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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben einer Brennkraftmaschine mit zumindest einem Katalysator sowie eine Recheneinheit und ein Computerprogramm zu dessen Durchführung.
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Hintergrund der Erfindung
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Bei einer unvollständigen Verbrennung des Luft-Kraftstoff-Gemischs in einem Ottomotor werden neben Stickstoff (N2), Kohlenstoffdioxid (CO2) und Wasser (H2O) eine Vielzahl von Verbrennungsprodukten ausgestoßen, von denen Kohlenwasserstoffe (HC), Kohlenstoffmonoxid (CO) und Stickstoffoxide (NOx) gesetzlich limitiert sind. Die geltenden Abgasgrenzwerte für Kraftfahrzeuge können typischerweise nur mit einer katalytischen Abgasnachbehandlung eingehalten werden. Durch die Verwendung eines Dreiwegekatalysators können die genannten Schadstoffkomponenten konvertiert werden.
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Eine gleichzeitig hohe Konvertierungsrate für HC, CO und NOx wird bei Dreiwegekatalysatoren nur in einem engen Bereich um den stöchiometrischen Betriebspunkt (Lambda = 1), dem sogenannten „Katalysatorfenster“, erreicht.
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Zum Betrieb des Katalysators im Katalysatorfenster wird typischerweise eine Lambdaregelung eingesetzt, die auf den Signalen von Lambdasonden vor und hinter dem Katalysator basiert. Für die Regelung des Lambdawerts vor dem Katalysator wird der Sauerstoffgehalt des Abgases vor dem Katalysator mit einer Lambdasonde gemessen. Abhängig vom diesem Messwert korrigiert die Regelung die Kraftstoffmenge aus der Gemisch-Vorsteuerung. Für eine genauere Regelung wird zusätzlich das Abgas hinter dem Katalysator mit einer weiteren Lambdasonde analysiert. Dieses Signal wird für eine Führungsregelung verwendet, die der Lambdaregelung vor dem Katalysator überlagert ist. Als Lambdasonde hinter dem Katalysator wird in der Regel eine Sprung-Lambdasonde verwendet, die bei Lambda = 1 eine sehr steile Kennlinie besitzt und deshalb Lambda = 1 sehr genau anzeigen kann.
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Neben der Führungsregelung, die im allgemeinen nur kleine Abweichungen von Lambda = 1 ausregelt und vergleichsweise langsam ausgelegt ist, kann nach großen Abweichungen von Lambda = 1 eine Lambda-Vorsteuerung dafür verwendet werden, das Katalysatorfenster schnell wieder zu erreichen, z.B. nach Phasen mit Schubabschaltung („Katalysator-Ausräumen“).
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Solche Regelungskonzepte haben den Nachteil, dass sie ein Verlassen des Katalysatorfensters anhand der Spannung der Sprung-Lambdasonde hinter dem Katalysator erst spät erkennen.
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Eine Alternative zur Regelung des Dreiwegekatalysators auf Basis des Signals einer Lambdasonde hinter dem Katalysator ist eine Regelung des mittleren Sauerstofffüllstands des Katalysators. Da dieser mittlere Füllstand nicht messbar ist, kann er nur modelliert werden. Eine entsprechende modellbasierte Regelung des Füllstands eines Dreiwegekatalysators ist in der
DE 10 2016 222 418 A1 beschrieben. Eine Vorsteuerung für eine modellbasierte Regelung des Füllstands eines Dreiwegekatalysators ist in der
DE 10 2018 208 683 A1 beschrieben, eine modellbasierte Vorhersage des beim Wiedereinsetzen nach einer Phase mit inaktivem Stelleingriff erforderlichen Vorsteuer-Lambdawerts ist in der
DE 10 2018 217 307 A1 beschrieben.
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Offenbarung der Erfindung
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Erfindungsgemäß werden ein Verfahren zum Betreiben einer Brennkraftmaschine mit zumindest einem Katalysator sowie eine Recheneinheit und ein Computerprogramm zu dessen Durchführung mit den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche vorgeschlagen. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der Unteransprüche sowie der nachfolgenden Beschreibung.
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Ein erfindungsgemäßes Verfahren zum Betreiben einer Brennkraftmaschine mit zumindest einem Katalysator, wobei Stelleingriffe einer Lambdaregelung zur Regelung einer Abgaszusammensetzung der Brennkraftmaschine deaktiviert sind, umfasst ein Ermitteln einer aktuellen Abgaszusammensetzung stromauf des zumindest einen Katalysators, ein Bestimmen eines aktuellen Sauerstofffüllstands des zumindest einen Katalysators anhand der ermittelten aktuellen Abgaszusammensetzung, ein Ermitteln einer aktuellen Abgaszusammensetzung stromab des zumindest einen Katalysators, ein Ermitteln eines geplanten Stelleingriffes auf eine Zusammensetzung eines der Brennkraftmaschine zugeführten Luft-Kraftstoff-Gemischs anhand des bestimmten aktuellen Sauerstofffüllstands des zumindest einen Katalysators, ein Ermitteln einer aktuellen Abgaszusammensetzung stromab des zumindest einen Katalysators, ein Ermitteln einer zukünftigen, sich aufgrund eines der Brennkraftmaschine bereits zugeführten Luft-Kraftstoff-Gemischs ergebenden Abgaszusammensetzung stromab des zumindest einen Katalysators und ein Reaktivieren der Lambdaregelung und Festlegen eines durchzuführenden Stelleingriffs in Abhängigkeit von dem geplanten Stelleingriff und der aktuellen Abgaszusammensetzung stromab des zumindest einen Katalysators, und/oder in Abhängigkeit von dem geplanten Stelleingriff und der zukünftigen Abgaszusammensetzung. Dadurch kann ein eventueller Fehler in dem geplanten Stelleingriff, der beispielsweise auf unpräzisen Modellannahmen beruhen kann, korrigiert werden, um die Lambdaregelung möglichst ohne nachteilige Effekte auf das Emissionsverhalten nach einem inaktiven Stelleingriff zu reinitialisieren. In derartigen Situationen ist eine Fehleinschätzung des Sauerstofffüllstands besonders wahrscheinlich und damit auch eine Fehleinschätzung des geplanten Stelleingriffs.
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Das Ermitteln der zukünftigen, sich aufgrund eines der Brennkraftmaschine bereits zugeführten Luft-Kraftstoff-Gemischs ergebenden Abgaszusammensetzung stromab des zumindest einen Katalysators umfasst vorzugsweise das Ermitteln der Abgaszusammensetzung stromab des zumindest einen Katalysators für einen Zeitraum, dessen Dauer einer Strömungsdauer des Abgases der Brennkraftmaschine für ein Durchströmen eines Strömungspfades von der Brennkraftmaschine bis stromab des zumindest einen Katalysators entspricht. Dadurch werden Situationen, in denen die Abgaszusammensetzung stromab des Katalysators aufgrund einer zu langen Totzeit bzw. Gaslaufzeit noch nicht eventuelle Veränderungen des Luft-Kraftstoff-Gemischs widerspiegeln kann, bei der Festlegung des Stelleingriffs richtig berücksichtigt.
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Insbesondere kann das Ermitteln des geplanten Stelleingriffs ein Kategorisieren, insbesondere in eine oder mehrere Kategorien aus Abmagern, Anfetten und stöchiometrischer Anforderung, umfassen. Dadurch wird eine Zuordnung von relevanten Ereignissen der zeitlichen Entwicklung erleichtert.
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In vorteilhaften Ausgestaltungen des Verfahrens wird ein dem geplanten Stelleingriff entgegengesetzter durchzuführender Stelleingriff festgelegt, wenn die aktuelle Abgaszusammensetzung einer durch den geplanten Stelleingriff erzeugbaren Abgaszusammensetzung entspricht und gleichzeitig die zukünftige Abgaszusammensetzung nicht bereits einer durch den geplanten Stelleingriff erzeugbaren Abgaszusammensetzung entspricht. Wird also beispielsweise aufgrund des berechneten Füllstands ein mageres Luft-Kraftstoff-Gemisch geplant, die aktuelle Abgaszusammensetzung stromab des Katalysators ist aber bereits mager und die zukünftige Abgaszusammensetzung stromab des Katalysators lässt kein fettes Abgas erwarten (bzw. ist auch mager), wird ein fettes Luft-Kraftstoff-Gemisch festgelegt.
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Alternativ oder zusätzlich kann ein dem geplanten Stelleingriff entsprechender durchzuführender Stelleingriff festgelegt werden, wenn die aktuelle Abgaszusammensetzung einer sich durch einen entgegengesetzten Stelleingriff ergebenden Abgaszusammensetzung entspricht. Wird also beispielsweise aufgrund des berechneten Füllstands ein mageres Luft-Kraftstoff-Gemisch geplant und die aktuelle Abgaszusammensetzung stromab des Katalysators ist fett, wird ein mageres Luft-Kraftstoff-Gemisch festgelegt.
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Alternativ oder zusätzlich kann ein dem geplanten Stelleingriff entsprechender durchzuführender Stelleingriff festgelegt werden, wenn die zukünftige Abgaszusammensetzung bereits einer durch den geplanten Stelleingriff erzeugbaren Abgaszusammensetzung entspricht. Wird also beispielsweise aufgrund des berechneten Füllstands ein mageres Luft-Kraftstoff-Gemisch geplant und die zukünftige Abgaszusammensetzung stromab des Katalysators ist fett, wird ein mageres Luft-Kraftstoff-Gemisch festgelegt.
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Durch die drei genannten Möglichkeiten kann verhindert werden, dass eine Fehleinschätzung des geplanten Stelleingriffs zu verschlechtertem Emissionsverhalten führt.
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In dem Zeitraum ohne aktiven Stelleingriff werden insbesondere eines oder mehrere aus der Gruppe aus einem Schub- oder Segelbetrieb der Brennkraftmaschine, einer Bauteilschutzfunktion und eine (partielle) Brennraumabschaltung durchgeführt. In derartigen Situationen kann sich der Sauerstofffüllstand des Katalysators stark verändern, so dass diese besondere Relevanz in Bezug auf das Emissionsverhalten bei der Reaktivierung der Lambdaregelung besitzen.
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Die aktuelle und/oder zukünftige Abgaszusammensetzung werden bevorzugt mittels eines Sensors, insbesondere eines oder mehrerer Lambdasensoren, ermittelt. Dies ist eine besonders robuste Methode, wobei derartige Sensoren ohnehin aufgrund gesetzlicher Vorgaben vorhanden sind, so dass sich dadurch auch kein zusätzlicher Kostenaufwand ergibt.
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Eine erfindungsgemäße Recheneinheit, z.B. ein Steuergerät eines Kraftfahrzeugs, ist, insbesondere programmtechnisch, dazu eingerichtet, ein erfindungsgemäßes Verfahren durchzuführen.
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Auch die Implementierung eines erfindungsgemäßen Verfahrens in Form eines Computerprogramms oder Computerprogrammprodukts mit Programmcode zur Durchführung aller Verfahrensschritte ist vorteilhaft, da dies besonders geringe Kosten verursacht, insbesondere wenn ein ausführendes Steuergerät noch für weitere Aufgaben genutzt wird und daher ohnehin vorhanden ist. Schließlich ist ein maschinenlesbares Speichermedium vorgesehen mit einem darauf gespeicherten Computerprogramm wie oben beschrieben. Geeignete Speichermedien bzw. Datenträger zur Bereitstellung des Computerprogramms sind insbesondere magnetische, optische und elektrische Speicher, wie z.B. Festplatten, Flash-Speicher, EEPROMs, DVDs u.a.m. Auch ein Download eines Programms über Computernetze (Internet, Intranet usw.) ist möglich. Ein solcher Download kann dabei drahtgebunden bzw. kabelgebunden oder drahtlos (z.B. über ein WLAN-Netz, eine 3G-, 4G-, 5G- oder 6G-Verbindung, etc.) erfolgen.
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Weitere Vorteile und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus der Beschreibung und der beiliegenden Zeichnung.
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Die Erfindung ist anhand eines Ausführungsbeispiels in der Zeichnung schematisch dargestellt und wird im Folgenden unter Bezugnahme auf die Zeichnung beschrieben.
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Figurenliste
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- 1 zeigt schematisch ein Fahrzeug mit Brennkraftmaschine und Katalysator, wie es im Rahmen der vorliegenden Erfindung verwendet werden kann.
- 2 zeigt eine vorteilhafte Ausgestaltung eines erfindungsgemäßen Verfahrens in Form eines stark vereinfachten Flussdiagramms.
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Ausführungsform(en) der Erfindung
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In 1 ist ein Fahrzeug, wie es im Rahmen der Erfindung verwendet werden kann, schematisch dargestellt und insgesamt mit 100 bezeichnet. Das Fahrzeug 100 umfasst eine Brennkraftmaschine 110, hier beispielsweise mit sechs angedeuteten Zylindern, ein Abgassystem 120, das mehrere Reinigungskomponenten 122, 124, z.B. Katalysatoren und/oder Partikelfilter, aufweist, sowie eine Recheneinheit 130, die zur Steuerung von Brennkraftmaschine 110 und Abgassystem 120 eingerichtet und mit diesen datenleitend verbunden ist. Ferner ist die Recheneinheit 130 in dem dargestellten Beispiel mit Sensoren 112, 121, 123, 127 datenleitend verbunden, die Betriebsparameter der Brennkraftmaschine 110 und/oder des Abgassystems 120 erfassen. Es versteht sich, dass weitere Sensoren vorhanden sein können, die nicht dargestellt sind.
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Die Recheneinheit 130 umfasst in dem hier dargestellten Beispiel einen Datenspeicher 132, in dem beispielsweise Rechenvorschriften und/oder Parameter (z.B. Schwellwerte, Kenngrößen der Brennkraftmaschine 110 und/oder des Abgassystems 120 o.Ä.) abgelegt sein können.
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Die Brennkraftmaschine 110 treibt Räder 140 an und kann in bestimmten Betriebsphasen auch von den Rädern angetrieben werden (z.B. sog. Schubbetrieb)
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In 2 ist eine vorteilhafte Ausgestaltung eines erfindungsgemäßen Verfahrens schematisch in Form eines Flussdiagramms dargestellt und insgesamt mit 200 bezeichnet.
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In der Beschreibung des Verfahrens 200 verwendete Verweise auf Komponenten eines Fahrzeugs bzw. eines Teils eines Fahrzeugs beziehen sich insbesondere auf das in 1 dargestellte Fahrzeug 100.
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Das Verfahren 200 kann insbesondere im Zusammenhang mit einer modellbasierten Lambdaregelung des Betriebs der Brennkraftmaschine 110 zum Einsatz kommen. Eine solche modellbasierte Lambdaregelung kann beispielsweise folgende Teilfunktionalitäten umfassen:
- - Streckenmodell
- - Vorfilter
- - Vorsteuerung
- - Füllstandsregler
- - Adaption,
wobei das Verfahren 200 insbesondere die Vorsteuerung betrifft.
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Da der Sauerstofffüllstand des Katalysators 122 nicht gemessen werden kann, wird er mit Hilfe eines Streckenmodells modelliert. Das Signal der Lambdasonde 121 vor dem Katalysator 122 wird in eine oder mehrere Eingangsgrößen für ein Füllstandsmodell des Katalysators konvertiert. Mit anderen Worten werden also eine aktuelle Abgaszusammensetzung stromauf des Katalysators 122 ermittelt und ein aktueller Sauerstofffüllstand des Katalysators 122 anhand der ermittelten aktuellen Abgaszusammensetzung bestimmt.
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Es ist vorteilhaft, das Signal der Lambdasonde 121 in die Konzentration einer oder mehrerer Abgaskomponenten umzurechnen. Beispielsweise ist eine Umrechnung des Lambdawerts in die Konzentrationen von Sauerstoff (O2), Kohlenstoffmonoxid (CO), Wasserstoff (H2) und Kohlenwasserstoffen (HC) vor dem Katalysator 122 mit Hilfe eines Eingangsemissionsmodells vorteilhaft.
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Mit den durch das Eingangsemissionsmodell berechneten Größen und gegebenenfalls zusätzlichen Eingangsgrößen (z.B. Abgas- oder Katalysatortemperaturen, Abgasmassenstrom und aktuelle maximale Sauerstoffspeicherfähigkeit des Katalysators 122) wird mindestens ein Füllstand des Katalysators modelliert. Um Füll- und Entleerungsvorgänge realistischer abbilden zu können, wird vorzugsweise der Katalysator 122 in mehrere (axiale) Zonen unterteilt, und es werden mit Hilfe einer Reaktionskinetik für jede dieser Zonen die Konzentrationen der einzelnen Abgasbestandteile ermittelt. Diese können wiederum jeweils in einen Füllstand der einzelnen Zonen umgerechnet werden, vorzugsweise den auf die aktuelle maximale Sauerstoffspeicherfähigkeit normierten Sauerstofffüllstand. Die Füllstände einzelner oder aller Zonen können mittels einer geeigneten Wichtung zu einem Gesamtfüllstand zusammengefasst werden, der den Zustand des Katalysators 122 widerspiegelt. Zum Beispiel können die Füllstände aller Zonen im einfachsten Fall alle gleich gewichtet und damit ein mittlerer Füllstand ermittelt werden. Mit einer geeigneten Wichtung kann aber auch berücksichtigt werden, dass für die momentane Abgaszusammensetzung hinter dem Katalysator 122 der Füllstand in einem vergleichsweise kleinen Bereich am Ausgang des Katalysators 122 entscheidend ist, während für die Entwicklung des Füllstands in diesem kleinen Bereich am Ausgang des Katalysators 122 der Füllstand in dem davorliegenden Volumen und dessen Entwicklung entscheidend ist. Der Einfachheit halber wird im Folgenden ein mittlerer Sauerstofffüllstand angenommen.
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Die mit Hilfe des Katalysatormodells berechneten Konzentrationen der einzelnen Abgaskomponenten am Ausgang des Katalysators 122 werden für die Adaption des Streckenmodells in ein Signal konvertiert, das mit dem Signal eines Abgassensors 123 hinter dem Katalysator verglichen werden kann. Vorzugsweise wird der Lambdawert hinter dem Katalysator 122 modelliert.
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Die Vorsteuerung 200 kann beispielsweise im Wesentlichen als Invertierung des Streckenmodells ausgelegt sein. Das hat den Vorteil, dass der Regler nur dann eingreifen muss, wenn der mit Hilfe des Streckenmodells modellierte Füllstand des Katalysators 122 von einer Soll-Füllstand-Trajektorie abweicht, die durch die Vorsteuerung 200 berechnet wird. Während das Streckenmodell das Eingangslambda vor dem Katalysator 122 in einen mittleren Sauerstofffüllstand des Katalysators 122 umrechnet, rechnet die Vorsteuerung 200 den mittleren Soll-Sauerstofffüllstand in einen entsprechenden Soll-Lambdawert vor dem Katalysator 122 um. Dabei berücksichtigt die Soll-Füllstand-Trajektorie, dass der zulässige Lambda-Stellbereich aus verschiedenen Gründen, wie zum Beispiel Emissionsminimierung und Fahrbarkeit, beschränkt ist. Deshalb kann der mittlere Soll-Sauerstofffüllstand nicht beliebig schnell erreicht werden.
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Vorzugsweise wird das Streckenmodell analytisch invertiert. Bei einem Katalysator 122 handelt es sich allerdings um eine komplexe, nichtlineare Strecke mit zeitvarianten Streckenparametern, die in der Regel nur durch ein nichtlineares Differentialgleichungssystem dargestellt werden kann. Dies führt typischerweise dazu, dass sich das Gleichungssystem für das invertierte Streckenmodell nicht analytisch lösen lässt. Deshalb ist als Alternative zur analytischen Invertierung des Streckenmodells auch eine numerische Invertierung des Streckenmodells möglich.
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Bei inaktivem Stelleingriff (d.h. bei deaktivierter Lambdaregelung) beobachtet die Vorsteuerung das mit Hilfe der Lambdasonde 121 vor dem Katalysator 122 gemessene Eingangslambda, kann es aber nicht aktiv beeinflussen. Die Beobachtung erfolgt, damit die Vorsteuerung bei der Reaktivierung des Stelleingriffs unmittelbar eine optimale Trajektorie vorgeben kann.
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Beim Reaktivieren des Stelleingriffs befindet sich zwischen dem jeweiligen Brennraum der Brennkraftmaschine 110 und der Lambdasonde 121 vor dem Katalysator 122 eine Restabgasmenge, die durch die Vorsteuerung nicht mehr beobachtet werden kann, da diese bereits einen Vorsteuer-Lambdawert und eine dazu passende Trajektorie für den Sauerstofffüllstand vorgeben muss. Um ein optimales Einschalt- und Einregelverhalten bei einer Reaktivierung des Stelleingriffs zu erreichen, wird die nicht beobachtbare Restabgasmenge berücksichtigt, indem die Änderung des Sauerstofffüllstands, die sich während des Transportvorgangs der Restabgasmenge vom Brennraum bis zur Lambdasonde 121 vor dem Katalysator 122 ergeben wird, mit Hilfe des Streckenmodells im Rahmen eines Vorhersageschritts 210 des Verfahrens 200 vorhergesagt wird. Die Vorsteuerung verwendet den vorhergesagten Sauerstofffüllstand zur Reinitialisierung der Trajektorie zum Zeitpunkt des Wiedereinsetzens nach einer Phase mit inaktivem Stelleingriff und berechnet das dazu passende Vorsteuer-Lambda.
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Der mit Hilfe des Streckenmodells modellierte mittlere Sauerstofffüllstand wird auf einen Sollwert eingeregelt, der die Wahrscheinlichkeit von Durchbrüchen von magerem und fettem Abgas durch den Katalysator 122 minimiert und so zu minimalen Emissionen führt. Der Sollwert wird vorzugsweise vorgefiltert. Mit dem vorgefilterten Sollwert für den Sauerstofffüllstand als Führungsgröße werden zum einen die Vorsteuerung und zum anderen ein Regler gespeist. Die Ausgangssignale der Vorsteuerung und des Reglers werden summiert. Das Summensignal stellt das Soll-Lambda vor dem Katalysator 122 dar.
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Da die Eingangsgrößen des Streckenmodells, insbesondere das Signal der Lambdasonde 121 vor dem Katalysator, mit Unsicherheiten behaftet sind, wird das Streckenmodell vorzugsweise adaptiert. Ebenso können die Vorsteuerung und gegebenenfalls Reglerparameter adaptiert werden. Eine derartige Adaption ist beispielsweise in der
DE 10 2018 251 725 A1 beschrieben.
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Wie oben beschrieben basieren die Vorsteuerung und die Vorhersage 210 auf dem Streckenmodell. Die Genauigkeit der Vorsteuerung ist somit von den Genauigkeiten der Messgrößen und Modellgrößen, die in die Streckenmodellierung eingehen, abhängig. Ungenauigkeiten dieser Größen und Modellvereinfachungen gegenüber der realen Strecke können dazu führen, dass der vorhergesagte Sauerstofffüllstand des Katalysators beim Wiedereinsetzen nach einer Phase mit inaktivem Stelleingriff nicht dem tatsächlichen entspricht.
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Nach einer Phase mit inaktivem Stelleingriff befindet sich der Katalysator 122 in der Regel außerhalb des Katalysatorfensters (Zustand mit für eine Schadstoffkonvertierung geeignetem Füllstand), z.B. nach einer Schubabschaltung oder nach einer Lambdaverstellung für den Bauteileschutz. Das Wiedereinsetzen nach einer solchen Phase ist deshalb in besonderem Maße emissionsrelevant. Der Katalysator 122 muss schnellstmöglich zurück in das Katalysatorfenster gebracht werden, um die optimale Konvertierung des Abgases sicherzustellen. Eine falsche Vorhersage 210 des Sauerstofffüllstands ist unbedingt zu vermeiden, da diese zu einer ungeeigneten Reinitialisierung der Trajektorie für den Sauerstofffüllstand und damit zu einem ungeeigneten Vorsteuer-Lambda beim Wiedereinsetzen führen würde. Im schlimmsten Fall könnte es zu einer Abmagerung kommen, obwohl der tatsächliche Sauerstofffüllstand des Katalysators bereits zu hoch ist bzw. zu einer Anfettung bei bereits zu niedrigem Sauerstofffüllstand. Das hätte erhöhte NOxEmissionen bzw. erhöhte CO- und HC-Emissionen zur Folge.
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Um dies zu verhindern, sieht das Verfahren 200 eine Plausibilisierung des vorhergesagten Sauerstofffüllstands bzw. des dazugehörigen erwarteten bzw. geplanten Vorsteuer-Lambdawerts mit Hilfe eines Sensors 123 hinter dem Katalysator vor. Vorzugsweise ist dieser Sensor 123 eine Sprung-Lambdasonde hinter dem Katalysator 122.
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Da die Auswirkungen einer falschen Vorhersage 210 des Sauerstofffüllstands bei sehr hohem oder sehr niedrigem modelliertem Sauerstofffüllstand besonders hoch sind, kann die Plausibilisierung 200 optional auf solche Situationen beschränkt werden.
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Die Plausibilisierung 200 des erwarteten bzw. geplanten Vorsteuer-Lambdawerts wird insbesondere dann durchgeführt, wenn in einem Bewertungsschritt 220 erkannt wird, dass die Lambdaregelung bzw. die Vorsteuerung reaktiviert wird. Dazu können beispielsweise Betriebsparameter der Brennkraftmaschine 110 (z.B. Drehzahl, Lastanforderung, Kraftstoffmassenfluss, Drosselklappenstellung o.Ä.) ausgewertet werden. Auch können Signale anderer Fahrzeugkomponenten, die beispielsweise über ein Fahrzeuginternes Datennetz (z.B. CAN) empfangen werden, auf eine Reaktivierung der Lambdaregelung hinweisen.
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In einer Kategorisierung 230 wird der erwartete bzw. geplante Vorsteuer-Lambdawert vorzugsweise in eine der drei Kategorien ‚Abmagerung‘, ‚stöchiometrische Anforderung‘ oder ‚Anfettung‘ kategorisiert. Im Falle einer Kategorisierung als Abmagerung, d.h. wenn sich aus der Vorhersage 210 ein hoher erwarteter bzw. geplanter Sauerstofffüllstand bzw. ein magerer erwarteter bzw. geplanter Vorsteuer-Lambdawert ergibt, wird in einer ersten Plausibilisierungsstufe 242 ermittelt, ob innerhalb eines Zeitraumes vor der Reaktivierung der Lambdaregelung, der für einen Abgastransport von der Brennkraftmaschine 110 bis zu dem Lambdasensor 123 stromab des Katalysators 122 erforderlich ist, eine signifikante Anfettung stattgefunden hat. Dazu kann beispielsweise zeitgleich mit der Vorhersage 210 bzw. in deren Rahmen eine Zusammensetzung des der Brennkraftmaschine 110 zugeführten Luft-Kraftstoff-Gemischs beobachtet werden. Liegt ein Anteil von Fettgaskomponenten in dem damit erzeugten Abgas der Brennkraftmaschine über einem Schwellwert (z.B. mindestens 3%, 5% oder 7% des Gesamtabgasmassenstroms in dem betreffenden Zeitraum), kann eine Reinitialisierung 260 der Vorsteuerung mit einem entsprechend hohen Vorsteuer-Lambdawert bzw. einer Abmagerungs-Anforderung 262 erfolgen.
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Wird hingegen festgestellt, dass in dem betreffenden Zeitraum Fettgaskomponenten in dem Abgas den Schwellwert nicht überschreiten bzw. überschritten haben, wird in einem zweiten Plausibilisierungsschritt 252 überprüft, ob die Lambdasonde 123 stromab des Katalysators 122 einen mageren Lambdawert anzeigt. Ist dies der Fall, muss davon ausgegangen werden, dass die Vorhersage 210 des Vorsteuer-Lambdawerts bzw. des Sauerstofffüllstands fehlerhaft war. Daher wird in diesem Fall die Reinitialisierung 260 mit einem niedrigen Vorsteuer-Lambdawert bzw. einer Anfettungs-Anforderung 261 durchgeführt. Ist in der zweiten Plausibilisierungsstufe 252 hingegen kein magerer Lambdawert stromab des Katalysators 122 festgestellt worden, kann von einem im Wesentlichen korrekten Ergebnis der Vorhersage 210 ausgegangen werden, so dass die Abmagerungs-Anforderung 262 zur Reinitialisierung 260 der Vorsteuerung herangezogen werden kann.
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Analog dazu kann im Falle einer Kategorisierung 230 als Anfettung im Rahmen einer ersten Plausibilisierungsstufe 244 ermittelt werden, ob innerhalb des Zeitraumes vor der Reaktivierung der Lambdaregelung, der für den Abgastransport von der Brennkraftmaschine 110 bis zu dem Lambdasensor 123 stromab des Katalysators 122 erforderlich ist, eine signifikante Abmagerung stattgefunden hat. Liegt ein Anteil von Magergaskomponenten in dem damit erzeugten Abgas der Brennkraftmaschine 110 über einem Schwellwert (z.B. mindestens 3%, 5% oder 7% des Gesamtabgasmassenstroms in dem betreffenden Zeitraum), kann die Reinitialisierung 260 der Vorsteuerung mit einem entsprechend niedrigen Vorsteuer-Lambdawert bzw. einer Anfettungs-Anforderung 264 erfolgen. Diese Anfettungs-Anforderung 264 kann der Anfettungs-Anforderung 261 entsprechen, die im oben geschilderten Fall einer fehlgeschlagenen Plausibilisierung der Vorhersage 210 einer Abmagerungs-Anforderung verwendet wird. Es kann jedoch auch ein eigener fetter Vorsteuer-Lambdawert 264, der sich von dem fetten Vorsteuer-Lambdawert 261 unterscheidet, gewählt werden.
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Wird hingegen im Rahmen der ersten Plausibilisierungsstufe 244 festgestellt, dass in dem betreffenden Zeitraum Magergaskomponenten in dem Abgas den Schwellwert nicht überschreiten bzw. überschritten haben, wird in einem zweiten Plausibilisierungsschritt 254 überprüft, ob die Lambdasonde 123 stromab des Katalysators 122 einen fetten Lambdawert anzeigt. Ist dies der Fall, muss davon ausgegangen werden, dass die Vorhersage 210 des Vorsteuer-Lambdawerts bzw. des Sauerstofffüllstands fehlerhaft war. Daher wird in diesem Fall die Reinitialisierung 260 mit einem hohen Vorsteuer-Lambdawert bzw. einer Abmagerungs-Anforderung 265, die der oben erläuterten Abmagerungs-Anforderung 262 entsprechen oder sich von dieser unterscheiden kann, durchgeführt. Ist in der zweiten Plausibilisierungsstufe 254 hingegen kein fetter Lambdawert stromab des Katalysators 122 festgestellt worden, kann von einem im Wesentlichen korrekten Ergebnis der Vorhersage 210 ausgegangen werden, so dass die Anfettungs-Anforderung 264 zur Reinitialisierung 260 der Lambdaregelung bzw. deren Vorsteuerung herangezogen werden kann.
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Wird in der Kategorisierung 230 ein im Wesentlichen stöchiometrischer Vorsteuer-Lambdawert als vorhergesagt ermittelt, kann dieser beispielsweise direkt als Initialisierungswert 263 zur Reinitialisierung 260 der Lambdaregelung bzw. deren Vorsteuerung verwendet werden, da in diesem Fall keine massive Fehleinschätzung zu befürchten ist, so dass hierbei die Regelung ausreichen kann, um schnell das Katalysatorfenster zu erreichen. Es kann jedoch auch in einem solchen Fall vorteilhaft sein, zumindest eine Plausibilisierungsstufe vorzusehen, insbesondere eine zweite Plausibilisierungsstufe zur Überprüfung des Lambdawerts stromab des Katalysators 122, um im Falle eines stark im Mageren oder stark im Fetten befindlichen Abgaslambdawerts einen entsprechend korrigierten Vorsteuer-Lambdawert 263 bereitstellen zu können.
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Damit kann in allen Situationen ein Durchbrechen fetten oder mageren Abgases durch den Katalysator 122 bei Wiedereinsetzen der Vorsteuerung nach einer betriebsbedingten Unterbrechung sicher verhindert werden, was sich insgesamt positiv auf das Emissionsverhalten des Fahrzeugs 100 auswirkt.
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Situationen, in denen die Plausibilisierung mit Hilfe der Sonde hinter dem Katalysator zu einem falschen Ergebnis führen könnte, nämlich dann, wenn kurz vor dem Wiedereinsetzen eine betragsmäßig große Gemischänderung (z.B. typischerweise größer als 5%) entgegengesetzt zum aktuellen Abgaslambdawert (Sensor 123) hinter dem Katalysator 122 stattgefunden hat und die Gaslaufzeit zwischen dem Brennraum und der Sonde 123 hinter dem Katalysator 122 länger als die Zeit zwischen der Gemischänderung und dem Wiedereinsetzen ist, werden durch die jeweilige erste Plausibilisierungsstufe 242, 244 abgedeckt. In diesen Fällen konnte die Sonde 123 noch nicht auf die Gemischänderung reagieren, und es besteht die Möglichkeit, dass vor oder im Katalysator 122 bereits ein fetter bzw. magerer Abgaslambdawert vorliegt, obwohl die Sonde 123 hinter dem Katalysator 122 noch ein mageres bzw. fettes Abgas anzeigt.
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Große Gemischänderungen sind beispielsweise im Rahmen von Brennraumabschaltungen (z.B. zur Gangwechselunterstützung) bei denen vermehrt Sauerstoff in den Katalysator 122 eingetragen wird, oder von fettem Bauteileschutz, bei dem vermehrt Sauerstoff aus dem Katalysator 122 ausgetragen wird, zu erwarten.
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Ist eine solche Gemischänderung dagegen betragsmäßig klein (z.B. unter 3%), dann kann die Sonde 123 hinter dem Katalysator 122 zwar innerhalb der Gaslaufzeit zwischen dem Brennraum und der Sonde 123 ebenfalls nicht darauf reagieren, aber in diesem Fall kann wegen der Speicherfähigkeit des Katalysators 122 davon ausgegangen werden, dass die Sonde 123 hinter dem Katalysator 122 keine andere Richtung des Abgaslambdawerts (fett bzw. mager) anzeigen wird, als tatsächlich vor oder im Katalysator 122 vorliegt, so dass die jeweils zweite Plausibilisierungsstufe 252, 254 des vorhergesagten Vorsteuer-Lambdawerts mit dem Signal der Sonde 123 hinter dem Katalysator 122 nicht zu einer Fehleinschätzung führen wird. Die Wahl des Schwellwerts kann dementsprechend an der Speicherfähigkeit des jeweils verwendeten Katalysators 122 orientiert werden.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102016222418 A1 [0007]
- DE 102018208683 A1 [0007]
- DE 102018217307 A1 [0007]
- DE 102018251725 A1 [0037]