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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Kalibrieren eines Drehratensensors.
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Inertiale Messeinheiten (sogenannte IMUs, engl. für „inertial measurement units“) dienen dazu, aktuelle kinematische Größen in einem Referenzkoordinatensystem zu erfassen. Größtenteils mechanisch ausgeführt nutzen sie bekannte Effekte, wie den Zusammenhang zwischen Kraft und beschleunigter Masse, die Lagewinkelstabilität von rotierenden Massen (Kreiselstabilität) und Ähnliches, um weiterverarbeitbare Sensorsignale von vorherrschenden kinematischen Größen zu ermitteln. Auf optischen bzw. relativistischen Effekten basierende inertiale Messeinheiten, beispielsweise zur Bestimmung von Lagewinkeldrehraten mittels Laserkreisel, sind sehr teuer und werden entsprechend selten angewendet; diese sind nur in Nischenanwendungen wie militärischen Flugkörpern mit extrem hohen zu erwartenden Beschleunigungen zu finden. Der Fokus im Folgenden wird daher auf mechanische Messeinheiten gelegt, wenn auch nicht ausgeschlossen wird, dass die dargestellten Lösungen auch für optische Systeme gelten können.
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Die folgenden Informationen ergeben sich aus fachmännischen Überlegungen, anstatt sich notwendigerweise aus einem bestimmten Dokument des Stands der Technik zu ergeben: Wie für andere Sensoren auch ist es Zweck von inertialen Messeinheiten, eine natürlich auftretende Größe zu erfassen und einen verarbeitbaren Signalwert daraus zu generieren. Naturgemäß weist jeder physische Sensor gewisse Ungenauigkeiten auf, die von Umgebungsbedingungen beeinflusst werden können und insbesondere über verschiedene Bereiche von Messgrößen und/oder Frequenzen der gemessenen Größe variieren. Ein Sensor weist damit eine gewisse Übertragungsfunktion (im algebraischen wie im dynamischen Sinne) auf, welche eine Abbildung der natürlich auftretenden Größe auf das verarbeitbare Sensorsignal darstellt.
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Eine solche Übertragungsfunktion kann mit mathematischen Modellen beschrieben werden. Eine Vielzahl von Modelltypen kommt hierfür prinzipiell in Frage, seien es Modelle in Form von algebraischen Gleichungen oder dynamische Modelle, wobei letztere eine frequenzabhängige Übertragungsfunktion beschreiben und damit bevorzugt als Differentialgleichungen oder als Gleichungen im Frequenzbereich (wie dem Laplace Bereich) formuliert werden. Es sind ferner lineare Modelle von nichtlinearen Modellen zu unterscheiden. Statistische Modelle erlauben es, viele einzelne empirische Daten in ein Modell zusammenzufassen. Je genauer ein Modell die Realität des Sensors abbildet, umso besser ist der vom jeweiligen Sensor eingebrachte Fehler in der Übertragung von der natürlich auftretenden Größe auf das verarbeitbare Sensorsignal korrigierbar.
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Ein häufig essenzieller Bestandteil einer inertialen Messeinheit sind Kreiselinstrumente. Solche Kreiselinstrumente dienen dazu, die Orientierung eines Referenzkoordinatensystems in Form von Lagewinkeln insbesondere gegenüber der Erde ermitteln zu können. Der dabei ausgenutzte Effekt ist die Stabilität einer rotierenden Masse gegenüber Lagewinkeländerungen. Wird beispielsweise eine kardanisch aufgehängte schnell rotierende Masse in einem Gehäuse an einen bewegten Körper angeordnet, wird bei einer Rotationsbewegung des Körpers und damit des Gehäuses das Gehäuse sozusagen um die rotierende Masse herum rotiert, während die jeweilige Achse der rotierenden Masse ihre Ausrichtung beibehält. Aus dieser relativen Orientierungsänderung zwischen rotierender Masse und Gehäuse kann somit eine Orientierungsänderung in Form von differenziellen Winkeln ermittelt werden. Wird durch zeitliche Integration einer gemessenen Drehrate ein Lagewinkel ermittelt, so integrieren sich naturgemäß Messfehler in der gemessenen Drehrate zu größeren Fehlern in den Lagewinkeln auf. Zur Vermeidung dieser Fehlerintegration werden typischerweise Kreiselinstrumente nicht alleine verwendet, sondern mit anderen Sensorarten gekoppelt. Dennoch geht der Messfehler in der gemessenen Drehrate in den abschließend ermittelten Lagewinkel ein.
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Mit dem Ziel, Sensorfehler von Kreiselinstrumenten wie Drehratensensoren zu reduzieren, wurden und werden typischerweise solche Kreiselinstrumente zur Charakterisierung im Sinne einer Systemidentifikation getestet, um mittels der Charakterisierung und dem damit erreichten Wissen über Übertragungsfehler der Kreiselinstrumente Fehler im späteren Betrieb zu eliminieren, d. h. um die Kreiselinstrumente zu kalibrieren. Eine relativ einfache Modellbeschreibung der Übertragungsfehler eines Kreiselinstruments besteht in der Aufteilung der Übertragungsfehler in die Anteile „Skalierungsfehler“ (auch genannt „Skalenfaktor-Fehler“), „Bias“, und „weißes Rauschen“ (sogenannter „White-Noise“). Zumindest der Skalierungsfehler sowie der Bias können herausgerechnet werden und somit das originale Sensorsignal korrigiert werden, insbesondere wenn Skalierungsfehler und Bias abhängig von der zu messenden Beschleunigung und bekannten Umweltbedingungen für jede aktuelle Situation bestimmt werden können.
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Im Stand der Technik sind verschiedenste Verfahren zur Analyse bzw. Kalibrierung von Trägheitssensoren bekannt.
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Die
WO 2013/ 033755 A1 betrifft hierzu ein Verfahren zum Bestimmen eines Inertialsenor-Bias, wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst: Ermitteln der Ausrichtung des Inertialsenors relativ zu einem Gehäuse; Einholen einer ersten Messung des Inertialsensors; Drehen des Gehäuses mit dem Inertialsenor um ca. 180°; Einholen einer zweiten Inertialsensormessung; und Bestimmen des Inertialsenor-Bias aus der ersten Inertialsensormessung, der zweiten Inertialsensormessung und der erhaltenen Ausrichtung des Inertialsenors relativ zum Gehäuse.
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Die
DE 10 2021 004 103 A1 betrifft ferner ein Verfahren zur Erkennung von Fehlfunktionen in Inertialmesseinheiten, die in einem Fahrzeug zur Messung von Winkelgeschwindigkeiten und von Specific Forces verwendet werden, wobei zwei Inertialmesseinheiten mit jeweils mehreren Sensoren, umfassend Beschleunigungsmessern und gyroskopischen Sensoren, zum Einsatz kommen, wobei eine erste Inertialmesseinheit als Master-Inertialmesseinheit verwendet wird, wobei eine zweite Inertialmesseinheit, deren Leistungsfähigkeiten geringer sein kann als die der ersten Inertialmesseinheit, als Slave-Inertialmesseinheit verwendet wird.
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Die
WO 2013/ 112 230 A1 betrifft darüberhinaus ein Verfahren zum Kalibrieren eines Beschleunigungsmessers in einer tragbaren Vorrichtung, umfassend: Empfangen von Daten von dem Beschleunigungsmesser; Bereitstellung von Beschleunigungsmesswerten aus den Daten auf Grundlage einer oder mehrerer Auswahlregeln, die adaptiv Daten auswählen, die bestimmte Kriterien erfüllen; Anpassung der Beschleunigungsmesswerte an ein mathematisches Modell; und Bereitstellen eines Bias des Beschleunigungsmessers basierend auf einem Mittelpunkt des mathematischen Modells.
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Die
DE 10 2012 219 507 A1 betrifft außerdem ein Verfahren zum Abgleich von Drehratensensoren, wobei ein Drehratensensor ein Substrat mit einer Haupterstreckungsebene, eine relativ zum Substrat bewegliche seismische Masse, eine Antriebsanordnung zur Auslenkung der seismischen Masse in einer Antriebsrichtung, eine Detektionsanordnung zur Detektion einer Kraftwirkung der seismischen Masse in einer zur Antriebsrichtung senkrechten Detektionsrichtung und eine Testanordnung zur Auslenkung der seismischen Masse parallel zur Detektionsrichtung umfasst.
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Aufgabe der Erfindung ist es, die Kalibrierung eines Drehratensensors durch eine möglichst genaue Charakterisierung des Drehratensensors zu verbessern.
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Die Erfindung ergibt sich aus den Merkmalen der unabhängigen Ansprüche. Vorteilhafte Weiterbildungen und Ausgestaltungen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
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Ein erster Aspekt der Erfindung betrifft ein Verfahren zum Kalibrieren eines Drehratensensors, wobei der Drehratensensor eine Sensorachse und ein Gehäuse aufweist, aufweisend die Schritte:
- - Ermitteln von ersten Testdaten durch Aufbringen von Referenzdrehraten in unterschiedlichen Orientierungen relativ zum Gehäuse und mit unterschiedlichen Beträgen der Referenzdrehraten je Orientierung auf den Drehratensensor, wobei die ersten Testdaten die Beträge der Referenzdrehraten mit den zugehörigen Orientierungen relativ zum Gehäuse sowie die nominale Orientierung eines zum Gehäuse körperfesten Koordinatensystems relativ zu einem an einem Rotationstisch für das Aufbringen der Referenzdrehraten körperfesten Koordinatensystem sowie ein jeweiliges den Referenzdrehraten zugeordnetes verarbeitbares Sensorsignal des Drehratensensors umfassen;
- - Schätzen, für die ersten Testdaten, eines Ausrichtungsfehlers zwischen einem zur Sensorachse festen Koordinatensystem und dem zum Gehäuse körperfesten Koordinatensystem,
- - Ermitteln von zweiten Testdaten durch Aufbringen von Vibrationen in drei Orientierungen des Drehratensensors, insbesondere in genau drei Orientierungen, wobei die Orientierungen insbesondere an den Achsen des zum Gehäuse körperfesten Koordinatensystems ausgerichtet sind, wobei die zweiten Testdaten die aufgeprägten Vibrationen sowie die jeweilige Orientierung des Drehratensensors sowie das jeweilige verarbeitbare Sensorsignal des Drehratensensors umfassen;
- - Ermitteln einer jeweiligen ersten Orientierungstransformation auf Basis der nominalen Orientierungen und auf Basis des geschätzten Ausrichtungsfehlers jeweils der ersten Testdaten und Anwenden der jeweiligen ersten Orientierungstransformation auf die ersten Testdaten mit der Wirkung, dass alle Referenzdrehraten der ersten Testdaten auf das zur Sensorachse feste Koordinatensystem bezogen sind;
- - Zusammenfassen aller Testdaten in einen kombinierten Testdatensatz;
- - Vorgeben einer mathematischen Modellstruktur eines parametrischen Modells des getesteten Drehratensensors;
- - Ausführen einer allumfassenden Regressionsanalyse für den kombinierten Testdatensatz zur Ermittlung von Parameterwerten des parametrischen Modells, sodass mit der allumfassenden Regressionsanalyse sämtliche Parameter des parametrischen Modells auf Grundlage aller Testdaten aufeinmal erhalten werden; und
- - Kalibrieren des getesteten Drehratensensors auf Basis des parametrischen Modells mit den ermittelten Parameterwerten;
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Der Drehratensensor weist eine Sensorachse auf. Entlang dieser Sensorachse erfolgt die Messung. Definitionsgemäß ist damit die Orientierung der Messung zur Sensorachse immer bekannt, es besteht jedoch ein zu ermittelnder Ausrichtungsfehler im Sinne einer unbekannten Ausrichtungsdifferenz zwischen einem zur Sensorachse festen Koordinatensystem und dem zum Gehäuse körperfesten Koordinatensystem. Sensorgehäuse und Rotationstisch drehen sich insbesondere zusammen mit den Referenzdrehraten. Die Referenzdrehraten werden in unterschiedlichen Orientierungen relativ zum Gehäuse, insbesondere drei Orientierungen, bevorzugt um die Achsen eines kartesischen Koordinatensystems, aufgebracht. Die nominale Orientierung des zum Gehäuse körperfesten Koordinatensystems relativ zu einem, an einem Rotationstisch für das Aufbringen der Referenzdrehraten körperfesten, Koordinatensystem ist prinzipiell in ihrem Standartwert bekannt, daher „nominal“.
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Der Drehratensensor ist so konfiguriert, dass auf eine auftretende Drehrate oder Orientierungsänderung ein verarbeitbares Sensorsignal erzeugt wird. Das verarbeitbare Sensorsignal kann umfassen: Eine elektrische Spannung, bevorzugt in der Einheit Volt, oder eine elektrische Stromstärke, bevorzugt in der Einheit Milliampere. Das verarbeitbare Sensorsignal wird vom Drehratensensor somit als Antwort auf die jeweilige Referenzdrehdate erzeugt. Dementsprechend weist der Drehratensensor die Funktion einer Abbildung der Eingangsgröße (zumindest die Referenzdrehdate) auf die Ausgangsgröße (das verarbeitbare Sensorsignal) auf. Die Eingangsgröße kann skalar sein, ist jedoch typischerweise vektoriell, d. h. dass sie mehrere Komponenten umfasst. Auch wenn die Eingangsgröße vektoriell ist, kann durch den Drehratensensor eine Abbildung auf eine skalare Ausgangsgröße für eine betrachtete Achse (in der insbesondere genau eine Orientierungsänderung gemessen wird) erfolgen.
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Diese Abbildung wird durch das parametrische Modell nachgebildet. Das parametrische Modell weist eine vorgegebene insbesondere nichtlineare mathematische Struktur auf, beispielsweise ist es von vorgegebener Ordnung (mit welchem höchsten Exponenten Variablen der Eingangsgröße in das Modell eingehen), weiterhin bevorzugt wird mit der vorgegebenen mathematischen Struktur festgelegt, welche Komponenten der Eingangsgröße in das Modell eingehen.
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Das parametrische Modell kann prinzipiell ein statisches Modell sowie ein dynamisches Modell sein. Das statische Modell berücksichtigt keinen Einfluss der Frequenzen der Eingangsgröße und wird daher durch eine algebraische Gleichung beschrieben. Eine solche algebraische Gleichung weist jeder aktuellen Eingangsgröße eine zugehörige aktuelle Ausgangsgröße zu. Die Ausgangsgröße des dynamischen Modells dagegen ist nicht nur von der aktuellen Eingangsgröße abhängig, sondern auch vom vergangenen Verlauf der Eingangsgrößen. Anstelle einer algebraischen Gleichung wird daher bevorzugt zur Beschreibung eines dynamischen Modells eine Differenzialgleichung verwendet, welche auch in den Frequenz- bzw. Laplacebereich transformiert werden kann und als Übertragungsfunktion dargestellt werden kann. Des Weiteren ist es mit einem dynamischen Modell möglich, den sogenannten „colored noise“, ein frequenzabhängiges Rauschen zu modellieren. Ob ein statisches Modell oder ein dynamisches Modell zur Beschreibung der Übertragung der Eingangsgröße auf die Ausgangsgröße besser geeignet ist, hängt von den Eigenschaften des verwendeten Drehratensensors ab, und in speziellen Fällen davon, welche Frequenzen in auftretenden Beschleunigungen erwartet werden, die es zu erfassen gilt.
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Die Regressionsanalyse dient dem Zweck, die Parameter des Modells in Werten zu identifizieren und daher im weiteren Sinne dem Prozess einer Parameter-Identifikation. Allgemein ist die Regressionsanalyse eine auf statistischen Überlegungen basierende Methode, um statistische Prozesse zu modellieren, d. h. den Zusammenhang zwischen einer oder mehreren abhängigen Variablen und einer oder mehreren unabhängigen Variablen zu ermitteln, sodass für einen hypothetischen Wert einer Eingangsgröße ein entsprechender Wert einer Ausgangsgröße des Modells berechnet werden kann. Welche konkrete Ausprägung der Regressionsanalysen verwendet wird, hängt insbesondere von der Struktur des parametrischen Modells ab. Bevorzugt wird eine Form der Regressionsanalyse verwendet, die einen Term für den Bias berücksichtigt.
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In anderen Worten wird gemäß dem ersten Aspekt der Erfindung der Drehratensensor auf einem typischen Rotationstisch platziert. Hierbei wird die nominale Sensororientierung relativ zum Koordinatensystem ermittelt, welches körperfest zum Rotationstisch ist. Anschließend wird der Rotationstisch so angesteuert, dass verschiedene Referenzdrehraten eingesteuert werden, bevorzugt über die ganze erfassbare Breite von Beträgen des Drehratensensors, und unter verschiedenen Orientierungen relativ zu einer körperfesten Achse des Drehratensensors, oder zumindest in einer Orientierung, die von der betrachteten Sensorachse abweicht. Bei diesem Test werden sowohl das verarbeitbare Sensorsignal als auch die Referenzdrehrate ermittelt und aufgezeichnet. Wenn der Rotationstisch eine ausreichende Genauigkeit aufweist, kann die Referenzbeschleunigung der Schwerkraft auch von der Relation zwischen dem Schwerkraftvektor und der gegenwärtigen Rotationstischorientierung abhängig gemacht sein. Andernfalls kann die Referenzbeschleunigung aus der Schwerkraft auch zu Null angenommen werden, und dieser Fehler wird in den Modellfehler mit eingeschlossen. Für den Fall, dass der Rotationstisch über einer seismisch isolierten Plattform angeordnet ist, kann die in einer weiter unten genannten Ausführungsform durchgeführte Beobachtung des Messrauschens übersprungen werden und das Messrauschen zusammen mit der eigentlichen Systemidentifikation (beim Aufbringen der Referenzdrehraten) ausgeführt werden. Dafür sollte der Rotationstisch statisch positioniert werden, um eine ausreichende Zeit zum Betrachten des Messrauschens zur Verfügung zu haben, und dies vor, zwischen, oder nach dem Aufbringen der Referenzdrehraten. Der zeitliche Verlauf, d. h. das Profil, der Referenzdrehdaten sollte dabei so ausgewählt werden, dass alle Sensorachsen angeregt werden, und dies idealerweise mit vielen unterschiedlichen Vektoren der Referenzdrehraten wie möglich. Als eine zusätzliche Option kann eine zeitvariante Temperaturrampe aufgebracht werden, während die Systemidentifikation durchgeführt wird und zu diesem Zweck die Referenzdrehraten aufgebracht werden.
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Wurde dies durchgeführt, wird der Drehratensensor auf einem typischen Vibrationstisch angeordnet mit einer entsprechenden Halterung. Die Halterung sollte so genau wie möglich gefertigt sein, und die Orientierungen des Drehratensensors relativ zur Halterung sollten damit entsprechend so genau wie möglich bekannt sein. Die Beschleunigung an der Halterung und bezüglich eines Koordinatensystems, welches körperfest zur Halterung ist, sollte so genau wie möglich insbesondere durch Messung bekannt sein und als Term in der Eingangsgröße verwendet werden. Wiederum sollte darauf geachtet werden, ausreichende Anregungen in Frequenz und Amplitude bereitzustellen, wobei verschiedene bekannte Profile wie zufällige Vibrationen, Frequenzgänge (Sinus Sweeps), Schocks, und quasi statische Belastungen verwendet werden können. Dies orientiert sich insbesondere daran, welche Vibrationen im späteren Betrieb des Drehratensensors erwartet werden. Während die Vibrationen aufgebracht werden, sind das verarbeitbare Sensorsignal sowie die bekannten Vibrationen jeweils aufzuzeichnen und zeitlich in Verbindung mit einander zu setzen. Auch ist die nominale Orientierung des Drehratensensors mit Bezug zum Koordinatensystem der Halterung aufzuzeichnen. Optional kann, wenn möglich, die Temperatur während dieses Vibrationstests verändert werden, wobei die entsprechende Temperatur mit aufgezeichnet wird und als Teil der Eingangsgröße als Teil der zweiten Testdaten verwendet wird. Dieser Vibrationstest wird bevorzugt für alle relevanten Sensorachsen sequenziell wiederholt.
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Die Vibrationen werden auf ein nominales Koordinatensystem ohne Ausrichtungsfehler bezogen, während die Referenzdrehraten zunächst auf ein geschätztes Koordinatensystem bezogen werden, welches Ausrichtungsfehler aufweist, welche wiederum geschätzt werden. Nach der Aufzeichnung sämtlicher Ausrichtungsfehler und nominaler Sensororientierungen werden alle Referenzdrehraten in das zur Sensorachse des Drehratensensors feste Koordinatensystem und alle aufgezeichneten Beschleunigungen in das zum Gehäuse körperfeste Koordinatensystem transformiert. Hierbei wird eine spezielle Regressionsanalyse verwendet, um sämtliche Parameter des parametrischen Modells in einem Zug zu erhalten, die genau auf oben genannte Koordinatensysteme bezogen sind. Mit diesem vorläufigen Modell wird bevorzugt das finale Modell dadurch erhalten, dass eine weitere Koordinatensystemtransformation angewendet wird, sodass das Modell lediglich auf das Koordinatensystem bezogen ist, das körperfest zum Drehratensensor ist.
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Die Erfindung weist folgende vorteilhafte Wirkungen auf: Es kann auf standardmäßig vorhandene und nicht zu teure Ausrüstung zurückgegriffen werden, wie ein Vibrationstisch, eine Rotationstisch, und Ähnliches. Ferner können verschiedene Situationen und unterschiedliche Umgebungsbedingungen berücksichtigt werden wie unterschiedliche Temperaturen, Vibrationen und Orientierungen. Das passendste, insbesondere nichtlineare, dynamische Modell mit Termen höherer Ordnung und mit nichtlinearen Termen kann erhalten werden und bei Bedarf später reduziert werden auf Anteile wie „Skalierungsfehler“ und „Bias“ , jedoch mit einem besseren Fehlermodell. Der Sensorfehler, bzw. ein Sensorfehleranteil, kann als nicht weißer zufälliger Fehler modelliert werden, außerdem ist eine vorherrschende Vibration als Teil der Umgebungsbedingungen nicht auf sinusförmige Fälle beschränkt. Der Aufwand für die notwendigen Tests wird dadurch vorteilhaft gering gehalten, sodass ein und dieselben Vibrationsprofile, welche für das Testen des Sensors gegenüber Umweltbedingungen verwendet wurden, auch für die Charakterisierung des Sensors verwendet werden können. Insgesamt müssen nicht mehr als drei Testdurchläufe bezüglich des äußeren Vibrationseinflusses durchlaufen werden. Auch Temperatureffekte können in der Charakterisierung berücksichtigt werden, wobei die Bandbreite der vorherrschenden Vibrationen nur durch die Bandbreite der Testausrüstung begrenzt ist, sodass in der Regel ein sehr breiter Frequenzbereich berücksichtigt werden kann. Darüber hinausgehend kann die Ausrichtung geschätzt und berücksichtigt werden, sodass diese Sensorcharakterisierung unabhängig von der Testausrüstung erfolgen kann.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform weist das Verfahren weiterhin einen der Schritte auf:
- - Ermitteln einer jeweiligen zweiten Orientierungstransformation auf Basis der zweiten Testdaten, und Anwenden der jeweiligen zweiten Orientierungstransformation auf die zweiten Testdaten mit der Wirkung, dass alle Vibrationen der zweiten Testdaten auf das zum Gehäuse feste Koordinatensystem bezogen sind; oder:
- - Ermitteln einer jeweiligen zweiten Orientierungstransformation auf Basis der zweiten Testdaten und der Schätzungen des Ausrichtungsfehlers aus den ersten Testdaten, und Anwenden der jeweiligen zweiten Orientierungstransformation auf die zweiten Testdaten mit der Wirkung, dass alle Vibrationen der zweiten Testdaten auf das zur Sensorachse feste Koordinatensystem bezogen sind;
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform sind die unterschiedlichen Orientierungen der Referenzdrehraten derart, dass sie jeweils Anregungen des Drehratensensors in allen Achsen des zum Gehäuse körperfesten Koordinatensystems erzeugen.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform umfasst das parametrische Modell ein NARMAX Modell. Hierbei steht NARMAX für „nonlinear autoregressive moving average model with exogenous inputs“. NARMAX Modelle können eine breite Klasse von nichtlinearen Systemen repräsentieren.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform wird eine Vielzahl von möglichen parametrischen Modellen des getesteten Drehratensensors mit unterschiedlichen mathematischen Modellstrukturen vorgegeben, wobei eine jeweilige allumfassende Regressionsanalyse für den kombinierten Testdatensatz zur Ermittlung von allen Parameterwerten des jeweiligen parametrischen Modells ausgeführt wird, wobei gemäß einer vorgegebenen Metrik das passendste Modell ausgewählt wird und das Kalibrieren des getesteten Drehratensensors auf Basis des ausgewählten parametrischen Modells mit den zugehörigen ermittelten Parameterwerten erfolgt.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform werden dritte Testdaten dadurch erzeugt, dass der Drehratensensor auf einer seismisch isolierten Plattform statisch angeordnet wird, wobei die dritten Testdaten ein von einem jeweiligen Messrauschen umfassendes verarbeitbares Sensorsignal des Drehratensensors umfassen, und wobei für die dritten Testdaten ein Ausrichtungsfehler zwischen dem zur Sensorachse festen Koordinatensystem und dem zum Gehäuse körperfesten Koordinatensystem ermittelt wird. Die dritten Testdaten werden dann ebenfalls zum kombinierten Testdatensatz hinzugefügt.
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In anderen Worten wird gemäß dieser Ausführungsform der Drehratensensor auf eine seismisch isolierte Plattform angebracht und das verarbeite Sensorsignal sowie der Vektor der Erdrotationsrate relativ zu der Halterung erfasst. Ferner wird die nominale Orientierung des Drehratensensors zur Halterung ermittelt. Optional werden zusätzlich während dieser Tests zur Ermittlung des Sensorrauschen die Temperatur des Drehratensensors verändert, bevorzugt mit einer variablen Temperaturrampe, wobei die jeweils aktuelle Temperatur aufgezeichnet wird und der jeweiligen Orientierung des Drehratensensors zugeordnet wird. Daran anschließend wird der Ausrichtungsfehler ermittelt, ohne dass der Drehratensensor aus der Halterung entfernt wird und wieder angeordnet wird. Zusätzlich optional kann die Orientierung des Drehratensensors relativ zur Halterung und damit relativ zur seismischen isolierten Plattform verändert werden und die oben genannte Vorgehensweise wiederholt werden. Wird jedoch der Drehratensensor aus der Halterung entnommen und wieder eingebaut, so muss nach jedem Wiedereinbau erneut der Ausrichtungsfehler ermittelt werden.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform wird der Drehratensensor in unterschiedliche statische Orientierungen gegenüber der seismisch isolierten Plattform gebracht, wobei die dritten Testdaten die jeweiligen Orientierungen des Drehratensensors umfassen.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform erfolgt für die ersten Testdaten und/oder für die zweiten Testdaten und/oder für die dritten Testdaten eine Kompensation der Erdrotationsrate dadurch, dass der Vektor der Erdrotationsrate auf die Achsen des zum Gehäuse körperfesten Koordinatensystems projiziert wird, und das Ergebnis der Projektionen und die jeweilige Orientierung des Drehratensensors als jeweilige Komponente der jeweiligen Testdaten verwendet wird.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform werden innerhalb der ersten Testdaten und/oder der zweiten Testdaten und/oder der Testdaten unterschiedliche Temperaturen auf den Drehratensensor aufgebracht, wobei die erfassten Temperaturen als weitere Komponente der jeweiligen Testdaten verwendet werden.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform wird zum Ermitteln eines jeweiligen Ausrichtungsfehlers ein modifizierter rationaler Modell Schätzer verwendet. Der modifizierte rationale Modell Schätzer wird auch als modifizierter RME abgekürzt, wobei RME für „Rational Model Estimator“ steht.
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Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung, in der - gegebenenfalls unter Bezug auf die Zeichnung - zumindest ein Ausführungsbeispiel im Einzelnen beschrieben ist. Gleiche, ähnliche und/oder funktionsgleiche Teile sind mit gleichen Bezugszeichen versehen.
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Es zeigen:
- 1: Ein Verfahren zum Kalibrieren eines Drehratensensors gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung.
- 2: Bezeichnungen und Definitionen für den Drehratensensor.
- 3: Ein Verfahren der erweiterten Methode der kleinsten Quadrate für ein Ausführungsbeispiel der Erfindung.
- 4: Ein Verfahren zur Ermittlung der Orientierungstransformation für ein Ausführungsbeispiel der Erfindung.
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Die Darstellungen in den Figuren sind schematisch und nicht maßstäblich.
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1 zeigt ein Verfahren zum Kalibrieren eines Drehratensensors 1, wobei der Drehratensensor 1 eine Sensorachse und ein Gehäuse aufweist, aufweisend die Schritte:
- - Ermitteln S1 von ersten Testdaten durch Aufbringen von Referenzdrehraten in unterschiedlichen Orientierungen relativ zum Gehäuse und mit unterschiedlichen Beträgen der Referenzdrehraten je Orientierung auf den Drehratensensor 1, wobei die ersten Testdaten die Beträge der Referenzdrehraten mit den zugehörigen Orientierungen relativ zum Gehäuse sowie die nominale Orientierung eines zum Gehäuse körperfesten Koordinatensystems relativ zu einem an einem Rotationstisch für das Aufbringen der Referenzdrehraten körperfesten Koordinatensystem sowie ein jeweiliges den Referenzdrehraten zugeordnetes verarbeitbares Sensorsignal des Drehratensensors 1 umfassen;
- - Schätzen S2, für die ersten Testdaten, eines Ausrichtungsfehlers zwischen einem zur Sensorachse festen Koordinatensystem und dem zum Gehäuse körperfesten Koordinatensystem,
- - Ermitteln S3 von zweiten Testdaten durch Aufbringen von Vibrationen in drei Orientierungen des Drehratensensors 1, wobei die Orientierungen insbesondere an den Achsen des zum Gehäuse körperfesten Koordinatensystems ausgerichtet sind, wobei die zweiten Testdaten die aufgeprägten Vibrationen sowie die jeweilige Orientierung des Drehratensensors 1 sowie das jeweilige verarbeitbare Sensorsignal des Drehratensensors 1 umfassen;
- - Ermitteln S4 einer jeweiligen ersten Orientierungstransformation auf Basis der nominalen Orientierungen und auf Basis des geschätzten Ausrichtungsfehlers jeweils der ersten Testdaten und Anwenden der jeweiligen ersten Orientierungstransformation auf die ersten Testdaten mit der Wirkung, dass alle Referenzdrehraten der ersten Testdaten auf das zur Sensorachse feste Koordinatensystem bezogen sind;
- - Zusammenfassen S5 aller Testdaten in einen kombinierten Testdatensatz;
- - Vorgeben S6 einer mathematischen Modellstruktur eines parametrischen Modells des getesteten Drehratensensors 1;
- - Ausführen S7 einer allumfassenden Regressionsanalyse für den kombinierten Testdatensatz zur Ermittlung von Parameterwerten des parametrischen Modells, sodass mit der allumfassenden Regressionsanalyse sämtliche Parameter des parametrischen Modells auf Grundlage der Testdaten aller Testpunkte aufeinmal erhalten werden; und
- - Kalibrieren S8 des getesteten Drehratensensors 1 auf Basis des parametrischen Modells mit den ermittelten Parameterwerten;
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Weitere Ausführungsmöglichkeiten dieses Verfahrens sind im Folgenden ausgeführt, wobei 2 die grundlegenden Bezeichnungen für die weiteren bevorzugten Ausführungen angibt:
- 2 zeigt die Achsen eines skizzenhaften Drehratensensors 1 und die Winkel der Orientierungstransformation. Hierbei bezeichnen:
- - IA: Die Eingangsachse, die gleich der Sensorachse des Drehratensensors gemäß der Beschreibung ist, dass der Drehratensensor eine Sensorachse und ein Gehäuse aufweist;
- - IRA: Die Eingangsreferenzachse;
- - XRA: Die X-Referenzachse;
- - YRA: Die Y-Referenzachse; und
- - α: den Rotationsvektor in der Ebene, die durch XRA und YRA definiert wird, und ist senkrecht zu IA wie auch zu IRA;
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Die Systemgleichung (und damit ein Kandidat für ein parametrisches Modell) zur Beschreibung eines einachsigen Drehratensensors ist standardisiert nach:
- - IEEE Standard Specification Format Guide and Test Procedure for SingleAxis Interferometric Fiber Optic Gyros. Standard IEEE 952:1997(R2008). The Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE), Dec. 10, 2008. Sowie nach:
- - IEEE Standard Specification Format Guide and Test Procedure for SingleAxis Interferometric Fiber Optic Gyros, Corrigendum 1: Figure 1 and Subclauses 5.3.4, 8.3, 12.11.4.3.2, 12.11.4.3.3, 12.11.4.3.4, 12.12.3.1, and 12.12.4.1. Standard IEEE 952:1997(R2008), Cor 1-2016. The Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE), Dec. 7, 2016.
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Diese Quellen geben eine rationale Systemgleichung vor, die dynamisch ist und die Ausgangsgröße des Drehratensensors mit Komponenten der Referenzrotationen, Temperaturen, und Drift-Fehler entlang der Referenz- und Orthogonalachsen verknüpft. Basierend darauf wird folgende Systemgleichung hierin verwendet:
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Hierbei sind: S
0: Der nominale Skalenfaktor ["/p]; (ΔN/Δt): Die Ausgangspulsrate [p/s]; I: Die inertiale Eingangsgröße [°/h]; E: Der umgebungseinflusssensitive Term [°/h]; D: Der Drift-Term [°/h]; ε
K: Der Skalenfaktor-Fehlerterm [ppm]; Ferner gilt:
worin wiederum sind: ω
IRA, ω
XRA, ω
YRA Komponenten einer inertialen Eingangsdrehrate im Referenzkoordinatensystem des Drehratensensors 1; α der Ausrichtungsfehler von IA zu IRA;
mit α
x der Ausrichtungsfehler von IA zu XRA; α
y der Ausrichtungsfehler von IA zu YRA; mit
D
F der Bias; D
TΔT die Driftrate die zurückzuführen ist auf eine Temperaturänderung ΔT mit D
T dem Driftraten-Temperatur-Sensitivitätskoeffizienten; ε
TΔT der Skalenfaktor-Fehler der auf eine Temperaturänderung ΔT zurückzuführen ist mit ε
T dem Skalenfaktor-Temperatur-Sensitivitätskoeffizienten; D
Ṫ(ΔT/dt) die Driftrate die auf eine Temperaturrampe ΔT/dt zurückzuführen ist mit D
Ṫ dem Koeffizienten für die Temperaturrampe-Driftraten-Sensitivität;
die Driftrate die auf einen zeitvarianten Temperaturgradienten
zurückzuführen ist mit
dem Koeffizientenvektor der zeitabhängigen Temperaturgradient-Driftraten-Sensitivität; f (I) der Skalenfaktor-Fehler abhängig von der Eingangsrate; D
RN die zufällige Driftrate die auf einen Winkel-Random-Walk zurückzuführen ist mit N als dem Koeffizienten; D
RB die zufällige Driftrate die auf eine Bias Instabilität zurückzuführen ist mit B als dem Koeffizienten; D
RK die zufällige Driftrate die auf eine Winkelraten-Random-Walk zurückzuführen ist mit K als dem Koeffizienten; D
RR die zufällige Driftrate die auf eine Rampe zurückzuführen ist mit R als dem Koeffizienten; D
Q die äquivalente zufällige Driftrate die auf eine Winkelquantisierung zurückzuführen ist mit Q als dem Koeffizienten.
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Die o.g. Standards des „Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE)“ geben ein Modell vor, das sowohl deterministisch als auch stochastisch ist. Der deterministische Teil wird repräsentiert durch die Faktoren S0, I, E, εK und DF, die dem grundsätzlichen Sensorprinzip zuzuordnen sind, sowie Temperatur und Sensitivität auf Umgebungseinflüsse und deterministische Fehler in Beziehung setzen. Dagegen wird der stochastische Teil repräsentiert von den Faktoren DR und DQ, die unter dem Begriff des Messrauschens zusammengefasst werden können, nicht notwendigerweise jedoch nur weißes Rauschen, auch genannt „White-Noise“.
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Das Messrauschen ist ein hoch unerwünschter aber sehr relevanter Einfluss bei inertialen Messeinheiten. Im Folgenden wird die stress-strain Theorie beleuchtet und anschließend im Frequenzbereich mit experimentellen Daten analysiert, um folgendes Vibrationsmodell zu verifizieren:
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Hierbei ist S
Ω die Leistungsspektraldichte der Ausgangsrate und S
vib die Leistungsspektraldichte der zufälligen Vibration. Ausgehend von der oben gezeigten Systemgleichung ist es notwendig, das parametrische Modell für den Gebrauch sowohl in einer Simulation als auch in Schätz-Szenarien auszulegen. Der Temperaturgradient ist ein Effekt, der zu komplex ist um modelliert zu werden; besser wird er als Modellfehler belassen. Die umgebungssensitiven Terme hängen von der Temperatur ab, können jedoch durch die folgende Differenzgleichung angenähert werden:
worin c die Koeffizienten sind, die bei der Charakterisierung erhalten werden und k das jeweilige Sample für eine Variable ist. Die Driftterme D
RN, D
RB, D
RK und D
RR können ferner durch die folgende Gleichung modelliert werden:
worin n
Ω(s), n
FΩ(s), n
Ω̇(s) und n
FΩ̇(s) die den zufälligen White-Noise beschreibenden Terme sind mit einem Mittelwert von Null und einer Varianz von jeweils
und
während τ
0 die Samplingzeit ist. Nach Auswertung der obigen Gleichung können die Terme für das Messrauschen klassifiziert werden als weißes Rauschen (White-Noise), pinkes Rauschen, rotes Rauschen und schwarzes Rauschen. In praktischen Anwendungen sind nur die Terme des Messrauschens n
Ω(s) und n
FΩ(s) in der Regel relevant. Deshalb kann die obige Gleichung vereinfacht werden zu:
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Hierin sind n
Ω(s) weißes Messrauschen proportional zu N
2, und
ist pinkes Messrauschen proportional zu B
2. Die Übertragungsfunktion
kann nicht genau als ein lineares System modelliert werden. Sie kann jedoch durch eine lineare Übertragungsfunktion der dritten Ordnung angenähert werden, die weißes Rauschen filtert. Es seien ferner A(q) und B(q) Polynome aus q, wobei q den Vorwärtsoperator im Zeitbereich angibt, d. h. q
-1x(k) = x(k - 1). Das pinke Messrauschen kann daher angenähert werden durch:
-
Die Drift-Terme andererseits werden zusammengefasst durch die Differenzgleichung:
-
Zum Zweck der Charakterisierung des Systemverhaltens wird es in der Praxis schwierig sein, die beiden Quellen des weißen Rauschens n
FΩ(k) und n
Ω(k) voneinander zu trennen. Zur Abhilfe kann ein Rauschmodell des resultierenden Messrauschens als Ergebnis des Filterns von nur einer Quelle von weißem Messrauschen mit adäquater kombinierter Varianz verwendet werden:
-
Der im Zusammenhang mit der Systemgleichung erwähnte Skalenfaktor-Fehler f (I) als Funktion der Eingangsdrehrate I, die wiederum eine Funktion von ω
IRA, ω
XRA und ω
YRA ist, wird wie folgt verwendet, um die Ordnung des Modells zu reduzieren, wobei angenommen wird, dass er nur eine Funktion von ω
IRA ist ausgehend von dem Vorwissen, dass die größten Einflüsse auf das Signal von ω
IRA stammen. Damit ergibt sich:
-
Hierin sind c
f1, c
f2, und c
f3 beliebige Koeffizienten, die es zu charakterisieren gilt. Es ist wahrscheinlich, dass sich während der Charakterisierung herausstellt, dass einer dieser Parameter oder mehrere dieser Parameter sich als irrelevant herausstellen. Sicherer ist es dennoch, sämtliche dieser Parameter zunächst zu berücksichtigen und erst später bei Gewissheit zu entfernen. Der Einfachheit halber kann der Faktor I auch reduziert werden auf:
-
Aus Gleichung (A) ergibt sich, dass die Übertragungsfunktion von einer mechanischen Beschleunigung auf die Ausgangsgröße durch H' (f) f beschrieben wird. Dies ist eine Übertragungsfunktion die mit einem Filter für violettes Rauschen multipliziert wird. Ein Filter für violettes Rauschen ist eine Ableitung des Signals des weißen Rauschens. Die Übertragungsfunktion der geschlossenen Kette kann damit bestimmt werden zu:
-
Hierbei sind T und τ Zeitkonstanten. Es ist daher sinnvoll, die Übertragungsfunktion des Vibrationseinfluss anzunähern durch eine Differenzgleichung zweiter Ordnung wie:
worin a
IRA(k), a
XRA(k) und a
YRA(k) externe Beschleunigungen beschreiben, die auf den Drehratensensor in jeder Achse zur Instanz k ausgeübt werden. Aus sämtlichen vorhergehenden Gleichungen kann damit die vorgeschlagene Ausgangsgröße Ω(k) des Drehratensensors zur Instanz k modelliert werden durch folgende Gleichung:
-
Es sei ferner F
S = {n
i, n
p, n
o} das Referenzkoordinatensystem innerhalb des Drehratensensors 1, wobei n
i an der Achse IA des Drehratensensors 1 ausgerichtet ist. Ferner sei F
C = {n
ira, n
xra, n
yra} das Referenzkoordinatensystem am Drehratensensor 1 wie in
2 gezeigt, wobei die Transformation von F
C nach F
S bekannt ist. Obige Gleichung kann auf Grundlage dessen umgeschrieben werden in den Bezug auf F
S:
-
Es sei angemerkt, dass andere Rotationsterme in dieser Gleichung nicht auftreten, da per Definition FS exakt an der Sensorachse ausgerichtet ist und deshalb kein Ausrichtungsfehler auftritt.
-
Die letztgenannte Gleichung ist ein komplexes nichtlineares autoregressives Modell mit Anteilen des „Moving Average“ und einem externen Eingang (das genannte „Non-linear Autoregressive Model with Moving Average and Exogenous Input“ abgekürzt, NARMAX); im Folgenden wird ein NARMAX Modell verwendet, welches genauer in der Veröffentlichung „
Q.M. Zhu and S.A. Billings. „Identification of Polynomial and Rational Narmax Models." In: IFAC Proceedings Volumes 27.8 (July 1994), pp. 259-264. issn: 14746670. doi: 10. 1016 / S1474 - 6670(17) 47725 - 1. http://dx.doi.org/10.1016/S1474-6670(17)47725-1„erläutert und hergeleitet wird. Dieses generalisierte NARMAX Modell kann beschrieben werden durch:
-
Darin ist ϕ
j(k) = p
j(k) (v
j(k) + e
j(k)), und u(k) repräsentiert die Eingangsgröße und y(k) die Ausgangsgröße jeweils zu einem Zeitpunkt k(k = 1, 2, 3, ...). Ferner sind p
j (k) = p
j (y(k - 1), ..., y(k - r), u(k), ..., u(k - r), e(k - 1), ..., e(k - r)) und v
j (k) = v
j (y(k - 1), ..., y(k - r), u(k), ..., u(k - r), e(k - 1), ..., e(k - r)) frei von aktuellen Messrauschen-Termen und können in beliebigen nichtlinearen Arten ausgedrückt werden. Ferner bezeichnet r die Ordnung des Modells und e(k) und e
j (k) sind voneinander unabhängige aktuelle Messrauschen-Terme mit einem Mittelwert von Null und einer Varianz von
Die Abhängigkeit von y(k) in u(k - d) wird hierin angenommen als d = 1, 2, ...; hierzu kann gezeigt werden, dass diese Annahme keinen Einfluss auf die Tatsache hat, dass der im Folgenden diskutierte Schätzer „unbiased“ ist. Zum Zwecke der Schätzung wird die obige Gleichung (B) des generalisierten NARMAX Modells in Matrix Notation umgeschrieben:
wobei gilt:
und N ist die Datenlänge.
-
Es sei nun ein parametrisches (System-)modell eingeführt durch die folgende Gleichung:
für die gilt:
jeweils zur Parametrisierung des Zählers bzw. des Nenners des Systemmodells (C). Die Terme p
sys|nj (k) und p
sys|dj (k) bestehen aus den Kombinationen y
sys (k - 1), ..., y
sys (k - r), u
sys (k), ..., u
sys (k - r), e
sys1 (k - 1), ..., e
sys1 (k - r), und e
sys2 (k - 1), ..., e
sys2 (k - r); ferner sind θ
sys|nj und θ
sys|dj die Parameter für jeden Term. Außerdem gilt θ
sys|d1 = 1 und num + den (symbolisch für Zähler plus Nenner) steht für die vollständige Zahl von unbekannten Parametern. Zur Angleichung des Formats des obig eingeführten generalisierten NARMAX Modells in Gleichung (B) kann erhalten werden:
-
Die „Unbiased“ Schätzung nach der Methode der kleinsten Quadrate der Parameter Θ für Gleichung (B) lautet:
-
Die Kovarianz des Schätzers ist außerdem gegeben durch
wobei gilt:
und wobei md der maximale Verzug in den Termen ist.
-
Für das System in Gleichung (C) kann die Fehler-Varianz des weißen Messrauschens geschätzt werden durch:
-
Die Variable e(k) ist dabei offensichtlich nicht messbar und deshalb ist der Schätzer für sich genommen nicht ausreichend. Der rationale Modell Schätzer (Rational Model Estimator, abgekürzt RME) aus 3 kann zur Abhilfe verwendet werden.
-
Für sehr komplexe Strukturen könnte diese Methode jedoch ineffizient und rechenintensiv ausfallen. Sollte der in 3 gezeigte Algorithmus sich als rechenintensiv herausstellen, kann alternativ dazu der Algorithmus verwendet werden, der in der Veröffentlichung „Yan Pu, Jing Chen, Yongqing Yang, and Quanmin Zhu. Accelerated identification algorithms for rational models based on the vector transformation. In: Optimal Control Applications and Methods December 2021 (Jan. 2022), pp. 1-17. issn: 0143-2087. doi: 10.1002/oca.2849. url: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10. 1002/oca.2849“ gezeigt ist, welcher unter Umständen eine schnellere Konvergenz aufweist und robust gegenüber Schätzungen von initialen Parametern ist. Dieser Algorithmus ist „unbiased“ und kann für hochskalige Systeme und nichtlineare Systeme angewendet werden.
-
Wird Gleichung (G) in Form von Gleichung (C) geschrieben, wird es möglich sein, mithilfe des Algorithmus der
3 den Drehratensensor 1 zu charakterisieren, d.h. insbesondere die Parameter des parametrischen Modells zu identifizieren. Mittels einiger Zwischenschritte und Umformungen, so dass Terme mit Ω(k) auf der rechten Seite der Gleichung stehen, kann mit Gleichung (C) erhalten werden:
wobei p
sys|n(k) und p
sys|d(k) die vektoriellen die Äquivalente von p
sys|nj(k) und P
sys|dj(k) sind. In diesem Fall ist ein e
sys2(k) Ausgangs-additiver Messfehler.
-
Zur allumfassenden Regressionsanalyse: Mit der oben beschriebenen Methode zur Ausführung eines Verfahrens der kleinsten Quadrate kann zwar für einen Testpunkt ein Satz von Parametern des vorgegebenen parametrischen Modells ermittelt werden. Um die jeweiligen vorteilhaften Eigenheiten der verschiedenen Testpunkte zu kombinieren, werden jedoch die Testdaten der verschiedenen Testpunkte in einen kombinierten Testdatensatz zusammengefasst und auf Basis des kombinierten Testdatensatzes erst die Parameter des parametrischen Modells endgültig ermittelt. Denn beispielsweise weist ein Testpunkt eine höhere Genauigkeit wegen einer besser kontrollierten Umgebung auf, während an anderen Testpunkten breitere Variationen der Referenzgrößen betrachtet werden. Zum Zweck der Kombination dieser vorteilhaften Eigenschaften werden die Testdaten der unterschiedlichen Testpunkte in einen kombinierten Testdatensatz zusammengefasst. Die Regressionsanalyse wird in einem Stück, d. h. es wird eine einzige Regressionsanalyse, für den kombinierten Testdatensatz durchgeführt. Zu diesem Zweck wird ausgeführt:
-
Wobei M die Anzahl verschiedener Testpunkte angibt, für Y und Φ siehe oben.
-
Dabei kann es passieren, dass der Umfang des kombinierten Testdatensatzes sehr groß wird, d. h. der kombinierte Testdatensatz eine erhebliche Datei-Speichergröße benötigt und zu entsprechendem Rechenaufwand bei der Regressionsanalyse führt. Damit wird auch die Zahl der Regressoren sehr groß, was wiederum zu großen Matrizen führt. Auch wenn die Regressionsanalyse offline durchgeführt wird, kann Arbeitsspeicher volllaufen und die numerischen Grenzen des verwendeten Rechners erreicht werden. Zur Vermeidung dieser Probleme kann der kombinierte Testdatensatz durch Vorprozessierung aufbereitet werden, um die Datenmenge im kombinierten Testdatensatz zu reduzieren, während die Informationen der Datenpunkte von verschiedenen Tests und Experimenten grundsätzlichen im kombinierten Testdatensatz erhalten bleiben. Sollte diese Strategie nicht möglich sein, kann die folgende angewendet werden: Die letztendlich erhaltenen Parameter des parametrischen Modells können für jeden Testpunkt einzeln ermittelt werden und abschließend gemittelt werden. Die Mittelung erfolgt bevorzugt durch eine Gewichtung mit der Inversen der jeweils ermittelten Schätzung der Varianzen wie oben erläutert. In der folgenden Gleichung ist ein Beispiel der finalen Parameterschätzung par und ihre jeweiligen Varianzen σ
2 für alle Parameter par
s und Varianzen
aus den Testpunkten s gezeigt:
-
Das parametrische Modell mit seinen Parametern, das diese geschätzten Parameter erhalten wird, kann dann mit anderen Modellen und deren jeweiligen geschätzten Parametern verglichen werden, um die Güte des jeweiligen Modells zu bestimmen.
-
Zur Modellauswahl: Wird statt der Vorgabe eines einzigen parametrischen Modells mit seiner speziellen mathematischen Struktur eine Vielzahl von möglichen parametrischen Modellen des getesteten Drehratensensors mit unterschiedlichen mathematischen Modellstrukturen vorgegeben, wird jeweils eine allumfassende Regressionsanalyse mit dem kombinierten Testdatensatz zur Ermittlung von Parameterwerten für alle der strukturell vorgegebenen parametrischen Modelle ausgeführt.
-
Gemäß einer vorgegebenen Metrik wird das passendste Modell ausgewählt und das Kalibrieren des getesteten Drehratensensors erfolgt auf Basis des ausgewählten parametrischen Modells mit den zugehörigen ermittelten Parameterwerten. Zu diesem Zweck wird eine Kombination aus den folgenden vier Metriken angewendet:
- - Error Reduction Ratio (ERR),
- - t-statistic,
- - Akaike Information Criterion (AIC), und
- - eine angepasste Schätzung der Kovarianz.
-
Die ERR ist ein Maß für jeden Modellparameter, welches den Beitrag oder die Relevanz des jeweiligen Modellparameters für die Ausgangsgröße angibt. Dementsprechend wird ein Modellparameter mit einem höheren ERR wichtiger als ein Modellparameter mit einer geringeren ERR gewertet. Der ERR für einen Parameter j ist:
wobei gilt:
-
Ferner ist hierbei QR die QR-Zerlegung der Regressionsmatrix Φ, während R die obere Dreiecksmatrix mit Nullen auf der Diagonalen angibt, Q die orthogonale Spalten qj aufweist und QTQ = D gilt, worin D diagonal ist.
-
Das AIC auf der anderen Seite versucht das sogenannte „Bias-Variance Dilemma“ dadurch anzugehen, dass die Fehlervarianz mit einbezogen wird, das Einbinden von weiteren Parametern jedoch bestraft wird. Demnach ist ein Modell mit einem geringeren Wert des AIC statistisch besser als ein Modell mit einem höheren AIC Wert. Deshalb gilt:
-
Hierin geben an: N die Zahl der Daten, p die Zahl der Modellparameter, und
ist die Residuenvarianz der Identifikationsdaten für das parametrische Modell mit p Parametern.
-
Die „t-statistic“ dient dem Zweck, irrelevante Parameter des parametrischen Modells identifizieren und entfernen zu können. Wenn ein Parameter einen Einfluss auf die Ausgangsgröße ausübt, muss sein Wert statistisch von Null abweichen. Trifft dies nicht zu, kann das parametrische Modell durch Entfernung dieses Parameters vereinfacht werden. Unter der Annahme, dass Θ̂ normalverteilt ist und eine wie oben berechnete Kovarianz von Σ
Θ̂ aufweist, kann der sogenannte Studentsche t-Test zum Testen der Nullhypothese durchgeführt werden, ob θ̂
j = 0 für j=1,...,p gilt. Die t-statistic für diese Hypothese ist:
-
Hierbei ist ∑Θ̂,j das j-te Element auf der Diagonalen von ΣΘ̂. Unter Verwendung von tj in der zweiseitigen kumulativen Studentschen t-Verteilung mit N - p - 1 Freiheitsgraden, ist es möglich, das Konfidenzniveau zu ermitteln, welches notwendig ist, um die Nullhypothese (θ̂j = 0) zu verwerfen.
-
Werden schließlich verschiedene parametrische Modelle mit vorgegebener Struktur verglichen, wird hierbei ein Datensatz speziell zur Verifikation angewendet. Somit wird der kombinierte Testdatensatz zweiteilig verwendet, zum einen zur Parameteridentifikation mithilfe der Regressionsanalyse und zum anderen zur Verifikation des jeweiligen Kandidaten des parametrische Modells. Das Ziel besteht darin, dasjenige parametrische Modell mit identifizierten Parameter auszuwählen, das am besten auf den Datensatz zur Verifikation passt. Die Kovarianz σ
θ̂ ist der genaue erwartete Wert der Differenz zwischen den tatsächlichen Parametern und den geschätzten. Diese Metrik eignet sich daher insbesondere um die verschiedenen fertig identifizierten Modelle zu vergleichen. Zu diesem Zweck wird die folgende Metrik definiert, um die parametrischen Modelle mit identifizierten Parameter untereinander zu vergleichen:
-
Hierin ist Δ
i die Verifikationsmetrik für das Modell i, ferner bezeichnet s den jeweiligen Test, für den
erhalten wurde, M beschreibt die Zahl der verschiedenen Testpunkte um die Testdaten zu erhalten, und || • ||
1,1 ist die 1-Norm für eine Matrix, welche durch Summenbildung der Komponenten der Matrix ermittelt wird. Mit diesen Grundlagen wird folgender Algorithmus (Q) der Modellauswahl angewendet:
- Stelle bereit: sΩ(k), spsys|n(k), spsys|d(k);
- 1) Trenne sΩ(k), spsys|n(k), spsys|d(k) in einen Identifikations-Datensatz und einen Verfikations-Datensatz;
- 2) Für den Identifikations-Datensatz: Fasse alle in einen Term IDΩ(k), alle in einen Term IDpsys|n(k), und alle in einen Term IDpsys|d(k) zusammen, wenn möglich;
- 3) wenn die allumfassende Regressionsanalyse möglich ist, dann:
- 4) Schätze die Parameter Θ̂ des parametrischen Modells mithilfe der erweiterten Methode der kleinsten Quadrate aus 3 und dem Datensatz IDΩ(k), IDpsys|n(k), IDpsys|d(k);
- 5) Sortiere die Parameter θ̂j nach
- 6) Beginne Schleife: Für alle j sortiert nach absteigender Reihenfolge in [ERR]j tue bis zum Schleifenende:
- 7) Modifiziere sodass es nur Spalten mit Bezug zu den Parametern θ̂1, ..., θ̂j umfasst;
- 8) Schätze die reduzierte Menge der Modellparameter θ̂1,...,j durch die erweiterte Methode der kleinsten Quadrate nach 3 und dem Datensatz IDΩ(k), IDpsys|n(k), IDpsys|d(k).
- 9) Entferne alle störenden Parameter mittels des Studentschen t-Tests und aktualisiere Modell;
- 10) Berechne AICj mittels
- 11) Berechne ΣΘ̂ mittels IDΩ(k), IDpsys|n(k), IDpsys|d(k), dem identifizierten θ̂1,...j und der erweiterten Methode der kleinsten Quadrate nach 3 zur Schätzung des zufälligen Fehlers (random error);
- 12) Beende Schleife;
- 13) Wähle das bestes Modell abhängig von AICj und ||∑Θ̂||1,1
- 14) Andernfalls zu Schritt 3):
- 15) Beginne Schleife: Für alle Testpunkte s tue:
- 16) Schätze Modellparameter Θ̂is mit den Schritten 4) und 13) und
- 17) Beende Schleife;
- 18) Schätze Modellparameter Θ̂iM+1 durch und
- 19) Beginne Schleife: Für alle Modelle is für s = 1, ..., M + 1, tue bis zum Schleifenende:
- 20) Berechne mittels dem identifizierten θ̂1,....j und der erweiterten Methode der kleinsten Quadrate nach 3 zur Schätzung des zufälligen Fehlers (random error);
- 21) Berechne Δis ;
- 22) Beende Schleife;
- 23) Wähle bestes Modell aus ← argminx∈{i,is} (Δx);
-
Zur Kompensation der Erdrotation: Der Drehratensensor unterliegt grundsätzlich der Rotationsrate der Erde gegenüber einem Inertialsystem. Wird dieser Einfluss nicht berücksichtigt, wird die Charakterisierung des Drehratensensors fehlerhaft. Zur Kompensation der Rotationsrate der Erde wird daher wie folgt vorgegangen:
- - Es wird für jede Messung des Drehratensensors die aktuell vorliegende Orientierung in Form von Lagewinkeln mit aufgezeichnet;
- - Die bekannte, durchschnittliche Rotationsrate ωe der Erde wird auf die Achsen des Drehratensensors projiziert, sodass ωe|i, ωe|p und ωe|o erhalten werden; und
- - Die Ergebnisse dieser Projektionen werden als bekannte Variablen zur Charakterisierung und letztendlich damit zur Kalibrierung des Drehratensensors verwendet, im Detail:
-
Durch die oben beschriebenen Schritte wird der Bias, verursacht durch die Rotationsrate der Erde einschließlich aller Nichtlinearitäten und Modelleffekte, entfernt.
-
Zur Orientierungstransformation: Wird der Algorithmus der 3 ausgeführt, ist die Transformation von FC nach FS nicht bekannt. Prinzipiell ist es möglich, die Identitäts-Transformation anzunehmen, wonach ni genau nira ist, und die dadurch entstehenden Fehler zu akzeptieren. Diese Transformation von einem externen Referenzsystem nach FC ist andererseits bekannt. Dennoch verbleiben in jedem realen Testaufbau Ausrichtungsfehler, die Unsicherheiten zu dieser Transformationsmatrix hinzufügen. Wenn diese Unsicherheiten entsprechend kontrolliert werden und dadurch gering gehalten werden, können Sie grundsätzlich ignoriert werden. Wird eine höhere Genauigkeit gefordert, sollte jeder Testvorgang in der Vorrichtung mindestens zweimal ausgeführt werden, in einer ersten aufrechten Orientierung und in einer zweiten zur ersten entgegengesetzten Orientierung. Dies kann zum Kürzen oder zumindest zum Reduzieren des Orientierungstransformation in der Parameteridentifikation führen. Dafür erhöht sich naturgemäß jedoch auch die Zahl der Testpunkte um das Doppelte, und abhängig von der Halterung kann es schwierig werden, den Drehratensensor in zwei zueinander entgegengesetzten Richtungen zu testen. Die Vorgehensweise wird daher wie folgt vorgeschlagen:
- Es wird der Ausrichtungsfehler der Halterung zusammen mit dem Ausrichtungsfehler des Drehratensensors geschätzt. Dies führt zu einer entsprechend höheren Zahl von zu identifizierenden Parametern und zu zusätzlich benötigten Rechenschritten, um die Charakterisierung des Drehratensensors unabhängig von Ausrichtungsfehlern nach Gleichung (G) durchzuführen. Es sei FE = {nx, ny, nz} ein externes Referenzkoordinatensystem, in dem die Rotationsraten und Beschleunigungen bekannt sind. Die nominale Koordinatensystem- Transformation (auch genannt Richtungs-Kosinus-Matrix, abgekürzt DCM), ohne irgendwelche Ausrichtungsfehler, gibt die Koordinatensystem-Transformation aus dem System FE nach FC an und ist eine 3x3 Matrix sodass gilt:
-
Mit der DCM Matrix
von F
E nach F
S, wenn alle Ausrichtungsfehler berücksichtigt werden, gilt:
-
Die Rotationsraten, die in einer jeweiligen Achse des Drehratensensors erfasst werden, können daher ermittelt werden durch:
worin ω
E = [ω
x, ω
y, ω
z]
T die Messungen der Rotationsraten im Koordinatensystem F
E sind. Die Beschleunigungen, die entlang dieser Achsen des Drehratensensors wirken, werden für die Achsen im Einzelnen erhalten zu:
worin a
S = [a
i, a
p, a
o]
T die Beschleunigungsmessungen im Koordinatensystem F
S sind, a
E = [a
x, a
y, a
z]
T die Beschleunigungsmessungen im Koordinatensystem F
E; die Untermengen p
ωa|n(k) aus p
sys|n(k) und p
ωa|d(k) aus p
sys|d(k) sammeln lediglich die Regressionen mit Bezug zu den Rotationsraten und Beschleunigungen mit der Ausnahme der Regressoren für die absoluten Werte, sodass gilt:
-
Zur Vereinfachung der Notation werden ferner die Parameter-Untermengen Θ
ωa|n und Θ
ωa|d aus Θ betrachtet, die direkten Bezug zu den Regressoren in p
ωa|n(k) und p
ωa|d(k) aufweisen, sodass gilt:
-
Werden die Messergebnisse der Rotationsraten im Koordinatensystem F
E verwendet, und die Messergebnisse der Beschleunigungen im Koordinatensystem F
C, wobei gilt
dann können p
sys|n(k) und p
sys|d(k) modifiziert werden, sodass folgende Gleichung (L) erhalten wird:
![Figure DE102022126969B3_0085](https://patentimages.storage.***apis.com/3f/13/76/2318fe8e23dc5e/DE102022126969B3_0085.png)
-
Hieraus wird ersichtlich, dass sich die Anzahl der Regressoren erhöht hat. Daraus resultieren die folgenden äquivalenten Parameter-Teilmengen, nachdem das obige System charakterisiert wurde:
-
Aus Gleichung (H) ergibt sich:
für l1 = 1, ..., 9 und l0 = 0, ..., 9. Selbst wenn berücksichtigt wird, dass n
i, n
p, n
o und n
x, n
y, n
z jeweils orthonormale Rechtshand-Koordinatensysteme bilden, ist das unmittelbar oben gezeigte System aus der Vielzahl der Gleichungen immer noch unterbestimmt und es gibt einen Unterraum von möglichen Orientierungen, die dem Gleichungssystem genügen. Eine der Möglichkeiten, dieses Problem zu lösen, ist im Algorithmus der
4 zur Ermittlung der Orientierungstransformation gezeigt, wobei die nominale DCM Matrix
von F
E nach F
C wie oben beschrieben ist. Ferner ist in
4 im Schritt ‚9‘ R(n̂
R, δ
R) die Transformationsmatrix der Rotation um den Winkel δ
R um die n̂
R Achse.
-
Die DCM Matrix zur Koordinatensystem-Transformation von F
S in F
C ist
sodass gilt:
-
Die Beziehung zwischen den erfassten Beschleunigungen kann deshalb angegeben werden durch:
-
Dies erlaubt die Bestimmung der ursprünglichen beschleunigungssensitiven Parameter im Bezug auf das Koordinatensystem F
S wie folgend beschrieben für l = 0, ..., 9:
-
Zur späteren Referenz sei hiermit auch der Fall eingeführt, in dem die Messungen der Rotationsrate aus dem Koordinatensystem F
S und die Messungen der Beschleunigung aus dem Koordinatensystem F
C sind. Dann können p
sys|n(k) und p
sys|d(k) modifiziert werden, sodass in folgender Gleichung (M) gilt:
-
Die Beziehung zu Gleichung (J) kann unter Ausnutzung der Transformation (K) leicht hergestellt werden.
-
Die Parameter der Gleichung (C) und die Ausrichtungsfehler der Gleichung (H) und der Gleichungen der danach abgeleiteten Beschleunigungen, die entlang der Achsen des Drehratensensors wirken, können mit folgendem Algorithmus ermittelt werden, wobei
die nominale DCM Matrix von F
E nach F
C ohne Berücksichtigung eines Orientierungstransformation ist. Algorithmus (X) zur Ausführung des modifizierten rationalen Modell Schätzers (modifizierte RME Methode):
- Ausgehend von führe aus:
-
Analog zu oben kann die Kovarianz berechnet werden durch
-
Zur modifizierten Modellauswahlstrategie unter Berücksichtigung der Orientierungstransformation: Beim Schätzen der Orientierungstransformation sowie der Sensorparameter an isolierten Testpunkten (ohne die allumfassende Regressionsanalyse) sind die Schritte 4) bis 13) von Algorithmus (Q) anzuwenden. Geringfügige Modifikationen sind jedoch notwendig, und Algorithmus (Y) sollte verwendet werden, um das beste Modell für diesen Test auszuwählen und gleichzeitig den Ausrichtungsfehler zu ermitteln. Algorithmus (Y) zur Modellauswahlstrategie für isolierte Testpunkte unter Berücksichtigung der Schätzung des Orientierungstransformation:
Ausgehend von Ω(k),
- 1. Trenne Ω(k), in einen Identifikations-Datensatz und einen Verfikations-Datensatz;
- 2. Schätze die Sensor Parameter Θ̂SC und den Ausrichtungsfehlermit Algorithmus (X) und dem Datensatz IDΩ(k),
- 3. Sortiere die Sensorparameter nach und ΦEC der vorhergehenden Schritte;
- 4. Beginne Schleife: Für alle j sortiert nach absteigender Reihenfolge in [ERR]j tue bis zum Schleifenende:
- 5. Modifiziere sodass sie nur Spalten mit Bezug zu den Parametern umfassen. Wenn alle Sensorparameter in einer der Gleichungen (H) Null sind, entferne die äquivalente Spalte dieses Parameters von und in Algorithmus (X) im nächsten Schritt;
- 6. Schätze die reduzierte Menge der Modellparameter mit Algorithmus (X) und dem Datensatz IDΩ(k), mit den Modifikationen des vorhergehenden Schritts;
- 7. Entferne alle störenden Parameter mittels des Studentschen t-Tests und ΦSC der vorhergehenden Schritte, und aktualisiere Modell;
- 8. Berechne AICj mit
- 9. Berechne ΣΘ̂ mit VFΩ(k), dem identifizierten den geschätzten Beschleunigungen der Sensorachsen und Rotationsraten âC(k) und ω̂S(k), und 3 zur Schätzung des zufälligen Fehlers;
- 10. Beende Schleife;
- 11. Wähle bestes Modell abhängig von AICj und ||∑Θ̂||1,1;
-
Obwohl die Erfindung im Detail durch bevorzugte Ausführungsbeispiele näher illustriert und erläutert wurde, so ist die Erfindung nicht durch die offenbarten Beispiele eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden, ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen. Es ist daher klar, dass eine Vielzahl von Variationsmöglichkeiten existiert. Es ist ebenfalls klar, dass beispielhaft genannte Ausführungsformen wirklich nur Beispiele darstellen, die nicht in irgendeiner Weise als Begrenzung etwa des Schutzbereichs, der Anwendungsmöglichkeiten oder der Konfiguration der Erfindung aufzufassen sind. Vielmehr versetzen die vorhergehende Beschreibung und die Figurenbeschreibung den Fachmann in die Lage, die beispielhaften Ausführungsformen konkret umzusetzen, wobei der Fachmann in Kenntnis des offenbarten Erfindungsgedankens vielfältige Änderungen, beispielsweise hinsichtlich der Funktion oder der Anordnung einzelner, in einer beispielhaften Ausführungsform genannter Elemente, vornehmen kann, ohne den Schutzbereich zu verlassen, der durch die Ansprüche definiert wird.
-
Bezugszeichenliste
-
- 1
- Drehratensensor
- S1
- Ermitteln
- S2
- Schätzen
- S3
- Ermitteln
- S4
- Ermitteln
- S5
- Zusammenfassen
- S6
- Vorgeben
- S7
- Ausführen
- S8
- Kalibrieren