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Stand der Technik
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Die Erfindung geht aus von einem Verfahren und einer Vorrichtung zur Verbesserung des Bremsverhaltens eines Fahrzeuges mit den Merkmalen der Oberbegriffe der unabhängigen Ansprüche.
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Bei einer Bremsung auf einer Fahrbahn mit fahrzeugseitig stark unterschiedlichen Reibwerten (diese Situation wird nachfolgend mit „μ-Split” bezeichnet) können fahrzeugseitig stark unterschiedliche Bremskräfte abgesetzt werden. Dies führt zu einem Giermoment um die Hochachse des Fahrzeugs, was zum Schleudern führen kann.
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Der Fahrer hat nun die Möglichkeit durch Gegenlenken dem Giermoment entgegenzuwirken. Da sich in der Regel das Giermoment sehr schnell aufbaut, bleibt dem Fahrer nicht genug Zeit zum Reagieren. Bremssysteme wie ABS (ABS = „Antiblockiersystem”) oder auch Fahrdynamikregelungssysteme wie ESP (ESP = „electronic stability program”) begrenzen daher nach Erkennen der μ-Split-Situation den Bremsdruck auf der High-μ-Seite des Fahrzeugs in Abhängigkeit von der Low-μ-Seite (die High-μ-Seite ist diejenige Seite des Fahrzeugs bzw. der Fahrbahn, auf welche die höhere Haftreibungszahl zwischen Reifen und Fahrbahn vorliegt). Dies erfolgt durch den maximal zulässigen Differenzbremsdruck.
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Aus der
DE 42 25 983 A1 ist ein Verfahren zur Bremsung von Fahrzeugrädern bekannt, bei dem zur Verringerung eines durch ein ABS erzeugten Giermoments der Bremsdruckaufbau an wenigstens einem Rad beeinflusst wird. Es wird dabei der Bremsdruck an den Rädern einer Achse derart beeinflusst, dass die Differenz der Bremsdrücke einer Achse einen maximal zulässigen Wert nicht überschreitet. Dieser maximal zulässige Wert wird von der Fahrzeuggeschwindigkeit und der Querbeschleunigung abhängig gemacht.
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Aus der
DE 197 07 106 A1 ist ein System zur Ansteuerung von Bremssystemen bekannt. Dieses System dient zur Ansteuerung der Bremssysteme wenigstens zweier, vorzugsweise an einer Fahrzeugachse angebrachten, Räder eines Fahrzeugs. Dabei sind Mittel vorgesehen, mittels der der Bremsdruck an dem sogenannten Low-Rad in Reaktion auf eine erkannte Blockierneigung dieses Rades im Sinne einer Blockiervermeidung gesteuert wird. Weiterhin sind Erfassungsmittel vorgesehen, mittels der eine Größe ermittelt wird, die die Fahrdynamik des Fahrzeugs beeinflußt und/oder repräsentiert. Zu dieser Größe wird weiterhin ein entsprechender Schwellwert abgeleitet. Mittels Vergleichsmitteln wird die ermittelte Größe mit dem ermittelten Schwellwert verglichen und ein Vergleichsergebnis erzeugt. Der Kern des Systems besteht darin, daß Ansteuermittel zur Ansteuerung des Bremssystems des High-Rades vorgesehen sind, die in Reaktion auf die erkannte Blockierneigung des Low-Rades den Bremsdruckverlauf am High-Rad abhängig von dem ermittelten Vergleichsergebnis tätigen.
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Die Merkmale der Oberbegriffe der unabhängigen Ansprüche sind der
DE 197 07 106 A1 entnommen.
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Ausgehend vom Stand der Technik liegt der Erfindung die Aufgabe zu Grunde, neben der Verbesserung des Bremsverhaltens dem Fahrer zugleich die Zeit zum Gegenlenken zu geben.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß mit einem Verfahren bzw. einer Vorrichtung mit den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche gelöst.
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Vorteile der Erfindung
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Die Erfindung geht von einem Verfahren zur Verbesserung des Bremsverhaltens eines Fahrzeuges aus,
- – bei dem eine maximal zulässige Bremsdruckdifferenz zwischen den Bremsdrücken an den beiden Rädern einer Achse nicht überschritten werden darf und
- – bei dem die maximal zulässige Bremsdruckdifferenz zwischen den Rädern einer Achse von wenigstens einer die Fahrdynamik beschreibenden Größe abhängt,
wobei
- – bei einem erkannten instabilen Verhalten des Fahrzeugs die maximal zulässige Bremsdruckdifferenz zwischen denselben Rädern konstant gehalten oder vermindert wird.
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Bei einem Bremsvorgang auf einer μ-Split-Fahrbahn gibt es einen Zielkonflikt zwischen
- – Fahrstabilität des Fahrzeugs und
- – einem kurzen Bremsweg.
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Fahrstabilität wird dadurch erreicht, dass der zulässige Differenzdruck klein gehalten wird und damit die abgesetzten Bremskräfte an den Rädern einer Achse nahezu gleich bleiben. Dieses führt allerdings dazu, dass der Bremsweg sich verlängert, da nicht die maximalen möglichen Bremskräfte abgesetzt werden. Für einen optimalen Bremsweg sollte hingegen der Differenzdruck nicht begrenzt werden, so dass sich an jedem Rad die maximal mögliche Bremskraft einstellen kann. Bei μ-Split-Bremsungen führt dies allerdings zu einem Giermoment um die Hochachse, welches zum Schleudern führen kann. Dadurch, dass bei einem erkannten leicht instabilen Verhalten des Fahrzeugs (insbesondere noch kein Schleudern) die maximal zulässige Bremsdruckdifferenz zwischen denselben Rädern konstant gehalten und/oder vermindert wird, ist es möglich, das Fahrzeug wieder zu stabilisieren.
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Der Kern der Erfindung ist dadurch gekennzeichnet, dass eine Verminderung der maximal zulässigen Bremsdruckdifferenz nur dann durchgeführt wird, wenn eine vorherige Konstanthaltung der maximal zulässigen Bremsdruckdifferenz zu keiner Stabilisierung des Fahrzeugs führte. Durch die Konstanthaltung der maximal zulässigen Bremsdruckdifferenz soll dem Fahrer Zeit zum Gegenlenken gegeben werden. Nur wenn diese Maßnahme nicht ausreicht oder zu spät kommt, wird eine Verminderung der maximal zulässigen Bremsdruckdifferenz durchgeführt.
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Von Vorteil ist dabei, wenn
- – bei einer erkannten ersten Stufe instabilen Verhaltens die maximal zulässige Bremsdruckdifferenz konstant gehalten wird und
- – bei einer erkannten zweiten Stufe instabilen Verhaltens die maximal zulässige Bremsdruckdifferenz vermindert wird.
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Dabei wird vorteilhafterweise
- – auf die erste Stufe instabilen Verhaltens durch eine Auswertung der Abweichung der Ist-Gierrate des Fahrzeugs von der Soll-Gierrate des Fahrzeugs erkannt und
- – auf die zweite Stufe instabilen Verhaltens durch eine Auswertung der Gierbeschleunigung erkannt.
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Die Größen „Ist-Gierrate” und „Soll-Gierrate” stehen in einem mit einem Fahrdynamikregelungssystem ausgestatteten Fahrzeug bereits zur Verfügung, so dass kein wesentlicher Zusatzaufwand für die vorliegende Erfindung erforderlich ist. Die Differenz dieser beiden Gierraten stellt einen einfachen Indikator für einen fahrdynamisch instabilen Zustand dar. Die Gierbeschleunigung kann durch einfache zeitliche Differentiation aus der Giergeschwindigkeit (bzw. Gierrate, die Begriffe „Giergeschwindigkeit” und „Gierrate” stellen das gleiche dar) erhalten werden. Die Gierbeschleunigung wird vorteilhafterweise deshalb gewählt, weil sie als einfacher Indikator für eine Instabilität bei einer μ-Split-Bremsung angesehen werden kann. Die Gierbeschleunigung ist im wesentlichen über die Newtonsche Bewegungsgleichung mit dem Giermoment verknüpft.
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Eine vorteilhafte Ausgestaltung der Erfindung besteht darin, dass dann, wenn der Betrag der Abweichung der für das Fahrzeug ermittelten Ist-Gierrate von der Sollgierrate einen vorgebbaren Schwellenwert überschreitet, auf eine erste Stufe instabilen Verhaltens erkannt wird. Die Überprüfung durch einen Schwellenwert ist besonders einfach zu realisieren.
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Weiterhin ist vorteilhaft, dass auch dann, wenn der Lenkwinkel einen vorgebbaren Schwellenwert überschreitet, auf die erste Stufe instabilen Verhaltens erkannt wird. Das hängt damit zusammen, dass sich das Giermoment auch dann nicht weiter erhöhen soll, wenn die Lenkung bereits sehr weit eingeschlagen ist. Damit wird verhindert, dass bei einem Wechsel der Reibverhältnisse zwischen Fahrbahn und Reifen das Fahrzeug nicht plötzlich stark in die andere Richtung dreht.
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Eine vorteilhafte Ausführungsform liegt vor, dass dann, wenn wenigstens
- – die Gierbeschleunigung einen vorgebbaren Schwellenwert überschreitet und
- – die Bremsdruckdifferenz zwischen den Bremsdrücken an den beiden Rädern einer Achse einen vorgebbaren Schwellenwert überschreitet und
- – die Querbeschleunigung des Fahrzeugs einen vorgebbaren Schwellenwert unterschreitet,
auf die zweite Stufe instabilen Verhaltens erkannt wird.
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Diese drei Bedingungen stellen notwendige Bedingungen für das Vorliegen der zweiten Stufe instabilen Verhaltens dar. Um ein falsches Aktivieren der Logik zu vermeiden, darf eine Adaption des Differenzdruckes nur erfolgen, wenn die Querbeschleunigung ay kleiner als ein Grenzwert ist.
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Es ist weiterhin von Vorteil, wenn dann auf die zweite Stufe instabilen Verhaltens erkannt wird, wenn wenigstens
- – die Gierbeschleunigung einen vorgebbaren Schwellenwert überschreitet und
- – die Bremsdruckdifferenz zwischen den Bremsdrücken an den beiden Rädern einer Achse einen vorgebbaren Schwellenwert überschreitet und
- – die Querbeschleunigung des Fahrzeugs einen vorgebbaren Schwellenwert unterschreitet und
- – eine Drehbewegung des Fahrzeugs um seine Hochachse auf diejenige Seite hin festgestellt wird, an welcher der höhere Bremsdruck anliegt.
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Damit wird ermittelt, ob die Drehbewegung des Fahrzeugs überhaupt auf die Bremsdruckdifferenz zurückzuführen ist.
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Es ist auch vorteilhaft, dass dann auf die zweite Stufe instabilen Verhaltens erkannt wird, wenn wenigstens
- – die Gierbeschleunigung einen vorgebbaren Schwellenwert überschreitet und
- – die Bremsdruckdifferenz zwischen den Bremsdrücken an den beiden Rädern einer Achse einen vorgebbaren Schwellenwert überschreitet und
- – die Querbeschleunigung des Fahrzeugs einen vorgebbaren Schwellenwert unterschreitet und
- – eine Drehbewegung des Fahrzeugs um seine Hochachse auf diejenige Seite hin festgestellt wird, an welcher der höhere Bremsdruck anliegt und
- – das Vorliegen eines Bremsvorgangs auf einer μ-Split-Fahrbahn erkannt wird.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung zur Verbesserung des Bremsverhaltens eines Fahrzeuges enthält Bremsdrucksteuerungsmittel, durch welche sicherstellt wird, dass
- – eine maximal zulässige Bremsdruckdifferenz zwischen den Bremsdrücken an den beiden Rädern einer Achse nicht überschritten werden darf,
- – wobei die maximal zulässige Bremsdruckdifferenz zwischen den Rädern einer Achse von wenigstens einer die Fahrdynamik beschreibenden Größe abhängt,
wobei
- – die Bremsdrucksteuerungsmittel bei einem erkannten instabilen Verhalten des Fahrzeugs die maximal zulässige Bremsdruckdifferenz zwischen denselben Rädern konstant halten oder vermindern und
- – eine Verminderung der maximal zulässigen Bremsdruckdifferenz nur dann durchgeführt wird, wenn eine vorherige Konstanthaltung der maximal zulässigen Bremsdruckdifferenz zu keiner Stabilisierung des Fahrzeugs führte.
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Zeichnung
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Die Zeichnung umfasst die 1 bis 5.
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1 zeigt das Prinzip einer gesteuerten Differenzdruckerhöhung.
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2 zeigt in Form eines Blockdiagramms die erste Phase der Druckdifferenzsteuerung.
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3 zeigt in Form eines Blockdiagramms die zweite Phase der Druckdifferenzsteuerung.
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4 zeigt in Form eines Flussdiagramms die erste Phase der Druckdifferenzsteuerung in formaler Weise.
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5 zeigt in Form eines Flussdiagramms die zweite Phase der Druckdifferenzsteuerung in formaler Weise.
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Ausführungsbeispiel
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Bei einem Bremsvorgang auf einer μ-Split-Fahrbahn gibt es einen Zielkonflikt zwischen
- – Fahrstabilität des Fahrzeugs und
- – einem kurzen Bremsweg.
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Fahrstabilität wird dadurch erreicht, dass der zulässige Differenzdruck klein gehalten wird und damit die abgesetzten Bremskräfte an den Rädern einer Achse nahezu gleich bleiben. Dieses führt allerdings dazu, das der Bremsweg sich verlängert, da nicht die maximalen möglichen Bremskräfte abgesetzt werden. Für einen optimalen Bremsweg sollte hingegen der Differenzdruck nicht begrenzt werden, so dass sich an jedem Rad die maximal mögliche Bremskraft einstellen kann. Bei μ-Split-Bremsungen führt dies allerdings zu einem Giermoment um die Hochachse, das zum Schleudern führen kann.
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Die grundlegende Vorgehensweise bei der Steuerung und/oder Regelung des Differenzdrucks ist in 1 dargestellt. Darin ist
- – in Abszissenrichtung die Zeit t aufgetragen,
- – in Ordinatenrichtung ist der maximal zulässige Differenzdruck dP aufgetragen.
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In bekannten Systemen wird nach Erkennung einer μ-Split-Bremsung (Zeitpunkt t0 in 1) der zulässige Differenzdruck auf einen kleinen Startwert (1: P0) begrenzt. Dieser wird dann zeitabhängig auf einen Maximalwert (1: P1) angehoben. Der Maximalwert P1 kann unter Umständen noch geschwindigkeitsabhängig sein. Dem Fahrer bleibt durch diesen begrenzten Druckaufbau am High-μ-Rad genug Zeit durch Gegenlenken das Giermoment abzubauen.
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Das System muss so abgestimmt werden, dass auch der ungeübte Fahrer oder derjenige Fahrer, der von einer plötzlich auftretenden μ-Split-Situation uberrascht worden ist, nicht ins Schleudern kommt. Man wird daher den Druckanstiegsgradienten δp (siehe 1) eher klein wählen.
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Im Unterschied hierzu berücksichtigt die Erfindung das Fahrzeugverhalten. Der gesteuerten Druckdifferenzerhöhung wird eine Regelung unterlagert, die abhängig von der Gierbeschleunigung, der Regelabweichung der Giergeschwindigkeit (= Gierrate) und des Lenkwinkels den zulässigen Differenzdruck beeinflusst. Als Folge ergibt sich für die meisten Fahrsituationen ein besserer Kompromiss zwischen Bremsweg und Fahrstabilität.
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Der große Vorteil der Erfindung ist nun, dass der Druckanstiegsgradient δp größer gewählt werden kann, so dass der Bremsweg kürzer wird. Sollte allerdings das Giermoment um die Fahrzeughochachse zu groß werden, so verhindert die Erfindung, dass das Fahrzeug ins Schleudern gerät. Damit erfolgt eine Verbesserung des Bremsverhaltens eines Fahrzeugs dadurch, dass die maximal zulässige Bremsdruckdifferenz oder Bremskraftdifferenz zwischen den beiden Rädern einer Achse durch das Fahrzeugverhalten beeinflusst wird.
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Entscheidend für einen guten Kompromiss zwischen Bremsweg und Fahrstabilität ist, einen optimalen Differenzdruck-Anstiegsgradienten zu finden. Dieser ist allerdings von den Fahrbahnverhältnissen und vom Fahrerreaktionsverhalten abhängig. Die Erfindung besteht daher in einer der Bremssteuerung bzw. Bremsregelung unterlagerten Regelung, die sich wiederum aus zwei Teilen zusammensetzt:
- a) einer Vorsteuerung, die einen weiteren Anstieg der Druckdifferenz verhindert und
- b) einer Regelung, die die Druckdifferenz absenken kann.
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Vorsteuerung (= erste Phase):
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Die Vorsteuerung wird dann aktiviert, wenn auf eine erste Stufe instabilen Verhaltens erkannt wird. In Fahrdynamikregelungssystemen wird im allgemeinen zunächst aus dem Lenkwinkel Lw und der Fahrzeuglängsgeschwindigkeit vx mit Hilfe der charakteristischen Geschwindigkeit vch (das ist eine Fahrzeugkonstante) eine Sollgiergeschwindigkeit vGiAck ermittelt. Aus dieser wird dann mit Hilfe der Fahrzeugquerbeschleunigung ay, der Fahrzeuglangsgeschwindigkeit vx und gegebenenfalls weiteren Hilfsgrößen die Sollgiergeschwindigkeit vGiSo bestimmt.
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Aus der Differenz kann dann die Giergeschwindigkeitsregelabweichung evGi bestimmt werden: evGi = vGiSo – vGi (1)
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Wird bei einer μ-Split-Bremsung evGi zu groß, ist dies ein Zeichen dafür, dass das Fahrzeug instabil wird. In der Regel hat der Fahrer es nicht geschafft, durch Gegenlenken das Giermoment abzubauen. Um dem Fahrer Zeit zum Gegenlenken zu geben, darf das Giermoment nicht noch weiter anwachsen. Der Druckanstiegsgradient muss daher für eine bestimmte Zeit auf Null gesetzt werden. Im weiteren soll sich das Giermoment auch nicht weiter erhöhen, wenn die Lenkung bereits sehr weit eingeschlagen ist, damit bei einem Wechsel der Reibwertverhältnisse das Fahrzeug nicht plötzlich zu stark in die andere Richtung giert.
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Dieser Sachverhalt ist in einem Blockdiagramm in 2 dargestellt. Der Übersichtlichkeit halber wurden bei den Blöcken in 2 lediglich die „Ja”-Ausgänge” eingezeichnet. Selbstverständlich verfugen die Blöcke 200, 202, 204 und 205 auch über einen „Nein”-Ausgang. Ist eine der in diesen Blöcken überprüften Bedingungen nicht erfüllt (d. h. der „Nein”-Ausgang wird aktiviert), dann wird das Verfahren abgebrochen oder zu Block 200 zurückverzweigt, d. h. das Verfahren beginnt erneut.
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In Block 200 wird überprüft, ob eine μ-Split-Bremsung vorliegt, das ist durch das Symbol „μ” in Block 200 gekennzeichnet.
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Liegt eine μ-Split-Bremsung vor, so wird in Block 202 überprüft, ob der Betrag der Regelabweichung |evGi| der Giergeschwindigkeit einen bestimmten Schwellenwert (Lim1) überschreitet. Der Schwellenwert Lim1 ist abhängig von der Fahrzeuglängsgeschwindigkeit vx. Lim1 wird in Block 201 ermittelt. Dazu wird als Eingangsgroße für Block 201 die Fahrzeuglängsgeschwindigkeit vx verwendet. Die Regelabweichung evGi wird im Subtrahier-Block 203 ermittelt: evGi = vGiSo – vGi
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Als eine weitere Bedingung wird in Block 205 überprüft, ob der Lenkwinkel Lw einen vorgebbaren Schwellenwert Lim2 überschreitet: Lw > Lim2. Dazu empfängt Block 205 als Eingangssignal den Lenkwinkel (beispielsweise von einem Lenkwinkelsensor).
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Die Ausgangssignale der Vergleichsblocke 202 (|evGi| > Lim1?) und 205 (Lw > Lim2?) werden dem Block 204 zugeführt.
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Ist zumindest eine der Bedingungen erfüllt, d. h. |evGi| > Lim1 ODER Lw > Lim2, dann wird in Block 205 der Differenzdruckgradient δp (siehe 1) auf Null gesetzt, andernfalls bleibt er auf dem ursprünglichen Wert. Wenn die Regelabweichung wieder den Schwellenwert Lim1 unterschreitet und der Lenkwinkel wieder den Schwellenwert Lim2 unterschreitet kann der Differenzdruck wieder ansteigen.
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Regelung (= zweite Phase):
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Die Regelung wird dann aktiviert, wenn auf eine zweite Stufe instabilen Verhaltens erkannt wird. Sollte die beschriebene Vorsteuerung nicht ausreichen oder zu spät kommen, so muss das Giermoment aktiv, d. h. ohne Zutun des Fahrers, wieder abgebaut werden. Als Indikator für ein zu hohes Giermoment ist die Gierbeschleunigung DvGi anzusehen. Diese errechnet sich durch zeitliche Differentiation der Giergeschwindigkeit: DvGi = d(vGi)/dt.
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Eine Reduzierung des Differenzdruckes soll nur erfolgen, wenn das Fahrzeug bei ein μ-Split-Bremsung zu schnell zur High-μ-Seite dreht. Um ein falsches Aktivieren der Logik zu vermeiden, darf eine Adaption des Differenzdruckes nur erfolgen, wenn die Querbeschleunigung ay kleiner als ein Grenzwert (Lim3) ist.
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Zur sicheren Erkennung der High-μ-Seite bei einer μ-Split-Bremsung wird der Bremsdruck an den Vorderrädern herangezogen:
Beispielsweise sei die High-μ-Seite die linke Seite des Fahrzeugs. Auf der High-μ-Seite liegt der Bremsdruck pvL (pVL = Bremsdruck des linken Vorderrades) um einen bestimmten Betrag (Off1) uber dem Bremsdruck pvR der anderen Seite (pVR = Bremsdruck des rechten Vorderrades). Dreht gleichzeitig das Fahrzeug in diese Richtung (DvGi > Lim4) wird der zulässige Differenzdruck dP nach folgendem Regelgesetz angepasst: dP = dP – C·|DvGi|
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C ist eine Konstante, die fahrzeugabhängig appliziert werden kann.
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Durch die Reduzierung sinkt der Bremsdruck im High-μ-Rad und als Folge dessen verringert sich das Giermoment um die Hochachse. Nachdem sich das Fahrzeug stabilisiert hat, kann der Differenzdruck wieder steigen.
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Die Regelung wird anhand eines Blockschaltbildes (3) dargestellt:
Im Abfrageblock 300 wird festgestellt, ob eine μ-Split-Bremsung vorliegt (durch das Symbol „μ” in Block 300 gekennzeichnet) und ob zugleich die Querbeschleunigung ay einen Schwellenwert Lim3 unterschreitet. Ist dies der Fall, dann werden zwei Abfragen parallel durchgeführt:
- – Abfrage 1 findet in Block 301 statt. Dort wird überprüft, ob der Bremsdruck pvL des linken Vorderrades den Bremsdruck pvR des rechten Vorderrades um mehr als den Wert Off1 überschreitet (pvL > pvR + Off1) und ob zugleich DvGi > Lim4 ist.
- – Abfrage 2 findet in Block 302 statt. Dort wird überprüft, ob der Bremsdruck pvR des rechten Vorderrades den Bremsdruck pvL des linken Vorderrades um mehr als den Wert Off1 überschreitet (pvR > pvL + Off1) und ob zugleich DvGi < –Lim4 ist.
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Durch diese beiden Abfragen werden die beiden gleichwertigen möglichen Fälle erfasst, ob eine Gierbewegung nach rechts oder nach links um die Fahrzeughochachse herum stattfindet. Der „Ja”-Ausgang der beiden Verknüpfungsabfragen 301 und 302 wird jeweils der ODER-Abfrage 303 zugeführt. Ist eine der beiden Bedingungen 301 und 302 erfüllt, dann ist zugleich die ODER-Abfrage 303 erfüllt. Der „Ja”-Ausgang der ODER-Abfrage 303 wird deshalb Block 304 zugeführt. In Block 304 wird das Produkt C·|DvGi| gebildet. Das Ergebnis dieses Blocks wird dem Verknüpfungsblock 305 zugeführt. Zugleich wird Block 305 die maximal zulässige zulässige Druckdifferenz (= Differenzdruck) dP zugeführt. Aus diesen beiden Größen (nämlich der Größe C·|DvGi| und der (alten) Größe dP) wird in Block 305 die neue Größe dP = dP – C·|DvGi| gebildet, d. h. dP wird um den Wert C·|DvGi| reduziert. Auf der linken Seite der Gleichung steht die neue Größe dP, auf der rechten Seite der Gleichung steht die alte Größe dP, d. h. die Gleichung ist im Sinne einer Iterationsvorschrift zu verstehen.
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In 4 ist in Form eines Flussdiagramms die Steuerung der maximal zulässigen Druckdifferenz dargestellt. Nach dem Start in Block 400 wird in Block 402 überprüft, ob eine μ-Split-Bremsung vorliegt. Liegt diese nicht vor, dann wird zu Block 400 zurückverzweigt. Liegt diese vor, dann wird in Block 404 überprüft, ob die Bedingung |evGi| > Lim1 erfüllt ist. Ist diese Bedingung nicht erfüllt, dann wird in Block 406 überprüft, ob Lw > Lim2 erfüllt ist. Ist Bedingung 404 erfüllt, dann wird zu Block 408 weiterverzweigt. Ist Bedingung 406 erfüllt, dann wird ebenfalls zu Block 408 weiterverzweigt. Ist Bedingung 406 nicht erfüllt, dann wird zu Block 400 zurückverzweigt. In Block 408 findet eine Konstanthaltung der maximal zulässigen Bremsdruckdifferenz statt, d. h. δp = 0.
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In 5 ist in Form eines Flussdiagramms das Verfahren zur Regelung der maximal zulässigen Druckdifferenz dargestellt. Nach dem Start in Block 500 wird in Block 501 überprüft, ob eine μ-Split-Bremsung vorliegt und zugleich ay < Lim3 ist. Ist dies nicht erfüllt, dann wird zu Block 500 zurückverzweigt. Sind beide Bedingungen in Block 501 erfüllt, dann wird in Block 502 überprüft, ob (pVL > pVR + Off1) und (DvGi > Lim4) zugleich erfüllt sind oder ob (pVR > pVL + Off1) und (DvGi < –Lim4) zugleich erfüllt sind. Ist dies nicht der Fall, d. h. beide Bedingungen sind nicht erfüllt, dann wird zu Block 500 zurückverzweigt. Ist dagegen die Abfrage in Block 502 erfüllt, dann wird in Block 503 die Große C·|DvGi| gebildet und die maximal zulässige Druckdifferenz dP wird um diesen Wert reduziert.
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Im folgenden werden die in der Beschreibung verwendeten Abkürzungen nochmals zusammengestellt:
- ay
- Fahrzeugguerbeschleunigung
- dP
- maximal zulässige Druckdifferenz
- DvGi
- Gierbeschleunigung
- evGi
- Giergeschwindigkeitsregelabweichung
- High-μ-Seite
- Fahrzeugseite, mit einem hohen Reibwert (der Fahrbahn)
- Low-μ-Seite
- Fahrzeugseite, mit einem niedrigen Reibwert (der Fahrbahn)
- Lw
- Lenkwinkel
- P0, P1
- Bremsdrücke
- pVL, pVR
- Radbremsdruck vorne links, vorne rechts
- t
- Zeit
- vch
- Charakteristische Geschwindigkeit (Konstante)
- vGi
- Giergeschwindigkeit
- vGiAck
- Sollgiergeschwindigkeitsrohwert
- vGiSo
- Sollgiergeschwindigkeit
- vx
- Fahrzeuglängsgeschwindigkeit
- δp
- Druckanstiegsgradient