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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Erstellen von Fertigungsdaten zur Fertigung eines individualisierten Liners für ein Körperteil eines Patienten, welches mit einem orthopädietechnischen Produkt versorgt werden soll. Die Erfindung betrifft ebenso eine Vorrichtung sowie ein Computerprogramm hierzu.
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Die Erfindung betrifft ebenso ein Verfahren zur Fertigung eines orthopädietechnischen Liners für ein Körperteil eines Patienten, welches mit einem orthopädietechnischen Produkt versorgt werden soll.
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Orthopädietechnische Produkte, wie beispielsweise Orthesen oder Prothesen oder auch Exoskelette, müssen präzise und genau an die vorherrschenden Bedingungen der gehandicapten oder der zu unterstützenden Person entwickelt und angepasst werden, um die Körperteile der gehandicapten Person bestmöglich versorgen zu können. Hierfür sind auch heute noch eine Vielzahl von manuellen und von Hand auszuführenden Arbeitsschritten notwendig, um ein solches orthopädietechnisches Produkt herzustellen.
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Prothesen ersetzen dabei nicht oder nicht mehr vorhandene Gliedmaßen hinsichtlich der Form und/oder Funktionalität. Prothesen werden insbesondere an den oberen und unteren Extremitäten eingesetzt und umfassen beispielsweise Prothesenhände oder Prothesenfüße, die über ein oder mehrere Gelenke an einem Gliedmaßenstumpf festgelegt werden. Bei einem nur teilweise vorhandenen Unterschenkel wird ein Prothesenfuß ggf. mit einem Prothesenknöchelgelenk und gegebenenfalls einem Unterschenkelrohr über einen Unterschenkelschaft an dem Unterschenkelstumpf festgelegt. Prothesenbeine mit einem Prothesenkniegelenk werden über einen Oberschenkelschaft an einem Oberschenkelstumpf befestigt. Bei Prothesen der oberen Extremität erfolgt die Befestigung der Prothesenkomponente korrespondierend über einen Unterarmschaft oder einen Oberarmschaft.
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Die Prothesenschäfte, an denen die weiteren distalen Prothesenkomponenten befestigt sind, sind überwiegend becherförmig ausgebildet und weisen eine proximale Einstiegsöffnung auf, in die der Gliedmaßenstumpf eingeführt wird. Die Fixierung des Prothesenschaftes, der in der Regel eine umlaufende Schaftwand aufweist, kann auf der Grundlage unterschiedlicher Prinzipien erfolgen. Zwischen dem Prothesenschaft und der Gliedmaße wird dann häufig ein Liner (Prothesenliner) angeordnet, der ein Elastomermaterial aufweist, um die Gliedmaße gegenüber der harten Schaftwand des Prothesenschafts abzupolstern. Darüber hinaus werden haftende und dichtende Eigenschaften des Materials des Prothesenliners ausgenutzt, um an der Hautoberfläche zu haften und/oder eine Saugschafttechnologie durch Ausbildung eines Unterdruckes zwischen Schaft und Liner verwirklichen zu können, wobei das Volumen üblicherweise mittels einer am Liner angeordneten Dichtlippe abgedichtet wird.
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Der Prothesenliner, der hülsenförmig und gegebenenfalls mit einer geschlossenen distalen Kappe ausgebildet sein kann, stellt das Zwischenstück oder Interface zwischen der Gliedmaße und dem Prothesenschaft dar. Derartige Liner sind dabei in zahlreichen Ausführungsformen bekannt. Sie bestehen üblicherweise aus einem elastischen Kunststoffmaterial, wie Polyurethan oder Silikon, und sind mit einer solchen Wandstärke ausgebildet, dass ein Polsterungseffekt eintritt. Aufgrund ihrer Elastizität sollen die Liner eng am zu versorgenden Körperteil (bspw. Amputationsstumpf) anliegen und auf diese Weise eine polsternde Zwischenschicht zwischen dem Liner und einem Prothesenschaft bilden, an dem eine Prothese für eine amputierte Gliedmaße befestigt sein kann sowie eine Kompressionswirkung auf den Stumpf auszuüben. Das System aus Prothesenschaft und Liner dient somit der Befestigung einer Prothese an dem zu versorgenden Körperteil. Diese Befestigung kann in einer bekannten Technik dadurch unterstützt werden, dass zwischen Liner und Amputationsstumpf und/oder zwischen Liner und Prothesenschaft ein Unterdruck erzeugt wird, durch den die jeweilige Reibpaarung verstärkt wird. Alternativ kann der Liner über einen Pin am distalen Ende mechanisch mit dem Schaft verbunden werden.
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Aus der
WO 2013/134268 A1 ist ein Prothesenliner bekannt, der dazu verwendet wird, um die jeweilige Drucksituation des Prothesenschaftes in dem angelegten Zustand sichtbar zu machen, damit durch Veränderung an dem Prothesenschaft sichergestellt werden kann, dass keine Druckspitzen oder Hohlräume während des Tragens auftreten, um eine gleichmäßige Belastung und Beanspruchung des Stumpfes zu gewährleisten.
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Das nachträgliche Nachbearbeiten des Prothesenschaftes hat allerdings den Nachteil, dass der Prothesenschaft aufwendig nachbearbeitet werden muss, um einen bestmöglichen Tragekomfort der Prothese bestehend aus Prothesenschaft und Prothesenkomponente sicherstellen zu können. Außerdem kann sich im Laufe der Zeit der Amputationsstumpf verändern, wodurch gegebenenfalls ein weiteres Nachbearbeiten des Prothesenschaftes notwendig werden würde.
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Aus der
DE 10 2019 109 781 A1 ist ein Verfahren zum Erstellen von Fertigungsdaten zur automatischen Herstellung einer orthopädietechnischen Einrichtung mittels einer automatisierten Fertigungsanlage bekannt, bei dem zunächst eine digitale Zweckform bereitgestellt wird. Basierend auf der digitalen Zweckform wird ein Volumenmodell der herzustellenden orthopädietechnischen Einrichtung mittels einer Datenverarbeitungsanlage erstellt, wobei basierend auf dem digitalen Volumenmodell dann die Fertigungsdaten für die automatisierte Fertigungsanlage generiert werden.
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Aus der
DE 10 2020 126 435 A1 ist ein Verfahren zum Erstellen von Fertigungsdaten zur Fertigung einer orthopädietechnischen Einrichtung bekannt, wobei unter Anwendung der erstellten Fertigungsdaten dann in einem automatisierten Fertigungsverfahren die orthopädietechnische Einrichtung hergestellt wird. Hierbei wird zunächst ein 3D-Körperteilmodell eines zu versorgenden Körperteils des Patienten bereitgestellt sowie mehrere digitale Funktionskomponentenmodelle von orthopädietechnischen Funktionskomponente, die in die orthopädietechnische Einrichtung integriert werden sollen. Mithilfe einer Datenverarbeitungsanlage wird nun eine digitale Komponentenschnittstelle generiert, um dann ein entsprechendes digitales orthopädietechnisches Modell zu erstellen, auf deren Basis dann die orthopädietechnische Einrichtung hergestellt werden kann.
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Aus der
EP 1 588 244 B1 ist ein Verfahren zur Herstellung eines Liners für eine Prothese bekannt, bei dem zunächst ein 3D-Modell des zu versorgenden Körperteils erfasst wird. Anschließend wird basierend auf dem erfassten 3D-Modell ein dreidimensionales digitales Modell eines Liners erstellt, auf dessen Basis dann der Liner hergestellt wird.
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Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung ein verbessertes Verfahren zum Erstellen von Fertigungsdaten zur Fertigung eines Prothesenliners anzugeben, auf deren Basis dann ein solcher Prothesenliner in einem automatisierten Herstellungsverfahren hergestellt werden kann.
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Die Aufgabe wird mit dem Verfahren zum Erstellen von Fertigungsdaten zur Fertigung eines individualisierten Liners für ein Körperteil eines Patienten gemäß Anspruch 1 erfindungsgemäß gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung finden sich dann in den entsprechenden Unteransprüchen.
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Gemäß Anspruch 1 wird ein Verfahren zum Erstellen von Fertigungsdaten zur Fertigung eines individualisierten Liners für ein Körperteil eines Patienten, welches mit einem orthopädietechnischen Produkt versorgt werden soll, beansprucht, wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst:
- - Bereitstellen eines digitalen Linergrundmodells betreffend das Körperteil des Patienten einer elektronischen Recheneinrichtung und Erstellen eines individualisierten 3D-Linermodells mittels der elektronischen Recheneinrichtung derart, dass mindestens eine Linereigenschaft des bereitgestellten Linergrundmodells basierend auf digitalen Eingabedaten, die mittels einer Eingabeeinrichtung der elektronischen Recheneinrichtung bereitgestellt wurden, automatisch durch die elektronische Recheneinrichtung verändert wird, oder
- - Bereitstellen eines digitalen 3D-Körperteilmodells betreffend das Körperteils des Patienten einer elektronischen Recheneinrichtung und Erstellen eines individualisierten 3D-Linermodells mittels der elektronischen Recheneinrichtung derart, dass das individualisierte 3D-Linermodell in Abhängigkeit von dem bereitgestellten 3D-Körperteilmodell und digitalen Eingabedaten, die mittels einer Eingabeeinrichtung der elektronischen Recheneinrichtung bereitgestellt wurden, automatisch durch die elektronische Recheneinrichtung erstellt wird; und
- - Erstellen von Fertigungsdaten zur Fertigung des individualisierten Liners basierend auf dem individualisierten 3D-Linermodells und einem ausgewählten Herstellungsverfahren automatisch mittels der elektronischen Recheneinrichtung.
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Gemäß einem ersten Aspekt der vorliegenden Erfindung wird demnach zunächst ein digitales Linergrundmodell, insbesondere in Form eines 3D-Linergrundmodells, bereitgestellt, welches zu dem zu versorgenden Körperteil des Patienten passt. Dabei kann es gemäß einer Ausführungsform vorgesehen sein, dass ein solches Linergrundmodell aus einer Vielzahl von möglichen Modellen ausgewählt und entsprechend bereitgestellt wird.
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Anschließend wird dieses so bereitgestellte Linergrundmodell individualisiert, indem mindestens eine Linereigenschaft, beispielsweise die Form oder Größe des Liners, basierend auf digitalen Eingabedaten automatisch durch die elektronische Recheneinrichtung verändert wird. Die digitalen Eingabedaten werden oder wurden dabei an einer Eingabeeinrichtung der elektronischen Recheneinrichtung durch einen Benutzer eingegeben, beispielsweise durch einen Orthopädietechniker. Durch das Eingeben der digitalen Eingabedaten werden die Randbedingungen und Eigenschaften des Liners vorgegeben, sodass das bereitgestellte Linergrundmodell so verändert wird, dass es die durch die digitalen Eingabedaten repräsentierten Randbedingungen und Eigenschaften des Liners erfüllt. Bei den Eingabedaten handelt es sich dabei nicht um Messdaten des zu versorgenden Körperteils, die sich beispielsweise aus einem Scann des Körperteils ergeben, sondern um insbesondere manuelle Eingaben, mit denen ein oder mehrere Eigenschaften des Linergrundmodells verändert werden sollen.
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Anschließend werden mithilfe der elektronischen Recheneinrichtung automatisch die Fertigungsdaten zur Fertigung des individualisierten Liners basierend auf dem individualisierten 3D-Linermodell erstellt, die dann dafür genutzt werden können, in einem automatisierten Fertigungsprozess einen Liner herzustellen.
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Hierdurch wird es möglich, in einem hochautomatisierten Prozess individuell einen Liner herzustellen, der gezielt an die Bedürfnisse des Patienten angepasst ist. Das Zusammenspiel zwischen Liner und Stumpf sowie Liner und Schaft kann so wesentlich verbessert werden. Die Nachbearbeitung des Prothesenschaftes zur Anpassung an die Körpergeometrie des Patienten kann so reduziert.
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Auch lassen sich so Stumpfformen versorgen, die bisher mit den unveränderten Linergrundmodellen nicht oder nicht optimal versorgt werden konnten. So ist die Auswahl an serienmäßig gefertigten Linern naturgemäß immer begrenzt, sodass die Linereigenschaften nie optimal für den einzelnen Patienten gewählt werden können. Indem nun einige der Eigenschaften der Linergrundmodelle angepasst werden, lässt sich besser auf die Bedürfnisse der Nutzer eingehen. Beispiele derartiger Anpassungen können die an die jeweilige Weichteilverteilung lokal angepassten Kompressionsgrade, Flexionsvoreinstellung an die Stumpfsituation, Shorehärten und Dämpfungen an die lokalen Stumpfgegebenheiten sein. Ein weiterer Punkt kann auch die Lage der Dichtlippe sein. Je weiter diese proximal angeordnet ist, desto größer der Bereich, in dem ein Unterdruck erzeugt wird und auf den die wirkenden Kräfte verteilt werden. Bei serienmäßig produzierten Linern kann die Dichtlippe jedoch nicht beliebig weit proximal angeordnet werden, da der Liner für verschiedene Stumpflängen und Schäfte geeignet sein muss. Häufig wird er zudem noch für den jeweiligen Nutzer gekürzt. Wird die Dichtlippenposition dagegen individuell angepasst, kann sie soweit wie möglich nach distal verschoben werden.
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Darüber hinaus könne mit dem vorliegenden Verfahren auch Liner hergestellt werden, die individuell an bestimmte, bereits bestehende Prothesenschäfte angepasst sind, beispielsweise derart, dass eine Mehrzahl von Dichtlippen vorgesehen sind, um die Anwendung der Saugschafttechnologie bestmöglich zu unterstützen.
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Mit Hilfe eines individuellen Liners können so auch individuelle Geometrien und Formen des zu versorgenden Körperteils versorgt werden (Kompressionsgrade angepasst an Weichteilverteilung (nicht stetiger Stumpf), Berücksichtigung von Narbeneinzügen, Hinterschneidungen, Dichtlippe möglichst proximal, insbesondere dem Schaftradverlauf folgen, Flexionsvoreinstellung des Liners an Stumpfsituation des Patienten angepasst, Shorehärten/Dämpfung angepasst an lokale Situaton, variierende Shorehärte zur Anpassung von Kompression und Dämpfung, bspw. distal (knöchern) formtreu, proximal nachgiebig). Auch bei der Verwendung des Schafts als Painpoint mit individuellem Komfort und Steuerung muss die Schnittstelle optimal gestaltet sein, was nur individuell möglich ist.
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Ein weiterer Vorteil der vorliegenden Erfindung ist die Vermeidung eines 3D-Körperteilscanns, wodurch Fehler beim Scannen bzw. Erfassen des zu versorgenden Körperteils vermieden werden. Der Prozess wird dadurch sicherer und deutlich einfacher und kann ein hohes Maß an Individualisierung abdecken, wie bspw. auch die lokale Funktionsintegration (bspw. Wunden, Atmungsaktive, Anpassung des Winkelbereichs an die korrekte Lage des Knies, etc).
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Ein solches Linergrundmodell ist dabei ein hülsenförmiges und gegebenenfalls mit einer geschlossenen distalen Kappe ausgebildetes Volumenmodell, bei denen die Volumengeometrie durch eine Wand mit einer vorgegebenen, gegebenenfalls über den gesamten Liner hinweg variierenden Wandstärke gebildet wird.
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Dabei kann vorgesehen sein, dass die Innenwandung des individualisierten 3D-Linermodells an die äußere Kontur des zu versorgenden Körperteils angepasst ist oder wird, sofern ein entsprechendes 3D-Körperteilmodell bereitgestellt ist. Ein solches 3D-Körperteilmodell kann beispielsweise durch einen Scan des zu versorgenden Körperteils erfolgen, der beispielsweise von außen mittels eines 3D-Scanners erstellt werden kann. Dabei wird bevorzugt nur die äußere Kontur erfasst und nicht auch die innere Struktur des zu versorgenden Körperteils.
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Es ist allerdings auch denkbar und hinsichtlich des Aufwandes besonders günstig, wenn in dem gesamten Verfahren zur Anpassung des Linergrundmodells auf ein 3D-Körperteilmodell verzichtet wird. Es bedarf hierfür dann kein bildgebendes Verfahren, um ein entsprechendes Körperteil zu erfassen (scannen) und das Körperteilmodell zu erstellen. Es hat sich überraschenderweise gezeigt, dass basierend auf einem Linergrundmodell nur durch Anpassung ausgewählter Eigenschaften des Liners eine ausreichende individuelle Anpassung möglich ist.
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Es ist ebenfalls denkbar, dass die Außenwandung des individualisierten 3D-Linermodells an die innere Kontur eines Prothesenschaftes angepasst ist, sofern ein entsprechendes 3D-Prothesenschaftmodell bereitgestellt ist.
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Gemäß einem zweiten Aspekt der vorliegenden Erfindung wird ein digitales 3D-Körperteilmodell betreffend das zu versorgende Körperteil des Patienten der elektronischen Recheneinrichtung bereitgestellt, wobei anschließend dann ein individualisiertes 3D-Linermodell in Abhängigkeit von dem bereitgestellten 3D-Körperteilmodell und digitalen Eingabedaten, die mittels einer Eingabeeinrichtung der elektronischen Recheneinrichtung bereitgestellt wurden, automatisch erstellt wird. Bei den digitalen Eingabedaten kann es sich um dieselben Eingabedaten handeln wie beim ersten Aspekt der vorliegenden Erfindung. Dabei wird die Innenwandung des 3D-Linermodells an die äußere Kontur des zu versorgenden Körperteils, welches durch ein 3D-Körperteilmodell bereitgestellt wird, so angepasst, dass der hergestellte Liner sich bestmöglich an das zu versorgende Körperteil anpasst. Dabei kann eine Dehnung des Materials für einen besseren Halt des Liners mitberücksichtigt werden, sodass das individualisierte 3D-Linermodell um ein gewisses Maß kleiner ist als der äußere Umfang des zu versorgenden Körperteils.
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Anschließend werden mithilfe der elektronischen Recheneinrichtung automatisch die Fertigungsdaten zur Fertigung des individualisierten Liners basierend auf dem individualisierten 3D-Linermodell erstellt, die dann dafür genutzt werden können, in einem automatisierten Fertigungsprozess einen Liner herzustellen.
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Mithilfe des zweiten Aspekts der vorliegenden Erfindung wird es möglich, einen hochindividualisierten Liner basierend auf den Körperteildaten des zu versorgenden Körperteils herzustellen, Um so einen bestmöglichen Tragekomfort zu gewährleisten.
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Gemäß einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass die erstellten Fertigungsdaten mittels der elektronischen Recheneinrichtung an eine Fertigungsanlage zur automatisierten Herstellung des individualisierten Liners übertragen werden.
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Eine solche Fertigungsanlage kann dabei ausgebildet sein, einen solchen Liner beispielsweise in einem 3D-Druckverfahren herzustellen. Die Fertigungsdaten dienen dabei als Eingangsdaten zur Ansteuerung der Fertigungsanlagen.
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Gemäß einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass das digitale Linergrundmodell bereitgestellt wird, indem aus einer Mehrzahl von in einem digitalen Datenspeicher hinterlegten Linergrundmodellen ein Linergrundmodell ausgewählt wird.
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Die Auswahl eines solchen Linergrundmodells, beispielsweise anhand von Patientendaten des zu versorgenden Patienten, kann durch die elektronische Recheneinrichtung automatisch erfolgen. Denkbar ist aber auch, dass die Auswahl eines solchen Linergrundmodells durch einen Benutzer der elektronischen Recheneinrichtungen, beispielsweise einen Orthopädietechniker, manuell erfolgt.
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Derartige Patientendaten des zu versorgenden Patienten können beispielsweise Daten bezüglich des zu versorgenden Körperteils beinhalten, wie beispielsweise die Größe oder Form des Amputationsstumpfes. Auch Daten bezüglich des Körperfettanteils, Gesundheitszustandes, Aktivitätslevvels oder Ähnliches, das einen Einfluss auf die Passgenauigkeit des Liners am zu versorgenden Körperteil hat, können bei der Auswahl des Linergrundmodells berücksichtigt werden. Dabei ist es denkbar, dass relevante Patientendaten in die elektronische Recheneinrichtung eingegeben werden oder diese bereitgestellt werden, wobei die elektronische Recheneinrichtung dann automatisch ein entsprechendes Linergrundmodell in Abhängigkeit von den relevanten Patientendaten auswählt.
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Gemäß einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass das digitale Linergrundmodell bereitgestellt wird, indem zunächst ein digitales 3D-Körperteilmodell des betreffenden Körperteils, für das das orthopädietechnische Produkt bestimmt ist, der elektronischen Recheneinrichtung bereitgestellt wird, wobei in Abhängigkeit von dem digitalen 3D-Körperteilmodell dann mittels der elektronischen Recheneinheit ein 3D-Linergrundmodell erstellt wird.
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In dieser Ausführungsform wird basierend auf dem 3D-Körperteilmodell, welches der elektronischen Recheneinrichtung bereitgestellt wurde, ein Linergrundmodell erstellt, welches dann basierend auf den digitalen Eingabedaten individualisiert wird, um ein individualisiertes 3D-Linermodell zu erstellen. Hierdurch wird es möglich, die Innenwandung des Linergrundmodells an die äußere Kontur des Amputationsstumpfes anzupassen und dann durch weitere digitale Eingabedaten, wie beispielsweise die Auswahl des Materials oder die Wanddicke, ein so angepasstes Linergrundmodell weiter zu individualisieren.
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Als Linereigenschaften des Linergrundmodell, die durch die Eingabedaten verändert werden können, kommen insbesondere die folgenden in Betracht:
- - eine Form und/oder Geometrie des Liners
- - eine Größe des Liners,
- - eine Wandstärke des Liners,
- - ein Flexionswinkel des Liners,
- - eine Dichtlippe des Liners
- - die Shorehäre des Liners,
- - das Material des Liners,
- - eine Farbe und/oder Textur des Liners,
- - lokal begrenzte Produktionsmodifikationen,
- - mindestens eine Oberflächeneigenschaft des Liners.
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Gemäß einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass in Abhängigkeit von dem erstellten individualisierten 3D-Linermodell automatisch ein Fertigungsverfahren aus einer Liste von voneinander verschiedenen Fertigungsverfahren durch die elektronische Recheneinheit ausgewählt wird und die Fertigungsdaten weiterhin in Abhängigkeit von dem ausgewählten Fertigungsverfahren erstellt werden.
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Hierdurch wird es möglich, basierend auf dem individualisierten 3D-Linermodell automatisch das bestmögliche Fertigungsverfahren auszuwählen, dass besonders dafür geeignet ist, einen Liner gemäß dem individualisierten 3D-Linermodell herzustellen, wobei die Fertigungsdaten dann bezogen auf das ausgewählte Fertigungsverfahren erstellt werden. So lassen sich beispielsweise nicht alle Linerformen sinnvoll im 3D-Druck herstellen. Die Recheneinheit kann dabei prüfen, ob ein geeigneter Druckpfad zur Erstellung des gewünschten Liners möglich ist. Sollte dies nicht der Fall sein, kann dann ein alternatives Verfahren gewählt werden, beispielsweise die Erstellung einer Gussform.
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Gemäß einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass mittels der elektronischen Recheneinrichtung mindestens eine Linereigenschaft des individualisierten 3D-Linermodells in Abhängigkeit von mindestens einem zu dem ausgewählten Herstellungsverfahren alternativen zweiten Herstellungsverfahren derart angepasst wird, dass das angepasste individualisierte 3D-Linermodell mit dem alternativen zweiten Herstellungsverfahren herstellbar wird.
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Bei dieser Ausführungsform wird das bereits individualisierte 3D-Linermodell automatisch oder durch Vorschläge auch manuell so abgeändert, dass das individualisierte 3D-Linermodell im angepassten Zustand mit einem alternativen zweiten Herstellungsverfahren herstellbar wird, welches gegebenenfalls hinsichtlich der Produktionskosten günstiger ist. Hierzu werden von der elektronischen Recheneinrichtung Änderungen bzw. Bereiche von Änderungen bezüglich mindestens einer Linereigenschaft ermittelt, die zu keiner grundlegenden Abweichung bezüglich des Tragekomforts oder der Passgenauigkeit führen, jedoch zu einer Möglichkeit der Nutzung eines zweiten Herstellungsverfahrens. So lässt sich beispielsweise die Wandstärke verringern oder vergrößern, wodurch ein solcher Liner ggf. mit einem alternativen Herstellungsverfahren herstellbar wird.
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Gemäß einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass das Herstellungsverfahren ein additives Herstellungsverfahren, insbesondere ein Rapid-Liquid-Printing Verfahren, oder ein Formgussverfahren ist.
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Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung wird auch mit dem Computerprogramm gemäß Anspruch 10 erfindungsgemäß gelöst, wobei das Computerprogramm Programmcodemittel eingerichtet zur Durchführung des vorstehend beschriebenen Verfahrens hat, wenn das Computerprogramm auf einer Datenverarbeitungsanlage ausgeführt wird.
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Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung wird auch mit der Vorrichtung gemäß Anspruch 11 zur Durchführung des vorstehend beschriebenen Verfahrens erfindungsgemäß gelöst.
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Im Übrigen wird die Aufgabe auch mit einem Verfahren zur Fertigung eines individualisierten Liners gemäß Anspruch 12 erfindungsgemäß gelöst, mit den Schritten:
- - Erstellen von Fertigungsdaten gemäß dem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9,
- - Herstellen des individualisierten Liners mittels eines ausgewählten Herstellungsverfahrens basierend auf den erstellten Fertigungsdaten.
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Die Erfindung wird anhand der beigefügten Figuren beispielhaft näher erläutert. Es zeigen:
- 1 a Prothesenliner gemäß dem Stand der Technik;
- 1b Auswahl von mehreren 3D-Linergrundmodellen;
- 2 Schematische Darstellung des erfindungsgemäßen Verfahrens;
- 3 3D-Linermodell mit verändertem distalem Durchmesser;
- 4 3D-Linermodell mit veränderter Länge;
- 5 3D-Linermodell mit verändertem Flexionswinkel;
- 6 3D-Linermodell mit veränderter Anzahl von Dichtlippen;
- 7 3D-Linermodell mit veränderter Dichtlippengeometrie.
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1a zeigt in einer schematisch stark vereinfachten Darstellung einen Prothesenliner 10, wie aus dem Stand der Technik bekannt ist. Der Prothesenliner 10 weist dabei eine im wesentlichen hülsenförmige, sich leicht nach unten verjüngenden Geometrie auf, wobei einem distalen Ende des Prothesenliners 10 eine Endkappe vorgesehen ist.
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Der in 1a gezeigte Prothesenliner 10 stellt dabei eine Art Standardliner dar, der an keinerlei individuelle Bedürfnisse des Patienten angepasst ist. Ein derartiger standardisierter Prothesenliner 10 wird daher ohne Abweichung in Serie hergestellt.
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1b hingegen zeigt eine Auswahl von verschiedenen individualisierten Prothesenliner 20, die alle samt hinsichtlich mindestens einer Linereigenschaft gegenüber dem aus 1a bekannten Standardliner verändert wurden. Diese Veränderungen betreffen beispielsweise die Größe, den Flexionswinkel, die Position des Flexionswinkels sowie die Anzahl der Dichtlippen.
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Die in 1b gezeigten Prothesenliner 20 lassen sich dabei gemäß dem vorliegenden erfindungsgemäßen Verfahren herstellen.
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2 zeigt in einer schematisch stark vereinfachten Darstellung den erfindungsgemäßen Verfahrensablauf. Einer elektronischen Recheneinrichtung 30 werden dabei zunächst eine Mehrzahl von digitalen 3D-Linergrundmodellen bereitgestellt, die in einer Datenbank 31 hinterlegt sind. Des Weiteren ist die elektronische Recheneinrichtung mit einer Eingabeeinrichtung 32 verbunden, über die einen Benutzer, beispielsweise ein Orthopädietechniker, digitale Eingabedaten zur Veränderung eines 3D-Linergrundmodells eingeben kann.
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Die elektronische Recheneinrichtung 30 ermittelt nun beispielsweise basierend auf Patientendaten oder durch eine manuelle Eingabe ein 3D-Linergrundmodell und führt die entsprechenden Änderungen an dem bereitgestellten 3D-Linergrundmodell basierend auf den digitalen Eingabedaten durch, um so ein individualisiertes 3D-Linermodell zu erstellen. Das sich aus der Veränderung ergebende individualisierte 3D-Linermodell kann dann auf einer Anzeigeeinrichtung der Eingabeeinrichtung 32 dargestellt werden, sodass der Benutzer eine sofortige Rückmeldung erhält, wie sich die Veränderungen auf das Linermodell ausüben.
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Sind alle gewünschten Änderungen durchgeführt und ein entsprechendes individualisiertes 3D-Linermodell erstellt, so werden beispielsweise auf Betätigung durch den Benutzer die Fertigungsdaten 33 basierend auf dem individualisierten 3D-Linermodell und einem ausgewählten Herstellungsverfahren automatisch durch die elektronische Recheneinrichtung 30 erstellt.
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Alternativ ist es aber auch denkbar, dass in der Datenbank 31 ein digitales 3D-Körperteilmodell des betreffenden Körperteils des Patienten hinterlegt ist, dass der elektronischen Recheneinrichtung 30 bereitgestellt wird. Basierend auf diesem 3D-Körperteilmodell und den digitalen Eingabedaten von der Eingabeeinrichtung 32 wird nun ein individualisiertes 3D-Linermodell erzeugt, auf deren Basis dann die Fertigungsdaten 33 erstellt werden.
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3 zeigt auf der linken Seite das untere Ende eines 3D-Linergrundmodell 40 mit einer distalen Endkappe. Durch die Eingabeeinrichtung hat der Benutzer, beispielsweise der Techniker, den distalen Umfang im Bereich der Endkappe des 3D-Linergrundmodell 40 verändert und dabei das Maß des Umfangs vergrößert, wodurch ein individualisiertes 3D-Linermodell 41 erstellt wird. Dieses individualisierte 3D-Linermodell 41 ist auf der rechten Seite der 3 gezeigt. Der vergrößerte Umfang im Bereich der distalen Endkappe gegenüber dem 3D-Linergrundmodell 40 auf der linken Seite ist deutlich zu erkennen.
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Eine solche Anpassung ist beispielsweise dann sinnvoll, wenn der Amputationsstumpf im Bereich seines distalen Endes einen überdurchschnittlichen Umfang bzw. Durchmesser hat, sodass der Liner hieran angepasst werden kann.
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4 zeigt auf der linken Seite ein 3D-Linergrundmodell 50. Auf der rechten Seite ist ein 3D-Linermodell 51 gezeigt, bei dem die Gesamtlänge gegenüber dem 3D-Linergrundmodell 50 vergrößert wurde, wodurch der gesamte Liner länger wird. Hierdurch kann der Liner an besonders große Personen angepasst werden.
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Denkbar ist selbstverständlich auch, dass die Höhe verringert wird, wodurch der Liner insgesamt kleiner wird.
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5 zeigt auf der linken Seite einen Ausschnitt eines 3D-Linergrundmodells 60, während auf der rechten Seite ein Ausschnitt eines individualisierten 3D-Linermodells 61 gezeigtes, bei dem ein Flexionswinkel 62 gegenüber dem 3D-Linergrundmodell 60 eingestellt wurde.
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6 zeigt auf der linken Seite einen Ausschnitt eines 3D-Linergrundmodells 70, während auf der rechten Seite ein Ausschnitt eines individualisierten 3D-Linermodells 71 gezeigt ist, bei dem die Anzahl der Dichtlippen 72 gegenüber dem 3D-Linergrundmodell 70 erhöht wurde. Das 3D-Linergrundmodell 70 weist dabei eine Dichtlippe auf, während das individualisierte 3D-Linermodell insgesamt 3 Dichtlippen 72 hat.
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7 zeigt schließlich auf der linken Seite einen Ausschnitt eines 3D-Linergrundmodells 80, während auf der rechten Seite ein Ausschnitt eines individualisierten 3D-Linermodells 81 gezeigtes, bei dem die Form und Größe der Dichtlippen 82 gegenüber dem 3D-Linergrundmodell 70 verändert wurde.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Standardliner
- 20
- individualisierter Liner
- 30
- elektronische Recheneinrichtung
- 31
- Datenbank
- 32
- Eingabeeinrichtung
- 33
- Fertigungsdaten
- 40, 50, 60, 70, 80
- 3D-Linergrundmodell
- 41, 51, 61, 71, 81
- individualisiertes 3D-Linermodell
- 62
- Flexionswinkel
- 72, 82
- Dichtlippe
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- WO 2013134268 A1 [0007]
- DE 102019109781 A1 [0009]
- DE 102020126435 A1 [0010]
- EP 1588244 B1 [0011]