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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines aktiven Dämpfersystems für ein Kraftfahrzeug. Ferner betrifft die Erfindung ein aktives Dämpfersystem für ein Kraftfahrzeug sowie ein Kraftfahrzeug mit einem aktiven Dämpfersystem.
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Zur Verbesserung von Fahreigenschaften sowie der Verkehrssicherheit weisen Kraftfahrzeuge Stabilisatoren auf. Bei Stabilisatoren für Kraftfahrzeuge wird im Wesentlichen zwischen passiven Stabilisatoren und aktiven Stabilisatoren unterschieden.
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Zum Beeinflussen des Wankverhaltens von Kraftfahrzeugen werden, insbesondere bei Klein- und Mittelklassewagen, passive Stabilisatoren eingesetzt. Hierfür sind die Stabilisatoren beispielsweise an einer Vorderachse und/oder einer Hinterachse des Kraftfahrzeugs angeordnet. Der Ausdruck „Wankverhalten“ ist in der Fachliteratur auch unter dem Begriff „Rollverhalten“ bekannt. Herkömmliche Stabilisatoren weisen zumeist einen im Wesentlichen u-förmigen Rundstab mit abgewinkelten Endbereichen und einem Durchmesser zwischen 10 mm und 60 mm auf. Ein mittlerer Bereich des Stabilisators ist drehbar, beispielsweise über ein Gummilager, am Fahrzeugaufbau, an einem an diesem befestigten Hilfsrahmen oder dergleichen gehalten. Die abgewinkelten Endbereiche sind üblicherweise mit den Radaufhängungen der jeweiligen Achse mechanisch gekoppelt. Auf diese Weise sind Kräfte und Momente von einer Radaufhängung auf die andere Radaufhängung zumindest teilweise übertragbar. Mittels derartiger Stabilisatoren lassen sich die Neigung des Fahrzeugaufbaus und somit seitliche Wankbewegungen des Kraftfahrzeugs reduzieren. Auf diese Weise ist eine Spurtreue und somit das Fahrverhalten des Kraftfahrzeugs auf vorteilhafte Weise verbessert. Dies wirkt sich günstig auf einen Fahrkomfort sowie eine Fahrsicherheit des Kraftfahrzeugs, insbesondere bei Kurvenfahrten, aus.
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Aktive Stabilisatoren haben ebenfalls die Aufgabe, das Wankverhalten eines Kraftfahrzeugs, insbesondere eines Oberklassewagens, auf eine vorteilhafte Art zu beeinflussen. Mittels aktiver Stabilisatoren ist ein um die Fahrzeuglängsachse wirkendes Stabilisatormoment, insbesondere als Gegenmoment zu einer Wankbewegung des Kraftfahrzeugs, einkoppelbar. Auf diese Weise ist eine Wankneigung des Kraftfahrzeugs aktiv zurückstellbar, vorzugsweise derart, dass der Fahrzeugaufbau und somit das Kraftfahrzeug horizontal ausgerichtet werden. Bei aktiven Stabilisatoren ist der Stabilisator beispielsweise in der Mitte des mittleren Bereichs in zwei Stabilisatorhälften getrennt. Die Stabilisatorhälften sind über einen gemeinsamen Aktuator miteinander mechanisch gekoppelt. Durch Ansteuern des Aktuators sind die beiden Stabilisatorhälften mittels eines Torsionsmoments gegeneinander derart verdrehbar, dass eine Schrägstellung des Fahrzeugaufbaus, beispielsweise bei einer Kurvenfahrt, hierdurch verhindert oder zumindest vermindert wird. Wirken keine Querkräfte auf den Fahrzeugaufbau, wie beispielsweise bei einer Geradeausfahrt, wird der Aktuator vorzugsweise wieder deaktiviert.
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Aus der
DE 10 2009 043 070 A1 ist bekannt, zur Reduzierung des Wankens des Kraftfahrzeugs auf den Fahrzeugaufbau aktuell wirkende Querbeschleunigungen mit Hilfe eines Fahrdynamikmodells zu berechnen, mit Messdaten abzugleichen und hieraus das Wanken des Kraftfahrzeugs zu bestimmen sowie aktive Dämpfer des Kraftfahrzeugs derart zu bestromen, dass das Wanken ausgeglichen oder zumindest reduziert wird. Dieses Verfahren hat den Nachteil, dass die gemessene Querbeschleunigung rauschbehaftet ist und daher bei der Ableitung gefiltert werden muss. Hierdurch entsteht eine Phasenverschiebung zwischen der gemessenen Querbeschleunigung und der tatsächlichen Querbeschleunigung. Überdies weisen aktive Dämpfer eine Trägheit auf, sodass eine gewünschte Dämpfereinstellung ebenfalls phasenverschoben bereitgestellt wird. Dies wirkt sich insbesondere auf die Fahrsicherheit sowie den Fahrkomfort des Kraftfahrzeugs negativ aus.
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Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, die voranstehend beschriebenen Nachteile bei einem aktiven Dämpfersystem zu beheben oder zumindest teilweise zu beheben. Insbesondere ist es Aufgabe der vorliegenden Erfindung ein Verfahren zum Betreiben eines aktiven Dämpfersystems für ein Kraftfahrzeug, ein aktives Dämpfersystem für ein Kraftfahrzeug sowie ein Kraftfahrzeug mit einem aktiven Dämpfersystem zu schaffen, die auf eine einfache und kostengünstige Art und Weise ein Wanken des Kraftfahrzeugs weiter reduzieren und somit einen Fahrkomfort des Kraftfahrzeugs verbessern.
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Voranstehende Aufgabe wird durch die Patentansprüche gelöst. Demnach wird die Aufgabe durch ein Verfahren zum Betreiben eines aktiven Dämpfersystems für ein Kraftfahrzeug mit den Merkmalen des unabhängigen Anspruchs 1, durch ein aktives Dämpfersystem für ein Kraftfahrzeug mit den Merkmalen des nebengeordneten Anspruchs 7 sowie durch ein Kraftfahrzeug mit einem aktiven Dämpfersystem mit den Merkmalen des nebengeordneten Anspruchs 8 gelöst. Weitere Merkmale und Details der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen, der Beschreibung und den Zeichnungen. Dabei gelten Merkmale und Details, die im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Verfahren beschrieben sind, selbstverständlich auch im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Dämpfersystem sowie dem erfindungsgemäßen Kraftfahrzeug und jeweils umgekehrt, sodass bezüglich der Offenbarung zu den einzelnen Erfindungsaspekten stets wechselseitig Bezug genommen wird beziehungsweise werden kann.
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Gemäß einem ersten Aspekt der Erfindung wird die Aufgabe durch ein Verfahren zum Betreiben eines aktiven Dämpfersystems für ein Kraftfahrzeug gelöst. Das Verfahren weist die folgenden Schritte auf:
- - Bereitstellen eines Fahrdynamikmodells des Kraftfahrzeugs, wobei das Fahrdynamikmodell eine Querbeschleunigung des Kraftfahrzeugs in Abhängigkeit eines Lenkwinkels und einer Fahrzeuggeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs beschreibt,
- - Erfassen des Lenkwinkels und der Fahrzeuggeschwindigkeit mittels einer Erfassungsvorrichtung,
- - Ermitteln einer prognostizierten Querbeschleunigung des Kraftfahrzeugs mittels einer Ermittlungsvorrichtung auf Basis des Fahrdynamikmodells sowie des erfassten Lenkwinkels und der erfassten Fahrzeuggeschwindigkeit,
- - Bereitstellen eines Wankdynamikmodells des Kraftfahrzeugs, wobei das Wankdynamikmodell eine Wankbewegung des Kraftfahrzeugs in Abhängigkeit der Querbeschleunigung des Kraftfahrzeugs beschreibt,
- - Ermitteln einer prognostizierten Wankbewegung des Kraftfahrzeugs mittels der Ermittlungsvorrichtung auf Basis des Wankdynamikmodells sowie der prognostizierten Querbeschleunigung, und
- - Ansteuern mindestens eines Dämpfers des Dämpfersystems mit einer ersten Stromstärke mittels einer Steuerungsvorrichtung in Abhängigkeit der prognostizierten Wankbewegung.
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Der mindestens eine Dämpfer wird ausgehend von der ersten Stromstärke mit einer abklingenden Stromstärke angesteuert, wobei die abklingende Stromstärke anhand einer vorgegebenen Abklingfunktion bestimmt wird. Die erste Stromstärke wird auf Basis einer maximalen prognostizierten Wankbewegung bestimmt.
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Das Fahrdynamikmodell des Kraftfahrzeugs wird vorzugsweise mittels einer Speichervorrichtung des Kraftfahrzeugs bereitgestellt. Das Fahrdynamikmodell beschreibt die Zusammenhänge von Lenkwinkel, Fahrzeuggeschwindigkeit und Querbeschleunigung des Kraftfahrzeugs. Um die prognostizierte Querbeschleunigung zu ermitteln, werden der Lenkwinkel und die Fahrzeuggeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs mittels der Erfassungsvorrichtung erfasst. Das Erfassen wird vorzugsweise fortlaufend durchgeführt, um stets aktuelle Werte für Lenkwinkel und Fahrzeuggeschwindigkeit der Ermittlungsvorrichtung bereitzustellen.
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Die Ermittlungsvorrichtung ist ausgebildet, auf Basis des Fahrdynamikmodells, des erfassten Lenkwinkels und der erfassten Fahrzeuggeschwindigkeit die prognostizierte Querbeschleunigung des Kraftfahrzeugs zu ermitteln. Die aktuellen Werte für Lenkwinkel und Fahrzeuggeschwindigkeit werden der Ermittlungsvorrichtung von der Erfassungsvorrichtung bereitgestellt. Unter der prognostizierten Querbeschleunigung wird im Rahmen der Erfindung eine Querbeschleunigung verstanden, welche bei aktuellem Lenkwinkel und aktueller Fahrzeuggeschwindigkeit zu erwarten ist. Die prognostizierte Querbeschleunigung hat gegenüber einer gemessenen Querbeschleunigung daher den Vorteil, dass diese keine nennenswerte Phasenverschiebung zu der tatsächlichen Querbeschleunigung aufweist. Mit anderen Worten sind die Werte der prognostizierten Querbeschleunigung aktueller als die Werte der gemessenen Querbeschleunigung. Dies liegt daran, dass bei der Messung der Querbeschleunigung die Messergebnisse aufgrund der Trägheit der Beschleunigungssensoren der tatsächlichen Querbeschleunigung phasenverschoben hinterherlaufen. Die Querbeschleunigung hat einen wesentlichen Einfluss auf das Wanken des Kraftfahrzeugs. Auf Basis der prognostizierten Querbeschleunigung können zukünftig zu erwartende Wankbewegungen des Kraftfahrzeugs prognostiziert werden. Die prognostizierte Querbeschleunigung wird vorzugsweise fortlaufend ermittelt, um immer aktuelle Werte der prognostizierten Querbeschleunigung zur Ermittlung der prognostizierten Wankbewegung verwenden zu können.
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Das Wankdynamikmodell des Kraftfahrzeugs wird vorzugsweise mittels der Speichervorrichtung des Kraftfahrzeugs bereitgestellt. Das Wankdynamikmodell beschreibt die Zusammenhänge von Querbeschleunigung und Wankbewegung des Kraftfahrzeugs. Für das Wankdynamikmodell wird vorzugsweise ein einfaches lineares System zur Abbildung des Wankverhaltens des Kraftfahrzeugs verwendet. Für das Wankdynamikmodell werden vorzugsweise eine oder mehrere der folgenden Vereinfachungen vorgenommen. Zunächst ist es bevorzugt, dass von einer horizontalen Wankachse, also von einem horizontalen Fahrbahnverlauf, ausgegangen wird. Die Wankachse erstreckt sich in Fahrtrichtung des Kraftfahrzeugs. Ferner wird vorzugsweise angenommen, dass der Kosinus des Wankwinkels (αw) ungefähr 1 ist (cos αw ≈ 1). Der Wankwinkel ist der Winkel um welchen sich das Kraftfahrzeug beim Wanken um die Wankachse neigt. Dies bedeutet, dass der Wankwinkel nahe 0° liegt und das Kraftfahrzeug somit nur sehr kleine Wankbewegungen durchführt werden. Schließlich wird bevorzugt angenommen, dass der Gewichtskraftanteil des Wankmoments (Mx, G = m * g * zw * sin αw) näherungsweise in der Wanksteifigkeit (cw) enthalten ist. Hierbei ist m die Masse und g die Gravitationskonstante.
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Bei Kurvenfahrt erzeugt die Fliehkraft F
y in Verbindung mit dem Wankhebelarm z
w ein Wankmoment M
x:
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Die Fliehkraft Fy ist das Produkt aus Masse m und Querbeschleunigung ay.
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Bei einem passiven Fahrwerk ergibt sich aus Wankträgheitsmoment J
z, Wanksteifigkeit c
w und Wankdämpfung d
w der dazugehörige Wankwinkel α
w:
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Hierbei sind aw die Wankbeschleunigung und vw die Wankgeschwindigkeit.
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Mittels des Wankdynamikmodells und der prognostizierten Querbeschleunigung wird durch die Ermittlungsvorrichtung die prognostizierte Wankbewegung des Kraftfahrzeugs ermittelt. Die prognostizierte Wankbewegung wird vorzugsweise fortlaufend ermittelt, um immer aktuelle Werte der prognostizierten Wankbewegung zum bedarfsgerechten Ansteuern des mindestens einen Dämpfers verwenden zu können.
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Schließlich wird mittels der Steuerungsvorrichtung mindestens ein Dämpfer des Dämpfersystems in Abhängigkeit der prognostizierten Wankbewegung derart angesteuert, dass der mindestens eine Dämpfer der prognostizieren Wankbewegung entgegenwirkt. Vorzugsweise werden mehrere Dämpfer auf diese Weise mittels der Steuerungsvorrichtung angesteuert, wobei jeder der angesteuerten Dämpfer vorzugsweise individuell angesteuert wird, um der prognostizierten Wankbewegung optimal entgegen zu wirken.
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Vorzugsweise wird die erste Stromstärke derart gewählt, dass diese der prognostizierten Wankbewegung vorauseilt, sodass Trägheiten des Dämpfersystems auf diese Weise kompensiert werden. Ausgehend von der ersten Stromstärke wird die Bestromung des mindestens einen Dämpfers solange reduziert, bis die prognostizierte Wankbewegung wieder steigt. Bei steigender prognostizierten Wankbewegung wird wieder ein neuer Wert für die erste Stromstärke ermittelt und dieser Schritt wiederholt. Dies hat den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln sowie auf eine kostengünstige Art und Weise eine besonders bedarfsgerechte Ansteuerung der Dämpfer gewährleistet ist. Das Wanken des Kraftfahrzeugs ist somit weiter reduzierbar und der Fahrkomfort weiter verbesserbar.
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Die erste Stromstärke wird auf Basis einer maximalen prognostizierten Wankbewegung bestimmt. Somit wird die erste Stromstärke in Abhängigkeit eines lokalen Maximums der ermittelten prognostizierten Wankbewegung bestimmt und stellt somit ein lokales Maximum der Stromstärke dar. Anschließend wird die Stromstärke solange reduziert bis die prognostizierte Wankbewegung wieder steigt. Bei steigender prognostizierter Wankbewegung wird wieder eine neue erste Stromstärke festgelegt. Es kann erfindungsgemäß vorgesehen sein, dass die Bestromung des mindestens einen Dämpfers unterbrochen wird, wenn die prognostizierte Wankbewegung einen unteren Schwellwert unterschreitet. Dies hat den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln sowie auf eine kostengünstige Art und Weise eine besonders bedarfsgerechte Ansteuerung der Dämpfer gewährleistet ist. Das Wanken des Kraftfahrzeugs ist somit weiter reduzierbar und der Fahrkomfort weiter verbesserbar.
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Ein erfindungsgemäßes Verfahren zum Betreiben eines aktiven Dämpfersystems für ein Kraftfahrzeug hat gegenüber herkömmlichen Verfahren den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln sowie auf eine kostengünstige Art und Weise das querkraftverursachte Wanken des Kraftfahrzeugs reduziert ist. Durch die Verwendung der prognostizierten Querbeschleunigung ist die Wankbewegung des Kraftfahrzeugs ohne eine sensorbedingte Phasenverschiebung ermittelbar. Zudem lassen sich auf diese Weise die Trägheiten des Dämpfers bei der Ansteuerung des Dämpfers berücksichtigen. Somit ist einer Reaktion des Dämpfersystems auf das Wanken des Kraftfahrzeugs erheblich verbessert.
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Gemäß einer bevorzugten Weiterentwicklung der Erfindung kann bei einem Verfahren zum Betreiben eines aktiven Dämpfersystems vorgesehen sein, dass mittels der Ermittlungsvorrichtung eine gemessene Querbeschleunigung des Kraftfahrzeugs ermittelt wird, wobei die prognostizierte Querbeschleunigung mittels einer Vergleichsvorrichtung mit der gemessenen Querbeschleunigung verglichen wird. Die prognostizierte Querbeschleunigung wird bei einer Beschleunigungsabweichung von der gemessenen Querbeschleunigung derart angepasst, dass die Beschleunigungsabweichung reduziert wird. Hierbei wird vorzugsweise eine Phasenverschiebung zwischen der prognostizierten Querbeschleunigung und der gemessenen Querbeschleunigung herausgerechnet, um ein Vergleichen phasenverschobener Querbeschleunigungswerte zu vermeiden. Dies hat den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln sowie auf eine kostengünstige Art und Weise eine Datenqualität der prognostizierten Querbeschleunigung verbesserbar ist. Somit ist das Ausgleichen des Wankens durch ein bedarfsgerechteres Ansteuern des mindestens einen Dämpfers weiter verbessert.
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Es ist erfindungsgemäß bevorzugt, dass als prognostizierte Wankbewegung eine prognostizierte Wankgeschwindigkeit und/oder Wankbeschleunigung des Kraftfahrzeugs ermittelt wird. Die Werte der Wankgeschwindigkeit und Wankbeschleunigung sind besonders vorteilhaft zum Ansteuern von Dämpfern des Dämpfersystems verwendbar.
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Weiter bevorzugt wird eine gemessene Wankbewegung mittels Beschleunigungssensoren gemessen und mittels einer Vergleichsvorrichtung mit der prognostizierten Wankbewegung verglichen. Die prognostizierte Wankbewegung wird bei Wankabweichungen von der gemessenen Wankbewegung derart angepasst, dass die Wankabweichungen reduziert werden. Hierbei wird vorzugsweise eine Phasenverschiebung zwischen der prognostizierten Wankbewegung und der gemessenen Wankbewegung herausgerechnet, um ein Vergleichen phasenverschobener Wankbewegungswerte zu vermeiden. Dies hat den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln sowie auf eine kostengünstige Art und Weise eine Datenqualität der prognostizierten Wankbewegung verbesserbar ist. Somit ist das Ausgleichen des Wankens durch ein bedarfsgerechteres Ansteuern des mindestens einen Dämpfers weiter verbessert.
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Vorzugsweise weist die Abklingfunktion ein Polynom 2. Grades oder ein Polynom 5. Grades auf. Zwischen den Polynomen wird vorzugsweise anhand eines Parameters interpoliert. Hierdurch ist die Krümmung der Abklingfunktion auf vorteilhafte Weise anpassbar. Dies hat den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln sowie auf eine kostengünstige Art und Weise eine besonders bedarfsgerechte Ansteuerung der Dämpfer gewährleistet ist. Das Wanken des Kraftfahrzeugs ist somit weiter reduzierbar und der Fahrkomfort weiter verbesserbar.
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Besonders bevorzugt erfolgt das Reduzieren der Stromstärke gemäß der Abklingfunktion solange, bis die prognostizierte Wankbewegung zwischen 10% und 30% der maximalen prognostizierten Wankbewegung beträgt. Vorzugsweise erfolgt das Reduzieren der Stromstärke solange, bis die prognostizierte Wankbewegung etwa 20% der maximalen prognostizierten Wankbewegung beträgt. Ein erwartungsgemäßer Wert der maximalen prognostizierten Wankbewegung beträgt beispielsweise etwa 0,06 rad/s. Dies hat den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln sowie auf eine kostengünstige Art und Weise eine besonders bedarfsgerechte Ansteuerung der Dämpfer gewährleistet ist. Das Wanken des Kraftfahrzeugs ist somit weiter reduzierbar und der Fahrkomfort weiter verbesserbar.
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Gemäß einem zweiten Aspekt der Erfindung wird die Aufgabe durch ein aktives Dämpfersystem für ein Kraftfahrzeug gelöst. Das aktive Dämpfersystem weist mindestens einen Dämpfer zum Dämpfen einer Wankbewegung des Kraftfahrzeugs, eine Erfassungsvorrichtung zum Erfassen eines Lenkwinkels und einer Fahrzeuggeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs, eine Ermittlungsvorrichtung zum Ermitteln einer prognostizierten Querbeschleunigung des Kraftfahrzeugs sowie zum Ermitteln einer prognostizierten Wankbewegung des Kraftfahrzeugs, eine Speichervorrichtung zum Bereitstellen eines Fahrdynamikmodells des Kraftfahrzeugs sowie zum Bereitstellen eines Wankdynamikmodells des Kraftfahrzeugs und eine Steuerungsvorrichtung zum Ansteuern des mindestens einen Dämpfers mit einer ersten Stromstärke auf. Erfindungsgemäß ist das aktive Dämpfersystem zur Durchführung eines erfindungsgemäßen Verfahrens ausgebildet.
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Vorzugsweise weist das aktive Dämpfersystem für jedes Rad des Fahrzeugs einen Dämpfer auf, wobei die Dämpfer vorzugsweise separat voneinander ansteuerbar sind, sodass die Dämpfer zur selben Zeit mit unterschiedlichen Stromstärken bestrombar sind. Die Erfassungsvorrichtung weist vorzugsweise mindestens einen Lenkwinkelsensor auf. Weiter bevorzugt weist die Erfassungsvorrichtung mindestens einen Geschwindigkeitssensor und/oder einen Beschleunigungssensor auf. Alternativ oder zusätzlich weist die Erfassungsvorrichtung eine Schnittstelle zum Koppeln mit einem Bordcomputer des Kraftfahrzeugs auf. Die Schnittstelle ist vorzugsweise zum Empfangen von Werten für Lenkwinkel und/oder Fahrzeuggeschwindigkeit vom Bordcomputer ausgebildet. Die Ermittlungsvorrichtung, Speichervorrichtung und Steuerungsvorrichtung sind vorzugsweise in einer gemeinsamen Dämpferkontrollvorrichtung integriert.
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Bei dem erfindungsgemäßen aktiven Dämpfersystem ergeben sich sämtliche Vorteile, die bereits zu einem Verfahren zum Betreiben eines aktiven Dämpfersystems für ein Kraftfahrzeug gemäß dem ersten Aspekt der Erfindung beschrieben worden sind. Demnach hat das erfindungsgemäße aktive Dämpfersystem gegenüber herkömmlichen aktiven Dämpfersystem den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln sowie auf eine kostengünstige Art und Weise das querkraftverursachte Wanken des Kraftfahrzeugs reduzierbar ist. Durch die Verwendung der prognostizierten Querbeschleunigung ist die Wankbewegung des Kraftfahrzeugs ohne eine sensorbedingte Phasenverschiebung ermittelbar. Zudem lassen sich mit dem erfindungsgemäßen aktiven Dämpfersystem die Trägheiten des Dämpfers bei der Ansteuerung des Dämpfers berücksichtigen. Somit ist einer Reaktion des aktiven Dämpfersystems auf das Wanken des Kraftfahrzeugs erheblich verbesserbar.
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Gemäß einem dritten Aspekt der Erfindung wird die Aufgabe durch ein Kraftfahrzeug gelöst. Das Kraftfahrzeug weist ein Fahrgestell, einen Fahrzeugaufbau und mehrere Räder auf. Der Fahrzeugaufbau ist auf dem Fahrgestell angeordnet, und die Räder sind bewegbar am Fahrgestell gehalten. Erfindungsgemäß weist das Kraftfahrzeug ein erfindungsgemäßes Dämpfersystem auf. Dabei ist es bevorzugt, dass jedes Rad über einen Dämpfer bewegbar am Fahrgestellt angeordnet ist.
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Bei dem erfindungsgemäßen aktiven Kraftfahrzeug ergeben sich sämtliche Vorteile, die bereits zu einem Verfahren zum Betreiben eines aktiven Dämpfersystems für ein Kraftfahrzeug gemäß dem ersten Aspekt der Erfindung sowie zu einem aktiven Dämpfersystem für ein Kraftfahrzeug gemäß dem zweiten Aspekt der Erfindung beschrieben worden sind. Demnach hat das erfindungsgemäße Kraftfahrzeuge gegenüber herkömmlichen Kraftfahrzeugen den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln sowie auf eine kostengünstige Art und Weise das querkraftverursachte Wanken des Kraftfahrzeugs reduzierbar ist. Durch die Verwendung der prognostizierten Querbeschleunigung ist die Wankbewegung des Kraftfahrzeugs ohne eine sensorbedingte Phasenverschiebung ermittelbar. Zudem lassen sich bei dem Kraftfahrzeug die Trägheiten des Dämpfers bei der Ansteuerung des Dämpfers berücksichtigen. Somit ist einer Reaktion des aktiven Dämpfersystems auf das Wanken des Kraftfahrzeugs erheblich verbesserbar.
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Ein erfindungsgemäßes Verfahren, ein erfindungsgemäßes aktives Dämpfersystem sowie ein erfindungsgemäßes Kraftfahrzeug werden nachfolgend anhand von Zeichnungen näher erläutert. Es zeigen jeweils schematisch:
- 1 in einer Frontalansicht ein vereinfachtes Wankmodell eines Kraftfahrzeugs,
- 2 in einem Diagramm einen zeitlichen Verlauf der Wankbewegung des Kraftfahrzeugs,
- 3 in einer Seitenansicht eine bevorzugte Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Kraftfahrzeugs, und
- 4 in einem Ablaufdiagramm eine bevorzugte Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Verfahrens.
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Elemente mit gleicher Funktion und Wirkungsweise sind in den 1 bis 4 jeweils mit denselben Bezugszeichen versehen.
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In 1 ist ein vereinfachtes Wankmodell eines Kraftfahrzeugs 2 schematisch in einer Frontalansicht abgebildet. Das Kraftfahrzeug 2 weist ein Fahrgestell 11 auf, an welchem seitlich Räder 13 angeordnet sind. Auf dem Fahrgestell 11 ist ein Fahrzeugaufbau 12 angeordnet, wobei der Fahrzeugaufbau 12 als punktförmige Masse m mit einem Wankträgheitsmoment Jz, einer Wanksteifigkeit cw, einer Wankdämpfung dw und einem Wankhebelarm zw modelliert ist. In der Darstellung wirkt eine Fliehkraft Fy auf die Masse m und erzeugt somit ein Wankmoment Mx um eine Wankachse des Kraftfahrzeugs 2. Die Fliehkraft Fy ist das Produkt aus Masse m und Querbeschleunigung ay. Hierdurch wird die Masse m um den Wankwinkel αw um die Wankachse verschwenkt. Wenn die Fliehkraft Fy wieder „null“ beträgt, wird die Masse m mittig über das Fahrgestell 11 zurückgestellt. Der Wankwinkel αw beträgt dann ebenfalls „null“.
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2 zeigt einen zeitlichen Verlauf der Wankbewegung des Kraftfahrzeugs 2 schematisch in einem Diagramm. Auf der Abszisse ist die Zeit t und auf der Ordinate die Wankgeschwindigkeit vw abgetragen. Die durchgezogene Kurve ist die mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens ermittelte prognostizierte Wankgeschwindigkeit vw. Die prognostizierte Wankgeschwindigkeit vw weist zeitlich verhältnismäßig kurze Geschwindigkeitsspitzen auf. Die an die Geschwindigkeitsspitzen angebundene, gestrichelte Kurve ist eine Abklingkurve einer Stromstärke I zum Betreiben des mindestens einen Dämpfers 5 (vgl. 3). Die Stromstärke I ist jeweils an ein Maximum der prognostizierten Wankgeschwindigkeit vw angepasst und klingt anschließend progressiv ab, wobei die prognostizierte Wankgeschwindigkeit vw wesentlich steiler als die Stromstärke I abfällt. Bei jeder neuen Spannungsspitze der prognostizierten Wankgeschwindigkeit vw wird die Stromstärke I wieder der prognostizierte Wankgeschwindigkeit vw angepasst und fällt anschließend wieder gemäß der Abklingfunktion ab.
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In 3 ist eine bevorzugte Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Kraftfahrzeugs 2 schematisch in einer Seitenansicht abgebildet. Das Kraftfahrzeug 2 weist ein Fahrgestell 11 auf, an welchem seitlich Räder 13 angeordnet sind. Auf dem Fahrgestell 11 ist ein Fahrzeugaufbau 12 angeordnet. Die Räder 13 sind mit jeweils einem Dämpfer 5 eines erfindungsgemäßen aktiven Dämpfersystems 1 gekoppelt. Das aktive Dämpfersystem 1 weist eine Erfassungsvorrichtung 3 zum Erfassen eines Lenkwinkels einer nicht gezeigten Lenkung des Kraftfahrzeugs 2 sowie zum Erfassen einer Fahrzeuggeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs 2 auf. Ferner weist das aktive Dämpfersystem 1 eine Ermittlungsvorrichtung 4 zum Ermitteln der Querbeschleunigung ay sowie einer Wankbewegung des Kraftfahrzeugs 2 bzw. des Fahrzeugaufbaus 12 auf. Die Ermittlungsvorrichtung 4 weist einen Beschleunigungssensor 8 und einen Lenkwinkelsensor 10 auf. Der Beschleunigungssensor 8 kann beispielsweise zum Messen der Querbeschleunigung ay und/oder der Wankgeschwindigkeit vw ausgebildet sein. Erfindungsgemäß können weitere Beschleunigungssensoren 8 zum Messen der Querbeschleunigung ay und/oder der Wankgeschwindigkeit vw oder dergleichen vorgesehen sein. Zum Bereitstellen des Fahrdynamikmodells sowie des Wankdynamikmodells weist das aktive Dämpfersystem 1 eine Speichervorrichtung 9 auf. Zum Ansteuern der Dämpfer 5 weist das aktive Dämpfersystem 1 eine Steuerungsvorrichtung 6 auf, welche in diesem Ausführungsbeispiel zugleich als Vergleichsvorrichtung 7 zum Vergleichen von prognostizierten Werten mit gemessenen Werten, insbesondere der Querbeschleunigung ay und/oder der Wankgeschwindigkeit vw, ausgebildet ist.
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4 zeigt eine bevorzugte Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Verfahrens schematisch in einem Ablaufdiagramm. In einem ersten Verfahrensschritt 100 wird mittels der Speichervorrichtung 9 das Fahrdynamikmodell des Kraftfahrzeugs 2 bereitgestellt. Das Fahrdynamikmodell beschreibt eine Querbeschleunigung ay des Kraftfahrzeugs 2 in Abhängigkeit eines Lenkwinkels und einer Fahrzeuggeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs 2. In einem zweiten Verfahrensschritt 200 werden mittels der Erfassungsvorrichtung 3 der Lenkwinkel und die Fahrzeuggeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs 2 erfasst. Dies kann beispielsweise mittels eigener Sensoren 8, 10 und/oder durch Abfrage von einem Bordcomputer des Kraftfahrzeugs 2 erfolgen. In einem dritten Verfahrensschritt 300 wird mittels der Ermittlungsvorrichtung 4 die prognostizierten Querbeschleunigung ay des Kraftfahrzeugs 2 ermittelt. Dies erfolgt auf Basis des Fahrdynamikmodells, des erfassten Lenkwinkels und der erfassten Fahrzeuggeschwindigkeit.
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In einem vierten Verfahrensschritt 400 wird mittels der Speichervorrichtung 9 das Wankdynamikmodell des Kraftfahrzeugs 2 bereitgestellt. Das Wankdynamikmodell beschreibt eine Wankbewegung des Kraftfahrzeugs 2 in Abhängigkeit der Querbeschleunigung ay des Kraftfahrzeugs 2. In einem fünften Verfahrensschritt 500 wird mittels der Ermittlungsvorrichtung 4 die prognostizierte Wankbewegung des Kraftfahrzeugs 2 ermittelt. Dies erfolgt auf Basis des Wankdynamikmodells sowie der prognostizierten Querbeschleunigung ay. In einem sechsten Verfahrensschritt 600 wird mittels der Steuerungsvorrichtung 6 des aktiven Dämpfersystems 1 mindestens ein Dämpfer 5 des aktiven Dämpfersystems 1 in Abhängigkeit der prognostizierten Wankbewegung mit der ersten Stromstärke I angesteuert. Hierdurch wird die prognostizierten Wankbewegung durch den mindestens einen Dämpfer 5 abgedämpft und somit reduziert. Die Stromstärke I zum Ansteuern des Dämpfers 5 wird vorzugsweise gemäß einer Abklingfunktion solange reduziert, bis die prognostizierte Wankbewegung wieder steigt. Dann wird die Stromstärke I wieder angehoben, um eine stärkere Dämpfung bereitzustellen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Dämpfersystem
- 2
- Kraftfahrzeug
- 3
- Erfassungsvorrichtung
- 4
- Ermittlungsvorrichtung
- 5
- Dämpfer
- 6
- Steuerungsvorrichtung
- 7
- Vergleichsvorrichtung
- 8
- Beschleunigungssensor
- 9
- Speichervorrichtung
- 10
- Lenkwinkelsensor
- 11
- Fahrgestell
- 12
- Fahrzeugaufbau
- 13
- Rad
- 100
- erster Verfahrensschritt
- 200
- zweiter Verfahrensschritt
- 300
- dritter Verfahrensschritt
- 400
- vierter Verfahrensschritt
- 500
- fünfter Verfahrensschritt
- 600
- sechster Verfahrensschritt
- ay
- Querbeschleunigung
- aw
- Wankbeschleunigung
- cw
- Wanksteifigkeit
- dw
- Wankdämpfung
- Fy
- Fliehkraft
- g
- Gravitationskonstante
- I
- Stromstärke
- Jz
- Wankträgheitsmoment
- m
- Masse
- Mx
- Wankmoment
- t
- Zeit
- vw
- Wankgeschwindigkeit
- zw
- Wankhebelarm
- αw
- Wankwinkel