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Die vorliegende Erfindung betrifft das Gebiet der Elektromobilität, insbesondere der Elektronikmodule für einen Elektroantrieb.
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Die Verwendung von Elektronikmodulen, etwa Leistungselektronikmodulen, bei Kraftfahrzeugen hat in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen. Dies ist einerseits auf die Notwendigkeit, die Kraftstoffeinsparung und die Fahrzeugleistung zu verbessern, und andererseits auf die Fortschritte in der Halbleitertechnologie zurückzuführen. Hauptbestandteil eines solchen Elektronikmoduls ist ein DC/AC-Wechselrichter (Inverter), der dazu dient, elektrische Maschinen wie Elektromotoren oder Generatoren mit einem mehrphasigen Wechselstrom (AC) zu bestromen. Dabei wird ein aus einem mittels einer DC-Energiequelle, etwa einer Batterie, erzeugter Gleichstrom in einen mehrphasigen Wechselstrom umgewandelt. Zu diesem Zweck umfassen die Inverter eine Vielzahl von Elektronikbauteilen, mit denen Brückenschaltungen (etwa Halbbrücken) realisiert werden, beispielsweise Halbleiterleistungsschalter, die auch als Leistungshalbleiter bezeichnet werden.
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In aktuellen Traktionsumrichtern erfolgt die Beschaltung des Gates von Halbleitern zwischen zwei Spannungspegeln. Das Einstellen der Schaltgeschwindigkeit erfolgt mit Hilfe des Gatewiderstands. Bei schnellen Schaltvorgängen kann ein sogenannter Parasitic turn-off auftreten. Auch kann beim Einschalten ein sogenannter Parasitic turn-on auftreten. Beide Effekte sind unerwünscht, so dass zur Vermeidung dieser Effekte die Schaltgeschwindigkeit begrenzt werden muss.
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Somit liegt der Erfindung die Aufgabe zu Grunde, ein Verfahren zur Ansteuerung einer Schaltungsanordnung bereitzustellen, durch welches eine höhere Schaltgeschwindigkeit erreichbar ist.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch die Merkmale der unabhängigen Ansprüche. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
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Vorgeschlagen wird ein Verfahren zur Ansteuerung einer Schaltungsanordnung für Leistungshalbleiter eines Inverters mit mindestens einer Phase, aufweisend jeweils einen Highside Schalter und einen Lowside Schalter, von denen jeder mindestens einen Transistor aufweist, wobei einer der Schalter aktiv und der andere passiv ist, dadurch gekennzeichnet, dass eine zeitweise Anhebung der Gatespannung des passiven Schalters während des Ausschaltvorgangs um einen vorgegebenen Betrag erfolgt, oder ein zeitweises Absenken der Gatespannung des passiven Schalters während des Einschaltvorgangs um einen vorgegebenen Betrag erfolgt.
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Durch das zeitweise Absenken bzw. Anheben der Gatespannung sind höhere Schaltgeschwindigkeiten möglich, ohne dass es zu einem Parasitic turn-off bzw. Parasitic turn-on kommt.
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In einer Ausführung erfolgt die Anhebung der Gatespannung bei oder kurz vor Beginn des Ausschaltvorgangs, wobei mit Ende des Ausschaltvorgangs wieder auf den ursprünglichen Wert abgesenkt wird.
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In einer Ausführung wird die Gatespannung maximal bis zur Schwellenspannung des Transistors angehoben.
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In einer Ausführung liegt die Gatespannung bei 0V und wird nur im Einschaltmoment zu negativen Werten abgesenkt.
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Ferner wird eine Schaltungsanordnung, aufweisend mindestens einen Highside Schalter und einen Lowside Schalter mit jeweils mindestens einem Transistor vorgeschlagen, die Teil eines Inverters eines Elektronikmoduls zur Ansteuerung des Elektroantriebs eines mit einem elektrischen Antrieb ausgestatteten Fahrzeugs ist und durch das beschriebene Verfahren angesteuert wird.
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Ferner wird ein Elektroantrieb eines Fahrzeugs bereitgestellt, aufweisend ein Elektronikmodul zur Ansteuerung des Elektroantriebs, das einen Inverter mit der beschriebenen Schaltungsanordnung aufweist.
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Ferner wird eine Steuereinrichtung bereitgestellt, die dazu eingerichtet ist, eine Schaltungsanordnung, aufweisend mindestens einen Highside Schalter und einen Lowside Schalter mit jeweils mindestens einem Transistor durch das beschriebene Verfahren anzusteuern.
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Außerdem wird ein Fahrzeug mit dem Elektroantrieb bereitgestellt. Das Fahrzeug kann ferner zusätzlich eine Steuereinrichtung aufweisen.
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Weitere Merkmale und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen der Erfindung, anhand der Figuren der Zeichnung, die erfindungsgemäße Einzelheiten zeigt, und aus den Ansprüchen. Die einzelnen Merkmale können je einzeln für sich oder zu mehreren in beliebiger Kombination bei einer Variante der Erfindung verwirklicht sein.
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Bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung werden nachfolgend anhand der beigefügten Zeichnung näher erläutert.
- 1 zeigt einen prinzipiellen Aufbau einer durch das vorgeschlagene Verfahren anzusteuernden Schaltungsanordnung gemäß einer Ausführung der vorliegenden Erfindung.
- 2 zeigt einen beispielhaften Zeitverlauf eines Parasitic turn-off.
- 3 zeigt beispielhaft die Anhebung der Gatespannung während eines Ausschaltvorgangs gemäß einer Ausführung der vorliegenden Erfindung.
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In den nachfolgenden Figurenbeschreibungen sind gleiche Elemente bzw. Funktionen mit gleichen Bezugszeichen versehen.
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Wie bereits eingangs erwähnt, ist es ein Ziel dieser Erfindung, schnellere Schaltvorgänge (Einschalten und Ausschalten) von Schaltungsanordnungen für Leistungshalbleiter eines Inverters mit mindestens einer Phase bereitzustellen. Solche Schaltungsanordnungen werden bevorzugt in Invertern, insbesondere Traktionsinvertern, im Automobilbereich eingesetzt und weisen jeweils einen Highside HS Schalter und einen Lowside LS Schalter auf. In diesen Schaltungsanordnungen kann immer nur einer der Schalter HS oder LS aktiv sein, der andere ist passiv. Beide Schalter HS und LS weisen jeweils mindestens einen Transistor auf, z.B. einen MOSFET oder einen IGBT, wobei die Schalter HS, LS nicht unbedingt dieselbe Art an Transistor aufweisen müssen.
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Ausgangspunkt der Erfindung ist das aktive Ausschalten eines Schalters, in 1 beispielhaft am Lowside LS Schalter dargestellt. Durch Anlegen einer negativen Steuerspannung am Lowside LS Schalter ergibt sich ein Stromfluss aus dem Gate heraus (Gatewiderstand ist aus Übersichtlichkeitsgründen weggelassen) und eine Entladung der Gate-Source Kapazität CGS. Die Gatespannung kommutiert vom positiven zum negativen Wert (dargestellt durch den gestrichelten Pfeil). Basierend auf der Transkonduktanz kommutiert die Spannung von der Highside HS auf die Lowside LS. Dabei werden die Kapazitäten CGD und CDS der Lowside LS geladen. Gleichzeitig erfolgt eine Entladung dieser Kapazitäten auf der Highside HS. Der zur Umladung der Millerkapazität benötigte Strom wird von der Spannungsquelle der Highside HS bereitgestellt. Da hier jedoch ein stark dynamischer Strom nötig ist, kommt es vor allem bei schnellen Schaltflanken zu einer weiteren Entladung der Gate-Source Kapazität CGS am Highside HS Schalter. Der durch den Pfeil aus der Gate-Source Kapazität CGS angedeutete Strom sorgt für eine niedrigere Spannung an der Highside HS als die angelegten z.B. -4V (uGS). Dieser Effekt wird als Parasitic Turn-Off bezeichnet.
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In 2 ist dies während eines Schaltvorgangs dargestellt. Im oberen Plot ist die Drain-Source Spannung von Highside (uGate,HS) und Lowside (uGate,LS) über die Zeit in Sekunden (t in s) dargestellt, sowie der abzuschaltende Strom der Lowside (iLS). Im unteren Teil sind die Gatespannungen u_Gate (genauer uGate,LS, uGate,HS) der beiden Schalter HS, LS dargestellt, wobei der Highside HS Schalter in dieser Ausführung eine Gatespannung von -4V aufweist. Es können selbstverständlich auch andere Gatespannungen u_Gate vorkommen, je nach Bauteil und Ausführung.
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Mit Abgabe der Drain-Source Spannung im Highside HS Schalter ist eine Verschiebung der Gatespannung u_Gate zu niedrigeren Gatespannungen u_Gate zu sehen. Diese erreicht in diesem Fall bis zu -7V (unterer Plot, mit einem Kreis markiert). Mit noch höheren Schaltgeschwindigkeiten kann die Spannung weiter abgesenkt werden und die maximale negative Gatespannung u_Gate des Transistors T laut Datenblatt überschreiten. Dabei kann es zu einer Schädigung des Gateoxids kommen. Die Schaltgeschwindigkeit ist damit nicht mehr allein durch die Überspannung des Schalters HS bzw. LS begrenzt, sondern auch durch den negativen Gate-Unterschwinger während des Ausschaltens.
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Zur Lösung des Problems wird eine zeitweise Anhebung der Gatespannung u_Gate des passiven Schalters (in dieser Ausführung des HS Schalters) während des Ausschaltvorgangs vorgeschlagen. Bevor die Gatespannung uLS des aktiven Schalters (in dieser Ausführung des LS Schalters) abfällt, erfolgt eine Anhebung der Gatespannung uGate,HS des passiven Schalters HS. Im in 3 dargestellten Beispiel (dieselbe Ausführung wie in 2 nur mit eingezeichneter Anhebung der Gatespannung uGate,HS der Highside HS) wird die Gatespannung der Highside HS um 4V auf 0V angehoben (durch die gestrichelte Linie im unteren Plot und den Pfeil angedeutet). Die maximale negative Gatespannung der Highside HS uGate,HS liegt dadurch in dieser Ausführung nicht mehr bei -7V sondern nur noch bei -3V. Dies erlaubt eine weitere Erhöhung der Schaltgeschwindigkeit.
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Da die dynamische Spannungsverschiebung zu negativeren Werten erfolgt, liegt auch kein Risiko von parasitärem Einschalten vor. Nachdem der Ausschaltvorgang abgeschlossen ist, wird die Gatespannung uGate,HS wieder auf den ursprünglichen Wert abgesenkt.
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Die Anhebung der Gatespannung u_Gate erfolgt dabei vorteilhafterweise nur während des Ausschaltvorgangs. Das heißt, dass die Gatespannung u_Gate also bei oder kurz vor Beginn (der Beginn des Ausschaltvorgangs ist bekannt) angehoben wird und nach Beenden des Ausschaltvorgangs wieder abgesenkt wird. Das heißt, sobald eine Spannungsflanke vom aktiven Schalter LS eingeprägt wird, muss die Gatespannung u_Gate am passiven Schalter HS (hier uGate,HS) erhöht werden. Nach Beenden des Schaltvorgangs, also frühestens, wenn die Spannung kommutiert hat, wird die Gatespannung u_Gate wieder abgesenkt.
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Die Gatespannung u_Gate kann je nach Arbeitspunkt bis zur Schwellenspannung (Thresholdspannung) des Transistors T angehoben werden.
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Eine Alternative zum Absenken der Gatespannung u_Gate im Ausschaltvorgang kann das Absenken der Gatespannung u_Gate (nur) im Einschaltvorgang sein. Dies ist besonders vorteilhaft, wenn die (negative) Gatespannung bei 0V liegt und im Einschaltvorgang auf z.B. -4V abgesenkt wird.
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Vorteilhaft ist bei der Wahl einer höheren Gatespannung u_Gate von 0V, also der Spannung, auf welche die Gatespannung u_Gate während des Ausschaltens bzw. Einschaltens angehoben wird, dass keine zusätzliche Spannungserzeugung nötig ist.
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Um einen Parasitic turn-on während eines Einschaltvorgangs zu verhindern, kann ein Absenken der Gatespannung u_Gate des passiven Schalters vorgesehen sein.
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Die Erfindung wurde anhand eines Beispiels dargestellt, bei dem der HS Schalter als passiver Schalter und der LS Schalter als aktiver Schalter dienen. Es erfolgt also ein Absenken der Gatespannung uGate,HS des Highside HS Schalters. Selbstverständlich kann das Verfahren auch im umgekehrten Fall angewendet werden.
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Das vorgeschlagene Ansteuerverfahren, also das Anheben der Gatespannung im (Aus-)Schaltzeitpunkt (bzw. das Absenken im Einschaltzeitpunkt), ermöglicht schnellere Schaltflanken und damit mehr Effizienz für zukünftige Inverter-Topologien. Durch das vorgeschlagene Ansteuerverfahren einer in einem Inverter verwendeten Schaltungsanordnung lässt sich ein hocheffizienter Inverter, der z.B. als Antriebsumrichter bzw. Traktionsumrichter verwendet wird, erreichen. Die Schaltungsanordnung, für die das Verfahren zur Ansteuerung vorgeschlagen wird, kann in einem Inverter eines Elektronikmoduls zur Ansteuerung des Elektroantriebs eines mit einem elektrischen Antrieb ausgestatteten Fahrzeugs verwendet werden. Auch können elektrifizierte Achsen durch den Elektroantrieb angetrieben werden.
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Ein Elektronikmodul im Rahmen dieser Erfindung dient zum Betreiben eines Elektroantriebs eines Fahrzeugs, insbesondere eines Elektrofahrzeugs und/oder eines Hybridfahrzeugs, und/oder elektrifizierten Achsen. Das Elektronikmodul umfasst einen DC/AC-Wechselrichter (Engl.: Inverter). Es kann außerdem einen AC/DC-Gleichrichter (Engl.: Rectifier), einen DC/DC-Wandler (Engl.: DC/DC Converter), Transformator (Engl.: Transformer) und/oder einen anderen elektrischen Wandler oder ein Teil eines solchen Wandlers umfassen oder ein Teil hiervon sein. Insbesondere dient das Elektronikmodul zum Bestromen einer E-Maschine, beispielsweise eines Elektromotors und/oder eines Generators. Ein DC/AC-Wechselrichter dient vorzugsweise dazu, aus einem mittels einer DC-Spannung einer Energiequelle, etwa einer Batterie, erzeugten Gleichstrom einen mehrphasigen Wechselstrom zu erzeugen.
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Bezugszeichenliste
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- HS, LS
- Highside, Lowside
- T
- Transistor