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Die vorliegende Erfindung betrifft das Gebiet der Elektromobilität, insbesondere der Elektronikmodule.
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Die Verwendung von Elektronikmodulen, etwa Leistungselektronikmodulen, bei Kraftfahrzeugen hat in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen. Dies ist einerseits auf die Notwendigkeit, die Kraftstoffeinsparung und die Fahrzeugleistung zu verbessern, und andererseits auf die Fortschritte in der Halbleitertechnologie zurückzuführen.
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Inverter, auch Stromrichter genannt, benötigen ein Leistungsmodul oder ein Halbleiterpackage, damit der aus einer Batterie bzw. dem Akkumulator stammende Gleichstrom in Wechselstrom umgewandelt wird. Das Leistungsmodul weist topologische Schalter mit Leistungstransistoren auf, die zum Steuern der Ströme und zur Erzeugung des Wechselstroms verwendet werden. Dabei sind unterschiedliche Ausgestaltungen von Leistungstransistoren bekannt. Unter anderem ist es bekannt, sogenannte MOSFETs (Metall-Oxid-Halbleiter-Feldeffekttransistor) oder IGBTs (Insulated Gate Bipolar Transistor) zu verwenden. Das dabei verwendete Halbleitermaterial kann Silizium (Si), Siliziumcarbid (SiC), Galliumnitrid (GaN) oder jedes andere Halbleitermaterial sein. Auch bereits bekannt ist die Verwendung unterschiedlicher Halbleiterarten in einem topologischen Halbleiterschalter, also z.B. eine Kombination aus SiC-MOSFET und Si-IGBT. Um diese parallel zu betreiben, sind unterschiedliche Ansteuerverfahren bekannt, z.B. ein XOR-Betrieb, bei dem jeweils nur einer der Halbleiterschalter aktiv ist. Durch die verringerte Halbleiterfläche jedes Leistungshalbleiters sind jedoch vor allem Fehlerfälle kritisch, da hier nur die reduzierte Chipfläche zur Verfügung steht.
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Deshalb liegt der Erfindung die Aufgabe zu Grunde, ein verbessertes Verfahren zur Ansteuerung eines topologischen Halbleiterschalters für ein Leistungselektroniksystem im Fehlerfall bereitzustellen.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch die Merkmale der unabhängigen Ansprüche. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
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Vorgeschlagen wird ein Verfahren zur Ansteuerung eines topologischen Halbleiterschalters für ein Leistungselektroniksystem, wobei der topologische Halbleiterschalter in mindestens zwei Gruppen an Leistungshalbleitern unterteilt ist, wobei bei Erkennen eines aktiven Kurzschlusses eine Umschaltung von dem Leistungshalbleiter, der den Kurzschluss zuerst führt, auf den anderen Leistungshalbleiter erfolgt.
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In einer Ausgestaltung ist vorgesehen, dass die Umschaltung sofort bei Erkennen oder in einem Stromminimum erfolgt.
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In einer Ausgestaltung ist vorgesehen, dass im Falle, dass beide Leistungshalbleiter einen auf einen AKS-Fehlerfall ausgelegten Gatewiderstand aufweisen, ein kontinuierliches Umschalten zwischen den Leistungshalbleitern erfolgt, wenn eine vorgegebene Temperatur eines der Leistungshalbleiter erreicht oder überschritten wird.
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In einer Ausgestaltung ist vorgesehen, dass zur Verhinderung von Überspannungen ein Soft-Turn-OFF zum Ausschalten der Leistungshalbleiterverwendet wird, indem im Falle, dass keine Strominformationen vorliegen und ein Soft-Turn-OFF-Gatewiderstand vorhanden ist, dieser verwendet wird, oder der Soft-Turn-OFF durch eine externe Beschaltung realisiert wird, oder ein Gatewiderstand des Leistungshalbleiters als Soft-Turn-OFF-Widerstand ausgelegt und verwendet wird.
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Ferner wird ein Leistungselektronikmodul vorgeschlagen, aufweisend mindestens einen topologischen Halbleiterschalter, der in mindestens zwei Gruppen an Leistungshalbleitern unterteilt ist, sowie einer Steuereinheit, die zur Ansteuerung des topologischen Halbleiterschalters mit dem Verfahren eingerichtet ist.
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In einer Ausgestaltung ist vorgesehen, dass die Leistungshalbleiter der Gruppen aus unterschiedlichen Halbleitermaterialien und/oder unterschiedlichen Halbleitertypen und/oder unterschiedlichen Halbleiterflächen bestehen.
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In einer Ausgestaltung ist vorgesehen, dass einer der Leistungshalbleiter ein SiC-MOSFET und der andere ein Si-IGBT ist.
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Ferner wird ein Inverter bereitgestellt, aufweisend das Leistungselektronikmodul. Ferner wird ein Elektroantrieb eines Fahrzeugs bereitgestellt, aufweisend den Inverter. Ebenfalls wird ein Kraftfahrzeug bereitgestellt, aufweisend einen mittels dem Elektroantrieb angetriebenen Elektromotor.
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Weitere Merkmale und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen der Erfindung, anhand der Figuren der Zeichnung, die erfindungsgemäße Einzelheiten zeigt, und aus den Ansprüchen. Die einzelnen Merkmale können je einzeln für sich oder zu mehreren in beliebiger Kombination bei einer Variante der Erfindung verwirklicht sein.
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Bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung werden nachfolgend anhand der beigefügten Zeichnung näher erläutert.
- 1 zeigt einen prinzipiellen Aufbau eines topologischen Halbleiterschalters gemäß einer Ausführung der vorliegenden Erfindung.
- 2 zeigt das Prinzip einer XOR-Ansteuerung des in 1 gezeigten topologischen Halbleiterschalters.
- 3 zeigt simulierte Diagramme über die Zeit eines AKS-Stroms, einer AKS-Leistung und einer AKS-Temperatur wie gemäß Stand der Technik üblich.
- 4 und 5 zeigen jeweils simulierte Diagramme über die Zeit eines AKS-Stroms, einer AKS-Leistung und einer AKS-Temperatur gemäß zwei unterschiedlichen Ausführungen der vorliegenden Erfindung.
- 6 zeigt simulierte Diagramme mit kontinuierlicher Umschaltung über die Zeit eines AKS-Stroms, einer AKS-Leistung und einer AKS-Temperatur gemäß einer Ausführung der vorliegenden Erfindung.
- 7 zeigt ein Kraftfahrzeug mit einem Inverter und einer Steuereinrichtung gemäß einer Ausführung der vorliegenden Erfindung.
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In den nachfolgenden Figurenbeschreibungen sind gleiche Elemente bzw. Funktionen mit gleichen Bezugszeichen versehen.
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Der parallele Betrieb von topologischen Halbleiterschaltern 100 unterschiedlicher Halbleitergruppen, z.B. eines Siliziumkarbid (SiC)-MOSFETs 10 und eines Silizium (Si)-IGBTs 20, wie in 1 gezeigt, ist durch mehrere Ansteuerverfahren möglich, welche alle durch einen entsprechenden Treiber als Steuereinheit 200 ausgeführt werden. Ein vielversprechendes Verfahren ist dabei die zeitlich getrennte Ansteuerung der Halbleiter, die sogenannte XOR-Ansteuerung, wie in 2 dargestellt. Hierbei übernimmt jeweils nur eine Halbleitergruppe den gesamten Strom. Z.B. ist im gestreiften Bereich der Siliziumkarbid-MOSFET 10 leitend, während der gepunktete (mittlere) Bereich vom Silizium-IGBT 20 übernommen wird. Die XOR Ansteuerung ermöglicht mehrere Vorteile, z.B. optimierte Gatewiderstände GMOSFET, GIGBT1. Außerdem ist nur ein Stromsensor nötig etc.
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Wie bereits erwähnt ist die verringerte Halbleiterfläche jedes Leistungshalbleiters im XOR-Betrieb vor allem Fehlerfall kritisch, da hier nur die reduzierte Chipfläche zur Verfügung steht. In Bezug auf die Software und Safety-Architektur ist es allerdings von Vorteil, in der XOR-Ansteuerung zu bleiben. Eine Fehlerbehandlung mit einem einzigen Halbleitermaterial kann jedoch eine Überlastung darstellen.
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In 3 ist eine Simulation der Temperaturen eines AKS-Stroms (AKS = aktiver Kurzschluss, oberstes Diagramm) gezeigt, wenn dieser jeweils nur mit der Fläche des MOSFET 10 (gestrichelte Linie) oder nur der Fläche des IGBT 20 (durchgehende Linie) gestellt würde (mittleres Diagramm). Mit der MOSFET-Fläche wird eine maximale Temperatur von 356°C, mit der IGBT-Fläche eine maximale Temperatur von 281°C erreicht (unterstes Diagramm).
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Ziel der Erfindung ist es, im Fehlerfall die thermische Belastung des den Strom aufnehmenden Leistungshalbleiters 10 oder 20 zu verringern.
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Zur Lösung des Problems wird eine angepasste XOR Ansteuerung für den Fehlerfall des AKS (aktiver Kurzschluss), kurz auch als AKS-Fehlerfall bezeichnet, vorgeschlagen. Der typische Fehlerstrom im aktiven Kurzschluss AKS ist ein exponentiell abklingender sinusförmiger Strom, wie in 3 im obersten Diagramm dargestellt.
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Die Kurzschlusszeit (in 3 zwischen t=0 und ca. t=0,02) am Anfang des Fehlerfalls bedingt den höchsten Energieeintrag in den Leistungshalbleiter 10, 20, wie in dem mittleren Diagramm zu sehen, wobei die gestrichelte Linie den Energieeintrag in den MOSFET 10 und die durchgehende Linie den Energieeintrag in den IGBT darstellt. Das erfindungsgemäße Verfahren schlägt vor, diesen anfänglichen Teil des Kurzschlussstroms durch den anderen Leistungshalbleitertyp (Leistungshalbleiter 10 bzw. 20) zu führen. Somit kann eine Verringerung der maximalen Temperatur T (unterstes Diagramm) beider Leistungshalbleiter 10, 20 erreicht werden, wie in den 4 und 5 dargestellt. 4 und 5 zeigen lediglich den Ausschnitt des Diagramms, der für das Verfahren relevant ist, also insbesondere die Zeitspanne des AKS.
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Hier ist zu sehen, dass im Falle eines AKS eine Umschaltung von dem den Kurzschluss zuerst tragenden Leistungshalbleiter 10, 20 auf den anderen Leistungshalbleiter 10, 20 erfolgt, sobald der AKS erkannt wird (oberstes Diagramm). Dabei ist zu sehen, dass beide Leistungshalbleiter 10, 20 eine maximale Temperatur von ca. 250°C erreichen (unterstes Diagramm). In Bezug auf den MOSFET 10 kann die maximale Temperatur damit um ca. 30% und für den IGBT 20 um ca. 7% verringert werden. In 4 werden Kurzschlussstrom (oberstes Diagramm) und Leistung (mittleres Diagramm) zuerst vom MOSFET 10 geführt, in 5 zuerst vom IGBT 20.
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Auch in 4 und 5 sind der MOSFET 10 wieder als gestrichelte Linie und der IGBT 20 wieder als durchgehende Linie dargestellt.
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Der maximale Energieeintrag und der optimale Umschaltzeitpunkt sind von diversen Parametern abhängig, unter anderem von der Geschwindigkeit des Kraftfahrzeugs 300, dem Design des Elektromotors und der Maximalleistung des Antriebs. Zusätzlich ist die Kurzschlussfestigkeit jedes Halbleitertyps abhängig von der Beschaffenheit des Inverters 400, also unter anderem dessen Kühlanbindung, Halbleiterfläche, Verhältnis (SiC-)MOSFET zu (Si-)IGBT. Abhängig vom gesamten Antriebssystem ergibt sich ein optimaler Umschaltzeitpunkt, welcher auf den dreiphasigen worst-case (schlechtesten Fall) ausgelegt werden muss.
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Je nach Sicherheitsarchitektur erfolgt die Umschaltung sofort nach Erkennen des AKS oder in einem Stromminimum, um eine Überspannung am Leistungshalbleiter 10, 20 zu verhindern. Ein Erkennen des AKS kann vom Fachmann in bekannter Weise erfolgen, z.B. über eine Treiberschaltung.
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Sollte keine Strominformation vorliegen, ist die Verwendung eines Soft-Turn-OFF-Gatewiderstands zweckmäßig, welcher die Überspannung verhindern kann. Dieser dient dazu, beide Leistungshalbleiter 10, 20 langsam auszuschalten, um eine Überspannung zu verhindern.
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Sollte der Treiber keine Soft-Turn-OFF Funktionalität bereitstellen, kann diese durch eine externe Beschaltung realisiert werden.
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Eine weitere Möglichkeit ist, dass der „normale“ Gatewiderstand des Leistungshalbleiters 10, 20 auf diesen Fehlerfall ausgelegt wird und einen Soft-Turn-OFF bereitstellt. Die Einschaltdauer des ersten Leistungshalbleiters 10 oder 20 kann damit mit einer festen Zeit für den worst-case ausgelegt werden. Dadurch ist keine weitere Information im Fehlerfall nötig.
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Sofern beide Leistungshalbleiter 10, 20 einen erhöhten Gatewiderstand für den Kurzschlussfall besitzen, kann eine kontinuierliche Umschaltung erfolgen, um die maximale Temperatur jedes Leistungshalbleiters 10, 20 weiter zu begrenzen. Im Beispiel in 6 ist dies für eine maximale Temperatur von 200°C gezeigt. Das heißt, dass bei Erreichen dieser Temperatur durch einen der Leistungshalbleiter 10, 20 auf den anderen umgeschaltet wird. Dies kann wiederum sofort oder in einem Stromminimum erfolgen. Die jeweiligen Leitdauern jedes Leistungshalbleiters 10, 20 sind dabei wieder abhängig vom Gesamtsystem.
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Durch das vorgeschlagene Verfahren zur Ansteuerung eines topologischen Halbleiterschalters 100 für ein Leistungselektroniksystem mit hybriden Halbleiterschaltern 100, also Halbleiterschaltern 100, die aus mindestens zwei Gruppen an Leistungshalbleitern 10, 20 gebildet sind, kann im Fehlerfall des aktiven Kurzschlusses AKS eine optimierte Temperaturverteilung auf die Leistungshalbleiter 10, 20 realisiert und damit die Lebensdauer der Leistungshalbleiter 10, 20 verlängert werden. Unter Gruppen an Leistungshalbleitern 10, 20 ist zu verstehen, dass die verwendeten Leistungshalbleiter 10, 20 unterschiedliche Eigenschaften aufweisen können, also aus unterschiedlichen Materialien wie Si, SiC, GaN etc. bestehen, und/oder unterschiedliche Typen wie MOSFET, IGBT, JFET etc. und/oder unterschiedliche Flächen aufweisen können.
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Ein Leistungselektronikmodul im Rahmen dieser Erfindung dient zum Betreiben eines Elektroantriebs eines Fahrzeugs, insbesondere eines Elektrofahrzeugs und/oder eines Hybridfahrzeugs, und/oder elektrifizierten Achsen. Das Elektronikmodul umfasst einen DC/AC-Wechselrichter (Engl.: Inverter). Es kann außerdem einen AC/DC-Gleichrichter (Engl.: Rectifier), einen DC/DC-Wandler (Engl.: DC/DC Converter), Transformator (Engl.: Transformer) und/oder einen anderen elektrischen Wandler oder ein Teil eines solchen Wandlers umfassen oder ein Teil hiervon sein. Insbesondere dient das Elektronikmodul zum Bestromen einer E-Maschine, beispielsweise eines Elektromotors und/oder eines Generators. Ein DC/AC-Wechselrichter dient vorzugsweise dazu, aus einem mittels einer DC-Spannung einer Energiequelle, etwa einer Batterie, erzeugten Gleichstrom einen mehrphasigen Wechselstrom zu erzeugen.
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Inverter 400 für Elektroantriebe von Kraftfahrzeugen 300, insbesondere PKW und NKW, sowie Bussen, sind für den Hochvoltbereich ausgelegt und sind insbesondere in einer Sperrspannungsklasse von ab ca. 650 Volt ausgelegt.
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Anwendung findet die beschriebene Schaltungsanordnung beispielsweise in Invertern 400, die in Kraftfahrzeugen 300 verbaut sind, wie in 7 gezeigt. Das Kraftfahrzeug 300 kann insbesondere eine elektrisch angetriebene Achse aufweisen. Das Kraftfahrzeug 300 kann grundsätzlich als rein verbrennungsmotorisches Kraftfahrzeug, als Hybrid-Kraftfahrzeug oder als Elektrofahrzeug ausgebildet sein.
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Bezugszeichenliste
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- 100
- Halbleiterschalter
- 10
- MOSFET
- 20
- IGBT
- 200
- Steuereinheit
- 300
- Kraftfahrzeug
- 400
- Inverter
- GMOSFET
- Gate MOSFET
- GIGBT1
- Gate IGBT
- AKS
- aktiver Kurzschluss
- i
- Strom
- t
- Zeit
- T, Temp.
- Temperatur
- P
- Leistung