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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Bauteil mit einem ersten und einem zweiten Verbindungsbereich zur Verbindung mit weiteren Bauteilen, insbesondere als Konstruktionselement eines Land-, Luft- oder Wasserfahrzeugs, wobei das Bauteil ganz oder teilweise aus einem thermoplastischen Kunststoffmaterial gebildet ist.
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Die Erfindung betrifft ferner die Verwendung des Bauteils als Konstruktionselement eines Land-, Luft- oder Wasserfahrzeugs.
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Des Weiteren betrifft die Erfindung ein Verfahren zum Verbinden des Bauteils mit einem ersten und einem zweiten Anschlussbauteil, insbesondere bei der Herstellung eines Land-, Luft- oder Wasserfahrzeugs.
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In den letzten Jahren erfolgt insbesondere im Flugzeugbau, aber auch beim Bau von Land- und Wasserfahrzeugen und in anderen technischen Bereichen, ein vermehrter Einsatz von Bauteilen aus Kunststoffmaterialien als Alternative zu metallischen Bauteilen. Dadurch kann eine deutliche Gewichtsreduktion erreicht werden, bei gleichzeitig hoher mechanischer Stabilität der Bauteile, die insbesondere durch eine Faserverstärkung des Kunststoffmaterials erreicht werden kann.
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Die Verbindung der einzelnen Bauteile, z.B. der Konstruktionselemente in einer tragenden Struktur eines Fahrzeugs, erfolgt entweder durch bekannte mechanische Verbindungsmittel wie Nieten, Schrauben oder Bolzen, mittels Verkleben, oder im Fall von thermoplastischen Kunststoffmaterialien mittels Verschweißen der aneinander anliegenden Verbindungsbereiche der Bauteile. In allen Fällen sollten die zu verbindenden Bauteile möglichst spielfrei aneinander anliegen, um einen weitgehend spannungsfreien Aufbau der Baugruppe zu gewährleisten. Da eine Fertigung der Kunststoffbauteile mit entsprechend geringen Toleranzen meistens nicht möglich ist, muss beim Verbinden der Bauteile in vielen Fällen ein Toleranzausgleich erfolgen, z.B. durch Verwendung von Fügepasten (sogenanntes Shimmen) oder durch eine mechanische Nachbearbeitung. Beim Vernieten oder Verschrauben der Bauteile führen diese Toleranzprobleme dazu, dass die entsprechenden Bohrlöcher erst unmittelbar vor dem Verbinden der Bauteile hergestellt werden können, und nicht bereits bei der Fertigung der Bauteile.
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Die vorstehend beschriebenen Probleme führen dazu, dass die Montage von Baugruppen durch Verbinden der einzelnen Bauteile zeitaufwendig und teuer ist. Insbesondere ist es kaum möglich, den Montageprozess zu automatisieren.
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Die
DE 10 2007 019 305 A1 offenbart eine Befestigungsanordnung zum Befestigen eines Bauteils an einem Flugzeugrumpf.
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Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Bauteil vorzuschlagen, mit dem die genannten Probleme beim Verbinden mehrerer Bauteile gelöst werden.
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Diese Aufgabe wird bei dem Bauteil der eingangs genannten Art erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass das Bauteil einen Umformbereich aufweist, der bei einer Temperatur oberhalb der Glasübergangstemperatur des thermoplastischen Kunststoffmaterials so verformbar ist, dass die räumliche Position des ersten und des zweiten Verbindungsbereichs relativ zueinander änderbar ist.
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Der Umformbereich des erfindungsgemäßen Bauteils ermöglicht es auf einfache Weise, während des Montagevorgangs einen Toleranzausgleich zu erreichen. Hierfür wird das Kunststoffmaterial im Umformbereich erwärmt und so verformt, dass beide Verbindungsbereiche des Bauteils jeweils an dem entsprechenden Verbindungsbereich eines Anschlussbauteils anliegen. Die Bauteile können dann spannungsfrei miteinander verbunden werden. Auch die Positionen von bereits vorhandenen Bohrlöchern in den zu verbindenden Bauteilen können so miteinander in Übereinstimmung gebracht werden.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform erstreckt sich das Bauteil mit seiner größten Abmessung entlang einer Längsachse, wobei der erste und der zweite Verbindungsbereich in Bezug auf die Längsachse jeweils endständig angeordnet sind, und wobei der Umformbereich zwischen den beiden Verbindungsbereichen angeordnet ist. Bei einem solchen Aufbau des Bauteils ermöglicht bereits eine relativ geringe Verformung im Umformbereich einen nennenswerten Toleranzausgleich durch Bewegung der beiden endständigen Verbindungsbereiche relativ zueinander.
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Günstigerweise weist das Bauteil im Wesentlichen über seine gesamte Länge ein einheitliches Querschnittsprofil auf. Dieses Querschnittsprofil kann eine Breitenrichtung und eine Höhenrichtung aufweisen, die senkrecht zueinander und zur Längsachse orientiert sind, wobei das Verhältnis von Höhe zu Breite vorzugsweise im Bereich von 1:2 bis 1:5 liegt.
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Das Bauteil weist bei einer weiter bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ein C-Profil oder ein H-Profil auf. Solche Bauteile kommen insbesondere als Konstruktionselemente für die tragende Struktur von Fahrzeugen zum Einsatz, beispielsweise als Spanten, Holme oder Stringer im Flugzeug- und Schiffsbau.
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Bei einem C-Profil oder H-Profil (oder einem sonstigen Bauteil mit einem Querschnittsprofil mit einer Höhe und Breite) ist der Umformbereich vorzugsweise so verformbar, dass das Bauteil um eine Achse verbiegbar ist, die im Wesentlichen in Höhenrichtung des Querschnittsprofils verläuft. Bei einer solchen Verformung bleibt die mechanische Stabilität des Bauteils, insbesondere gegen ein Verbiegen um eine Achse in Breitenrichtung, im Wesentlichen unbeeinflusst.
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Bevorzugt weist der erste Verbindungsbereich eine erste Verbindungsfläche und der zweite Verbindungsbereich eine zweite Verbindungsfläche auf. Die erste und die zweite Verbindungsfläche sind bevorzugt im Wesentlichen ebene Flächen, die insbesondere zueinander parallel sind. Dies ermöglicht eine Verbindung mit einer korrespondierenden ebenen Fläche eines Anschlussbauteils, wobei es sich bei dem Anschlussbauteil z.B. um ein gleichartiges Bauteil oder um ein plattenförmiges Bauteil wie ein Wandelement handeln kann.
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Günstigerweise ist der Umformbereich so verformbar, dass der Winkel und/oder der Abstand entlang einer Flächennormalen zwischen der ersten und der zweiten Verbindungsfläche änderbar sind. Bei einem Bauteil mit dem oben erwähnten Querschnittsprofil kann beispielsweise eine Änderung des Winkels durch ein Verbiegen des Bauteils um eine Achse in Höhenrichtung erreicht werden, während eine Änderung des Abstandes der Verbindungsflächen entlang einer Flächennormalen durch Verbiegen des Bauteils um zwei derartige Achsen, die in Längsrichtung des Bauteils voneinander beabstandet sind, erreicht werden kann.
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Die Flächennormalen der ersten und/oder der zweiten Verbindungsfläche ist bevorzugt im Wesentlichen in einer Breitenrichtung eines Querschnittsprofils des Bauteils orientiert.
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Das thermoplastische Kunststoffmaterial des erfindungsgemäßen Bauteils ist günstigerweise ein sogenannter Hochleistungsthermoplast. Bevorzugt ist das Kunststoffmaterial ausgewählt aus Polyetherketonen, insbesondere PEEK, Polyetherimiden, Polyamidimiden, Polyphenylensulfiden, Polyethersulfonen und Mischungen hiervon.
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Bevorzugt weist das thermoplastische Kunststoffmaterial eine Faserverstärkung auf. Bevorzugte Verstärkungen sind Glasfasern, Kohlenstofffasern und Aramidfasern.
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Die Erfindung betrifft ferner die Verwendung eines erfindungsgemäßen Bauteils als Konstruktionselement eines Land-, Luft- oder Wasserfahrzeugs, insbesondere für deren tragende Struktur. Mit besonderem Vorteil kann das erfindungsgemäße Bauteil als Spant, als Holm oder als Stringer verwendet werden.
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Der Erfindung liegt ferner die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum Verbinden eines Bauteils vorzuschlagen, bei dem auf einfache Weise ein Toleranzausgleich möglich ist.
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Diese Aufgabe wird bei dem Verfahren der eingangs genannten Art erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass es die Schritte umfasst:
- - Verbinden des ersten Verbindungsbereichs des erfindungsgemäßen Bauteils mit dem ersten Anschlussbauteil,
- - Erwärmen des Umformbereichs auf eine Temperatur oberhalb der Glasübergangstemperatur des thermoplastischen Kunststoffmaterials,
- - Verformen des Umformbereichs, um eine Toleranz zwischen dem zweiten Verbindungsbereich des Bauteils und dem zweiten Anschlussbauteil ganz oder teilweise auszugleichen, und
- - Verbinden des zweiten Verbindungsbereichs des Bauteiles mit dem zweiten Anschlussbauteil.
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Günstigerweise wird der Umformbereich auf eine Temperatur zwischen der Glasübergangstemperatur und der Schmelztemperatur des thermoplastischen Kunststoffmaterials erwärmt. Dabei kann die Temperatur so gewählt werden, dass die gewünschte Verformung ermöglicht wird, ohne die strukturelle Integrität des Umformbereichs zu beeinträchtigen.
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Das Erwärmen kann günstigerweise mittels eines Heizelements erfolgen, das mit dem Umformbereich in Kontakt gebracht wird, insbesondere mittels einer Heizmatte. Auf diese Weise wird ein kontrollierter Energieeintrag gewährleistet und eine zu starke Erwärmung des Bauteils vermieden.
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Bei einer Ausführungsform des Verfahrens erfolgt das Verbinden des Bauteils mit den Anschlussbauteilen mittels mechanischer Verbindungsmittel, insbesondere mittels Nieten, Bolzen oder Schrauben. In diesem Fall können das Bauteil und die Anschlussbauteile vorgeformte Bohrlöcher aufweisen, deren Positionen beim Verformen des Umformbereichs zur Deckung gebracht werden können.
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Bei einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens erfolgt das Verbinden des Bauteils mit den Anschlussbauteilen über eine stoffschlüssige Verbindung, insbesondere mittels Kleben oder Schweißen.
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Die Anschlussbauteile können generell aus einem beliebigen Material gebildet sein. Vorzugsweise, insbesondere beim Verschweißen der Bauteile, sind auch die Anschlussbauteile ganz oder teilweise aus einem thermoplastischen Kunststoffmaterial gebildet, insbesondere aus demselben Material wie das erfindungsgemäße Bauteil.
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Weitere Vorteile und bevorzugte Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Verfahrens wurden bereits im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Bauteil erläutert.
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Das nachfolgend beschriebene Ausführungsbeispiel dient in Verbindung mit den Figuren der weiteren Erläuterung der Erfindung.
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Es zeigen im Einzelnen:
- 1: Perspektivische Darstellung eines erfindungsgemäßen Bauteils und eines Anschlussbauteils vor dem Verbinden;
- 2: Draufsicht auf das Bauteil und das Anschlussbauteil gemäß 1;
- 3: perspektivische Darstellung des erfindungsgemäßen Bauteils und des Anschlussbauteils nach dem Verbinden; und
- 4: Draufsicht auf das Bauteil und das Anschlussbauteil gemäß 3.
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Die 1 und 2 zeigen in schematischer Darstellung ein Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Bauteils 10 und ein mit diesem zu verbindendes Anschlussbauteil 20, bevor die beiden Bauteile miteinander verbunden werden. Das Bauteil 10 und das Anschlussbauteil 20 gehören zu einer nicht dargestellten Baugruppe, bei der es sich insbesondere um einen Teil der tragenden Struktur eines Land-, Luft- oder Wasserfahrzeugs handelt.
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Das Bauteil 10 ist ein Konstruktionselement dieser tragenden Struktur, das sich mit seiner größten Abmessung entlang einer Längsachse erstreckt. Im Querschnitt weist das Bauteil 10 ein C-Profil auf mit einem sich in Höhenrichtung erstreckenden Steg 12 und sich in Breitenrichtung erstreckenden Gurten 14. Das Verhältnis der Breite der Gurte 14 zur Höhe des Stegs 12 beträgt in etwa 1:3.
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Das Bauteil 10 ist aus einem thermoplastischen Kunststoffmaterial hergestellt, z.B. aus PEEK.
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Das Bauteil 10 weist einen ersten Verbindungsbereich 16 und einen zweiten Verbindungsbereich 17 auf, die in Bezug auf die Längsachse jeweils endständig angeordnet sind. Die Verbindungsbereiche 16 und 17 umfassen jeweils eine ebene Verbindungsfläche, die durch entsprechende Abschnitte des Stegs 12 des Bauteils 10 gebildet werden.
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Das Bauteil 10 ist über seinen ersten Verbindungsbereich 16 mit einem weiteren Anschlussbauteil der Baugruppe, das in den Figuren nicht dargestellt ist, verbunden, wodurch die räumliche Position des ersten Verbindungsbereichs 16 festgelegt ist. Über den zweiten Verbindungsbereich 17 ist das Bauteil 10 mit dem Anschlussbauteil 20, welches plattenförmig ausgebildet ist, zu verbinden, wobei der zweite Verbindungsbereich 17 aufgrund von Fertigungstoleranzen nicht an dem Anschlussbauteil 20 anliegt, sondern zwischen den Bauteilen ein Abstand 22 zu überbrücken ist. Der Abstand 22 ist in der 2 in der Draufsicht zu erkennen.
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Um das Bauteil 10 mit dem Anschlussbauteil 20 dennoch spannungsfrei unter Ausgleich des Abstandes 22 verbinden zu können, weist das Bauteil 10 in einem Abschnitt zwischen den beiden Verbindungsbereichen 16 und 17 einen Umformbereich 18 auf. Zum Verbinden des zweiten Verbindungsbereichs 17 mit dem Anschlussbauteil 20 nach dem erfindungsgemäßen Verfahren wird das thermoplastische Kunststoffmaterial des Bauteils 10 in dem Umformbereich 18 erwärmt und so verformt, dass der zweite Verbindungsbereich 17 unter Ausgleich der Toleranz an dem Anschlussbauteil 20 anliegt und mit diesem verbunden werden kann, beispielsweise mittels Verschweißen, wenn das Anschlussbauteil 20 ebenfalls aus einem thermoplastischen Kunststoffmaterial gebildet ist, oder durch mechanische Verbindungsmittel.
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Die 3 und 4 zeigen das erfindungsgemäße Bauteil 10 und das Anschlussbauteil 20 nach deren Verbindung in einer perspektivischen Darstellung bzw. in einer Draufsicht.
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Der Umformbereich 18 ist in den Figuren zwar zur Verdeutlichung von den benachbarten Abschnitten des Bauteils 10 abgegrenzt, das Bauteil 10 besteht jedoch durchgehend aus demselben thermoplastischen Kunststoffmaterial. Die Lage des Umformbereichs 18, d.h. des bei der Durchführung des Verfahrens erwärmten Bereichs, wird dabei so gewählt, dass bereits durch eine geringe Verformung eine relativ starke Änderung der räumlichen Positionen der Verbindungsbereiche 16 und 17 relativ zueinander möglich ist. Gleichzeitig soll durch die Verformung die mechanische Stabilität des Bauteils 10 insgesamt so wenig wie möglich beeinträchtigt werden. Dies wird bei dem vorliegenden Ausführungsbeispiel auch dadurch gewährleistet, dass das Bauteil 10 beim Verformen um zwei voneinander beabstandete Achsen verbogen wird, die sich in Höhenrichtung 12 des Querschnittsprofils des Bauteils 10 erstrecken. Die mechanische Stabilität gegen ein Verbiegen des Bauteils 10 um eine Achse in Breitenrichtung 14 bleibt somit im Wesentlichen unbeeinflusst.
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Die Erwärmung des thermoplastischen Kunststoffmaterials in dem Umformbereich 18 erfolgt auf eine Temperatur zwischen der Glasübergangstemperatur und der Schmelztemperatur des Kunststoffmaterials. Im Fall von PEEK entspricht dies beispielsweise einem Temperaturbereich von ca. 140 bis ca. 340 °C. Die ideale Erwärmungstemperatur wird dabei so gewählt, dass das Kunststoffmaterial für die benötigte Verformung ausreichend erweicht, aber das Bauteil 10 ausreichend formstabil bleibt, um seine strukturelle Integrität zu gewährleisten. Im Fall von PEEK kann der Umformbereich beispielsweise auf eine Temperatur von ca. 280 °C erwärmt werden, um das erfindungsgemäße Verfahren durchzuführen.
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Die Erwärmung des Umformbereichs 18 kann mittels einer Heizmatte erfolgen, die mit dem Umformbereich 18 in Kontakt gebracht wird. Auf diese Weise kann die gewünschte Temperatur relativ genau erreicht werden.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Bauteil
- 12
- Steg (Höhenrichtung)
- 14
- Gurte (Breitenrichtung)
- 16
- Erster Verbindungsbereich
- 17
- Zweiter Verbindungsbereich
- 18
- Umformbereich
- 20
- Anschlussbauteil
- 22
- Abstand (Toleranz)