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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Bestimmen einer Spurwechselintention eines sich in einer unmittelbaren Umgebung eines Kraftfahrzeugs befindlichen weiteren Kraftfahrzeugs mittels eines Assistenzsystems des Kraftfahrzeugs, bei welchem mittels zumindest einer Umgebungserfassungseinrichtung des Assistenzsystems die Umgebung des Kraftfahrzeugs erfasst wird und auf Basis der erfassten Umgebung ein Umgebungsmodell für die Umgebung mittels einer elektronischen Recheneinrichtung des Assistenzsystems erzeugt wird, und bei welchem in Abhängigkeit von dem erzeugten Umgebungsmodell zumindest ein einen Spurwechsel des weiteren Kraftfahrzeugs charakterisierendes Situationsmerkmal mittels der elektronischen Recheneinrichtung bestimmt wird, wobei mittels eines Bayes-Netz-Modells der elektronischen Recheneinrichtung die Spurwechselintention in Abhängigkeit von dem zumindest einen charakterisierenden Situationsmerkmal bestimmt wird. Ferner betrifft die Erfindung ein Assistenzsystem.
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Insbesondere für den autonomen Betrieb eines Kraftfahrzeugs ist eine möglichst generische Situationsinterpretation notwendig, um entsprechende Fahrmanöver autonom planen zu können. Hierunter fällt auch die Spurwechselerkennung von weiteren Verkehrsteilnehmern, welche insbesondere früh und sicher vorherzusagen sind. Dies wiederum kann dann genutzt werden, um für nachfolgende Fahrfunktionen eine entsprechende Bewertung durchführen zu können. Aus dem Stand der Technik ist für diese Problemstellungen bereits die Erkennung von Fahrmanöver mit objektorientierten Bayes-Netzen in beispielsweise Autobahnszenarien bekannt. Ferner ist die Erkennung von einer Spurwechselintention für Abstandsregeltempomaten bereits bekannt.
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Die
DE 10 2014 003 343 A1 betrifft ein Verfahren zur Ermittlung eines Spurwechselbedarfs eines Systemfahrzeugs oder eines diesem vorausfahrenden Fahrzeugs, wobei anhand einer Umgebungsrepräsentation einer aktuellen Fahrzeugumgebung eine Anzahl von Merkmalparametern und eine zeitliche Trend-Entwicklung der Merkmalparameter sowie eine Wahrscheinlichkeit von einer Anzahl aus den Merkmalparametern erstellten Hypothesen ermittelt werden. Dabei ist vorgesehen, dass die Wahrscheinlichkeit eines tatsächlichen Werts der jeweiligen Merkmalparameter anhand einer kontinuierlichen Gaußverteilungsfunktion und der zeitlichen Trendentwicklung des jeweiligen Merkmalparameters und die jeweiligen Wahrscheinlichkeiten durch Hypothesen anhand einer Sigmoidfunktion ermittelt werden, wobei mindestens einer der Merkmalparameter als Merkmalparameter einer relativen Dynamik zwischen dem Systemfahrzeug beziehungsweise einem diesem vorausfahrenden Fahrzeug und einem anderen, in der Fahrzeugumgebung befindlichen Fahrzeug oder Objekt ermittelt wird.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren sowie ein Assistenzsystem zu schaffen, mittels welchem eine verbesserte Vorhersage einer Spurwechselintention eines weiteren Kraftfahrzeugs realisiert werden kann.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren sowie durch ein Assistenzsystem gemäß den unabhängigen Patentansprüchen gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungsformen sind in den Unteransprüchen angegeben.
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Ein Aspekt der Erfindung betrifft ein Verfahren zum Bestimmen einer Spurwechselintention eines sich in einer unmittelbaren Umgebung eines Kraftfahrzeugs befindlichen weiteren Kraftfahrzeugs mittels eines Assistenzsystems des Kraftfahrzeugs, bei welchem mittels zumindest einer Umgebungserfassungseinrichtung des Assistenzsystems die Umgebung des Kraftfahrzeugs erfasst wird und auf Basis der erfassten Umgebung ein Umgebungsmodell für die Umgebung mittels einer elektronischen Recheneinrichtung des Assistenzsystems erzeugt wird, und bei welchem in Abhängigkeit von dem erzeugten Umgebungsmodell zumindest ein einen Spurwechsel des weiteren Kraftfahrzeugs charakterisierendes Situationsmerkmal mittels der elektronischen Recheneinrichtung bestimmt wird, wobei mittels eines Bayes-Netz-Modells der elektronischen Recheneinrichtung die Spurwechselintention in Abhängigkeit von dem zumindest einen charakterisierenden Situationsmerkmal bestimmt wird.
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Es ist vorgesehen, dass als das zumindest eine den Spurwechsel des weiteren Kraftfahrzeugs charakterisierende Situationsmerkmal ein Spurwechselmotiv für das weitere Kraftfahrzeug bestimmt wird, wobei das Spurwechselmotiv in Abhängigkeit von einem relativen Abstand des weiteren Kraftfahrzeugs zu einem Objekt in der Umgebung, in Abhängigkeit von einer relativen Geschwindigkeit des Kraftfahrzeugs zu dem Objekt und in Abhängigkeit von einer Objektart bestimmt wird.
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Somit kann ein generisches Modell geschaffen werden, auf Basis dessen die Spurwechselintention des weiteren Kraftfahrzeugs zuverlässig bestimmt werden kann.
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Insbesondere wird vorliegend ein geometrischer Ansatz beziehungsweise unterschiedliche geometrische Ansätze zur Einschätzung der Situation gewählt, wodurch diese leistungsfähiger sind als die modellbasierten oder numerischen Verfahren gemäß dem Stand der Technik. Es ist somit Aufgabe, Spurwechselmanöver des weiteren Kraftfahrzeugs in der Umgebung bereits frühzeitig zu erkennen. Hierbei wird in einem ersten Schritt zumindest ein Situationsmerkmal, insbesondere eine Vielzahl von Situationsmerkmalen, bestimmt, insbesondere auf Basis einer Merkmalsextraktion, die als quantifizierte Indizien für einen möglichen Spurwechsel des weiteren Kraftfahrzeugs dienen. Voraussetzung hierfür ist die vorhandene Situationsbeschreibung in dem Umgebungsmodell. Hierzu werden aus unterschiedlichen Sensordaten von unterschiedlichen Umgebungserfassungseinrichtungen gewonnene Informationen aufgearbeitet und in einem einheitlichen Umgebungsmodell bereitgestellt. Dieses Umgebungsmodell kann beispielsweise Spurinformationen, Objektinformationen, Begrenzungen oder weitere Informationen enthalten. In einem zweiten Schritt findet ein Bayes-Netz-Modell Verwendung, welches anhand unterschiedlicher Ereignisse, beispielsweise Spurmarkierung wird überquert, Spurwechsel möglich oder weiteren, Spurwechselmanövern moduliert. Dabei werden die Ereignisse als Zufallsvariablen durch bedingte Wahrscheinlichkeiten in Beziehung gebracht. Dies ermöglicht es, eine Aussage beziehungsweise Prognose über nicht messbare beziehungsweise nicht beobachtbare Ereignisse zu treffen.
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In einem letzten Schritt erfolgt die Einspeisung der im Vorfeld ermittelten Situationsmerkmale als „Evidenzen“ in das Bayes-Netz-Modell. Evidenzen sind dabei Ereignisse, die beobachtet werden können. Das Einbinden von Evidenzen ist eine Voraussetzung, um Prognosen/Wahrscheinlichkeiten für nicht beobachtbare Ereignisse berechnen zu können. Dieser Schritt ermöglicht es folglich, eine Aussage darüber zu treffen, mit welcher Wahrscheinlichkeit das Ereignis „Spurwechsel“ für das jeweilige weitere Kraftfahrzeug eintritt. Das Ereignis entspricht der Intention zum Spurwechselmanöver.
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Das Spurwechselmotiv, welches auch als Motivationshypothese bezeichnet werden kann, trifft insbesondere eine Aussage darüber, ob das weitere Kraftfahrzeug aus Gründen wie kooperatives Verhalten, Drängeln oder Raser, stehende Objekte oder aktiver Richtungsanzeiger, beispielsweise eine Blinkereinrichtung, einen Spurwechsel durchführen möchte. Beispielsweise kann bei einem entsprechenden Algorithmus die aktuelle Szene auf Drängler/Raser sowie stehende Objekte ausgewertet werden. Es wird somit beispielsweise die Hypothese aus der Relativgeschwindigkeit und der Strecke (Distanz) zum vorausfahrenden Objekt, welches beispielsweise auch ein Fahrzeug sein kann, berechnet. Aus diesen beiden Größen wird die Zeit bis zum möglichen Zusammentreffen beider Objekte bestimmt. Zusätzlich wird die Information über beispielsweise den Objekttyp beziehungsweise Fahrzeugtyp des vorausfahrenden Fahrzeugs beziehungsweise des weiteren Kraftfahrzeugs mit berücksichtigt. Dies kann insbesondere bei Verkehrsszenen mit hoher Verkehrsdichte eine bessere Aussage der Motivationshypothese ermöglichen. Denn in diesem Fall weisen die Kraftfahrzeuge geringere Distanzen und niedrigere Relativgeschwindigkeiten untereinander auf.
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Zum Bestimmen des Spurwechselmotivs wird insbesondere in einem ersten Schritt für das Objekt beziehungsweise das Fahrzeug überprüft, ob es ein vorausfahrendes Fahrzeug in der gleichen Fahrspur wie das Kraftfahrzeug ist. Ist das der Fall, kann das Spurwechselmotiv bestimmt werden. Als zweiter Schritt wird die Entfernung beziehungsweise der Abstand Srel zwischen den beiden Kraftfahrzeugen bestimmt. Die Entfernung ist definiert durch beispielsweise die Vorderachse des hintenliegenden Kraftfahrzeugs bis zur Hinterachse des vorausfahrenden Kraftfahrzeugs. Damit eine korrekte Abstandsmessung auch bei großen Kurvenradien bestimmt werden kann, kann die Mittellinie der Fahrspur zur Bestimmung der Entfernung zwischen den beiden Objekten herangezogen werden. Dadurch wird die Straßengeometrie bei der Entfernungsbestimmung mit berücksichtigt. Ein drittes Merkmal für das Spurwechselmotiv ist die Betrachtung der Geschwindigkeit vrel zwischen den Objekten. Hier werden die absoluten Geschwindigkeiten der Kraftfahrzeuge aus dem Umgebungsmodell herangezogen und daraus eine Relativgeschwindigkeit der Objekte zueinander bestimmt.
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Bei dem Verfahren handelt es sich insbesondere um ein computerimplementiertes Verfahren. Somit ist auch ein Computerprogrammprodukt mit offenbart, welches Programminstruktionen aufweist, welche eine elektronische Recheneinrichtung dazu veranlassen, das Verfahren durchzuführen. Ebenfalls ist ein computerlesbares Speichermedium mit offenbart, welches das Computerprogrammprodukt aufweist und insbesondere auf der elektronischen Recheneinrichtung ausgebildet ist.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltungsform wird in Abhängigkeit der relativen Geschwindigkeit und des relativen Abstands ein Kollisionszeitpunkt zwischen dem weiteren Kraftfahrzeug und dem Objekt mittels der elektronischen Recheneinrichtung prädiziert und der Kollisionszeitpunkt wird beim Spurwechselmotiv berücksichtigt. Insbesondere wird somit auf Basis der Relativgeschwindigkeit und des Abstands zum vorausfahrenden Fahrzeug die sogenannte Time-to-Collision (TTC), welche dem Kollisionszeitpunkt entspricht, bestimmt. Auf Basis dessen kann nun die Spurwechselintention zuverlässig bestimmt werden. Sollte beispielsweise die Time-to-Collision sehr gering sein, so ist die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass ein Spurwechsel stattfindet. Sollte die Time-to-Collision hoch sein, so ist die Wahrscheinlichkeit für einen Spurwechsel geringer.
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Ferner hat es sich als vorteilhaft erwiesen, wenn ein Fahrzeugtyp des weiteren Kraftfahrzeugs beim Spurwechselmotiv mittels der elektronischen Recheneinrichtung berücksichtigt wird. Insbesondere wird somit der Fahrzeugtyp des weiteren Kraftfahrzeugs betrachtet. Ferner kann auch der Objekttyp, welcher auch dem Fahrzeugtyp entsprechen kann, des Fahrzeugs betrachtet werden. Das Merkmal Fahrzeugtyp kann einen Wert zwischen 0 und 1 einnehmen. Der Wert 1 bedeutet, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass dieser Fahrzeugtyp zu einem Spurwechsel motiviert. Dies gilt beispielsweise bei Lastkraftwägen auf einer Autobahn. Fährt ein Pkw vor dem betrachteten Kraftfahrzeug, wird das Merkmal auf beispielsweise den Wert 0,5 gesetzt. Somit können die entsprechenden Hypothesen für das charakterisierende Situationsmerkmal verfeinert werden, sodass verbessert die Spurwechselintention bestimmt werden kann.
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Es hat sich weiterhin als vorteilhaft erwiesen, wenn ein zweites den Spurwechsel des weiteren Kraftfahrzeugs charakterisierendes Situationsmerkmal eine Kontextauswertung mittels der elektronischen Recheneinrichtung durchgeführt wird, wobei hierzu Kontextinformationen für einen potentiellen Spurwechsel in der Umgebung berücksichtigt werden. Beispielsweise kann hierzu vorgesehen sein, dass die Umgebung bezüglich dieser Kontextinformationen ausgewertet wird. Die Kontextinformationen geben insbesondere an, ob überhaupt ein Spurwechsel möglich ist. Sollte dies beispielsweise in der vorliegenden Verkehrssituation der Fall sein, so wird dieses Situationsmerkmal mit berücksichtigt, sodass eine verbesserte Bestimmung der Spurwechselintention realisiert werden kann.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltungsform werden als Kontextinformation eine Verkehrsschildüberwachung und/oder eine Linienüberwachung einer Fahrbahn, auf welcher sich das Kraftfahrzeug befindet, genutzt. Insbesondere kann somit die Kontextauswertung auch als Verkehrszeichenhypothese betrachtet werden. Die Verkehrszeichenhypothese trifft eine Aussage darüber, ob ein Kraftfahrzeug bedingt durch Verkehrszeichen, beispielsweise Überholverbot, einen Spurwechsel theoretisch durchführen darf oder nicht. Dabei ist der Wert der Hypothese entweder 0 bei beispielsweise einem Überholverbot oder 1 bei keinem Überholverbot bezogen auf den aktuellen Fahrstreifen, auf welchem sich das weitere Kraftfahrzeug befindet. Mittels der Verkehrszeichenhypothese ist der Aufschlag eines Offsets auf die Gesamtspurwechselwahrscheinlichkeiten möglich, was in einigen Fällen zu einem starken Anstieg beziehungsweise Abstieg in kürzerer Zeit führt und somit den Detektionshorizont positiv beeinflussen kann. Um die Verkehrszeichenhypothese zu ermöglichen, sind Aussagen über die aktuell gültigen Verkehrszeichen, beispielsweise Überholverbot, notwendig.
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Weiterhin vorteilhaft ist, wenn mittels der elektronischen Recheneinrichtung in Abhängigkeit von dem Umgebungsmodell eine Fehlereinschätzung durchgeführt wird und die Fehlereinschätzung beim Bestimmen der Spurwechselintention berücksichtigt wird. Insbesondere kann somit ein Errorhandling berücksichtigt werden, welche beispielsweise die Qualität der Spurmarkierungen, beispielsweise auf Basis eines Fitting Errors, aus entsprechenden Fusionsdaten behandelt und so die Glaubwürdigkeit von zum Beispiel einer Pfadhypothese herunterregelt. Dieses Errorhandling kann holistisch auf unterschiedlich charakterisierende Situationsmerkmale angewendet werden. Somit können auch potentielle Fehler bei der Bestimmung der Spurwechselintention mit berücksichtigt werden.
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Ferner hat es sich als vorteilhaft erwiesen, wenn bei der Fehlereinschätzung eine Kurvenkrümmung einer Fahrbahn, auf welcher sich das weitere Kraftfahrzeug befindet, und/oder ein Rauschen bei der Umgebungserfassung und/oder zumindest ein aktueller Umweltparameter und/oder zumindest ein die Umgebungserfassung charakterisierender Parameter berücksichtigt werden. Insbesondere können somit Kurvengeometrien in der Bestimmung der charakterisierenden Situationsmerkmale mit berücksichtigt werden. Des Weiteren kann die Auswirkung von einem Rauschen für Objekt- und Spurinformationen auf die Bestimmung der Situationsmerkmale berücksichtigt werden. Ferner können auch weitere Fahrzeuge ohne Spurinformationen berücksichtigt werden. Insbesondere arbeiten hierzu alle Merkmale zuverlässig, auch wenn ausschließlich die Spurinformationen des Kraftfahrzeugs vorhanden sind. Dies ist vor allem wichtig, wenn beispielsweise Nachbarspuren aufgrund von schlechtem Wetter, insbesondere des aktuellen Umweltparameters, und/oder aufgrund von Verdeckung durch beispielsweise einen Lastkraftwagen, was insbesondere den die Umgebungserfassung charakterisierenden Parameter beschreibt, im Umgebungsmodell nicht modelliert werden können. Bei mehreren Fahrspuren reicht dann insbesondere eine Referenzspur aus, um die Spurwechselwahrscheinlichkeiten sämtlicher Kraftfahrzeuge zu ermitteln.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltungsform wird als weiteres den Spurwechsel des weiteren Kraftfahrzeugs charakterisierendes Situationsmerkmal ein Pfadmerkmal des weiteren Kraftfahrzeugs und/oder ein Positionsmerkmal des weiteren Kraftfahrzeugs und/oder ein Freiraummerkmal für das weitere Kraftfahrzeug erzeugt und bei der Bestimmung der Spurwechselintention berücksichtigt. Bei dem Pfadmerkmal beziehungsweise Trajektorienmerkmal kann es sich insbesondere um eine sogenannte Trajektorienhypothese handeln. Die Trajektorienhypothese wird insbesondere durch die Nutzung einer Sigmoidfunktion im Spurkoordinatensystem modelliert. Insbesondere ist eine Vorausrichtung, ein sogenanntes Heading, des weiteren Kraftfahrzeugs zur Bestimmung eines Schnittpunkts mit einer Fahrbahnlinie rechts oder links bestimmt. Aus dieser einfachen Geraden lassen sich bereits die für die Merkmalsextraktion benötigten Parameter TLCR (Überquerung einer Spurmarkierung) und ΦSpur (Kurswinkel relativ zum Spurverlauf) extrahieren. Es handelt sich hierbei um eine sehr einfache Form der Spurwechselprädiktion, weshalb zusätzlich nach Auffinden eines Schnittpunkts mit der Fahrbahnlinie ein weiterer Schnittpunkt auf der Zentrallinie der jeweiligen Nachbarspur gesucht wird. In Abhängigkeit des Kurswinkels und der Zeit bis zur Überquerung einer Spurmarkierung kann dann auf Basis geometrischer Annäherung eine zukünftige Trajektorie prädiziert werden.
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Das Positionsmerkmal kann auch als Lateralhypothese bezeichnet werden. Die Lateralhypothese ergibt sich aus den zwei Größen laterale Distanz und laterale Geschwindigkeit. Beide Werte geben eine Information über die Position des Kraftfahrzeugs innerhalb der Fahrspur in Bezug auf die Spurmarkierung links und rechts. Auf Basis dessen kann eine zusätzliche Hypothese beziehungsweise Schätzung für einen bevorstehenden Spurwechsel bestimmt werden. Die laterale Distanz wird ermittelt, indem zwischen Fahrzeugpose und einem benachbarten Polyliniensegment der Spurmarkierung die kürzeste Strecke ermittelt wird. Dadurch ergibt sich die laterale Distanz zwischen Fahrzeugpose und einem Punkt auf dem Polyliniensegment und somit die Position des Kraftfahrzeugs bezogen auf die äußeren Spurmarkierungen. Die laterale Geschwindigkeit berechnet sich aus der Distanzänderung zur Spurmarkierung in einem festen Zeitabschnitt.
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Das Freiraummerkmal kann auch als Freiraumhypothese bezeichnet werden. Für jedes Objekt in der Umgebung wird ein sogenanntes Belegungsgitter erstellt. Dieses wird mithilfe von vier Segmenten, welche orthogonal zum jeweiligen Fahrzeugheading und in definierten Abständen zur Fahrzeugpose verlaufen, abgesteckt. Anhand dieser Segmentlinien und den Markierungslinien der entsprechenden Nachbarspuren werden die Kanten der Gitterzellen ermittelt. Existiert für das weitere Kraftfahrzeug keine linke Spur, erfolgt die Gittererstellung ausschließlich für die rechte und vice versa. Sollte beispielsweise keine Spur erkannt werden, so wird dennoch das Freiraummerkmal bestimmt. Der Algorithmus iteriert über sämtliche andere Kraftfahrzeuge der Umgebung, außer über das eigene Kraftfahrzeug, und ermittelt den naheliegendsten Punkt auf der Zentrallinie der Spur, in welcher sich das Kraftfahrzeug befindet. Dieser Punkt dient dem Splittung der Zentrallinie in eine „Headingline“ nach vorne und „Headingline“ nach hinten. Mittels dieser beiden Headinglines erfolgt eine Schnittpunktbestimmung mit Belegungszeitgittern auf der jeweiligen Spur. Diese Herangehensweise hat den Vorteil, dass die Spurgeometrie mit in die Distanz- und Zeitberechnungen mit einfließt. Insbesondere können somit auch mehrere Objekte 15 einen Einfluss auf die Bewegungswahrscheinlichkeit im Fahrzeugumfeld haben. Um diesen Umstand zu berücksichtigen, werden die Einzelwahrscheinlichkeiten als stochastisch unabhängig angenommen und können wie in der oben gezeigten Formel zusammengefasst werden. Dadurch werden alle Fahrzeuge beziehungsweise Objekte im Umfeld in der Freiraumbetrachtung berücksichtigt.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltungsform wird mittels der elektronischen Recheneinrichtung die Spurwechselwahrscheinlichkeit als Wahrscheinlichkeitswerte für einen rechten Spurwechsel und für einen linken Spurwechsel und für eine Folgefahrt ausgegeben. Insbesondere weisen die jeweiligen Wahrscheinlichkeitswerte einen Wert zwischen 0 und 1 auf. Insbesondere ergeben die Summen aller Wahrscheinlichkeiten den Wert 1. Auf Basis dieser Wahrscheinlichkeitswerte kann dann wiederum mittels der elektronischen Recheneinrichtung die Spurwechselintention zuverlässig bestimmt werden. Insbesondere erhält derjenige Wert den Vorzug, welcher am höchsten ist. Mit anderen Worten, derjenige Wert der drei Wahrscheinlichkeitswerte, der den höchsten Wert aufweist, wird als Spurwechselintention bestimmt.
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Ein weiterer Aspekt der Erfindung betrifft ein Assistenzsystem für ein Kraftfahrzeug zum Bestimmen einer Spurwechselintention eines sich in einer unmittelbaren Umgebung des Kraftfahrzeugs befindlichen weiteren Kraftfahrzeugs, mit zumindest einer Umgebungserfassungseinrichtung und mit einer elektronischen Recheneinrichtung, wobei das Assistenzsystem zum Durchführen eines Verfahrens nach dem vorhergehenden Aspekt ausgebildet ist. Insbesondere wird das Verfahren mittels des Assistenzsystems durchgeführt.
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Ein nochmals weiterer Aspekt der Erfindung betrifft ein Kraftfahrzeug mit einem Assistenzsystem nach dem vorhergehenden Aspekt. Das Kraftfahrzeug ist insbesondere zumindest teilweise autonom ausgebildet.
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Zu der Erfindung gehören auch Weiterbildungen des erfindungsgemäßen Assistenzsystems sowie des erfindungsgemäßen Kraftfahrzeugs, die Merkmale aufweisen, wie sie bereits im Zusammenhang mit den Weiterbildungen des erfindungsgemäßen Verfahrens beschrieben worden sind. Aus diesem Grund sind die entsprechenden Weiterbildungen des erfindungsgemäßen Assistenzsystems und des erfindungsgemäßen Kraftfahrzeugs hier nicht noch einmal beschrieben.
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Die Erfindung umfasst auch die Kombinationen der Merkmale der beschriebenen Ausführungsformen.
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Im Folgenden werden Ausführungsbeispiele der Erfindung beschrieben. Hierzu zeigt:
- 1 ein schematisches Blockschaltbild einer Ausführungsform eines Kraftfahrzeugs mit einer Ausführungsform eines Assistenzsystems;
- 2 eine schematische Draufsicht auf eine Verkehrssituation zur Bestimmung eines Pfadmerkmals;
- 3 eine weitere schematische Draufsicht auf eine Verkehrssituation zur Bestimmung eines Positionsmerkmals;
- 4 eine weitere schematische Draufsicht auf eine Verkehrssituation zur Bestimmung eines Freiraummerkmalms;
- 5 eine weitere schematische Draufsicht auf eine Verkehrssituation zur Bestimmung eines Spurwechselmotivs; und
- 6 ein schematisches Blockschaltbild einer Ausführungsform eines Bayes-Netz-Modells.
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Bei den im Folgenden erläuterten Ausführungsbeispielen handelt es sich um bevorzugte Ausführungsbeispiele der Erfindung. Bei den Ausführungsbeispielen stellen die beschriebenen Komponenten jeweils einzelne, unabhängig voneinander zu betrachtende Merkmale der Erfindung dar, welche die Erfindung jeweils auch unabhängig voneinander weiterbilden und damit auch einzeln oder in einer anderen als der gezeigten Kombination als Bestandteil der Erfindung anzusehen sind. Des Weiteren sind die beschriebenen Ausführungsbeispiele auch durch weitere der bereits beschriebenen Merkmale der Erfindung ergänzbar.
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In den Figuren sind funktionsgleiche Elemente jeweils mit denselben Bezugszeichen versehen.
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1 zeigt ein schematisches Blockschaltbild einer Ausführungsform eines Assistenzsystems 1 eines Kraftfahrzeugs 2. Das Kraftfahrzeug 2 kann als zumindest teilweise autonom betriebenes Kraftfahrzeug 2 ausgebildet sein. Das Assistenzsystem 1 ist zur Bestimmung einer Spurwechselintention 3 für ein weiteres Kraftfahrzeug 4 (2) ausgebildet. Das Assistenzsystem 1 weist hierzu zumindest eine Umgebungserfassungseinrichtung 5 sowie eine elektronische Recheneinrichtung 6 auf. Die Umgebungserfassungseinrichtung 5 kann beispielsweise eine Ultraschallsensoreinrichtung und/oder eine Radarsensoreinrichtung und/oder eine Lidarsensoreinrichtung und/oder eine Kamera sein.
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Beim Verfahren zum Bestimmen der Spurwechselintention 3 des sich in einer unmittelbaren Umgebung 7 (2) befindlichen Kraftfahrzeugs 4 wird mittels zumindest der Umgebungserfassungseinrichtung 5 des Assistenzsystems 1 die Umgebung 7 des Kraftfahrzeugs 2 erfasst und auf Basis der erfassten Umgebung 7 wird ein Umgebungsmodell 8 für die Umgebung 7 mittels der elektronischen Recheneinrichtung 6 erzeugt. Es wird in Abhängigkeit von dem erzeugten Umgebungsmodell 8 ein einen Spurwechsel des weiteren Kraftfahrzeugs 4 charakterisierendes Situationsmerkmal 9, 10, 11, 12, 13 mittels der elektronischen Recheneinrichtung 6 bestimmt, wobei mittels eines Bayes-Netz-Modells 14 der elektronischen Recheneinrichtung 6 die Spurwechselintention 3 in Abhängigkeit von dem zumindest einen charakterisierenden Situationsmerkmal 9, 10, 11, 12, 13 bestimmt wird.
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Es ist vorgesehen, dass als das zumindest eine den Spurwechsel des weiteren Kraftfahrzeugs 4 charakterisierende Situationsmerkmal 9, 10, 11, 12, 13 ein Spurwechselmotiv 9 für das weitere Kraftfahrzeug 4 bestimmt wird, wobei das Spurwechselmotiv 9 in Abhängigkeit von einem relativen Abstand Srel (5) des weiteren Kraftfahrzeugs 4 zu einem Objekt 15 ( 5) in der Umgebung 7, in Abhängigkeit von einer relativen Geschwindigkeit vrel (5) des weiteren Kraftfahrzeugs 4 zu dem Objekt 15 und in Abhängigkeit von einer Objektart bestimmt wird.
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Die 1 zeigt ferner, dass als weiteres den Spurwechsel des weiteren Kraftfahrzeug 4 charakterisierendes Situationsmerkmal 9, 10, 11, 12, 13 ein Pfadmerkmal 10 des weiteren Kraftfahrzeugs 4 und/oder ein Positionsmerkmal 11 des weiteren Kraftfahrzeugs 4 und/oder ein Freiraummerkmal 12 für das weitere Kraftfahrzeug 4 erzeugt werden und bei der Bestimmung der Spurwechselintention 3 berücksichtigt werden.
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Ferner ist insbesondere in 1 gezeigt, dass als weiteres den Spurwechsel des weiteren Kraftfahrzeugs 4 charakterisierendes Situationsmerkmal 9, 10, 11, 12, 13 eine Kontextauswertung 13 mittels der elektronischen Recheneinrichtung 6 durchgeführt wird, wobei hierzu Kontextinformationen für einen potentiellen Spurwechsel in der Umgebung 7 berücksichtigt werden. Insbesondere können beispielsweise als Kontextinformationen eine Verkehrsschildüberwachung und/oder eine Linienüberwachung einer Fahrbahn, auf welcher sich das weitere Kraftfahrzeug 4 befindet, genutzt werden. Insbesondere kann bei der Kontextauswertung eine Berücksichtigung von spurwechselrelevanten Informationen durchgeführt werden. Beispielsweise können Überholverbotsschilder und durchgezogene Linien auf der Fahrbahn berücksichtigt werden. Somit kann ein Kontextwissen aus dem Umgebungsmodell 8 berücksichtigt werden.
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Die charakterisierenden Situationsmerkmale 9, 10, 11, 12, 13 können insbesondere auf Basis einer Merkmalsextraktion 16 aus dem Umgebungsmodell 8 erzeugt werden.
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Ferner kann insbesondere vorgesehen sein, dass mittels der elektronischen Recheneinrichtung 6 in Abhängigkeit von dem Umgebungsmodell 8 eine Fehlereinschätzung durchgeführt wird und die Fehlereinschätzung beim Bestimmen der Spurwechselintention 3 berücksichtigt wird. Bei der Fehlereinschätzung kann beispielsweise eine Kurvenkrümmung einer Fahrbahn, auf welcher sich das weitere Kraftfahrzeug 4 befindet, und/oder ein Rauschen bei der Umgebungserfassung und/oder zumindest ein aktueller Umweltparameter und/oder zumindest ein die Umgebungserfassung charakterisierender Parameter berücksichtigt werden. Somit kann ein Errorhandling bereitgestellt werden. Insbesondere können somit Kurvengeometrien bei der Bestimmung der Situationsmerkmale 9, 10, 11, 12, 13 berücksichtigt werden. Ferner können Auswirkungen von verrauschten Objekt- und Spurinformationen berücksichtigt werden. Insbesondere kann somit realisiert werden, dass das Assistenzsystem 1 zuverlässig arbeiten kann, auch wenn ausschließlich Spurinformationen des Kraftfahrzeugs 1 vorhanden sind. Dies ist vor allem wichtig, wenn Nachbarspuren aufgrund von schlechtem Wetter oder Verdeckung durch beispielsweise Lastkraftwagen im Umgebungsmodell 8 nicht modelliert werden können. Bei mehreren Fahrspuren reicht somit eine Referenzspur aus, um die Spurwechselwahrscheinlichkeiten sämtlicher Fahrzeuge zu ermitteln.
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Insbesondere kann ferner vorgesehen sein, dass mittels der elektronischen Recheneinrichtung 6 die Spurwechselintention 3 als Wahrscheinlichkeitswerte für einen rechten Spurwechsel und für einen linken Spurwechsel und für eine Folgefahrt ausgegeben wird.
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Zur Nutzung der charakterisierenden Situationsmerkmale 9, 10, 11, 12, 13, insbesondere des Spurwechselmotivs 9, des Pfadmerkmals 10, des Positionsmerkmals 11 und des Freiraummerkmals 12, kann eine Sigmoidfunktion 20 genutzt werden.
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2 zeigt eine schematische Draufsicht auf eine Verkehrssituation zur Bestimmung des Pfadmerkmals 10. Insbesondere wird ein geometrisches Interpolationsverfahren zur Bestimmung der Merkmale für die Trajektorie verwendet. Das Pfadmerkmal 10 kann auch als Trajektorienhypothese (TR) bezeichnet werden. Hierbei erfolgt insbesondere eine Schnittpunktermittlung zwischen sogenannten Headingsegmenten 17 des weiteren Kraftfahrzeugs 4 mit einer Zentrallinie 18 eines benachbarten Fahrstreifens 19. Es erfolgt eine Streckenhalbierung des resultierenden Segments und eine Halbierung eines Differenzwinkels α, wobei diese insbesondere beide parametrierbar sind. Diese Schritte werden wiederholt, bis der Differenzwinkel α unterhalb eines Grenzwerts liegt. Es kann dann eine Zeit zur Überquerung der Fahrbahnmarkierung T
LCR bestimmt werden. Ferner kann ein Winkel am Schnittpunkt zwischen Trajektorie beziehungsweise Pfad und äußere Spurmarkierung bestimmt werden, welche als Φ-Spur bezeichnet werden kann.
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Die Größe für die Einspeisung in das Bayes-Netz-Modell 14 wird dann bestimmt durch:
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3 zeigt eine weitere schematische Draufsicht auf eine weitere Verkehrssituation. Im vorliegenden Ausführungsbeispiel wird insbesondere das Positionsmerkmal 11 bestimmt. Bei dem Positionsmerkmal 11 handelt es sich insbesondere um eine sogenannte Lateralhypothese (LE). Um nun die Lateralevidenz zu bestimmen, wird die Position des weiteren Kraftfahrzeugs 4 in der Spur, bezogen auf die äußere Spurmarkierung, bestimmt. Es wird eine Strecke O
LAT zwischen einer Pose 22 und einer Spurmarkierung 23 insbesondere zu einem Punkt P
1 bestimmt. Daraus kann eine laterale Geschwindigkeit v
LAT abgeleitet werden. Es erfolgt die Normierung der Wertebereiche von O
LAT und v
LAT über die Sigmoidfunktion 20 im Wertebereich zwischen 0 und 1 als Wahrscheinlichkeit:
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Als Größen werden nun in das Bayes-Netz-Modell 14 eingespeist:
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4 zeigt eine weitere schematische Draufsicht auf eine weitere Verkehrssituation. In der
4 kann insbesondere das Freiraummerkmal 12 bestimmt werden. Das Freiraummerkmal 12 kann auch als Freiraumhypothese (FR) bezeichnet werden. Hierzu wird ein Belegungsgitter 24 für das weitere Kraftfahrzeug 4 gesetzt, wenn eine Nachbarspur vorhanden ist. Der Ausgangswert für die einzelnen Zellen Z1 bis Z4 sind 100 Prozent, was bedeutet, dass Freiraum vorhanden ist. Bei Annäherung des Fahrzeugs, was vorliegend durch das Objekt 15 dargestellt ist, an die Zellen Z1, Z2, Z3, Z4 wird die Strecke bis zum Eintritt und bis zum Austritt in die Zellen Z1, Z2, Z3, Z4 berechnet. Der dargestellte Abstand S
TE beschreibt dabei den Abstand bis zum Eintritt in eine jeweilige Zelle Z1, Z2, Z3, Z4. Der Abstand STD beschreibt den Abstand bis zum Austritt aus der Zelle Z1, Z2, Z3, Z4. Über die Bewegungsgleichung für gleichförmige Bewegung wird die Zeit bis zum Ein- und Austritt in die Zellen Z1, Z2, Z3, Z4 bestimmt. T
TE beschreibt dabei die Zeit bis zum Eintritt in die Zellen Z1, Z2, Z3, Z4 und T
TD beschreibt die Zeit bis zum Austritt aus den Zellen Z1, Z2, Z3, Z4. Die Wahrscheinlichkeiten werden dann mittels der Sigmoidfunktion 20 bestimmt.
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Durch die Zusammenfassung der Merkmale ergeben sich die Wahrscheinlichkeiten:
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Die Größen für die Einspeisung in das Bayes-Netz-Modell 14 sind die Bewegungswahrscheinlichkeiten:
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Sollten mehrere Objekte 15 Einfluss auf die Zellen Z1, Z2, Z3, Z4 haben, so werden die Bewegungswahrscheinlichkeiten durch die Formel bestimmt:
Insbesondere können somit auch mehrere Objekte 15 einen Einfluss auf die Bewegungswahrscheinlichkeit im Fahrzeugumfeld haben. Um diesen Umstand zu berücksichtigen, werden die Einzelwahrscheinlichkeiten als stochastisch unabhängig angenommen und können wie in der oben gezeigten Formel zusammengefasst werden.
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Dadurch werden alle Fahrzeuge beziehungsweise Objekte im Umfeld in der Freiraumbetrachtung berücksichtigt.
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Die Diskretisierung des Fahrzeugumfelds erfolgt nicht durch Grids, sondern durch Linien. Die Berechnung der Merkmale erfolgt unter Berücksichtigung der Fahrbahngeometrie. Die Diskretisierungslinien folgen der Ausrichtung des Objekts 15. Insbesondere sind dazu nur vier Diskretisierungslinien notwendig.
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5 zeigt eine weitere schematische Draufsicht auf eine weitere Verkehrssituation. Insbesondere ist vorliegend das Spurwechselmotiv 9 gezeigt. Das Spurwechselmotiv 9 kann auch als Motivationshypothese bezeichnet werden. Es wird die Motivation zum Spurwechsel des weiteren Fahrzeugs 4 geschätzt. Grundlage hierfür sind relative Größen zu dem Objekt 15 des Spurwechselkandidaten. Um diese Hypothese aufzustellen, werden folgende Größen zwischen Spurwechselkandidat und dessen Vorderfahrzeug, also vorliegend das weitere Kraftfahrzeug 14 und das Objekt 15, ermittelt. Es erfolgt die Bestimmung des relativen Abstands Srel, der relativen Geschwindigkeit vrel sowie die prädizierte Zeit bis Zusammentreffen beider Fahrzeuge, insbesondere einem sogenannten Kollisionszeitpunkt TTC. Ferner können auch die Fahrzeugtypen der Fahrzeuge 4 und Objekte 15 mit berücksichtigt werden.
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6 zeigt ein schematisches Blockschaltbild einer Ausführungsform des Bayes-Netz-Modells 14. Vorliegend ist insbesondere eine Vielzahl von unterschiedlichen Knoten K1 bis K17 gezeigt. Mit dem Bayes-Netz-Modell 14 können Schlussfolgerungen gezogen werden unter Berücksichtigung von Unsicherheiten und fehlenden a-priori-Informationen. Es handelt sich vorliegend insbesondere um ein diskretes Bayes-Netz-Modell 14, was bedeutet, dass ein Ereignis nur diskrete Werte annehmen kann. In unserem Fall sind es beispielsweise lediglich true und false. Die Ereignisse sind dabei Zufallsvariablen. Die Parametrierung erfolgt über Expertenwissen, insbesondere über Erkenntnisse aus Messfahrten und Erprobungen. Die berechneten Situationsmerkmale 9, 10, 11, 12, 13 werden im Bayes-Netz-Modell 14 als beobachtbare Ereignisse eingespeist, insbesondere als sogenanntes a-priori-Wissen. Die Schlussfolgerung auf einen möglichen Spurwechsel erfolgt durch das Bayes-Netz-Modell 14.
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Alle bestimmten Situationsmerkmale 9, 10, 11, 12, 13 müssen zur Verarbeitung im Bayes-Netz-Modell 14 auf einen Wert zwischen 0 und 1 normiert werden. Hierfür wird die Sigmoidfunktion 20 verwendet, die für jeden Eingangswert mit fest definierten Wertebereich einen Funktionswert zwischen 0 und 1 abbildet. Dieser Funktionswert wird dann auch in das Bayes-Netz-Modell 14 als beobachtbare Variablen (Elternknoten) eingespeist.
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Der Wertebereich der Eingangsgrößen wird aus Messwerten ermittelt. Dabei bilden die Extremwerte des Wertebereiches immer den sicheren Zustand ab, also ob ein Spurwechsel erfolgt ist oder nicht.
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Ab diesem Punkt werden die Situationsmerkmale 9, 1, 11, 12, 13 als Ereignisse die eintreten oder nicht eintreten interpretiert. Die Funktionswerte der Sigmoidfunktion 20 geben das Maß, also eine Wahrscheinlichkeit für beide Ereignisse an.
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Die allgemeine Form der Sigmoidfunktion 20 zur Bestimmung der Wahrscheinlichkeit für das Ereignis X ist wie folgt beschrieben:
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Das nicht eintreten des Ereignisses wird wie Folgt berechnet.
E: Eingangswerte aus den Situationsmerkmalen, Normierungsfaktor a, b Gradient der Kurve von 0 auf 1
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Wertebereiche und Parameter zur Normierung der Situationsmerkmalen 9, 10, 11, 12, 13
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Wertebereiche und Parameter zur Normierung der Hypothese Laterale Evidenz (LE):
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Berechnung der Wahrscheinlichkeit für das Ereignis Laterale Evidenz. Dient als Eingangsgröße für den Knoten LE im Bayes-Netz-Modell 14.
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Für die weitere Betrachtung im Bayes-Netz-Modell 14verwenden wir die verkürzte Schreibweise für die Wahrscheinlichkeit:
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Wertebereiche und Parameter zur Normierung der Hypothese Trajektorie (TR):
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Berechnung der Wahrscheinlichkeit für das Ereignis Trajektorie. Dient als Eingangsknoten für den Knoten TR im Bayes-Netz-Modell 14.
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Für die weitere Betrachtung im Bayes-Netz-Modell 14 verwenden wir die verkürzte Schreibweise für die Wahrscheinlichkeit:
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Wertebereiche und Parameter zur Normierung der Hypothese Freiraum (FR):
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Berechnung der Wahrscheinlichkeit für das Ereignis das ein Fahrzeug in die Zelle eintritt:
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Berechnung der Wahrscheinlichkeit für das Ereignis das ein Fahrzeug aus der Zelle austritt:
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Berechnung der Freiraumwahrscheinlichkeit:
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Die Wahrscheinlichkeiten für die Ereignisse „Eintritt“ und „Austritt“ des weiteren Kraftfahrzeugs 4 bezüglich einer Zelle Z1, Z2, Z3, Z4 können auf Grund ihrer stochastischen Abhängigkeit über eine Addition zusammengefasst werden. Somit ergibt sich die Freiraumwahrscheinlichkeit, welches ein weiteres Kraftfahrzeug 4 auf eine Zelle Z1, Z2, Z3, Z4 ausübt folgendermaßen:
P_ze: Freiraumwahrscheinlichkeit eines Fahrzeugs für eine Zelle
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Befindet sich ein weiteres Kraftfahrzeug vor einer Zelle Z1, Z2, Z3, Z4 und ein nochmals weiteres Fahrzeug hinter einer Zelle Z1, Z2, Z3, Z4, können beide Fahrzeuge den gleichen Einfluss auf die Freiraumwahrscheinlichkeit einer Zelle Z1, Z2, Z3, Z4 haben. D.h. die Freiraumwahrscheinlichkeit des Fahrzeugs vor der Zelle, kann genau so groß sein wie die Freiraumwahrscheinlichkeit des Fahrzeugs hinter der Zelle Z1, Z2, Z3, Z4 sein. Damit sind beide Ereignisse stochastisch unabhängig und die Freiraumwahrscheinlichkeit, unter Berücksichtigung beider Fahrzeuge, kann über eine Multiplikation der Einzelwahrscheinlichkeiten {P_{ze}}berechnet werden.
P_z: Gesamt Freiraumwahrscheinlichkeit für eine Zelle bei zwei Fahrzeugen
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Allgemeine Formel zur Berechnung der Freiraumwahrscheinlichkeit einer Zelle Z1, Z2, Z3, Z4:
- P_z(P_z_i P_z_i+1 P_n)= _i=1^nP_ze_i ,n>0 n : Anzahl Fahrzeuge welche auf eine Zelle Einfluss haben
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Das Bayes-Netz-Modell 14 für die Erkennung eines Spurwechsels erfolgt über die Bestimmung der Zwischenknoten „Spurmarkierung überqueren links“ K11 und „Spurmarkierung überqueren rechts“ K2. Beide Teilergebnisse fließen in den Ergebnisknoten „Spurwechsel“ K6 ein. Die Hypothese „Spurwechsel“ liefert uns eine Wahrscheinlichkeit für die Ereignisse „Spurwechsel nach links“, „Spurwechsel nach rechts“ und „Folgefahrt“ pro Fahrzeug.
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Eingangsknoten der Situationsmerkmale 9, 10, 11, 12, 13 sind „Freiraum“ K7, K10, „Trajektorie“ K1, K9 und „Laterale Evidenz“ K0, K8. Die berechneten Situationsmerkmale 9, 10, 11, 12, 13 aus der Merkmalextraktion 16 werden im Bayes-Netz-Modell 14 als Elternknoten modelliert. Eingangsgrößen dieser Knoten, sind die berechneten Wahrscheinlichkeiten aus der Normierung der Situationsmerkmale 9, 10, 11, 12, 13 für das Bayes-Netz-Modell 14.
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Eine Besonderheit bildet hier die Hypothese Freiraum. Diese besitzt die Knoten K3, K4, K5 und K12, K13, K14 welche die einzelnen Zellen Z1, Z2, Z3, Z4 des Grid mit den dazugehörigen Freiraumwahrscheinlichkeiten repräsentiert. Zusammengefasst werden die Freiraumwahrscheinlichkeiten der einzelnen Zellen im Knoten K7 und K10. In diesem Knoten werden den möglichen Kombinationen aller Einzelereignisse, also ob eine Zelle Z1, Z2, Z3, Z4 belegt ist oder nicht, und es werden Wahrscheinlichkeiten fest zugeordnet (Expertenwissen), aus denen wird die Gesamtwahrscheinlichkeit der Hypothese „Freiraum“ berechnet.
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In den Kindsknoten K2 und K11 wird die Hypothese „Spurmarkierung überquert“ für die jeweiligen Spurmarkierungen rechts und links vom Kraftfahrzeug 1 aus gesehen berechnet. Dabei wird allen möglichen Kombinationen der Ereignisse aus den Knoten der Situationsmerkmale 9, 10, 11, 12, 13 Freiraum, Trajektorie und Lateral Evidenz mit Wahrscheinlichkeiten parametriert, wodurch eine Wahrscheinlichkeit für die Hypothese „Spurmarkierung überquert“ berechnet werden kann.
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Die Wahrscheinlichkeiten aus den Hypothesen „Spurmarkierung überquert“ gehen als Ereignis in den Knoten „Spurwechsel“ ein,. Im Knoten „Spurwechsel“ kann dadurch das Ereignis „Spurwechsel nach rechts“, „Spurwechsel nach links“ oder „Folgefahrt“ berechnet werden.
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Insgesamt zeigt die Erfindung eine Spurwechselerkennung beziehungsweise Intentionserkennung.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Assistenzsystem
- 2
- Kraftfahrzeug
- 3
- Spurwechselintention
- 4
- weiteres Kraftfahrzeug
- 5
- Umgebungserfassungseinrichtung
- 6
- elektronische Recheneinrichtung
- 7
- Umgebung
- 8
- Umgebungsmodell
- 9
- Spurwechselmotiv
- 10
- Pfadmerkmal
- 11
- Positionsmerkmal
- 12
- Freiraummerkmal
- 13
- Kontextauswertung
- 14
- Bayes-Netz-Modell
- 15
- Objekt
- 16
- Merkmalsextraktion
- 17
- Heading
- 18
- Zentrallinie
- 19
- benachbarte Fahrspur
- 20
- Sigmoidfunktion
- 21
- angepasste Fahrspur
- 22
- Fahrzeugpose
- 23
- Linie
- 24
- Gitternetz
- α
- Differenzwinkel
- OLAT
- Strecke
- vLAT
- laterale Geschwindigkeit
- P1
- Punkt
- STD
- Austrittsabstand
- STE
- Eintrittsabstand
- TTE
- Eintrittszeit
- TTD
- Austrittszeit
- Srel
- relativer Abstand
- vrel
- relative Geschwindigkeit
- TTC
- Kollisionszeitpunkt
- K1 bis K17
- Knoten
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102014003343 A1 [0003]