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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Detektieren von sich am Lenkrad befindlichen Händen eines Fahrers eines Kraftfahrzeugs, insbesondere eines Kraftfahrzeugs mit einem elektromechanisch unterstützten Lenkungssystem.
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Bei Kraftfahrzeugen mit einem elektromechanisch unterstützten Lenkungssystem kann die elektromechanische Lenkunterstützung das Lenkungssystem mit einem Drehmoment beaufschlagen und so den Fahrer beim Lenken unterstützen oder das Kraftfahrzeug in eine bestimmte Richtung lenken. Insbesondere kann die elektromechanische Lenkunterstützung das Fahrzeug auch automatisch, also ohne eine entsprechende Lenkbewegung des Fahrers in eine bestimmte Richtung lenken, beispielsweise basierend auf Daten einer Kamera oder anderer Sensoren. Die automatische Lenkung von Kraftfahrzeugen wird insbesondere bei Steuersystemen wenigstens teilweise autonom fahrender Kraftfahrzeuge eingesetzt.
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Ein Beispiel für ein solches Steuersystem sind sogenannte Spurhalteassistenzsysteme, die den Fahrer beim Einhalten einer Spur unterstützen. Der Fahrer des Kraftfahrzeugs soll dabei jedoch jederzeit dazu in der Lage sein, wieder die volle Kontrolle über das Kraftfahrzeug zu übernehmen. Als ein verlässlicher Indikator hierfür hat sich die Präsenz der Hände des Fahrers am Lenkrad erwiesen.
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Bei vollständig autonom fahrenden Kraftfahrzeugen soll das Steuersystem das Kraftfahrzeug automatisch steuern, solange der Fahrer nicht selbst die Kontrolle über das Kraftfahrzeug übernehmen will. Wenn der Fahrer seine Hände ans Lenkrad legt, ist dies ein klarer Indikator dafür, dass er die Kontrolle über das Kraftfahrzeug übernehmen will. Nimmt der Fahrer hingegen die Hände vom Lenkrad, soll das automatische Steuersystem die Kontrolle über das Kraftfahrzeug übernehmen.
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Es ist also in beiden Fällen notwendig, die Präsenz der Hände des Fahrers am Lenkrad erfassen zu können. Eine Möglichkeit, die Präsenz der Hände am Lenkrad zu detektieren, sind zusätzliche Sensoren am Lenkrad. Die Sensoren erkennen beispielsweise über Kapazitätsmessung, ob sich die Hände am Lenkrad befinden. Die zusätzlichen Sensoren verursachen jedoch zusätzliche Kosten.
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Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein Verfahren zum Detektieren von sich am Lenkrad befindlichen Händen bereitzustellen, bei dem keine gegenüber im elektromechanisch unterstützten Lenkungssystem vorhandenen Drehmoment- und/oder Drehwinkelsensoren zusätzlichen Sensoren notwendig sind.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren der eingangs genannten Art mit den folgenden Schritten:
- mittels eines mathematischen Modells wird wenigstens ein Teil eines Lenkungssystems des Kraftfahrzeugs modelliert,
- ein Drehwinkel eines unteren Endes und/oder eines oberen Endes eines Torsionsstabs des Lenkungssystems wird bestimmt,
- ein auf den Torsionsstab wirkendes Drehmoment wird mittels einer Messeinrichtung bestimmt,
- ein gesamtes auf das Lenkrad wirkendes Drehmoment sowie eine Drehwinkelbeschleunigung des Lenkrads werden mittels eines Kalman-Filters abgeschätzt,
- das abgeschätzte gesamte auf das Lenkrad wirkende Drehmoment und die abgeschätzte Drehwinkelbeschleunigung werden dazu herangezogen, ein Trägheitsmoment des Lenkrads zu bestimmen, und
- das bestimmte Trägheitsmoment des Lenkrads und ein vorbestimmter Nominalwert eines Trägheitsmoments des Lenkrads werden dazu herangezogen zu bestimmen, ob sich die Hände des Fahrers am Lenkrad befinden.
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Da sich das bestimmte Trägheitsmoment des Lenkrads vom vorbestimmten Nominalwert unterscheidet, wenn sich die Hände des Fahrers am Lenkrad befinden, lässt sich ermitteln, ob sich die Hände des Fahrers am Lenkrad befinden. Das erfindungsgemäße Verfahren nutzt nur im Lenkungssystem bereits vorhandene Sensoren, um die Präsenz der Hände des Fahrers am Lenkrad zu detektieren, insbesondere einen Drehmomentsensor, der wenigstens das auf den Torsionsstab wirkende Drehmoment bestimmt. Es sind also keine zusätzlichen Sensoren notwendig, wodurch Kosten eingespart werden.
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Gemäß einem Aspekt der Erfindung wird mittels des mathematischen Modells das gesamte Lenkungssystem modelliert. Insbesondere wird sowohl ein das Lenkrad, eine Lenksäule mit Torsionsstab und die Messeinrichtung umfassender oberer Teil des Lenkungssystems des Kraftfahrzeugs als auch ein unterer Teil des Lenkungssystems des Kraftfahrzeugs modelliert.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird mittels des mathematischen Modells ein das Lenkrad, eine Lenksäule mit dem Torsionsstab und die Messeinrichtung umfassender oberer Teil des Lenkungssystems des Kraftfahrzeugs modelliert.
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Ein weiterer Aspekt sieht vor, dass mittels des mathematischen Modells ein das Lenkrad umfassender Teil der Lenkung oberhalb des Torsionsstabs modelliert wird.
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Vorzugsweise wird auf Basis des mathematischen Modells ein Beobachter entworfen, der benötigte nicht gemessene oder benötigte nicht messbare Größen ermittelt. Unter einem Beobachter ist dabei ein Beobachter im Sinne der Regelungstechnik zu verstehen. Mittels des Beobachters sind Größen bestimmbar, die zur Bestimmung des Trägheitsmoments des Lenkrads benötigt werden, jedoch nicht gemessen werden oder nicht messbar sind. Der Drehwinkel des unteren Endes des Torsionsstabs kann durch einen Winkellagegeber eines Hilfsmotors des elektromechanisch unterstützten Lenkungssystems bestimmt werden, insbesondere gemessen.
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Vorzugsweise werden das bestimmte Trägheitsmoment des Lenkrads und der vorbestimmte Nominalwert des Trägheitsmoments des Lenkrads verglichen, um zu bestimmen, ob sich die Hände des Fahrers am Lenkrad befinden. Insbesondere wird erkannt, dass sich die Hände des Fahrers am Lenkrad befinden, wenn sich die Trägheitsmomente um mehr als einen vorbestimmten Wert unterscheiden. Dieser vorbestimmte Wert kann derart gewählt sein, dass eine Erkennungsfehlerquote unter 10% beträgt, bevorzugt unter 5%, weiter bevorzugt 0%. Dadurch kann mit einer gewünschten Genauigkeit erkannt werden, ob sich die Hände des Fahrers am Lenkrad befinden.
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Weiter bevorzugt werden die Trägheitsmomente durch Bilden der Differenz der beiden Trägheitsmomente verglichen. Insbesondere wird erkannt, dass sich die Hände des Fahrers am Lenkrad befinden, wenn sich die Differenz der Trägheitsmomente um mehr als einen vorbestimmten Wert von null unterscheidet. Dieser vorbestimmte Wert kann derart gewählt sein, dass eine Erkennungsfehlerquote unter 10% beträgt, bevorzugt unter 5%, weiter bevorzugt 0%. Dadurch kann mit einer gewünschten Genauigkeit erkannt werden, ob sich die Hände des Fahrers am Lenkrad befinden.
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Gemäß einem Aspekt der Erfindung wird ein Zustand des Lenkrads mittels eines linearen Zustandsraummodells modelliert. Insbesondere bildet das lineare Zustandsraummodell die Grundlage für einen Beobachterentwurf. Unter einem Beobachter ist dabei ein Beobachter im Sinne der Regelungstechnik zu verstehen. Mittels des Beobachters sind Größen bestimmbar, die zur Bestimmung des Trägheitsmoments des Lenkrads benötigt werden, jedoch nicht gemessen werden oder nicht messbar sind.
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Gemäß einem weiteren Aspekt der Erfindung bestimmt die Messeinrichtung das auf den Torsionsstab wirkende Drehmoment aus einem Relativwinkel zwischen einem oberen Ende und dem unteren Ende des Torsionsstabs. Da das auf den Torsionsstab wirkende Drehmoment, insbesondere bei elektromechanisch unterstützten Lenkungssystemen, sowieso gemessen wird, können bereits vorhandene Sensoren des Lenkungssystems verwendet werden. Es sind also keine weiteren Bauteile notwendig, wodurch sich eine Kosteneinsparung ergibt.
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Vorzugsweise wird das Trägheitsmoment des Lenkrads aus einer Differentialgleichung bestimmt, die den Zusammenhang zwischen dem Trägheitsmoment des Lenkrads, der Drehwinkelbeschleunigung des Lenkrads und den abgeschätzten gesamten auf das Lenkrad wirkenden Drehmomenten beschreibt. Da der Kalman-Filter alle hierfür notwendigen Größen abschätzt, lässt sich das Trägheitsmoment des Lenkrads in dieser Ausgestaltung der Erfindung besonders einfach bestimmen.
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Ein Aspekt der Erfindung sieht vor, dass zusätzlich ein Drehwinkel des Lenkrads bestimmt wird, insbesondere gemessen. Insbesondere wird ein Drehwinkel des oberen Endes des Torsionsstabs bestimmt oder gemessen und mit dem Drehwinkel des Lenkrads gleichgesetzt. Der Drehwinkel des Lenkrads muss in dieser Ausgestaltung der Erfindung also nicht erst über den Kalman-Filter rekonstruiert werden, sondern steht direkt zur Verfügung, insbesondere als Messgröße.
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Insbesondere misst die Messeinrichtung den Drehwinkel des unteren Endes und/oder des oberen Endes des Torsionsstabs. Misst die Messeinrichtung nur einen der beiden Drehwinkel, so kann der jeweils andere Drehwinkel aus dem gemessenen Drehwinkel und dem bestimmten auf den Torsionsstab wirkenden Drehmoment rekonstruiert werden. Insbesondere kann der Drehwinkel des oberen Endes des Torsionsstabs mit dem Drehwinkel des Lenkrads gleichgesetzt werden. In dieser Ausgestaltung der Erfindung ist keine weitere Messeinrichtung zum Messen der Drehwinkel notwendig, wodurch sich ein einfacherer Aufbau des Lenkungssystems ergibt.
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Gemäß einer Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass der obere Teil des Lenkungssystems im mathematischen Modell als Masse mit einer Feder und/oder einer Dämpfung modelliert ist. Durch entsprechendes Tuning von Modellparametern, insbesondere von Feder- und Dämpfungskonstanten, kann der obere Teil des Lenkungssystems möglichst realistisch modelliert werden.
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Gemäß einer anderen Ausgestaltung der Erfindung ist der modellierte Teil des Lenkungssystems im mathematischen Modell als Masse modelliert. Dies ist insbesondere dann von Vorteil, wenn der Drehwinkel des oberen Endes des Torisionsstabs gemessen wird. Das vereinfachte Modell des oberen Lenkungssystems ist dann ausreichend, um das auf das Lenkrad wirkende Drehmoment ausreichend präzise zu bestimmen. Der Rechenaufwand ist in dieser Ausgestaltung der Erfindung reduziert.
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Weitere Vorteile und Eigenschaften der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung und den Zeichnungen, auf die Bezug genommen wird. In diesen zeigen:
- - 1 in einer perspektivischen Ansicht ein Lenkungssystem eines Kraftfahrzeugs;
- - 2 ein physikalisches Ersatzmodell eines oberen Teils des Lenkungssystems von 1;
- - 3 ein vereinfachtes physikalisches Ersatzmodell des oberen Teils des Lenkungssystems von 1; und
- - 4 eine schematische Darstellung der Schritte des erfindungsgemäßen Verfahrens.
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Ein in 1 gezeigtes Lenkungssystem 10 eines Kraftfahrzeugs ist als elektromechanisch unterstütztes Lenkungssystem ausgebildet. Das Lenkungssystem 10 umfasst einen oberen Teil 12 mit einem Lenkrad 14, einer Lenksäule 16 mit einem Torsionsstab 17, und einer Messeinrichtung 18 sowie einen unteren Teil mit einem Hilfsmotor 20.
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Beaufschlagt der Fahrer das Lenkrad 14 mit einem Drehmoment, so wird dadurch die Lenksäule 16 gedreht. Die Messeinrichtung 18 bestimmt ein Drehmoment, das auf den Torsionsstab 17 wirkt, aus einem Relativwinkel zwischen einem oberen (lenkradseitigen) Ende und einem unteren Ende des Torsionsstabs 17. Außerdem bestimmt ein Winkellagegeber des Hilfsmotors 20 einen Drehwinkel des unteren Endes des Torsionsstabs 17.
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Auf Basis des bestimmten auf den Torsionsstab 17 wirkenden Drehmoments und des Drehwinkels des unteren Endes des Torsionsstabs 17 wird der Hilfsmotor 20 derart angesteuert, dass er ein passendes, unterstützendes Drehmoment zur Lenkung des Fahrzeugs bereitstellt.
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Bei wenigstens teilweise autonom fahrenden Kraftfahrzeugen ist es erforderlich, dass das Kraftfahrzeug erkennen kann, ob sich die Hände des Fahrers am Lenkrad 14 befinden. In dem im Folgenden beschriebenen Verfahren werden dazu lediglich Messgrößen herangezogen, die von der Messeinrichtung 18 und dem Winkellagegeber des Hilfsmotors 20 des Lenkungssystems 10 bereits gemessen werden, genauer gesagt der Drehwinkel des unteren Endes des Torsionsstabs 17 und das auf den Torsionsstab 17 wirkende Drehmoment.
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Der obere Teil 12 des Lenkungssystems 10 wird zunächst gemäß dem in 2 gezeigten physikalischen Ersatzmodell modelliert. In diesem Modell wird ein aus dem Lenkrad 14, der Lenksäule 16 mit dem Torsionsstab 17, und der Messeinrichtung 18 bestehende System durch eine Masse 22 mit einem Trägheitsmoment JSWheel, eine Feder 24 mit Federkonstante ctbar und eine Materialdämpfung 26 mit Dämpfungskonstante btbar modelliert. Dabei modellieren die Feder 24 und die Materialdämpfung 26 den Torsionsstab 17.
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Zusätzlich ist über eine Dämpfung 28 mit Dämpfungskonstante bSWheel berücksichtigt, dass das Drehmoment TDriver, mit dem der Fahrer das Lenkrad 14 beaufschlagt, durch viskose Reibung gedämpft wird, insbesondere durch Lagerreibung am Lenkrad 14. Ein gesamtes, im oberen Teil 12 des Lenkungssystems 10 durch coulombsche Reibung verursachtes Gegendrehmoment Tfriction wirkt dem Drehmoment TDriver entgegen.
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Aus dem physikalischen Ersatzmodell lassen sich Gleichungen ableiten, die ein mathematisches Modell des oberen Teils 12 des Lenkungssystems 10 bilden. Dies wird im Folgenden näher erläutert.
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Ein Zustand des Lenkrads
14 wird nun mit einem linearen Zustandsraummodell modelliert. Unter dem Zustand ist dabei ein minimaler Satz von Variablen
zu verstehen, der benötigt ist, um das System zu beschreiben. Hier wird der Zustand des Lenkrads
14 betrachtet. Die relevanten Zustandsvariablen sind der Drehwinkel φ
SWheel und die Drehwinkelgeschwindigkeit φ̇
SWheel des Lenkrads
14. Es ist also insbesondere
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Eine Zeitabhängigkeit des Zustands ist im Folgenden nicht explizit dargestellt, jedoch stillschweigend angenommen. Die zeitliche Entwicklung des Zustands des Lenkrads
14 ist durch die folgende Gleichung gegeben:
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Diese Gleichung ist je nachdem, ob eine kontinuierliche Zeitentwicklung oder eine diskrete Zeitentwicklung betrachtet wird, eine Differentialgleichung bzw. eine Differenzengleichung. Dabei ist ucontrol = φcolumn der in dieser Ausführungsform vom Winkellagegeber bestimmte (also bekannte) Drehwinkel des unteren Endes des Torsionsstabs 17. Ferner ist udist = TDriver + Tfriction die (unbekannte) Summe aus dem Drehmoment, mit dem der Fahrer das Lenkrad 14 beaufschlagt, und dem Gegendrehmoment in Folge der coulombschen Reibung.
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u
dist beschreibt eine im oberen Teil
12 des Lenkungssystems
10 auftretende, unbekannte Störung des Zustands. Die Matrizen
A und
B beschreiben die Entwicklung des Zustands
und sind abhängig von den Parametern des mathematischen Modells.
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Wie bereits erwähnt, bestimmt die Messeinrichtung
18 aus dem Relativwinkel zwischen dem oberen Ende und dem unteren Ende des Torsionsstabs
17 das auf den Torsionsstab
17 wirkende Drehmoment, welches im Folgenden mit T
tbar bezeichnet wird. Das gemessene Drehmoment T
tbar ist mit dem Zustand des Lenkrads
14 über die folgende Gleichung verknüpft:
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Dabei beschreiben die Matrizen C und D den Zusammenhang zwischen dem aktuellen Zustand
des Lenkrads
14, den teils bekannten und teils unbekannten Eingangsgrößen
und dem gemessenen Drehmoment T
tbar. Zusammen mit der oben stehenden Gleichung für die zeitliche Entwicklung des Zustands des Lenkrads
14 bildet die Gleichung
ein lineares Zustandsraummodell für den Zustand des Lenkrads.
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Aus der Messung des Drehwinkels des unteren Teils des Torsionsstabs 17 und des auf den Torsionsstab 17 wirkenden Drehmoments kann nicht unmittelbar auf den Zustand des Lenkrads 14 und die Störgröße udist geschlossen werden. Vielmehr müssen der Zustand des Lenkrads 14 und die Störgröße udist abgeschätzt werden.
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Zu diesem Zweck wird ein Kalman-Filter herangezogen. Dieser schätzt basierend auf den Messgrößen und dem gewählten mathematischen Modell den Zustand des Lenkrads 14 und unbekannte Eingangsgrößen ab. Genauer gesagt schätzt der Kalman-Filter den Drehwinkel φSWheel des Lenkrads 14, die Drehwinkelgeschwindigkeit φ̇SWheel des Lenkrads 14 sowie die auf den oberen Teil 12 des Lenkungssystems 10 wirkende Störung TDriver + Tfriction ab. Ferner wird die Drehwinkelbeschleunigung φ̈SWheel des Lenkrads 14 abgeschätzt. Außerdem ist durch die Abschätzung von φ̇SWheel unter Kenntnis der Dämpfungskonstante bSWheel auch das durch viskose Reibung verursachte Gegendrehmoment gemäß TbSWheel = bSWheel φ̇SWheel berechenbar.
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Die Bewegungsgleichung für den Teil des Lenkungssystems
10 oberhalb des Torsionsstabs
17 mit einem zusammengefassten Trägheitsmoment J
SWheel lautet:
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Im Folgenden wird der Einfachheit halber der Teil des Lenkungssystems 10 oberhalb des Torsionsstabs 17 als Lenkrad 14 bezeichnet. Außerdem wird im Rahmen des Modells angenommen, dass der Drehwinkel des oberen Endes des Torsionsstabs 17 mit dem Drehwinkel des Lenkrads 14 übereinstimmt.
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Die Bewegungsgleichung kann nach dem Trägheitsmoment J
SWheel des Lenkrads
14 aufgelöst werden. Dies ergibt:
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Über den Kalman-Filter werden also alle zusätzlich benötigte Größen abgeschätzt, die nötig sind, um das Trägheitsmoment JSWheel des Lenkrads 14 zu berechnen. Es werden genauer gesagt alle zur Berechnung des Trägheitsmoments des Lenkrads 14 benötigten nicht gemessenen und alle dazu benötigten nicht messbaren Größen abgeschätzt.
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In der hier diskutierten Ausführungsform wird das auf den Torsionsstab 17 wirkende Drehmoment Ttbar von der Messeinrichtung 18 gemessen. Alternativ kann das auf den Torsionsstab 17 wirkende Drehmoment jedoch auch vom Kalman-Filter abgeschätzt werden.
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Das berechnete Trägheitsmoment JSWheel des Lenkrads 14 wird nun mit einem vorbestimmten Nominalwert des Trägheitsmoments JSWheel,nom des Lenkrads 14 verglichen, insbesondere durch Bilden der Differenz der beiden Trägheitsmomente.
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Das Trägheitsmoment des Lenkrads 14 unterscheidet sich vom vorbestimmten Nominalwert des Trägheitsmoments, wenn sich die Hände (oder eine Hand) des Fahrers am Lenkrad 14 befinden (befindet). Dementsprechend wird erkannt, dass sich die Hände am Lenkrad 14 befinden, wenn sich das Trägheitsmoment des Lenkrads 14 um mehr als einen vorbestimmten Abweichungswert vom Nominalwert unterscheidet.
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Der Abweichungswert kann derart gewählt sein, dass eine positive Erkennungsfehlerquote (es wird erkannt, dass sich die Hände am Lenkrad 14 befinden, obwohl dies falsch ist) und/oder eine negative Erkennungsfehlerquote (es wird nicht erkannt, dass sich die Hände am Lenkrad 14 befinden, obwohl dies der Fall ist) jeweils unter 10%, bevorzugt unter 5%, besonders bevorzugt 0% beträgt.
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Anders ausgedrückt basiert das oben beschriebene Verfahren auf einem Beobachter im Sinne der Regelungstechnik, wie in
4 veranschaulicht. Ein reales System, das das Lenkrad
14, die Lenksäule
16 mit dem Torsionsstab
17, und die Messeinrichtung
18 umfasst, wird wie oben beschrieben durch ein mathematisches Modell nachgebildet. Dieses mathematische Modell dient als Grundlage für den Entwurf des Beobachters. Aus bekannten IEingangs- und Messgrößen u
control bzw. y
meas werden vom Beobachter („Oberer Beobachter“ in
4) wie oben beschrieben unbekannte Zustandsvariablen und Inputparameter
abgeschätzt. Daraus wird zusammen mit der Messgröße T
tbar ein Parameter J
SWheel berechnet („Parameter Berechnung“ in
4) und mit einem Nominalwert verglichen („Vergleich mit Nominalwert“ in
4).
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Der Drehwinkel des Lenkrads
14 kann alternativ wie folgt bestimmt werden. Aus dem über den Winkellagegeber bestimmten Drehwinkel des unteren Endes des Torsionsstabs
17 und dem gemessenen auf den Torsionsstab
17 wirkenden Drehmoment ist der Drehwinkel des oberen Ende des Torsionsstabs
17 rekonstruierbar, indem die Gleichung
nach dem Drehwinkel des oberen Endes des Torsionsstabs
17 aufgelöst wird, wobei Δφ die Differenz der Drehwinkel des oberen Endes und des unteren Endes des Torsionsstabs
17 ist. Im Rahmen des verwendeten Modells kann der Drehwinkel des oberen Endes des Torsionsstabs
17 gleich dem Drehwinkel des Lenkrads
14 gesetzt werden. Der Drehwinkel des Lenkrads
14 steht dann für weitere Berechnungen zur Verfügung und muss nicht vom Kalman-Filter abgeschätzt werden.
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Ist die Messeinrichtung 18 des Lenkungssystem 10 derart gestaltet, dass sie zusätzlich zum auf den Torsionsstab 17 wirkenden Drehmoment den Drehwinkel des unteren Endes und/oder des oberen Endes des Torsionsstabs 17 messen kann, so ergeben sich mehrere Vereinfachungen gegenüber dem oben beschriebenen Verfahren.
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Misst die Messeinrichtung 18 den Drehwinkel des unteren Endes des Torsionstabs 17, so kann dieser Drehwinkel direkt wie oben beschrieben für den Kalman-Filter oder zur Bestimmung des Drehwinkels des oberen Endes des Torsionsstabs verwendet werden. Es ist dann also insbesondere nicht notwendig, den Drehwinkel des unteren Endes des Torsionsstabs aus einem Signal des Winkellagegebers des Hilfsmotors 20 zu bestimmen.
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Misst die Messeinrichtung 18 den Drehwinkel des oberen Endes des Torsionsstabs 17 (und damit den Drehwinkel des Lenkrads 14), so steht dieser Drehwinkel direkt als Messgröße für weitere Berechnungen zur Verfügung. Der Drehwinkel des Lenkrads 14 muss also insbesondere nicht erst über den Kalman-Filter abgeschätzt werden.
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Analog dazu stehen der Drehwinkel des oberen Endes und des unteren Endes des Torsionsstabs 17 direkt für weitere Berechnungen zur Verfügung, wenn die Messeinrichtung diese beiden Drehwinkel misst.
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Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass die Messeinrichtung 18 derart gestaltet ist, dass sie wenigstens den Drehwinkel des oberen Endes des Torsionsstabs 17 misst oder dass der Drehwinkel des oberen Endes des Torsionsstabs 17 aus dem Drehwinkel des unteren Endes des Torsionsstabs bestimmt werden kann.
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Der obere Teil 12 des Lenkungssystems 10 kann dann mittels eines in 3 gezeigten, vereinfachten physikalischen Ersatzmodells modelliert werden. Gegenüber dem in 2 gezeigten physikalischen Ersatzmodell entfallen hier die Feder 24 und die Materialdämpfung 26. Dies kann die Ermittlung der auf das Lenkrad 14 wirkenden Drehmomente mittels des Kalman-Filters vereinfachen.
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Wie oben beschrieben steht der Drehwinkel des Lenkrads 14 als Messgröße zur Verfügung und muss nicht erst über den Kalman-Filter abgeschätzt werden. In diesem Fall ist dann die Messgröße der Drehwinkel des Lenkrads 14, also ymeas = φSWheel. Die bekannte Eingangsgröße ist das auf den Torsionsstab wirkende Drehmoment, es gilt also ucontrol = Ttbar. Das Trägheitsmoment des Lenkrads 14 kann dann analog zum oben beschriebenen Verfahren ermittelt und mit einem Nominalwert verglichen werden.
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Bezüglich der verbleibenden Merkmale und der sonstigen Schritte und Vorteile des Verfahrens wird auf die obigen Erläuterungen verwiesen.