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STAND DER TECHNIK
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Die Erfindung betrifft einen Glaswerkstoff auf Alkalisilikat-Basis mit der Fähigkeit zur Selbstheilung und mit hoher Langzeit-Haltbarkeit. Die Erfindung betrifft auch ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Glaswerkstoffs und dessen Verwendung.
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Im Rahmen dieser Anmeldung bezeichnet der Begriff „Glas“ allgemein Stoffe im amorphen, nichtkristallinen Festzustand. Im engeren Sinne steht der Begriff „Glas“ für ein anorganisches, meist oxidisches Schmelzprodukt, das durch einen Einfriervorgang ohne Auskristallisation der Schmelzphasenkomponenten in den festen Zustand überführt wird (unterkühlte Schmelze). Der Begriff „Glaswerkstoff“ bezeichnet demgegenüber entsprechende Schmelzprodukte, bei denen es teilweise zu einer Auskristallisation von Schmelzphasenkomponenten kommen kann, so dass ein Glaswerkstoff neben einer oder mehreren (amorphen) Glasphasen auch Volumenbereiche mit durch Auskristallisation entstandenen kristallinen Phasen enthalten kann. Der Begriff „Glaswerksstoff“ soll sowohl Gläser im engeren Sinne (ausschließlich amorphe Phasen) als auch Glaskeramik-Werkstoffe umfassen, die eine oder mehrere glasige Phasen und eine oder mehrere kristalline Phasen enthalten.
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Ein Glaswerkstoff auf Alkalisilikat-Basis kann ein Alkalisilikatglas enthalten oder ausschließlich aus einem Alkalisilikatglas bestehen. Ein Alkalisilikatglas ist eine amorphe erstarrte Schmelze eines Gemenges, welches große Stoffmengenanteile von Siliziumdioxid und einem Alkalioxid oder mehreren Alkalioxiden enthält.
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Silikatgläser gelten gemeinhin als besonders langlebig. Allerdings gilt Glas auch als empfänglich für Sprödbruch. Die Gebrauchsfähigkeit kann sich allmählich oder plötzlich verschlechtern. Allein in den USA erleiden jede Minute ca. 100 Smartphones einen Displaybruch. Entsprechend intensiv arbeitet die Industrie daran, die Haltbarkeit anorganischer Gläser weiter zu verbessern.
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Man strebt dazu häufig an, eine besonders hohe Festigkeit zu erreichen, insbesondere für die Ecken und Kanten der Glaswerkstoffobjekte, da von dort häufig Risse und Defekte ausgehen. Außerdem sollten Glaswerkstoffe durch chemische Resistenz gegen Umwelteinflüsse vor langfristigen Schäden geschützt werden. Umweltbedingte Schäden können z.B. entstehen, wenn sich infolge einer Auslaugung bzw. Korrosion die Zusammensetzung im Bereich der Glaswerkstoffoberfläche verändert.
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Man geht davon aus, dass es bei der Korrosion anorganischer Glaswerkstoffe durch lonenaustauschprozesse an der Oberfläche zur Ausbildung gelartiger Schichten kommt, welche gewisse Glaseigenschaften (z. B. Transparenz) beeinträchtigen können. Insbesondere in Kontakt mit Wasser treten entsprechende Prozesse auf, die je nach Glaswerkstoffzusammensetzung unterschiedlich stark ausgeprägt sein können.
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Für die Leistungsfähigkeit und Lebensdauer von oxidischen Gläsern werden in der Regel vor allem die Eigenschaften und Anteile der Netzwerkbildner und der Netzwerkwandler als eigenschaftsbestimmend betrachtet. Netzwerkbildner, wie z.B. Siliziumdioxid SiO2, bauen das Netzwerk auf. Netzwerkwandler, wie z.B. Na2O, dienen als Flussmittel, spalten als basische Komponenten das Netzwerk auf und sorgen damit für eine Erniedrigung der Glasschmelztemperatur. Zwischenoxide bzw. Stabilisatoren, wie z.B. Aluminiumoxid (Al2O3), können in Abhängigkeit von Art und Konzentration eine netzwerkaufbauende oder netzwerkaufbrechende Funktion haben. In Abhängigkeit der Verhältnisse dieser Oxide im Material können die Eigenschaften des Glases gezielt verändert werden. Dabei zeigt sich u.a., dass hoch alkalihaltige Gläser tendenziell deutlich anfälliger für Korrosionserscheinungen sind als reines Kieselglas (Quarzglas, SiO2).
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AUFGABE UND LÖSUNG
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Vor diesem Hintergrund liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, einen Glaswerkstoff mit hoher Langzeit-Haltbarkeit und der Fähigkeit zur Selbstheilung bereitzustellen. Weiterhin sollen haltbare Glaswerkstoffartikel bereitgestellt werden, deren dauerhafte Gebrauchsfähigkeit durch die Eigenschaften des Glaswerkstoffs mitbestimmt werden und die ggf. kostengünstiger hergestellt werden können als vergleichbare Glaswerkstoffartikel aus einem konventionellen Glaswerkstoff.
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Zur Lösung dieser Aufgabe stellt die Erfindung einen Glaswerkstoff mit den Merkmalen von Anspruch 1 bereit. Weiterhin werden ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Glaswerkstoffs mit den Merkmalen von Anspruch 7 sowie verschiedene Verwendungen des Glaswerkstoffs bereitgestellt. Vorteilhafte Weiterbildungen sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben. Der Wortlaut sämtlicher Ansprüche wird durch Bezugnahme zum Inhalt der Beschreibung gemacht.
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Ein Glaswerkstoff gemäß der beanspruchten Erfindung gehört zur Klasse der Alkalisilikat-Glaswerkstoffe. Es kann sich vollständig um Alkalisilikatglas (ohne kristalline Phasen) handeln. Gegebenenfalls können aber auch Volumenanteile kristalliner Phasen enthalten sein. Vorzugsweise überwiegt bei mehrphasigen Glaswerkstoffen der Volumenanteil der Glasphase deutlich, z.B. können mehr als 60% oder mehr als 70% oder mehr als 80% oder mehr als 90% aus der Glasphase bestehen. Der Glaswerkstoff kann eine einzige Glasphase oder mehrere Glasphasen unterschiedlicher Zusammensetzungen aufweisen. Entsprechendes gilt für eventuell vorhandene kristalline Phasen.
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Der Glaswerkstoff enthält als wesentlichen Glasbildner Siliziumdioxid (SiO2) mit einem Stoffmengenanteil im Bereich von 55 mol% bis 90 mol%. Weiterhin enthält der Glaswerkstoff wenigstens ein Alkalimetalloxid aus der Gruppe Lithiumoxid (Li2O), Natriumoxid (Na2O), Kaliumoxid (K2O), Rubidiumoxid (Rb2O), Cäsiumoxid (Cs2O), wobei die Summe der Stoffmengenanteile von Alkalimetalloxid mindestens 10 mol% beträgt. Der Glaswerkstoff sollte im Vergleich zu vielen konventionellen Gläsern einen relativ hohen Alkalimetalloxid-Gehalt aufweisen. Vorzugsweise liegt die Summe der Stoffmengenanteile von Alkalimetalloxid deutlich über 10 mol%, z.B. bei 12 mol% oder mehr, oder bei 15 mol% oder mehr.
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Eine Besonderheit liegt nun darin, dass der Glaswerkstoff als ein „trockener Glaswerkstoff“ hergestellt ist. Der Begriff „trockener Glaswerkstoff“ bedeutet hierbei, dass der Gehalt an Hydroxidionen (OH-) im Glaswerkstoff, auch als „OH-Gehalt“, „Gehalt an OH-Gruppen“ oder - gebräuchlich, aber technisch nicht ganz korrekt - als „Wassergehalt“ bezeichnet, gegenüber einem Normal-Gehalt an Hydroxidionen eines Glaswerkstoffe gleicher Oxidmengenverhältnisse substantiell verringert ist. Der Glaswerkstoff wird somit bewusst mit einem möglichst geringen OH-Gehalt hergestellt.
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Es hat sich überraschenderweise herausgestellt, dass derartige Glaswerkstoffe einen gewissen Selbstheilungseffekt zeigen in dem Sinne, dass sich viele oberflächliche Kratzer oder Defekte selbst bei normalen Umgebungsbedingungen innerhalb relativ kurzer Zeiten unter Neubildung von Glas im Wesentlichen gleicher Zusammensetzung selbsttätig schließen. Damit ist ein Schutz gegen Korrosionsschäden gegeben.
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Um den Glaswerkstoff herzustellen, werden beim Verfahren zur Herstellung des Glaswerkstoffs besondere Maßnahmen ergriffen, um den Gehalt an OH-Gruppen in der Glasschmelze und später im Festkörper gering zu halten und/oder zu reduzieren.
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Ein Beitrag dazu kann darin bestehen, mit möglichst „trockenen“ Glasrohstoffen zu arbeiten und/oder bei der Gemengebereitung möglichst wenig oder kein Wasser zu verwenden. Beim Schmelzen kann versucht werden, den Eintrag von Wasser oder Wasserstoff in die Schmelze zu unterbinden oder zu minimieren und/oder der Schmelze Wasserstoff bzw. OH-Gruppen zu entziehen. Herstellverfahren, die dieses leisten können, werden hier als „Trocken-Verfahren“ bezeichnet.
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Als Vergleichsgröße zur Bestimmung des Gehalts an OH-Gruppen wird gemäß der hier gewählten Formulierung ein „Normal-Gehalt“ an Hydroxidionen bzw. OH-Gruppen angegeben. Der Normal-Gehalt stellt sich bei konventionellen Herstellungsprozessen dann ein, wenn keine besonderen Maßnahmen zur Vermeidung des Wasserstoff-Eintrags oder zur Reduzierung des OH-Gehalts der Glasschmelze getroffen werden. Konventionell wird beispielsweise häufig mit feuchten Glasrohstoffen gearbeitet. Beim Mischen werden üblicherweise ca. 3-4 % Wasser zugesetzt, um den Staubanfall zu mindern und den Einschmelzvorgang zu erleichtern. Zum Erschmelzen und zur Wärmebehandlung der Glasschmelze wird konventionell meist mit gasförmigen Brennstoffen (z.B. Erdgas, Stadtgas o.dgl.) gearbeitet, die einen Wasserstoffeintrag verursachen.
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Auf diese Weise konventionell hergestellte Glaswerkstoffe haben typischerweise einen OH-Gehalt von mindestens 150 ppm bis 200 ppm, meist mehr. Ein OH-Gehalt von 150 ppm OH-Ionen wird hier als untere Grenze für den „Normal-Gehalt“ angesehen. Der ppm-Gehalt wird in Gewichts-ppm (Gew. ppm, ppm per weight) angegeben.
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Bei einem Trocken-Verfahren sollte dagegen z.B. beim Mischen möglichst auf Wasser verzichtet oder nur deutlich weniger Wasser als üblich verwendet werden. Auch bei der Heiztechnik zur Erzeugung und Behandlung der Schmelze sollte auf vermeidbaren Eintrag von OH verzichtet werden und/oder es sollten Bedingungen geschaffen werden, die der Schmelze OH-Gruppen entziehen. Beispielsweise sollte beim Erwärmen und der Wärmebehandlung der Glasschmelze auf gasförmige Brennstoffe wie Erdgas, Flüssiggas, Stadtgas, reinen Wasserstoff und auf Heizöl verzichtet werden. Durch Schmelzen der Glasrohstoffe mittels einer Elektroheizung kann dagegen Wasserstoffeintrag vermieden oder vermindert werden. Durch Erschmelzen der Glasschmelze in trockener Atmosphäre oder unter Vakuum oder Unterdruck können der Glasschmelze OH-Ionen entzogen werden. Auch eine Zugabe von geringen Mengen von Fluoriden, wie z.B. NaF und/oder RbF, kann zur Trocknung beitragen. Die F- - Ionen können OH-Ionen verdrängen und dadurch den Wassergehalt verringern.
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Die Bestimmung des OH-Gehaltes erfolgte durch Infrarotspektroskopie (IR-Spektroskopie) über eine Bande bei ca. 2800 nm. Bei manchen Ausführungsformen konnte mittels IR-Spektroskopie kein zuverlässiger Wert für den OH-Gehalt festgestellt werden, so dass ein eventueller OH-Gehalt unterhalb der Nachweisgrenze der verwendeten Apparatur (ca. 10 ppm (Gewichts ppm) lag. Daraus wird konservativ gefolgert, dass der OH-Gehalt deutlich unterhalb von 100 ppm liegen kann, z.B. bei 50 ppm oder weniger, insbesondere bei 20 ppm oder darunter, ggf. auch bei weniger als 10 ppm.
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Der Erfindung liegen unter anderem die folgenden Überlegungen und Erkenntnisse zugrunde.
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Es gibt bereits vielfältige Ansätze zur Vermeidung von Korrosionseffekten, die von Beschichtungen (vgl.
WO 2013/023782 A1 oder
DE 10 2008 056 792 A1 ) bis hin zur Wahl von nicht oder kaum korrosionsanfälligen Glaszusammensetzungen reichen. Die Korrosionsbeständigkeit wird herkömmlicher Weise durch die Veränderung der chemischen Zusammensetzung (insbesondere das Kationenverhältnis) verändert/gesteigert. So werden im Bereich der Glasherstellung unterschiedliche hydrolytische Klassen unterschieden. Die hydrolytische Klasse oder auch hydrolytische Resistenz eines Glases quantifiziert das Maß für die Extrahierbarkeit basischer Verbindungen aus dem Glas durch den Angriff von Wasser bei 98 °C. Die hydrolytische Klasse ist auch Grundlage für die Einteilung von Glasarten für die pharmazeutische Verwendung nach dem Europäischen Arzneibuch. Für die Ermittlung der hydrolytischen Klasse besteht der normierte Test ISO 719 (DIN 12111). Daraus ergibt sich z.B. die Tendenz, dass man ausgehend von einer Basis-Zusammensetzung durch Steigerung des Gehalts an Al
2O
3 die Korrosionsbeständigkeit steigern kann. Eine Steigerung ergibt sich danach tendenziell ebenfalls, wenn der Gehalt an Na
2O und/oder K
2O reduziert wird (vgl. z.B. www.glassproperties.com/chemical_durability/Spidergraph_ChemDurab.png).
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Die Erfinder haben erkannt, dass bei gewissen Alkalisilikat-Glaswerkstoffen der OH-Gehalt des Glaswerkstoffs im Zusammenhang mit der Verbesserung der Beständigkeit gegen Korrosionsschäden eine positive Rolle spielen kann, wenn er möglichst klein gehalten wird. Der Gehalt an Hydroxidionen sollte somit durch geeignete Maßnahmen auf ein Niveau deutlich unterhalb desjenigen Niveaus reduziert werden, das sich bei herkömmlichen, nicht „trockenen“ Herstellungsverfahren für vergleichbare Zusammensetzungen einstellt.
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Zwar ist gemeinhin bekannt, dass der OH-Gehalt einen Einfluss auf die Glaseigenschaften haben kann. Der von den Erfindern entdeckte Effekt ist jedoch phänomenologisch und chemisch überraschend, entspricht nicht der Intuition und kann zur Erzielung von technischen und wirtschaftlichen Vorteilen genutzt werden, was nachfolgend näher erläutert wird.
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Bei praktisch jedem Glasschmelzvorgang wird auch Wasser, das in Rohstoffen oder Umgebungsluft vorhanden ist, in die Glasnetzwerkstruktur in Form von Hydroxidionen (OH- Ionen) eingebaut. Selbst nach der Glasherstellung bei Temperaturen oberhalb 1.000 °C sind meist noch signifikante Mengen an Hydroxidionen, typischerweise einige Hundert Gew. ppm auf atomarer Ebene im Glas eingebaut.
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Durch die Erfinder konnte erstmals gezeigt werden, dass gewisse Alkalisilikat-Glaswerkstoffe, die wegen des Alkaligehalts deutlich hygroskopisch sind, in Kontakt mit (wasserstoffhaltiger) Umgebungsluft ein verändertes, im Sinne des Korrosionsschutzes günstiges Verhalten zeigen, wenn sie „wasserarm erschmolzen“ werden. Die Bezeichnung „wasserarm erschmolzen“ bedeutet hier vor allem, dass aktiv Maßnahmen getroffen werden, den Gehalt an Hydroxidionen in der Glasschmelze während des Schmelzprozesses zu reduzieren.
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Enthält das Glaswerkstoff dann nur noch einen geringen Hydroxidionengehalt, dann kann ein Selbstheilungseffekt eintreten. Dieser kann sich so auswirken, dass sich ein oberflächlicher Kratzer in normaler Umgebungsatmosphäre und bei normalen Umgebungstemperaturen (z.B. 10°C bis 45°C, insbesondere bei Raumtemperatur (20°C)), innerhalb relativ kurzer Zeiten (z.B. wenige Stunden, wenige Tage oder wenige Wochen) selbsttätig wieder schließt, indem sich im Kratzer neues Glasmaterial bildet, das im Wesentlichen dieselbe Zusammensetzung hat wie das Volumenmaterial des Glaswerkstoffartikels. Damit kann der Kratzer nicht mehr als Ausgangspunkt von Rissen oder als Einfallstor von schädigenden Substanzen ins Innere des Glaskörpers fungieren, so dass ein effektiver Schutzmechanismus vorliegt. Der Kratzer bzw. die Beschädigung sollte dazu nicht zu groß sein, denn zur Neubildung von Glaswerkstoff muss Si und Alkali aus dem umliegenden Material geliefert werden, was dort (z.B. aufgrund der Verletzung) höher komprimiert vorliegt und die Änderung der Dichte nicht ins Gewicht fällt. Die Aufnahme von CO2 in dem neu gebildeten Glaswerkstoff wurde ebenfalls experimentell beobachtet.
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Durch den Selbstheilungseffekt können oberflächliche Defekte, welche Ausgangspunkt für Materialversagen im Volumen sein können, intrinsisch repariert werden, wodurch sich eine Verlängerung der Gebrauchsfähigkeit eines Glaswerkstoffobjekts ergibt. Die Beständigkeit gegen Korrosionsschäden kann dadurch verbessert werden. Zudem kann als Folge dessen eine Verringerung der Glaswerkstoffdicke im Betracht gezogen werden, da sich das Design eines aus Glaswerkstoff gefertigten Glaswerkstoffartikels bzw. Objekts auch aus Erfahrungswerten zum Zerbrechen in Einsatzsituationen ergibt. Reduziert sich die Bruchanfälligkeit, so kann auch die Glaswerkstoffdicke reduziert werden, was zu leichteren Glaswerkstoffgegenständen und (als Folge dessen) zu leichteren Glaswerkstoffobjekten führt.
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Damit kann ggf. eine Gewichtsreduktion (z.B. im Bereich von Flaschenglas, Automobilgläsern, etc.) erzielt werden, welche unmittelbar eine Reduktion der CO2-Emissionen nach sich zieht. Außerdem muss bei der gleichen Anzahl von Glaswerkstoffobjekten dann nur noch ein geringeres Glaswerkstoffvolumen erzeugt werden, was sich in reduzierten Kosten für die eingesetzte Energie niederschlägt und gegenläufig zu ggf. steigenden Kosten für die Herstellung weniger Wasser enthaltender Glaswerkstoffe und eine Oberflächenbehandlung ist, so dass ein derartiger Glaswerkstoff konkurrenzfähig sein kann.
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Da mit wenigen Ausnahmen (z.B. Quarzglas und Glasfasern) viele der gängigen Glaswerkstoffsorten einen nicht zu vernachlässigenden Alkalianteil (insbesondere K2O, Na2O oder beide) aufweisen und somit insoweit prinzipiell für die Anwendung der Erfindung geeignet sein können, kann die Erfindung erhebliche positive wirtschaftliche Auswirkungen haben, da besser korrosionsgeschützte Glaswerkstoffe länger bestimmungsgemäß genutzt werden können.
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In Abkehr von konventionellen Ansätzen schlagen die Erfinder somit vor, einerseits vermeintlich korrosionsanfällige Alkalisilicat-Glaswerkstoffe mit hohen Alkaligehalten zu verwenden, die andererseits unter möglichst weitgehender Hydroxidionen-Armut im Glasnetzwerk hergestellt werden. Dadurch entsteht ein „durstiger“ Glaswerkstoff, welcher zur oberflächennahen Selbstheilung geeignet ist.
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Die Stärke des Selbstheilungseffekts kann in vielen Fällen erhöht werden, wenn besonders hohe Stoffmengenanteile von Alkalimetalloxid verwendet werden. Bei manchen Ausführungsformen liegt die Summe der Stoffmengenanteile von Alkalimetalloxid im Bereich von mehr als 15 mol% bis ca. 23 mol%, insbesondere im Bereich von 18 mol% bis 22 mol%.
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Bei manchen Ausführungsformen handelt es sich bei dem Glaswerkstoff um ein im Wesentlichen binäres System, bei dem außer dem Glasbildner Siliziumdioxid im Wesentlichen nur ein einziges Alkalimetalloxid vorliegt. Es gibt also keine weiteren Zutaten in nennenswertem Ausmaß. Ein „im Wesentlichen binäres System“ in diesem Sinne enthält maximal 2 mol% Fremdsubstanzen (Substanz ohne SiO2 und ohne Alkalimetalloxid), insbesondere höchstens 1 mol% Fremdsubstanzen. Es hat sich gezeigt, dass hierdurch der genannte Selbstheilungseffekt besonders ausgeprägt auftreten kann. Bei manchen Ausführungsformen umfasst der Glaswerkstoff im Wesentlichen nur 75 mol% bis 85 mol% SiO2 und 15 mol% bis 25 mol% Alkalimetalloxid, wobei die Summe der Stoffmengenanteile von SiO2 und dem Alkalimetalloxid im Bereich von 98 mol% bis 100 mol% liegt.
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Es gibt Ausführungsformen, bei denen ein Glaswerkstoff ca. 75 mol% bis 85 mol%, insbesondere ca. 80 mol% Siliziumdioxid und im Übrigen im Wesentlichen nur Rubidiumoxid mit einem Stoffmengenanteil zwischen 15% und 25%, insbesondere ca. 20%, enthält. Rubidiumoxid wurde u.a. als Beispiel eines besonders stark hygroskopischen Alkalioxid-Glaswerkstoff gewählt. Der Selbstheilungseffekt war sehr deutlich ausgeprägt.
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Bei anderen Ausführungsformen wurde ein binärer Glaswerkstoff hergestellt, der hauptsächlich Siliziumdioxid und Kaliumoxid, und zwar vorzugsweise mit einem Stoffmengenanteil zwischen 70% und 80%, insbesondere ca. 75 mol%, an Siliziumdioxid, und ca. 20% bis 30 mol%, insbesondere ca. 25 mol%, Kaliumoxid enthielt. Der Selbstheilungseffekt war deutlich nachweisbar, aber schwächer ausgeprägt als bei Verwendung von Rubidiumoxid.
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Ein Vergleich derartiger binärer Systeme legt den Schluss nahe, dass der Selbstheilungseffekt besonders ausgeprägt ist, wenn der Alkalimetalloxidgehalt einen besonders hygroskopischen Glaswerkstoff bedingt.
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Es hat sich gezeigt, dass es möglich ist, die Stärke des Selbstheilungseffektes beziehungsweise des Korrosionsschadenschutzeffektes durch gezielte Änderungen beziehungsweise Modifikationen der Zusammensetzung in gewissen Grenzen zu beeinflussen.
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Bei manchen Ausführungsformen enthält der Glaswerkstoff zusätzlich zu den Stoffmengenanteilen von Siliziumdioxid und Alkalimetalloxid (einem oder mehreren) wenigstens ein Oxid eines zweiwertigen Metalls aus der Gruppe mit Magnesium (Mg), Calcium (Ca), Strontium (Sr), Barium (Ba), Zink (Zn) und Mangan (Mn) mit einem Stoffmengenanteil von ca. 0,5 mol% bis ca. 5 mol%. Momentan wird davon ausgegangen, dass das zugefügte dritte Material die Netzwerkstruktur hin zu geringerer Korrosionsanfälligkeit verändert, wodurch dann der Selbstheilungseffekt schwächer ausfällt.
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Generell können im Glaswerkstoff geringe Mengen weiterer Elemente enthalten sein, z.B. (AI, Zr, Pb, Fe, F...).
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Ein Verfahren zur Herstellung eines Glaswerkstoffs oder Glaswerkstoffartikels aus oder mit dem Glaswerkstoff gemäß der beanspruchten Erfindung umfasst in an sich bekannter Weise das Schmelzen der Glasrohstoffe zur Bildung einer fließfähigen Glasschmelze (Temperaturen typischerweise mindestens 1000°C), das optionale Formen eines Glaswerkstoffartikels aus der Glasschmelze und das anschließende Abkühlen des Glaswerkstoffs oder des Glaswerkstoffartikels, wodurch sich die unterkühlte Schmelze ergibt. Eine Besonderheit der Verfahrensführung besteht darin, dass das Verfahren als Trocken-Verfahren derart ausgebildet ist, dass der Glaswerkstoff als ein trockener Glaswerkstoff hergestellt wird, indem ein Gehalt an Hydroxidionen (OH-) im Glaswerkstoff gegenüber einem Normal-Gehalt an Hydroxidionen verringert wird.
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Generell werden bei dem Trocken-Verfahren besondere Maßnahmen ergriffen, um den Gehalt an OH-Gruppen in der Glasschmelze und später im Festkörper gering zu halten und/oder zu reduzieren. Wie schon erwähnt, sollte nach Möglichkeit mit möglichst „trockenen“ Glasrohstoffen gearbeitet arbeiten werden. Bei der Gemengebereitung sollte möglichst wenig oder kein Wasser verwendet werden.
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Beim Schmelzen kann versucht werden, den Eintrag von Wasser oder Wasserstoff in die Schmelze zu unterbinden oder zu minimieren und/oder der Schmelze enthaltenen Wasserstoff bzw. OH-Gruppen zu entziehen.
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Gemäß einer Weiterbildung geschieht dies durch das sogenannte „Bubbling“, also durch das Einblasen wenigstens eines trockenen, mit der Glasschmelze nicht reaktiven Gases in die Glasschmelze zur Bildung von durch die Glasschmelze bewegten Blasen. Das Bubbling dient einerseits zur Unterstützung des Läuterungsprozesses der Glasschmelze, bei dem zum Beispiel Reaktionsgase wie Kohlendioxid aus der Schmelze entfernt werden. Außerdem führen die Blasen zu einer stärkeren Umwälzung des Glases in der Schmelzwanne, so dass auch eine Verbesserung der Homogenität der Glasschmelze erreicht werden kann. Vorliegend kann ein dritter Effekt genutzt werden, nämlich der Entzug von Wasserstoff aus der Schmelze durch das Bubbling. Dazu kann z.B. Argon oder ein anderes trockenes Inertgas eingeblasen werden, das der Schmelze ggf. und in gewissem Maße OH-Gruppen entziehen kann.
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Eine alternative Möglichkeit besteht im Erschmelzen der Glasschmelze unter Vakuum oder Unterdruck. Das Erschmelzen von Glas unter Vakuumbedingungen ist zwar im großtechnischen Einsatz recht aufwändig, kann jedoch grundsätzlich zur Trocknung der Glasschmelze genutzt werden. Das Schmelzen kann auch unter besonders getrockneter Atmosphäre bei Umgebungsdruck erfolgen.
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Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Glasrohstoffe mittels einer Elektroheizung zu erschmelzen. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Umstellung von Anlagen im Bereich der großtechnischen Glasherstellung auf die Nutzung erneuerbarer Energien von Bedeutung. Viele Anlagen im Bereich der großtechnischen Glasherstellung werden derzeit hinsichtlich ihrer Heizungskonzepte evaluiert und weiterentwickelt, um CO2-Emissionen zu reduzieren oder Abhängigkeiten von Brennstofflieferanten zu reduzieren. So kommen vermehrt Elektroheizungen und Hybridheizungen (wechselnde Elektroheizungen und Gasheizung) zum Einsatz. Bei den letztgenannten Heizungen schwankt der Wassergehalt jedoch in größeren Bereichen als bei konstanter Beheizung durch fossile Brennstoffe. Wichtig ist die Erkenntnis, dass bei Elektrobeheizung der OH-Gehalt verringert werden kann. Dagegen könnten Öfen mit Wasserstoffbrennern, die derzeit ebenfalls in der Diskussion sind, eher ungeeignet sein, da dort größere Mengen an Wasser entstehen.
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Ein weitere Trocknungsmöglichkeit ist die Zugabe von geringen Mengen an Fluoriden (z.B. NaF oder RbF). Die Fluorionen verdrängen dann die OH--Ionen und reduzieren somit den Wassergehalt.
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Ein großer Vorteil von Glaswerkstoffen der hier vorgeschlagenen Art besteht darin, dass sie durch eine Oberflächenbehandlung besonders korrosionsschadenresistent bzw. in Hinblick auf Korrosion langzeitstabil gemacht werden können.
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Gemäß einer Weiterbildung wird der Glaswerkstoff oder der Glaswerkstoffartikel nach dem Abkühlen einer Oberflächenbehandlung in Form einer Lagerung bzw. eines Reifeprozesses in einer Wasser enthaltenden Atmosphäre unterworfen. Dies erfolgt unter solchen Bedingungen, dass sich an einer Oberfläche des Glaswerkstoffs oder des Glaswerkstoffartikels eine Korrosionsschicht mit einer Schichtdicke von mindestens 50 nm und einer gegenüber dem darunterliegenden Volumenmaterial modifizierten Zusammensetzung bildet. In der Korrosionsschicht sind insbesondere der OH-Gehalt und der CO2-Gehalt höher als im darunterliegenden Volumenmaterial. Die Schichtdicke der Korrosionsschicht kann auch deutlich größer als 50 nm sein, z.B. 100 nm oder mehr, ggf. auch mehrere hundert Nanometer bis hin in die Größenordnung von einem Mikrometer (1 µm) oder mehreren Mikrometern. In der Regel erscheinen Schichtdicken in der Größenordnung von nicht mehr als 2 µm vorteilhaft. Die Korrosionsschicht ist somit wesentlich dicker als übliche, unter Umgebungseinfluss entstehende oberflächennahe Schichten mit einigen Nanometern Dicke.
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Vorzugsweise erfolgt die Lagerung bzw. Reifung gemäß einer Weiterbildung überwiegend oder ausschließlich bei „normalen“ Umgebungstemperaturen, z.B. bei Raumtemperatur (20°C) oder allgemeiner im Bereich von ca. 10°C bis 45°C. Für eine solche Lagerung ist somit keine aktive Wärmebehandlung des Glaswerkstoffs oder des Glaswerkstoffartikels z.B. bei Temperaturen von mehreren Hundert Grad, z.B. oberhalb von 700°C bis 800°C nötig. Dieser Aufwand und die damit verbundenen Kosten können somit entfallen. Die Alterung kann innerhalb vernünftiger Zeiträume (einige Tage oder wenige Wochen) „von selbst“ ablaufen.
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Die oberflächennahe Korrosionsschicht, die die freie Oberfläche bildet, wird in dieser Anmeldung auch als „Glashaut“ bezeichnet. Die Korrosionsschicht kann z.B. entstehen, wenn der Glaswerkstoff ausreichend lange in Umgebungsluft gelagert wird. Es kann auch bewusst eine Wasser enthaltende Atmosphäre zur Ausbildung der Korrosionsschicht geschaffen werden. Nach den bisherigen Erfahrungen stellen sich typischerweise Korrosionsschichtdicken von mindestens 50 nm ein, häufig liegen die Schichtdicken in der Größenordnung von einem oder mehreren Zehnteln Mikrometern bis zu einem Mikrometer oder auch darüber. Bei einem derart behandelten Glaswerkstoff oder Glaswerkstoffartikel ist also das unter der Korrosionsschicht liegende Volumenmaterial durch die Korrosionsschicht gegen Angriff von außen, z.B. durch OH-Ionen aus Wasser oder Laugen, zunächst geschützt.
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Gemäß einer Weiterbildung der Oberflächenbehandlung ist vorgesehen, dass nach der Bildung der Korrosionsschicht die Korrosionsschicht innerhalb einer Abtragzone durch Abtragen von Korrosionsschichtmaterial lokal begrenzt oder großflächig vollständig abgetragen wird.
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Es hat sich herausgestellt, dass die Tiefe eines anschließenden Materialabtrags im Bereich der Korrosionsschicht als weiterer Parameter zur bewussten Beeinflussung der Eigenschaften des Glaswerkstoffs beziehungsweise des Glaswerkstoffartikels genutzt werden kann. Dabei sind vor allem zwei Varianten mit unterschiedlichen Folgen für die Eigenschaften des Glaswerkstoffs vorteilhaft.
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Eine Weiterbildung ist dadurch gekennzeichnet, dass Korrosionsschichtmaterial nur bis zu einem Übergangsbereich zwischen der Korrosionsschicht und dem darunterliegenden Volumenmaterial abgetragen wird, so dass im Bereich der Abtragzone der Übergangsbereich freigelegt wird. Der Übergangsbereich ist dabei ein nur wenige Nanometer dicker Bereich, der zwischen Glasvolumenmaterial und dem Material der Korrosionsschicht liegt. In manchen derartigen Fällen hat sich gezeigt, dass durch die Beseitigung des Korrosionsschichtmaterials bei gleichzeitiger Vermeidung eines Materialabtrags in die Tiefe des darunter liegenden Volumenmaterials die damit gebildete neue freie Oberfläche so resistent gegen wasserstoffbedingte Korrosion werden kann, als sei sie imprägniert. Daher wird diese Behandlungsart auch als „Imprägnierung“ bezeichnet, obwohl kein gesondertes imprägnierendes Material aufgebracht wird. Es handelt sich stattdessen um eine „intrinsische Imprägnierung“ bzw. um eine Oberflächenkonditionierung.
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Bei der ersten Variante wird also nur die Glashaut beziehungsweise die Korrosionsschicht entfernt, ein tieferes Eindringen in das darunterliegende Volumenmaterial wird dagegen vermieden. Unter diesen Bedingungen kann gegebenenfalls der Imprägnierungseffekt eintreten, der sich dadurch auszeichnet, dass die so freigelegte Fläche am Übergangsbereich sich über lange Zeiträume chemisch und morphologisch praktisch nicht verändert und somit eine höhere Resistenz gegen Korrosion zeigt als das unmittelbar darunterliegende Glasvolumenmaterial. Damit kann ein effektiver Korriosionsschutz erreicht werden.
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Bei einer anderen Variante wird innerhalb der Abtragzone das Korrosionsschichtmaterial, ein Übergangsbereich zum darunterliegenden Volumenmaterial und ein Anteil des darunterliegenden Volumenmaterials bis zu einer bestimmten Tiefe abgetragen, so dass im Bereich der Abtragzone das ursprüngliche Volumenmaterial freigelegt wird. In diesen Fällen, wenn also die Schädigung des Materialabtrags durch die Korrosionsschicht und den Übergangsbereich hindurch ins Volumenmaterial reicht, werden die genannten Selbstheilungseffekte beobachtet, die gezielt zur Erzeugung besonderer Materialeigenschaften genutzt werden können. Insbesondere kann es zur selbsttätigen Neubildung von Glaswerkstoff in der Abtragzone und zum selbsttätigen Schließen der durch Materialabtrag entstandenen Lücke in der Korrosionsschicht kommen (Selbstheilung).
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Die Neubildung von Glasmaterial zum Schließen der Abtragzone im Rahmen der Selbstheilung kann dadurch gefördert werden, dass das Glas oder der Glasartikel nach Abtragen des Korrosionsschichtmaterials aus der Abtragzone in einer Wasserstoff enthaltenden Atmosphäre gelagert wird, also in einer Atmosphäre, die Wasserstoff bereitstellt. Die Atmosphäre kann z.B. Wasser oder Wasserstoffatome enthaltende Gase enthalten. Es kann auch ein Kontakt mit Wasser geschaffen werden, z.B. durch Benetzung mit flüssigem Wasser.
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Zum Abtragen von Korrosionsschichtmaterial im Rahmen der Oberflächenbehandlung wird bei bevorzugten Ausführungsformen ein Strahlwerkzeug verwendet, beispielsweise ein lonenstrahl, ein Plasmajet oder ein Laserstrahl. Dadurch können Abtragzonen hinsichtlich des Ortes und der Ausdehnung exakt vorgegeben werden.
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Der Abtrag von Korrosionsschichtmaterial kann jedoch auch auf mechanische Weise, zum Beispiel durch Einritzen oder Bildung eines Kratzers erfolgen, wie dies beispielsweise beim bestimmungsgemäßen Gebrauch eines Glasartikels passieren kann. Ein Kratzer kann auch mit einem Mikroindenter eingebracht werden.
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Für die Erzeugung des Imprägnierungseffekts kommt beispielsweise ein lonenstrahlabtrag in Betracht, der im Vakuum oder aber auch unter Verwendung von atmosphärischem Plasmajet oder linearen oder flächigen atmosphärische Plasmen und Flammen (die im weiteren Sinne auch Plasmen sind) durchgeführt werden kann. Bei Bedarf kann eine komplette Oberfläche, also nicht nur ein ausgewählter, definierter, räumlich begrenzter Bereich der Oberfläche, imprägniert werden, indem die Korrosionsschicht bis zum Übergangsbereich entfernt wird.
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Als weitere Alternative kann der Materialabtrag durch Lasermikrobearbeitung genutzt werden. Die Laserbestrahlung hat gleichzeitig noch das Potenzial, einen „zu feucht“ erschmolzenen Glaswerkstoff, also einen Glaswerkstoff mit keinem oder nur geringem OH-Ionen-Unterschuss, oberflächennah zu trocknen. Im letzteren Fall wird die Fluenz des Strahlwerkzeugs Laser so gewählt, dass keine Ablation eintritt und stattdessen nur eine Erwärmung des Materials erfolgt, die ein Austreiben von OH-Gruppen zur Folge haben kann.
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Aufgrund der guten Fokussierbarkeit von Strahlwerkzeugen (lonenstrahl, Plasmajet und Laser) kann der Selbstheilungseffekt auch zur Erzeugung individualisierter Mikrooptiken genutzt werden, deren Form, Größe, Positionierung auf einem Substrat etc. durch die Verfahrensführung gezielt vorgegeben werden können. Entsprechendes gilt für Beschriftungen oder andere Markierungen.
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Die Erfindung betrifft auch einen Glaswerkstoffartikel, der einen Glaswerkstoff gemäß der beanspruchten Erfindung aufweist und/oder nach dem Verfahren hergestellt ist. Bei dem Glaswerkstoffartikel kann es sich beispielsweise um einen Glaswerkstoffartikel aus folgender Gruppe handeln: Fensterglas; Displayglas; Flaschenglas; Automobilverglasung; optisches Hochleistungsglas, insbesondere in Form eines Mikrolinsen-Arrays; Korrekturoptik, insbesondere Korrekturoptik mit nur einer geringen lokalen Linsenwirkung; anderer Glaswerkstoffartikel mit einer Oberfläche, auf der eine Markierung oder eine Beschriftung oder eine Beschichtung durch Aufbringen des Glaswerkstoffs auf die Oberfläche des anderen Glaswerkstoffartikels aufgebracht ist.
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In denjenigen Fällen, bei denen der beschriebene Selbstheilungseffekt unter Neubildung von Glaswerkstoff im Bereich einer Abtragzone stattgefunden hat, kann dies bei manchen Beispielen daran festgestellt werden, dass der Glasartikel an mindestens einer Oberfläche eine Korrosionsschicht mit einer Korrosionsschichtdicke von mindestens 50 nm und einer gegenüber dem darunterliegenden Glasvolumen modifizierten Morphologie und/oder Zusammensetzung aufweist, wobei die Oberfläche an mindestens einer Stelle eine Zone ohne Korrosionsschicht und im Bereich der Zone eine lokale Aufwölbung der Oberfläche aufweist, die im Wesentlichen aus dem Glasvolumenmaterial besteht. Auf diese Weise können beispielsweise Mikrolinsen in einem Glasartikel erzeugt werden. Wird gezielt ein Raster von Abtragzonen erzeugt, die jeweils eine lokale Aufwölbung zeigen, so können auf diese Weise zum Beispiel Mikrolinsen-Arrays für optische Systeme hergestellt werden.
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Die Erfindung betrifft auch die Verwendung eines Glaswerkstoffs oder eines Glaswerkstoffartikels gemäß der beanspruchten Erfindung. Der Glaswerkstoff oder daraus hergestellte Glaswerkstoffartikel können zum Beispiel als Fensterglas oder Displayglas oder Flaschenglas oder auch für Automobilverglasung verwendet werden. Der Glaswerkstoff kann auch zur Herstellung optischer Hochleistungsgläser verwendet werden, gegebenenfalls in Form eines Mikrolinsen-Arrays. Möglich ist auch eine Verwendung an Korrekturoptiken, vor allem solchen, bei denen nur eine geringe lokale Linsenwirkung gegeben sein muss. Es können auch Produkte markiert oder beschriftet werden.
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Der intrinsisch selbstheilende Glaswerkstoff kann auch in Form einer Beschichtung (coating) auf beliebige Oberflächen (z.B. aus einem Glas anderer Zusammensetzung) aufgebracht werden, um das Volumenmaterial mit einem Selbstheilungs- oder Korrosionsschutzeffekt zu versehen. Dabei kann es erforderlich sein, dass die Zusammensetzung der Schutzschicht auf die physikalischen Eigenschaften des Volumenmaterials abgestimmt wird, z.B. auf dessen Brechungsindex, die thermische Ausdehnung, etc. oder eine Kombination von Eigenschaften. Dies ist erreichbar durch Zusammensetzungsanpassungen unter Nutzung verschiedenster Alkalioxidanteile und Zusätze zur Beeinflussung des Glasnetzwerks.
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KURZBESCHREIBUNG DER ZEICHNUNGEN
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Weitere Vorteile und Aspekte der Erfindung ergeben sich aus den Ansprüchen und aus der Beschreibung von Ausführungsbeispielen der Erfindung, die nachfolgend anhand der Figuren erläutert sind.
- 1 zeigt in 1A eine interferometrische Aufnahme einer durch Selbstheilung entstandenen Glasmaterialaufwölbung im Bereich eines vormaligen Kraters im Glasmaterial und in 2B den zeitlichen Verlauf des Aufbaus von Glasmaterial im Kraterbereich während der Selbstheilung;
- 2 zeigt in 2A bis 2D schematisch verschiedene Phasen der Veränderung des oberflächennahen Bereichs bei einem konventionell erschmolzenen Alkalisilikatglas;
- 3 zeigt in 3A bis 3D schematisch vergleichbare Phasen der Veränderung des oberflächennahen Bereichs bei einem trockenen Alkalisilikatglas mit geringem OH-Gehalt gemäß einem Ausführungsbeispiel.
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DETAILLIERTE BESCHREIBUNG DER AUSFÜHRUNGSBEISPIELE
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Einige Aspekte der beanspruchten Erfindung werden nun anhand ausgewählter Ausführungsbeispiele im Detail erläutert. Bei den Ausführungsbeispielen wurde jeweils ein Glaswerkstoff hergestellt und untersucht, der überwiegend in Form von Glas, also eines amorphen Glaswerkstoffs vorlag. Der Glaswerkstoff bestand überwiegend aus einer Glasphase oder mehreren Glasphasen unterschiedlicher Zusammensetzung. Manche Proben erschienen bei der Untersuchung mittels Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) nicht vollständig homogen. Dies kann unterschiedliche Ursachen haben. Die Inhomogenität kann z.B. aufgrund Entmischung entstanden sein, dadurch können ausgehend von einer homogenen Schmelze beim Abkühlen mehrere Glasphasen unterschiedlicher Zusammensetzng entstehen. Besonders in den Systemen Li2O- SiO2 und K2O - SiO2 gibt es im Bereich hoher SiO2-Anteile eine Mischungslücke, die zu einer solchen Entmischung führen kann. Alternativ oder zusätzlich können Volumenanteile beim Einfrieren der Glasschmelze auskristallisieren, so dass im Glaswerkstoff sehr kleine Kristalle entstehen, die zu einer Inhomogenität beitragen können. Nach Schätzungen der Erfinder sollte ein eventueller Volumenanteil kristalliner Phasen sehr gering sein, z.B. 2% oder weniger oder 1% oder weniger betragen. Dessen ungeachtet wird der Glaswerkstoff im Folgenden gelegentlich auch kurz als „Glas“ bezeichnet.
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Bei Studien zur Glaskorrosion an besonders hygroskopischen, mit besonders niedrigem Hydroxidionen-Gehalt erschmolzenen Rubidiumsilicatglas wurde beobachtet, dass sich an der Oberfläche innerhalb weniger Stunden eine ca. 1 µm dicke Korrosionsschicht ausbildet, die hier auch als „Glashaut“ bezeichnet wird und ein gegenüber dem darunterliegenden Glasvolumenmaterial geändertes Erscheinungsbild aufwies, z.B. wegen veränderter Morphologie und/oder veränderter Zusammensetzung. Es wird davon ausgegangen, dass sich die mikroskopisch sichtbaren Veränderungen u.a. durch den Einfluss von CO2 und Wasserstoff bzw. OH-Ionen ergeben, also von Elementen, die mit der verfügbaren Analytik (z.B. EDX) nicht gut nachweisbar sind. Eventuell ändert sich das Oxidverhältnis der Netzwerkbildner und Netzwerkwandler geringfügig. Wird diese Glashaut verletzt, beginnt das dadurch freigelegte Volumenglas aufzuquellen und die beschädigte Stelle zu reparieren. Im Einzelnen ist Folgendes erwähnenswert.
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Erstes Ausführungsbeispiel
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Von den Erfindern wurde ein an Hydroxidionen besonders armes Glas im binären, besonders hygroskopischen Glassystem Rb2O - SiO2 hergestellt. Die Zusammensetzung betrug ca. 80 mol% SiO2 und ca. 20 mol% Rb2O.
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Die Ausgangsstoffe wurden unter Wasserstoff vermindernder Prozessführung erschmolzen, im Beispielsfall mittels „Bubbling“. Beim „Bubbling“ wurde während des Schmelzvorgangs eine wasserfreie Atmosphäre erzeugt, indem trockene und nicht reaktive Gase in die heiße Glasschmelze eingeleitet werden. Im Beispielsfall wurde trockenes Argon zum Bubbling verwendet.
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Nach den Erfahrungen der Erfinder kann man durch Bubbling besonders „wasserarme“ Gläser erhalten. „Wasserarm“ bedeutet hier: arm an OH-Gruppen bzw. arm an Hydroxidionen. Insbesondere geht es hier um Gläser mit typischen Hydroxidionengehalten von weniger als 150 ppm, vorzugsweise weniger als 100 ppm, insbesondere weniger als 50 ppm).
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Eine Alternative zum Bubbling stellt das Erschmelzen von Gläsern unter Vakuum oder einer (trockenen) Schutzatmosphäre dar.
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Während das Erschmelzen von Glas unter Vakuumbedingungen im großtechnischen Einsatz einen größeren apparativen Aufwand erfordert, kann das Schmelzen mit „bubblen“ nicht nur im Labor, sondern auch in großtechnischen Anlagen kostengünstiger umgesetzt werden und damit auf nahezu jede beliebige Glaszusammensetzung, von der Fensterscheibe bis zur Hochleistungsoptik, übertragen werden.
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Der Hydroxidionengehalt des erstarrten Glases konnte nicht genau bestimmt werden, er lag unterhalb der Nachweisgrenze (ca. 10 Gew. ppm) eines verfügbaren IR-Spektrometers. Der OH-Gehalt lag daher nach Abschätzung der Erfinder im Hinblick auf den trockenen Herstellungsprozess in jedem Fall deutlich unterhalb von 100 ppm, wahrscheinlich bei weniger als 50 ppm oder weniger als 10 ppm.
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Dieses an Hydroxidionen verarmte binäre Alkalisilikatglas zeigt ein bisher nicht bekanntes Verhalten. Es wurde beobachtet, dass es nach lonenstrahlabtrag im Zuge einer oberflächenanalytischen Tiefenprofilierung zu einem Aufwachsen des Glases über die ursprüngliche Oberfläche hinaus kommt.
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Die 1A und 1B illustrieren eine weißlichtinterferometrische Bestimmung des Aufquellens eines durch ToF-SIMS-Tiefenprofilierung erzeugten Kraters auf der Oberfläche eines Glases mit der molaren Zusammensetzung 80 SiO2 - 20 Rb2O. 1A zeigt die weißlichtinterferometrische Aufnahme, aus der hervorgeht, dass im Bereich des rechteckförmigen Kraters das Material über die ursprüngliche Oberfläche hinausragt. 1B zeigt den Zeitverlauf der Höhe der Oberfläche im Kraterbereich. Der ursprünglich ca. 1,5 µm tiefe Sputterkrater (erzeugt durch Beschuss mit Ar+-Ionen) ist nach ca. 8 Stunden so weit aufgequollen, dass das vormalige Oberflächenniveau (Wert 0 auf der Höhenskala) erreicht ist. Nach elf Tagen hat sich der Krater in eine Aufwölbung von fast 12 µm Höhe verwandelt.
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Nachdem somit ein wenige Mikrometer tiefer Krater im Glas erzeugt wurde, ist dieser nach wenigen Tagen von selbst ausgeheilt. Dieser Selbstheilungs-Effekt wurde sowohl bei einem Materialabtrag durch Ar+-Ionen (mittels Sekundärionen-Massenspektrometrie (ToF-SIMS)) als auch durch Xe+-Ionen (mittels fokussierter lonenstrahltechnik) beobachtet. Nach einem lokalen Materialabtrag mittels lonenbeschuss zeigen die oberflächlich geschädigten Bereiche ein starkes Aufquellverhalten, das von der Tiefe der abgetragenen Schicht abhängt. Das heißt, dass in diesen Bereichen eine Neubildung von Glas stattfindet sowie ein Aufwachsen von Strukturen, deren Zusammensetzung und Genese derzeit noch nicht verstanden ist.
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Da das Aufwachsen sogar deutlich über die ursprüngliche Glasoberfläche hinaus erfolgt, können auf diese Weise potenziell optisch wirksame Strukturen erzeugt werden, z.B. in Form von Mikrolinsen. Damit können z.B. Mikrolinsen-Arrays hergestellt werden, die als Strahlformungselemente in optischen Systemen genutzt werden können.
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Elementanalysen (EDX) mittels Raster- und Transmissionselektronenmikroskopie im Bereich der ausgeheilten Materialstellen zeigen keine messbaren Materialveränderungen im Vergleich zum Volumenglas, d.h. es wächst neues Glas. Dieses Wachstum kann lokal durch einen entsprechenden Materialabtrag angeregt werden.
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Bei den Analysen sowie der vorgeschalteten Präparation zeigte sich, dass das ausgeheilte Material ähnlich widerstandsfähig ist wie das ursprüngliche Glas. Sowohl die Präparation mittels Sägen, Schleifen und Polieren als auch die Transmissionselektronenmikroskopie mit 300 keV konnte das ausgeheilte Material nicht stärker schädigen als das originäre Volumenglas.
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Zweites Ausführungsbeispiel
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Zur Validierung des Effekts wurde in einem weiteren Experiment (zweites Ausführungsbeispiel) ein „wasserarm geschmolzenes“, ebenfalls hygroskopisches Kaliumsilicatglas (25 mol% K2O - 75 mol% SiO2) untersucht. Auch hier trat der bei Rubidiumsilicatglas beobachtete Selbstheilungseffekt auf.
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Darüber hinaus wurde beobachtet, dass dann, wenn der Abtrag der Glashaut bzw. der Korrosionsschicht bis in exakt die Tiefe erfolgte, in der die Glashaut endet, ein imprägnierender Effekt auf die verbleibende freie Oberfläche eintrat: sie ist über viele Tage resistent gegenüber chemischen Veränderungen, die sonst typisch für die oberflächennahe Glaskorrosion sind. Insbesondere konnte keine Bildung einer neuen Glashaut beobachten werden.
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Gemäß einem Aspekt der Erfindung schlagen die Erfinder vor, dass einerseits vermeintlich korrosionsanfällige Alkalisilicatgläser mit hohen Alkaligehalten genutzt werden, die andererseits unter möglichst weitgehender „Wasserarmut“ im Glasnetzwerk hergestellt werden. Dadurch entsteht ein „durstiges“ Glas, welches zur oberflächennahen Selbstheilung geeignet ist.
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Ein weiterer Aspekt dieser Erfindung ist die Frage, bis in welche Tiefe eine Schädigung bzw. ein Materialabtrag der Glashaut erfolgt. Geht die Schädigung durch diese hindurch, werden Selbstheilungseffekte beobachtet, wird nur die Glashaut entfernt, ist ein Imprägnationseffekt zu beobachten.
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Zur Veranschaulichung der beobachteten Vorgänge zeigen die 2A bis 2D schematisch typische Vorgänge bei einem konventionellen Alkalisilikatglas, dessen Glasvolumen mit Hydroxidionen gesättigt ist. Unmittelbar nach dem Erstarren und einer Oberflächenreinigung hat die frisch präparierte freie Oberfläche OB im Wesentlichen die Zusammensetzung und Struktur des Glasvolumens GV. Wird die Probe länger dem Einfluss der Umgebungsatmosphäre ausgesetzt, so bildet sich an der Oberfläche eine Korrosionsschicht KS, die hier auch als Glashaut bezeichnet wird. Die Schichtdicke kann einige Zehntel Mikrometer betragen. 2C veranschaulicht den Materialabtrag in unterschiedliche Tiefen. Im links gezeigten flachen Krater FK ist nur die Korrosionsschicht abgetragen, so dass das Material des Glasvolumen (Volumenmaterial) GV im Bereich der vormaligen Grenzfläche zwischen Korrosionsschicht und Glasvolumen freigelegt ist. Bei einem rechts dargestellten tiefen Krater TK wurde das Material bis in das Glasvolumen hinein abgetragen, so dass der Boden des Kraters durch das Volumenmaterial gebildet wird. Nach weiterer Alterung bei Raumtemperatur und Umgebungsatmosphäre (2D) bildet sich wieder eine Glashaut an allen freien Oberflächen. In den außerhalb der Krater liegenden Bereichen mit der ursprünglichen Glashaut bleibt deren Dicke weitgehend unverändert, die frischen, freigelegten Flächen reagieren mit der Umgebungsatmosphäre und bilden eine Glashaut mit vergleichbarer Dicke.
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Anhand von 3 werden nun die entsprechenden Phasen bei einem Glas gemäß der Erfindung schematisch erläutert. 3A zeigt das Ausgangsglas mit Hydroxidionen-Unterschuss bzw. Hydroxidionen-Defizit bzw. OH-Gehalt << 100 ppm. Nach Alterung der Oberfläche in wasserstoffhaltiger Atmosphäre bei Raumtemperatur bildet sich eine oberflächennahe Korrosionsschicht KS bzw. Glashaut KS, die gegebenenfalls dicker sein kann als bei konventionell erschmolzenem Glas vergleichbar Zusammensetzung. 3C zeigt den Glasartikel nach Materialabtrag. Der Bereich des flachen Kraters FK reicht genau bis zum Übergangsbereich bzw. zur Grenzfläche zwischen Glashaut und Glasvolumen. Der tiefe Krater TK reicht bis in das Glasvolumen hinein.
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3D veranschaulicht schematisch die beobachteten Effekte. Im Bereich des flachen Kraters FK, dessen Boden im Wesentlichen der ursprünglichen Grenzfläche zwischen Glashaut und Glasvolumen entspricht und im ehemaligen Übergangsbereich liegt, bildet sich auch nach längerem Kontakt mit Umgebungsatmosphäre keine neue Glashaut. Dieser Effekt der Oberflächenkonditionierung wird hier als „Imprägnierung“ bezeichnet.
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Im Bereich des tiefen Kraters TK wird die neue Oberfläche durch freigelegtes Glasvolumenmaterial gebildet. Dort kommt es nach Alterung bei Raumtemperatur zur Neubildung von Glasmaterial NG, das nach gewisser Zeit nicht nur den tiefen Krater TK völlig ausfüllt, sondern sogar über die ursprüngliche Oberfläche OB sich hinaus wölbt.
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Drittes Ausführungsbeispiel
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Es wurde, ausgehend vom 80 SiO2 - 20 Rb2O Glas (vgl. erstes Ausführungsbeispiel), ein Glas mit der Zusammensetzung 75 SiO2- 5 CaO - 20 Rb2O erschmolzen mit der Vorstellung, dass das zweiwertige Calcium die Netzwerkstruktur hin zu geringerer Korrosionsanfälligkeit verändert. Ein in der Oberfläche dieses Glases erzeugter, sehr flacher Krater blieb während der Alterung sehr glatt, während andere, in das Glasvolumen reichende tiefere Krater aufgeraut wurden. Die Effekte sind deutlich weniger stark ausgeprägt als im reinen Rb2O-SiO2-System, das Ausmaß des Selbstheilungs- und Korrosionseffekts kann also beeinflusst werden.
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Modifikationen
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Für die Erzeugung des Imprägnierungseffekts kommen neben dem lonenstrahlabtrag (im Vakuum aber auch unter Verwendung von atmosphärischen Plasmajets) auch mechanischer Abtrag der oberflächennahen Bereiche oder Lasermikrobearbeitung in Betracht.
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Die Laserbestrahlung hat gleichzeitig noch das Potential, ein „zu feucht“ erschmolzenes Glas oberflächennah zu trocknen. Aufgrund der guten Fokussierbarkeit der Strahlwerkzeuge (lonenstrahl, Plasmajet und Laser) kann der Selbstheilungseffekt auch zur Erzeugung individualisierter Mikrooptiken (Form, Größe, Positionierung auf dem Substrat, etc.) genutzt werden.
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Für einen großflächigen Abtrag des Korrosionsschichtmaterials kann eine Plasmabehandlung genutzt werden.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- WO 2013023782 A1 [0021]
- DE 102008056792 A1 [0021]