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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Überwachen eines Fahrzeugs mit einem Antriebssystem zur Verhinderung einer ungewollten Beschleunigung des Fahrzeugs sowie eine Recheneinheit und ein Computerprogramm zu dessen Durchführung.
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Stand der Technik
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Fahrzeuge weisen heutzutage immer mehr elektronisch geregelte Systeme auf. Um mögliche Fehlfunktionen in solchen Systemen, beispielsweise bei einer Motorsteuerung, zu erkennen, ist eine Überwachung nötig. Dabei sollen insbesondere sicherheitsrelevante Fälle wie beispielsweise eine ungewollte Beschleunigung verhindert werden.
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Um eine ungewollte (positive wie negative) Beschleunigung eines Fahrzeugs, z.B. verursacht durch einen Software- oder Hardware-Fehler im Motor- bzw. Fahrzeugsteuergerät oder Sensor- bzw. Signalausfälle, zu verhindern, kann eine momentenbasierte oder beschleunigungsbasierte 3-Ebenen-Überwachung bzw. Monitoring vorgesehen sein. Die 3-Ebenen-Überwachung löst eine Fehlerreaktion aus, wenn das ermittelte Motormoment bzw. die ermittelte Fahrzeugbeschleunigung nicht plausibel sind und/oder ein zulässiger Grenzwert überschritten werden.
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Bei der erwähnten 3-Ebenen-Überwachung kann eine erste Ebene, die Funktionsebene (oder auch Anwenderebene), Motor- oder Antriebssteuerungsfunktionen, u.a. zur Umsetzung der angeforderten Momente, Komponentenüberwachungen, die Diagnose der Ein- und Ausgangsgrößen, sowie die Steuerung der Systemreaktionen im erkannten Fehlerfall beinhalten.
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Eine zweite Ebene, die Überwachungsebene (oder auch Funktionsüberwachungsebene), erkennt den fehlerhaften Ablauf überwachungsrelevanter Umfänge der Funktionssoftware in der ersten Ebene beispielsweise u.a. durch die Überwachung der berechneten Momente oder der Beschleunigung. Im Fehlerfall erfolgt die Auslösung von Systemreaktionen.
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Eine dritte Ebene, die Rechner- oder Hardware-Überwachungsebene, kontrolliert beispielsweise durch eine Frage-Antwort-Kommunikation, ob die zweite Ebene korrekt arbeitet. Im Fehlerfall erfolgt die Auslösung von Systemreaktionen unabhängig vom Funktionsrechner.
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Offenbarung der Erfindung
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Erfindungsgemäß werden ein Verfahren zum Verhindern einer ungewollten Beschleunigung eines Fahrzeugs sowie eine Recheneinheit und ein Computerprogramm zu dessen Durchführung mit den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche vorgeschlagen. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der Unteransprüche sowie der nachfolgenden Beschreibung.
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Überwachen eines Fahrzeugs mit einem Antriebssystem zur Verhinderung einer ungewollten Beschleunigung des Fahrzeugs. Bei einer ungewollten Beschleunigung kann es sich sowohl um eine positive als auch eine negative (also ein zu starkes Abbremsen) handeln. Dabei wird ein angefordertes Drehmoment mittels einer Funktionsebene - die in einem entsprechenden Steuergerät oder einer geeigneten Recheneinheit ausgeführt wird - an das Antriebssystem zur Umsetzung übermittelt.
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Ein solches Drehmoment kann z.B. durch einen Fahrer mittels entsprechender Betätigung eines Fahrpedals angefordert werden, ebenso denkbar ist aber eine Anforderung durch ein Fahrerassistenzsystem wie z.B. eine Geschwindigkeits- und/oder Abstandsregelung. Ebenso kann auch eine Überlagerung dieser Drehmomentanforderungen vorliegen. Die Umsetzung des angeforderten Drehmoments erfolgt z.B. über die Ausgabe entsprechender Signale an das Antriebssystem. Wenn das Antriebssystem eine Brennkraftmaschine aufweist, können damit beispielsweise entsprechende Kraftstoffeinspritzungen veranlasst werden. Falls das Antriebssystem eine oder mehrere elektrische Maschinen aufweist, können damit geeignete Ansteuersignale an einen bzw. mehrere Stromrichter bzw. Inverter abgesetzt werden.
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Weiterhin wird in einer der Funktionsebene übergeordneten Überwachungsebene unter Berücksichtigung des angeforderten Drehmoments ein zulässiges Drehmoment ermittelt, das dann auch zu stellen ist. Hierzu können neben dem (z.B. vom Fahrer und/oder einem Fahrerassistenzsystem) angeforderten Drehmoment vorzugsweise weitere Signale bzw. Eingangssignale von z.B. Sensoren oder auch andere Randbedingungen zur aktuellen Fahrsituation berücksichtigt werden. Denkbar ist z.B. die Berücksichtigung eines aktuellen Schlupfes eines Rads (relevant bei Kurvenfahrt). Zweckmäßig und typisch ist es dabei auch, wenn ein solches zulässiges Drehmoment auch in der Funktionsebene selbst ermittelt wird, d.h. in der Überwachungsebene wird dieses dann redundant ermittelt, um eine gewisse Funktionssicherheit zu erreichen. Insgesamt kann es sich bei den zwei erwähnten Ebenen um zwei Ebenen einer eingangs schon erwähnten sog. 3-Ebenen-Überwachung handeln.
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Üblich ist es bisher nun, dass dann, wenn das in der Funktionsebene bestimmte zu stellende Drehmoment das in der Überwachungsebene ermittelte zulässige Drehmoment überschreitet, ein eingeschränkter Betriebsmodus des Antriebssystems verwendet wird, in dem z.B. jedes an das Antriebssystem zu übermittelnde und umzusetzende Drehmoment auf einen vorgegebenen Höchstwert beschränkt wird, oder in dem (gar) kein Drehmoment mehr durch das Antriebssystem umgesetzt wird. Denkbar ist auch, diese beiden Varianten stufenweise zu verwenden, d.h. zunächst eine Beschränkung des Drehmoments den Höchstwert und dann später, z.B. nach Ablauf einer bestimmten Zeitdauer und/oder dem Vorliegen weiterer Bedingungen, gar kein Umsetzen eines Drehmoments mehr.
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Hintergrund ist hier z.B., dass bei der Berücksichtigung verschiedener Sensorsignale und dergleichen zum Ermitteln des zu stellenden Drehmoments (in der Funktionsebene) Fehler auftreten können, die letztlich ein zu hohes Drehmoment zulassen würden, das zu einer ungewollten Beschleunigung führen würde.
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Bis zum Einsetzen eines solchen eingeschränkten Betriebsmodus ist jedoch eine gewisse Fehlertoleranzzeit (bei Brennkraftmaschinen z.B. ca. 500 ms, bei elektrischen Maschinen bzw. bei Elektrofahrzeugen z.B. ca. 60 ms) vorgesehen, um die Verfügbarkeit des Systems zu gewährleisten. Durch die redundante Berechnung in zwei Ebenen kommt es unter anderem durch den zeitlichen Versatz der Berechnungen manchmal zu Abweichungen der Drehmomente, welche ohne Einbezug von Fehlertoleranzzeiten direkt zu einer (ungewollten) Fehlerreaktion führen würden und damit das Fahrzeug unnötig oft in einen eingeschränkten Betriebsmodus (z.B. Notlauf) zwingen würden. Ein Fehler wird demnach nur als solcher erkannt, wenn er zumindest über die Fehlertoleranzzeit vorhanden ist. Herkömmlicherweise wird dann nach Ablauf dieser Fehlertoleranzzeit in den eingeschränkten Betriebsmodus gewechselt. Es hat sich nun jedoch herausgestellt, dass bereits während der Fehlertoleranzzeit ungewollte bzw. ungewünschte Drehmomente umgesetzt bzw. gestellt werden können, was zu gewissen Problemen bzw. einer ungewollten Beschleunigung führen kann.
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In dem vorgeschlagenen Verfahren wird nun, wenn das in der Funktionsebene bestimmte, zu stellende Drehmoment das in der Überwachungsebene ermittelte zulässige Drehmoment überschreitet, ein mittels der Funktionsebene an das Antriebssystem zu übermittelndes und umzusetzendes Drehmoment sofort auf das zulässige Drehmoment (wie es in der Überwachungsebene ermittelt wurde) beschränkt. Es wird also insbesondere schon eingegriffen, während eine Fehlertoleranzzeit noch nicht abgelaufen ist, der Fehler also eigentlich als solcher noch nicht feststeht.
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Vorzugsweise wird das (aktuelle) und nachfolgend jedes weitere mittels der Funktionsebene an das Antriebssystem zu übermittelnde und umzusetzende Drehmoment bereits vor Ablauf der Fehlertoleranzzeit, besonders bevorzugt vor oder mit Beginn der Fehlertoleranzzeit, und besonders bevorzugt während der gesamten Fehlertoleranzzeit, auf das zulässige Drehmoment beschränkt. Nach Ablauf der Fehlertoleranzzeit - wenn der Fehler immer noch besteht - kann dann ein eingeschränkter Betriebsmodus des Antriebssystems verwendet werden, wie er vorstehend schon erwähnt wurde.
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Auf diese Weise wird auch schon vor Einsetzen des eingeschränkten Betriebsmodus in der - bedingt durch die Bereitstellung der Verfügbarkeit des Systems - nötigen Fehlertoleranzzeit eine ungewollte Beschleunigung sicher und effizient verhindert.
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Wenngleich das vorgeschlagene Verfahren auch für Fahrzeuge, bei denen das Antriebssystem eine Brennkraftmaschine aufweist, einsetzbar ist, so ist es besonders vorteilhaft für Fahrzeuge, bei denen das Antriebssystem eine oder auch mehrere elektrische Maschine aufweist, insbesondere bei rein elektrisch angetriebenen Fahrzeugen, da elektrische Antriebe besonders schnell - auch ungewollte - Drehmomente bereitstellen können. Das Einsatzgebiet des vorgeschlagenen Verfahrens ist dabei nicht auf Personenkraftwagen und ggf. Nutz- oder Lastkraftwagen beschränkt. Auch in elektrisch angetriebenen Zweirädern kann das Verfahren eingesetzt werden.
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Eine erfindungsgemäße Recheneinheit, z.B. ein Steuergerät eines Kraftfahrzeugs oder Fahrzeugs, insbesondere ein Motor- oder Antriebssteuergerät, ist, insbesondere programmtechnisch, dazu eingerichtet, ein erfindungsgemäßes Verfahren durchzuführen.
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Auch die Implementierung eines erfindungsgemäßen Verfahrens in Form eines Computerprogramms oder Computerprogrammprodukts mit Programmcode zur Durchführung aller Verfahrensschritte ist vorteilhaft, da dies besonders geringe Kosten verursacht, insbesondere wenn ein ausführendes Steuergerät noch für weitere Aufgaben genutzt wird und daher ohnehin vorhanden ist. Geeignete Datenträger zur Bereitstellung des Computerprogramms sind insbesondere magnetische, optische und elektrische Speicher, wie z.B. Festplatten, Flash-Speicher, EEPROMs, DVDs u.a.m. Auch ein Download eines Programms über Computernetze (Internet, Intranet usw.) ist möglich.
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Weitere Vorteile und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus der Beschreibung und der beiliegenden Zeichnung.
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Die Erfindung ist anhand eines Ausführungsbeispiels in der Zeichnung schematisch dargestellt und wird im Folgenden unter Bezugnahme auf die Zeichnung beschrieben.
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Figurenliste
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- 1 zeigt schematisch eine Überwachung eines Fahrzeugs, bei der ein erfindungsgemäßes Verfahren verwendet werden kann.
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Ausführungsform(en) der Erfindung
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In 1 ist schematisch eine Überwachung eines Fahrzeugs 140 dargestellt. Dabei ist eine als Fahrzeugsteuergerät ausgebildete Recheneinheit 100 vorgesehen, die drei Ebenen für ein Überwachungskonzept aufweist, d.h. eine sog. 3-Ebenen-Überwachung, und zur Ansteuerung eines Antriebssystems 150 des Fahrzeugs, das beispielsweise eine oder mehrere elektrische Maschinen aufweist, eingerichtet ist.
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In einer Funktionsebene 110 wird eine Software für eine Motorsteuerung auf funktionaler Ebene ausgeführt. Ein Fahrer oder auch ein Fahrerassistenzsystem kann dabei ein Drehmoment Msoll vorgeben bzw. anfordern, das von dem Antriebssystem 150 bereitgestellt werden soll. Ein Fahrer kann hierzu z.B. ein Fahrpedal verwenden.
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Mittels der Funktionsebene 110 wird dann dieses angeforderte Drehmoment Msoll als zustellendes Drehmoment Mzul (hier können z.B. Signale s eingelesen und berücksichtigt werden) an das Antriebssystem 150 übermittelt, damit es dort umgesetzt bzw. bereitgestellt wird.
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Auf einer Überwachungsebene 120 wird nun eine Überwachung der Funktionsebene 110 durchgeführt. Hierzu wird ebenso - und damit redundant zur Funktionsebene - unter Berücksichtigung des angeforderten Drehmoments Msoll ein zulässiges Drehmoment M'zul ermittelt bzw. berechnet. Hierbei können z.B. geeignete Modelle der relevanten Größen bzw. Stellgrößen verwendet werden, die vorzugsweise auch unabhängig von den Signalen s sein können.
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Das zu stellende Drehmoment Mzul aus der Funktionsebene 110 wird nun mit dem zulässigen Drehmoment M'zul aus der Überwachungsebene 120 verglichen. Wenn dabei festgestellt wird, dass das zu stellende Drehmoment Mzul aus der Funktionsebene 110 das zulässige Drehmoment M'zul aus der Überwachungsebene 120 überschreitet, so wird darauf geschlossen, dass ein Fehler vorliegt, und es wird - nach Ablauf einer Fehlertoleranzzeit Δt - ein eingeschränkter Betriebsmodus 160 verwendet, bei dem z.B. das maximal mittels des Antriebssystems 150 umzusetzende Drehmoment auf einen vorgegebenen Höchstwert beschränkt wird.
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Zusätzlich wird jedoch auch schon vor Ablauf der Fehlertoleranzzeit Δt, und zwar zweckmäßigerweise gleich mit Beginn und auch während der gesamten Fehlertoleranzzeit Δt jedes mittels der Funktionsebene 110 an das Antriebssystem 150 zu übermittelnde und umzusetzende Drehmoment auf das zulässige Drehmoment M'zul aus der Überwachungsebene 120 begrenzt. Auf diese Weise wird schon während der Fehlertoleranzzeit und noch vor Beginn des eingeschränkten Betriebsmodus eine ungewollte Beschleunigung sicher und effizient verhindert.
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Weiterhin ist noch eine dritte Ebene 130 dargestellt, in welcher eine Überwachung der Hardware des Motorsteuergeräts 100 hinsichtlich ihrer korrekten Funktion erfolgen kann. Diese dritte Ebene 130 ist für die vorliegende Erfindung jedoch nicht relevant und soll daher nicht näher beschrieben werden.