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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Ermittlung einer Kaltrissneigung eines Bauteils aus Blech.
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Im Karosseriebau bei Fahrzeugen werden häufig hochfeste Karosseriestähle mit einer Festigkeit von mindestens 800 MPa verwendet. Diese bieten im Automobil-Leichtbau großes Potenzial, da sie gut umformbar sind bei relativ hoher Festigkeit. Diese hochfesten Karosseriestähle neigen jedoch auch zu Rissphänomenen wie Heißrisse, Kaltrisse und Flüssigmetallversprödung. So kann beispielsweise der Fall auftreten, dass am Ende einer Schweißnaht in einem Endkrater der Schweißnaht ein Heißriss entsteht, und dieser bei ausreichender Schwächung der Schweißnaht einen Kaltriss initiiert. Die Rissausbreitung verläuft dabei typischerweise ausgehend vom Endkrater entgegen der ursprünglichen Schweißrichtung. Ein solcher Kaltriss kann sich durch die ganze Schweißnaht ausbreiten.
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Die
DE 10 2020 005 003 A1 betrifft ein Verfahren zur Vermeidung einer Rissbildung beim thermischen Fügen von mindestens zwei Fügepartnern aus metallischen Werkstoffen, wobei eine von einer Rissneigung des Werkstoffs des Fügepartners abhängige Abstandsbreite zu einer Bauteilkante des Fügepartners ermittelt wird, wobei die Fügung der Fügepartner unterhalb der ermittelten Abstandsbreite zur Unterbindung einer Rissbildung durchgeführt wird.
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In der
DE 10 2020 005 003 A1 wird demnach die Problematik der Rissbildung und deren Vermeidung beschrieben, jedoch berührt dies nicht eine frühzeitige Detektion der Neigung zur Rissbildung eines Blechbauteils. Die Vorhersage der Rissbildung und Rissausbreitung ist insofern schwierig, da die Grundwerkstoffinformationen keine Aussage zur Fügbarkeit geben, und aus dem Stand der Technik keine geeignete Prüfmethodik zur Bewertung der Kaltrissneigung beim Schweißen zur Verfügung steht. Mit den bisherigen Verfahren zur Qualitätsbewertung beim (Laser-)schweißen kann eine Kaltrissneigung der Karosseriestähle nicht ermittelt werden, weshalb je nach Werkstoff, Probengeometrie, Prozessparameter und Oberflächenzustand die Gefahr der zeitverzögerten Rissbildung die Folge sein kann.
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Es ist daher eine Aufgabe der Erfindung, eine Testmethodik mit entsprechendem Prüfkörper und Schweißparametern zu entwickeln, um die Kaltrissneigung und folglich die Schweißbarkeit eines Blechbauteils frühzeitig zu detektieren.
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Die Erfindung ergibt sich aus den Merkmalen der unabhängigen Ansprüche. Vorteilhafte Weiterbildungen und Ausgestaltungen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
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Ein erster Aspekt der Erfindung betrifft ein Verfahren zur Ermittlung einer Fügeeignung eines Blechbauteils, aufweisend die Schritte:
- - Verspannen von Blechen unter Einhaltung eines erforderlichen Entgasungsspaltes;
- - Schweißen, insbesondere Laserschweißen, der Bleche im vollständigen Überlapp mit Streckenenergie, sodass beide Bleche vollständig durchschweißt sind;
- - Ermitteln einer Kaltrissneigung durch optische Begutachtung der Bleche (1) über vorgegebene zeitliche Intervalle und durch Ermittlung eines Risswachstums eines Kaltrisses über die Intervalle; und
- - Ableiten einer Fügeeignung des Blechbauteils aus der ermittelten Kaltrissneigung zumindest eines der Bleche.
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Die Bleche werden daher in einem ersten Schritt gegeneinander verspannt und gegen eine Unterlage eingespannt. Die Bleche sind damit auf eine Unterlage fixiert und können zusammen geschweißt werden, wobei die Bleche für einen Entgasungsspalt einen gewissen Abstand voneinander entfernt sind. Diese Distanzierung wird bevorzugt mittels einer Distanzfolie erreicht.
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Im weiteren Schritt findet ein Verschweißen der Bleche statt, insbesondere durch Laserschweißen. Die sich ergebende Schweißnaht verbindet nach Fertigstellung des Schweißprozesses die beiden Bleche miteinander dadurch, dass geschmolzenes Material an einem ersten Blech mit dem Schweißgut und geschmolzenes Material an einem zweiten Blech kontinuierlich zusammenhängen.
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Der Schweißvorgang kann unter Einfluss von Öl stattfinden, das Öl kann jedoch auch weggelassen werden. Vorteilhaft werden Versuche mit dem Einfluss von Öl und ohne das Öl parallel durchgeführt, um einen breiteren Prüfbereich erhalten zu können.
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Diese Verschweißung wird anschließend dadurch auf Kaltrissneigung geprüft, indem die erhaltene Probe über vorgegebene zeitliche Intervalle betrachtet wird. Die Betrachtung erfolgt bevorzugt mittels leicht vergrößernder visueller Hilfsmittel im ersten Schritt, kann jedoch durch entsprechend höher vergrößernde Hilfsmittel wie einem Mikroskop unterstützt werden. Auch Röntgengeräte zum zerstörungsfreien Prüfen und Ultraschalluntersuchungen sind möglich. Die Intervalle sind hierbei bevorzugt größer werdend mit zunehmender vergangener Zeit, sodass anfangs zu kürzeren Intervallen eine Rissausbreitung untersucht wird, die nach dem Vergehen einiger Zeit jedoch größer werden. Diese Risse werden vorteilhaft dokumentiert, um das Rissausbreitungsverhalten im Nachhinein nachvollziehen zu können. Zur besseren Dokumentation bietet es sich an, entsprechende Fotografien der Kaltrisse anzulegen.
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Aus der zeitlichen Historie der Kaltrisse kann anschließend eine Fügeeignung eines oder beider der Bleche und damit des Blechbauteils abgeleitet werden. Je gravierender die Kaltrisse auftreten, umso schlechter ist dabei die Fügeeignung. Der Zusammenhang kann durch Erfahrungswerte oder Methoden der Bilderkennung quantifiziert werden.
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Es erfolgt somit mit diesem Verfahren eine Prüfung der Kaltrissempfindlichkeit beim Schweißen, bevorzugt Laserschweißen, höchstfester Karosseriestähle. Hierzu wird eine spezielle Probengeometrie für ein Prüfverfahren, sowie dieses Prüfverfahren selbst bereitgestellt. Diese technische Lösung zur frühzeitigen Detektion der zeitverzögerten Rissbildung führt zu einer Erhöhung der Prozessstabilität und Produktqualität.
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Es ist eine vorteilhafte Wirkung der Erfindung, dass eine definierte, standardisierte und wiederholbare Vorgehensweise erhalten wird, um die Schweißeignung eines Stahlbauteils zu überprüfen. Bei dem Prüfverfahren ist außerdem der Einfluss von unterschiedlichen Größen bewertbar und eine frühzeitige Detektion mit einfacher Geometrie möglich. Damit kann eine schnelle Klassifizierung und ein Ranking der Rissneigung unterschiedlicher Werkstoffe erreicht werden. Somit können Testverfahren zur frühzeitigen Absicherung der Schweißbarkeit z.B. bei Laserschweißungen an crashrelevanten Bauteilen wie Batterierahmen sowie überlappender Bauteile im Rohbau ausgeführt werden. Infolgedessen kann eine verbesserte Prozessstabilität und Produktqualität beim Laserschweißen hochfester Stahlwerkstoffe erreicht werden. Die frühzeitige Detektion der Rissgefahr vermindert die Notwendigkeit von Nacharbeiten und reduziert potentielle Prozessinstabilitäten.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausführungsform werden die Bleche vor dem Schweißen auf ihrer Oberfläche aus einer externen Wasserstoffquelle benetzt.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform sind die vorgegebenen zeitlichen Intervalle wie folgt vorgegeben: Nach höchstens 5 Minuten, nach 60 Minuten, nach 24 Stunden, nach 7 Tagen.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform wird ein Kaltriss bei der Ermittlung der Kaltrissneigung durch eine optische Vergrößerung betrachtet.
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Die optische Vergrößerung kann durch eine handelsübliche Lupe, d. h. ein Vergrößerungsglas realisiert werden, sind die Risse im kleineren Skalen dazu zu analysieren, können weitere Hilfsmittel wie ein Stereomikroskop verwendet werden.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform wird bei Nichterkennbarkeit eines oder mehrerer Kaltrisse in Betrachtungen mittels optischer Vergrößerung das jeweils zu untersuchende der Bleche mit einer Röntgeneinrichtung auf Kaltrisse untersucht.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform werden Bleche mit einer Blechdicke zwischen 0,8 mm und 2 mm verwendet.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform werden Bleche mit einer rechteckigen Umfangsgeometrie mit Längen im Bereich von 30 mm bis 60 mm für parallele und gleich lange erste Seiten und 80 mm bis 140 mm für parallele und gleich lange zweite Seiten der Umfangsgeometrie verwendet.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform wird eine erste Schweißnaht an einem ersten Paar von Blechen parallel zu den ersten Seiten und mittig zwischen den ersten Seiten ausgeführt, wobei die erste Schweißnaht mit einem jeweiligen vorgegeben Abstand zu den zweiten Seiten beginnt und endet, und wobei zwei zweite Schweißnähte an einem zweiten Paar von Blechen parallel zu den zweiten Seiten und mittig zwischen den zweiten Seiten ausgeführt werden, wobei die zwei zweiten Schweißnähte mit einem jeweiligen vorgegebenen Abstand zu den ersten Seiten beginnen und enden und mit einem weiteren vorgegebenen Abstand zueinander in Schweißrichtung beabstandet sind sowie gegenläufige Schweißrichtungen aufweisen.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform sind die Bleche beim Schweißen der Bleche durch mindestens eine Distanzfolie voneinander beabstandet getrennt.
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Die Distanzfolie ist bevorzugt hitzebeständig, um während des Schweißvorgangs nicht beschädigt zu werden oder sich an die Bleche zu kleben. Unter Umständen ist dabei eine sehr dünne Distanzfolie bereits ausreichend, beispielsweise in der Stärke von 0,1 mm.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform werden die Bleche zum Schweißen auf einem Grundkörper gelagert und mit Spannbacken verspannt, wobei das Schweißen oberhalb einer Nut des Grundkörpers ausgeführt wird und das auf dem Grundkörper aufliegende der Bleche einen Ausgleichsbereich aufweist.
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Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung, in der - gegebenenfalls unter Bezug auf die Zeichnung - zumindest ein Ausführungsbeispiel im Einzelnen beschrieben ist. Gleiche, ähnliche und/oder funktionsgleiche Teile sind mit gleichen Bezugszeichen versehen.
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Es zeigen:
- 1: Ein Verfahren zur Ermittlung einer Kaltrissneigung gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung.
- 2: Einen Aufbau mit Blechen zum Ausführen des Verfahrens nach 1 gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung.
- 3: Eine erste Probe mit zu verschweißenden Blechen gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung.
- 4: Eine zweite Probe mit zu verschweißenden Blechen gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung.
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Die Darstellungen in den Figuren sind schematisch und nicht maßstäblich.
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1 zeigt ein Verfahren zur Ermittlung einer Kaltrissneigung eines Bauteils aus StahlBlech für eine Karosserie des Fahrzeugs. In einem ersten Schritt werden Bleche 1 mit bewusst gewählter Geometrie unter Einhaltung eines erforderlichen Entgasungsspaltes eingespannt S1. Die Bleche 1, welche für eine Probe eingespannt werden, werden naturgemäß nicht im späteren Fahrzeugbau verwendet, sondern diese bilden die Eigenschaften des Stahl-Blechs für die Karosserie des Fahrzeugs nach, welches in Serienfertigung gebaut wird. Anschließend erfolgt das Schweißen S2 der Bleche 1 im vollständigen Überlapp mit Streckenenergie, sodass beide Bleche 1 vollständig durchschweißt sind. Dabei können Schweißraten von 3,6 kW oder 4 kW (bevorzugt in mehreren Versuchen mehrere Leistungen) angewendet werden. Es können auch höhere Leistungen wie 5,6 KW, insbesondere ohne Leistungsrampe am Ende der Naht, verwendet werden. Zudem bietet es sich an, einen Fokal-Durchmesser von 0,6 mm zu diesem Laserschweißvorgang zu verwenden. Zudem kann zur Korrosionsverhinderung Mineralöl aufgetragen werden. Bereits hierbei können sich Heißrisse bilden, die nach dem Abkühlen der verschweißten Bleche 1 Kaltrisse ausbilden können, die sich vom Endkrater entgegen der ursprünglichen Schweißrichtung ausbreiten. Eine Kaltrissneigung der Bleche 1 und analog übertragen dazu des Stahl-Blechs für die Karosserie des Fahrzeugs wird dann durch optische Begutachtung über vorgegebene zeitliche Intervalle und durch Ermittlung eines Risswachstums eines Kaltrisses über die Intervalle ermittelt S3. Die vorgegebenen zeitlichen Intervalle werden länger mit zunehmender vergangener Zeit nach dem Schweißen und fordern eine Sichtprüfung beispielsweise nach höchstens 5 Minuten, nach 60 Minuten, nach 24 Stunden und nach 7 Tagen. Entsprechende optische Vergrößerungen können hierbei angewendet werden, beispielsweise zunächst eine 2-fache bis 7-fache Vergrößerung, bei Interesse an Details auch höhere Vergrößerungen wie beispielsweise 25-fach oder 32-fach. Die Ausbreitung von Kaltrissen wird entsprechend dokumentiert, um eine Fügeeignung des Stahl-Blechs aus der ermittelten Kaltrissneigung der verschweißten Bleche 1 in der Probe abzuleiten S4.
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2 zeigt einen vorteilhaften Aufbau, welcher verwendet werden kann, um das in 1 beschriebene Verfahren auszuführen. Die Bleche 1 werden auf einem Grundkörper 5 und aneinander fixiert. Zwischen die Bleche 1 wird vor dem Schweißen eine linksseitige und eine rechtsseitige Distanzfolie 3 angeordnet, um die Bleche 1 voneinander zu beanstanden, um einen erforderlichen Entgasungsspalt vorzusehen. Zum Verspannen der Bleche 1 und zum Fixieren auf dem Grundkörper 5 werden Spannbacken 7 verwendet. Die eingetragene Schweißnaht erfolgt oberhalb einer Nut 9 des Grundkörpers 5. Das auf dem Grundkörper 5 aufliegende der Bleche 1 weist zudem einen Ausgleichsbereich auf.
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3 und 4 zeigen spezielle verwendete Geometrien der Bleche aus einer Oberansicht, sowie aus einer Schnittansicht mit der sich ergebenden Schweißnaht. Da für diese beiden Figuren bevorzugte Maße angegeben werden, weisen diese beiden Figuren keinerlei Bezugszeichen auf. Alle Zahlen der 3 und 4 sind als Längenangaben in Millimeter zu verstehen. Ferner bedeutet die Angabe „WD“ die „welding direction“, d. h. die Schweißrichtung. Wie aus den Figuren ersichtlich werden zwei Proben mit unterschiedlichen Schweißrichtungen bezüglich der Geometrie der Bleche verwendet. Hierfür werden speziell entwickelte, selbstbelastete Proben mit gegenläufiger Anordnung der Schweißnähte verwendet, die mit Durchlaufen des Kaltrissprüfverfahrens die Rissneigung beim Laserstrahlschweißen eines höchstfesten Stahls eindeutig und reproduzierbar wiedergeben. Dazu werden Bleche mit Stahl mit einer Zugfestigkeit von 780 MPa verwendet, die je eine Stärke von 1,5 mm aufweisen.
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Obwohl die Erfindung im Detail durch bevorzugte Ausführungsbeispiele näher illustriert und erläutert wurde, ist die Erfindung nicht durch die offenbarten Beispiele eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden, ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen. Es ist daher klar, dass eine Vielzahl von Variationsmöglichkeiten existiert. Es ist ebenfalls klar, dass beispielhaft genannte Ausführungsformen wirklich nur Beispiele darstellen, die nicht in irgendeiner Weise als Begrenzung etwa des Schutzbereichs, der Anwendungsmöglichkeiten oder der Konfiguration der Erfindung aufzufassen sind. Vielmehr versetzen die vorhergehende Beschreibung und die Figurenbeschreibung den Fachmann in die Lage, die beispielhaften Ausführungsformen konkret umzusetzen, wobei der Fachmann in Kenntnis des offenbarten Erfindungsgedankens vielfältige Änderungen, beispielsweise hinsichtlich der Funktion oder der Anordnung einzelner, in einer beispielhaften Ausführungsform genannter Elemente, vornehmen kann, ohne den Schutzbereich zu verlassen, der durch die Ansprüche und deren rechtliche Entsprechungen, wie etwa weitergehende Erläuterungen in der Beschreibung, definiert wird.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102020005003 A1 [0003, 0004]