
zur Erzeugung von mehreren Hohlladungen, hemisphärischen Ladungen oder EFP-Ladungen
(Explosively Formed Projectile) dienen. Ebenso gut ist die Verwendung
einer geeignet dimensionierten Splittereinlage möglich.
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Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung
ist schematisch vereinfacht in der Zeichnung dargestellt und wird
im folgenden näher
beschrieben. Es zeigen:
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1a:
einen Schnitt durch einen mobilen Splitterschutz mit aufgelegter
Räumladung,
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1b:
eine Aufsicht gemäß 1a,
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2:
verschiedene Ausführungsformen
einer Räumladung,
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3:
verschiedene Einlagen für
eine Räumladung.
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Die 1a zeigt
vereinfacht einen Schnitt durch einen aufgebauten mobilen Splitterschutz 1, der
im Beispiel aus mehreren mit Wasser gefüllten Behältern besteht. Diese Behälter werden
um die zu räumende
Munition 2 herum so aufgebaut, dass die gesamte Peripherie
der Munition 2 mit Ausnahme einer oberhalb der Munition 2 angeordneten
Kontroll- und Arbeitsöffnung 6 von
einem Wasserschutzmantel umgeben ist. Die Öffnung nach oben stellt keine besondere
Gefahrenquelle dar, da der Luftraum im Bereich einer Kampfmittel-Räumung ohnehin gesperrt wird.
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Wenn der Wasserschutzmantel aufgebaut ist,
herrscht in der unmittelbaren Umgebung weitestgehend Sicherheit
vor der Blast- bzw. Splitterleistung der zu räumenden Munition 2.
Anschließend
kann die Räumladung 4 auf
dem mobilen Splitterschutz 1 angebracht werden, wie dies
in den 1a und 1b gezeigt ist. Die Anbringung
erfolgt im oberen Teil des Wasserschutzmantels, indem die Haltevorrichtung 3 zusammen
mit der an ihr befestigten Räumladung 4 entweder
vom Räumpersonal
oder von einer gesteuerten Vorrichtung auf dem mobilen Splitterschutz
abgelegt wird. Für
das Räumpersonal
reduziert sich durch die leichte und schnelle Art der Anbringung
die Verweilzeit in der Nähe
der zu räumenden
Munition. Mittels einer fernsteuerbaren Vorrichtung (nicht in der Zeichnung
dargestellt), die beispielsweise als Kran ausgeführt ist, kann entweder die
Haltevorrichtung 3 mit der Räumladung 4 oder auch
die mit der Räumladung 4 ausgerüstete Haltevorrichtung 3 und
dem daran befestigten mobilen Splitterschutz 1 aus sicherer Entfernung
platziert werden.
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Die Haltevorrichtung 3 kann
als mehrarmiger Bügel
ausgeführt
sein. Für
den leichteren Transport und die Lagerung ist es zweckmäßig, die
Arme der Haltevorrichtung 3 schwenkbar auszuführen. Die Haltevorrichtung 3 übernimmt
zusammen mit dem mobilen Splitterschutz 1 auch die Funktion
des Abstandhalters zu der Munition 2.
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Als Räumladung scheidet eine konventionelle
EOD-Ladung aus verschiedenen Gründen
aus. Der Abstand zur zu räumenden
Munition 2 beträgt durch
diese spezielle Anordnung, welche die erhöhte Sicherheit für das Räumpersonal
bietet, wenigstens 0,5 m. Für
einen derartigen Abstand sind die konventionellen Ladungen leistungsmäßig nicht
ausgelegt. Außerdem
erfordert die Verwendung einer EOD-Hohlladung eine genaue Ausrichtung
der Hauptachse auf das zu räumende
Objekt. Da die Anbringung der erfindungsgemäßen Räumladung aus den bereits genannten
Gründen
nicht sehr präzise sein
kann, ist aufgrund des relativ großen Abstandes ein Fehlschuss
sehr wahrscheinlich. Aus diesen Gründen wird für die Räumladung ein Typ gewählt, der
eine Anzahl von Projektilen oder Partikeln (7) erzeugt,
die sich im Bereich eines bestimmten Winkels α zur Hauptachse 5 der
Räumladung
ausbreiten.
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In den 2 und 3 sind verschiedene Auslegungen
einer geeigneten Räumladung 4 dargestellt. Vom
Prinzip her sind alle Ausführungen
für ein
High Order-Verfahren mit Mehrfachbeschuss der zu räumenden
Munition geeignet. Die Räumladung 4 erzeugt
in jedem Fall eine Vielzahl von Partikeln, wobei jeder Partikel
für sich
die Bedingung zur Initiierung einer Detonation erfüllt. Damit
liegt der Energie-Eintrag (Stimulus) jedes einzelnen Partikels aufgrund
seiner Spitzengeschwindigkeit v und seiner lateralen Abmessung d über der
kritischen Initüerschwelle
(v2d)k der hier
in Betracht kommenden Sprengladung der Munition 2. Abhängig vom
Abstand der zu räumenden
Munition 2 und deren Größe wird
entsprechend 1a eine
bestimmte Fläche
von den Partikeln 7 überstrichen,
so dass die Unschärfe
aufgrund der unpräzisen
Positionierung der Räumladung 4 kompensiert
wird und auf alle Fälle
mindestens ein Partikel 7 die zu räumende Munition beaufschlagt
und eine Detonation derselben auslöst.
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Wie in den Varianten a), b), und
c) der 2 angedeutet,
kann die Räumladung 4 auch
mit einer projektil- oder splitterbildenden Einlage 8 ausgestattet
sein. Die Einlage 6 ist hierbei zweckmäßigerweise konkav, planar oder
konvex ausgebildet und kann somit auf die entsprechende Anforderung
ausgelegt werden. Mittels der Einlage 8 kann die Räumladung gemäß den Varianten
a), b) und c) der 3 auch
als Multi-Hohlladung 3a, als Multihemisphärische Ladung 3b oder
als Multi EFP-Ladung 3c gestaltet sein. Auch eine konventionelle
Splitter-Einlage ist gemäß 3d einsetzbar. Verschiedene
Gestaltungen der Frontalansichten der Einlagen 8 sind in
der 3 jeweils rechts
neben dem beispielbezogenen Schnitt dargestellt. Damit ist klar,
dass die Anzahl der projektilbildenden Formungen der jeweiligen
Einlage 8 je nach Anwendungsfall gewählt werden kann. Damit lässt die
breite Vielfalt der Auslegungsmöglichkeiten eine
optimale Abstimmung an die Erfordernisse des zu räumenden
Kampfmittels zu.
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Eine Verdämmung 9 der Räumladung – wie in 2d angedeutet – kann zweckmäßig sein,
um die Wirkung der Ladung in die Richtung der zu räumenden
Munition 2 zu konzentrieren. Dabei muss darauf geachtet
werden, dass von der Räumladung selbst
keine gefährlichen
Sekundärsplitter
ausgehen. Somit muss die Verdämmung 9 aus
einem Material bestehen, das einerseits keine Splitterbildung fördert und
andererseits dank seiner hohen Dichte ausreichend als Verdämmung wirkt.
Geeignet sind hierfür spröde Sintermaterialien,
die sich beim Durchgang der Stoßwelle
völlig
zerlegen. Der entstehende Staub weist nur geringe Einzelmassen auf,
die ballistisch irrelevant sind. Als weitere Formgebung der Räumladung
ist der in 2e dargestellte
Konus 10 denkbar, um eine Wirkungskonzentration in Richtung
auf die Munition 2 bei gleichzeitiger Minimierung unerwünschter
Rückwirkungen
zu unterstützen.
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Durch Anwendung von für die Beschleunigung
von Metalleinlagen optimierten Hochleistungs-Sprengladungen und
vorteilhafter Technologie von Wirksystemen lässt sich schließlich die
Dimension der Räumladung
so weit reduzieren, dass auch gleichzeitig eine Minimierung von
Rückwirkungen
aller Art und damit die Reduktion jeglicher Kolateralschäden erzielt
wird.
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Da manche Kampfmittel-Zündsensoren
auf geringfügigste Änderungen
des Erdmagnetfeldes reagieren, muss bei der Materialauswahl streng
darauf geachtet werden, dass bei der Verwendung von Metallen ausschließlich nichtferromagnetisches
Material zum Einsatz kommt.