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Die vorliegende Erfindung betrifft ein polymeres nicht reaktives phosphorbasiertes Flammschutzmittel, ein Verfahren zu seiner Herstellung, eine flammgeschützte Zusammensetzung auf der Grundlage des polymeren nicht reaktiven phosphorbasierten Flammschutzmittels sowie flammgeschützte Polymerformkörper, -filme, -fäden, -fasern und - gewebe.
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Die Verwendung von Flammschutzmitteln zur Herstellung von flammgeschützten Kunststoffen ist von signifikanter Bedeutung für den Einsatz von beispielsweise Kunststoffprodukten, Elektrogeräten, Baumaterialien und Textilien, bei denen eine Verhinderung oder Verzögerung des Abbrennens und somit der Zerstörung des Materials im Brandfall gefordert wird.
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Halogenhaltige Verbindungen als Flammschutzmittel werden zwar in großem Umfang zur Flammschutzausrüstung von Kunststoffen eingesetzt, sind jedoch aus Gründen des Umweltschutzes zunehmend unerwünscht, weil sie schlechte PBT-Eigenschaften (Persistenz-Bioakkumulation-Toxizität) besitzen. Solche Stoffe sind beispielsweise über längere Zeiträume nicht abbaubar (Persistenz), reichern sich in Fischen an (Bioakkumulation) und/oder sind giftig (Toxizität).
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Polymere Flammschutzmittel besitzen gegenüber niedermolekularen Verbindungen insbesondere den Vorteil, dass die wirksamen Komponenten chemisch fest in die Polymerketten bzw. in die sich ausbildenden Netzwerke eingebaut werden. Somit können diese Flammschutzmittel beispielsweise auch bei dünnen Folien nicht migrieren und gewährleisten somit einen Langzeitschutz bezüglich der Flammwidrigkeit.
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Phosphorhaltige Flammschutzmittel, denen diese unerwünschten Eigenschaften der halogenhaltige Verbindungen weniger anhaften, umfassen jedoch bevorzugt neben rotem Phosphor und anorganischen Phosphorverbindungen nur niedermolekulare organische Phosphorverbindungen. Während halogenhaltige polymere Flammschutzmittel gut bekannt sind, sind polymere nicht reaktive phosphorbasierte Flammschutzmittel nur unzureichend bekannt.
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Aus
EP 1 837 338 A1 sind niedermolekulare phosphorhaltige Flammschutzmittel auf der Grundlage von phosphorhaltigen Mischungen aus Phosphor enthaltenden ethylenisch ungesättigten Monomeren, deren Herstellung und deren Verwendung bekannt. Es zeigt sich jedoch, dass die Verwendung der Monomergemische als Flammschutzmittel für beispielsweise Polyester nachteilig ist, da die flüssigen Monomergemische nur unter Zuhilfenahme spezieller Dosiersysteme an einem Extruder mittels einer unkontrolliert ablaufenden Reaktion verarbeitet werden können. Unabhängig davon führt der Einsatz dieser monomeren Flammschutzmittel weiterhin zu einem Absinken der Glasübergangstemperatur der damit hergestellten flammgeschützten Polymere, woraus eine Einschränkung der maximalen Gebrauchstemperatur, die für spezielle technische Anwendungen problematisch ist, als auch eine Verschlechterung temperaturabhängiger mechanischer Eigenschaften der so hergestellten Formkörper resultiert.
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Der Erfindung liegt deshalb die Aufgabe zugrunde, ein polymeres nicht reaktives phosphorbasiertes Flammschutzmittel, ein Verfahren zu seiner Herstellung und eine flammgeschützte Zusammensetzung auf seiner Grundlage zu entwickeln, bei denen die oben beschriebenen Nachteile und Einschränkungen ganz oder teilweise vermieden werden. Insbesondere soll das polymere nicht reaktive phosphorbasierte Flammschutzmittel unter kontrollierten Bedingungen mit einer definierten Molmasse erhalten werden, das bereits im ersten Herstellungsschritt als gut verarbeitbares feinteiliges Pulver anfällt. Weiterhin soll ein Absinken der Glasübergangstemperatur der damit hergestellten flammgeschützten Polymere weitestgehend vermieden und damit einer Verschlechterung temperaturabhängiger mechanischer Eigenschaften der so hergestellten Formkörper entgegengewirkt werden.
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Gemäß der Erfindung wird die Aufgabe durch ein polymeres nicht reaktives phosphorbasiertes Flammschutzmittel der Zusammensetzung
worin
R
1 ein H oder eine Methylgruppe,
R
2 eine lineare oder verzweigte Alkenylgruppe und
R
3 eine Alkyl-, Aryl- oder Aralkylgruppe
darstellen und
n + m zwischen 10 und 10 000
liegt, gelöst.
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Erfindungsgemäß ist das polymere nicht reaktive phosphorbasierte Flammschutzmittel dadurch gekennzeichnet, dass n + m bevorzugt zwischen 100 und 5 000 liegt.
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Entsprechend der Erfindung enthält das polymere nicht reaktive phosphorbasierte Flammschutzmittel als R1 eine Methylgruppe, als R2 eine Ethylengruppe und als R3 eine Methylgruppe.
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Erfindungsgemäß wird das polymere nicht reaktive phosphorbasierte Flammschutzmittel durch ein Verfahren hergestellt, bei dem die entsprechenden Monomere durch eine Fällungspolymerisation in organischen Lösungsmitteln mittels thermisch instabiler Initiatoren, bevorzugt Peroxide oder Azoverbindungen, unter Rühren im Temperaturbereich von 45 °C bis 140 °C radikalisch polymerisiert werden. Geeignete thermisch instabile Initiatoren sind beispielsweise als Peroxide Dibenzoylperoxid (BPO), t-Butylperbenzoat (TBPB) und Dicumylperoxid (DCP), oder als Azoverbindung N',N'-Azobisisobutyronitril (AIBN). Das nach diesem Verfahren hergestellte polymere nicht reaktive phosphorbasierte Flammschutzmittel liegt dabei als feines Pulver mit einem Median der Partikelgrößenverteilung von < 200 µm vor.
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Der Erfindung gemäß kann bei dem Verfahren zur Herstellung des polymeren nicht reaktiven phosphorbasierten Flammschutzmittels als organisches Lösungsmittel Toluen verwendet werden. Weitere geeignete Lösungsmittel sind beispielsweise Xylole.
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Entsprechend der Erfindung enthält die flammgeschützte Zusammensetzung auf der Grundlage des polymeren nicht reaktiven phosphorbasierten Flammschutzmittels
- a) 0,1 bis 25,0 Masseprozent des polymeren nicht reaktiven Flammschutzmittels,
- b) 99,9 bis 50,0 Masseprozent eines Polymers oder Polymergemisches und
- c) 0 bis 25,0 Masseprozent eines oder mehrerer Additive oder Füllstoffe,
wobei die Summe der Komponenten immer 100,0 Masseprozent beträgt.
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Eine solche flammgeschützte Zusammensetzung auf der Grundlage des polymeren nicht reaktiven phosphorbasierten Flammschutzmittels kann beispielsweise durch Mischen mit einem handelsüblichen Polymer oder Polymergemisch und anschließender Homogenisierung durch Aufschmelzen in einem Extruder hergestellt werden.
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Erfindungsgemäß enthält die flammgeschützte Zusammensetzung auf der Grundlage des polymeren nicht reaktiven phosphorbasierten Flammschutzmittels
- a) 0,5 bis 5,0 Masseprozent des polymeren nicht reaktiven Flammschutzmittels,
- b) 99,5 bis 85,0 Masseprozent eines Polymers oder Polymergemisches und
- c) 0 bis 10,0 Masseprozent eines oder mehrerer Additive oder Füllstoffe,
wobei die Summe der Komponenten immer 100,0 Masseprozent beträgt.
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Gemäß der Erfindung enthält die flammgeschützte Zusammensetzung auf der Grundlage des polymeren nicht reaktiven phosphorbasierten Flammschutzmittels als Polymere oder Polymergemische solche ausgewählt aus der Gruppe der Polyester, bevorzugt Polyethylenterephthalat und Polybutylenterephthalat, Polyacrylate, Polystyrolhomo-, -co- und -terpolymerisate, Polymethylmethacrylate, Polyvinylchloride, Polyalkylene, bevorzugt Polyethylene und Polypropylene, Polycarbonate und Polyamide.
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Der Erfindung entsprechend enthalten die flammgeschützten Polymerformkörper, -filme, - fäden, -fasern und -gewebe 0,1 bis 25,0 Masseprozent, bevorzugt 0,5 bis 5,0 Masseprozent, des polymeren nicht reaktiven phosphorbasierten Flammschutzmittels.
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Durch die erfindungsgemäße Vorgehensweise konnten somit polymere nicht reaktive phosphorbasierte Flammschutzmittel unter kontrollierten Bedingungen mit einer definierten Molmasse erhalten werden, bei denen die oben beschriebenen Nachteile und Einschränkungen vermieden werden und die bereits im ersten Herstellungsschritt als gut verarbeitbare feinteilige Polymerpulver anfallen. Insbesondere war es überraschend zu finden, dass durch das polymere nicht reaktive phosphorbasierte Flammschutzmittel der erfindungsgemäßen Zusammensetzung ein Absinken der Glasübergangstemperatur der damit hergestellten flammgeschützten Polymere weitestgehend vermieden und damit einer Verschlechterung temperaturabhängiger mechanischer Eigenschaften der so hergestellten Formkörper entgegengewirkt werden kann. Es war auch außerordentlich überraschend zu finden, dass das erfindungsgemäße polymere nicht reaktive phosphorbasierte Flammschutzmittel bereits bei geringen Konzentrationen eine hohe Flammschutzwirkung bei den damit ausgerüsteten Polymeren oder Polymergemischen entfaltet.
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Die Erfindung soll nachstehend an ausgewählten Ausführungsbeispielen näher erläutert werden.
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Beispiel 1: Polymeres Flammschutzmittel
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In einem 2 I-Dreihalskolben mit mechanischem Rührwerk, Gaseinleitung und Rückflusskühler werden 100,0 g eines Monomergemisches aus 50,7 g 2-Methyl-1,2-oxaphospholan-5-on-2-oxid und 49,3 g 2-Hydroxyethylmethacrylat in 1,0 I Toluen gelöst. Unter Abwesenheit von Sauerstoff wird auf 90 °C erwärmt und mit 1,0 g Dibenzoylperoxid initiiert. Nach fünfstündiger Reaktion bei 90 °C wird die Reaktionsmischung auf Raumtemperatur abgekühlt. Das ausgefallene Polymer wird entnommen, mit Toluen gewaschen, im Vakuum getrocknet und aufgearbeitet.
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Eigenschaften des polymeren nicht reaktiven phosphorbasierten Flammschutzmittels: weißes Pulver; Infrarotspektrum (ATR): ṽ = 2925 (m), 1713 (s), 1416 (m), 1319 (m), 1242 (m), 1157 (s), 1066 (m), 970 (s), 885 (s), 812 (s), 413 (m) cm-1; Molmassen: zahlenmittlere Molmasse (M n) = 320 000 g mol-1, massenmittlere Molmasse (M w) = 440 000 g mol-1, (GPC (PMMA, UC)); Partikelgröße: 50 µm (Granulometer, Median); (n+m) = 1211.
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Beispiel 2: Polymeres Flammschutzmittel (Vergleichsbeispiel)
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In einem verschließbaren Reaktionsgefäß werden 0,50 g eines Monomergemisches aus 0,25 g 2-Methyl-1,2-oxaphospholan-5-on-2-oxid und 0,25 g 2-Hydroxyethylmethacrylat bei 100 °C in 1,3 ml Tetrabrommethan gelöst. Die Lösung wird mit 2,2 mg AIBN als Initiator versetzt und für 12 min bei 100 °C polymerisiert. Anschließend wird die abgekühlte Reaktionsmischung in 7 ml Toluen aufgenommen. Das ausgefallene Flammschutzmittel wird entnommen, mit Toluen gewaschen und im Vakuum getrocknet.
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Eigenschaften des polymeren nicht reaktiven phosphorbasierten Flammschutzmittels: Farblose Flüssigkeit; IR (ATR): ṽ= 2921 (m), 1716 (s), 1417 (m), 1315 (m), 1239 (m), 1151 (s), 1065 (m), 970 (s), 883 (s), 812 (s), 416 (m) cm-1; Molmassen: M n = 1 100 g mol-1, M w = 2 060 g mol-1 (GPC (PMMA, RI)); (n+m) = 4.
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Beispiel 3: Flammgeschützte Zusammensetzung
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30 g des polymeren nicht reaktiven phosphorbasierten Flammschutzmittels aus Beispiel 1 werden in einem Extruder (Doppelschneckenextruder LSM 30.40 der Firma Leistritz) in 970 g Polyethylenterephthalat (PET-A) bei einer Drehzahl von 200 min-1, einem Durchsatz von 6 kg h-1 und Segmenttemperaturen von 210 bis 255 °C eingearbeitet. Das Extrudat wird als Folienband mit einer Dicke von 0,4 mm entnommen.
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Beispiel 4: Flammgeschützte Zusammensetzung (Vergleichsbeispiel)
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0,15 g des polymeren nicht reaktiven phosphorbasierten Flammschutzmittels aus Beispiel 2 werden manuell mit 4,85 g PET-A vermischt. Aus dieser Mischung wird in einer Plattenpresse bei einer Temperatur von 255 °C unter einem Druck von 50 bar eine Folie mit einer Dicke von 0,4 mm gepresst.
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Beispiel 5 (Vergleichsbeispiel)
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Es wird unter den in Beispiel 3 genannten Bedingungen ein Folienband aus reinem PET-A mit einer Dicke von 0,4 mm hergestellt.
Tabelle 1: Eigenschaften von reinen und flammwidrig ausgerüsteten PET-Folien
Beispiel | Glasübergangstemperatur [1] | LOI [2] | UL 94 [3] |
| [°C] | [Vol.-%] | |
3 | 70 | 28 | V2 |
4 (Vergleichsbeispiel) | 66 | 26 | V2 |
5 (Vergleichsbeispiel) | 71 | 18 | - |
[1] DSC (Differential Scanning Calorimetry), Aufheizgeschwindigkeit: 10 K min-1, Bestimmungsmethode: onset; |
[2] LOI (Lowest Oxygen Index) gemessen nach ASTM D2863 |
[3] UL 94 Underwriters Laboratories Tests |
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Die Ergebnisse des erfindungsgemäßen Beispiels 3 zeigen im Vergleich zum Vergleichsbeispiel 5, dass durch das polymere nicht reaktive phosphorbasierte Flammschutzmittel der erfindungsgemäßen Zusammensetzung bereits bei sehr geringen Zusatzmengen von 3 Masseprozent eine sehr gute Flammschutzausrüstung des PET, kenntlich durch hohe LOI-Werte und dem Genügen der Anforderungen für UL 94 V2, erzielt werden kann. Weiterhin kann durch den Einsatz des polymeren nicht reaktiven phosphorbasierten Flammschutzmittels ein Absinken der Glasübergangstemperatur der damit hergestellten flammgeschützten Polymere wirksam vermieden werden.
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Aus Vergleichsbeispiel 4 ist ersichtlich, dass bei Verwendung nicht erfindungsgemäßer polymerer nicht reaktiver phosphorbasierter Flammschutzmittel die vorteilhaften Eigenschaftskombinationen der damit ausgerüsteten Polymere nicht erzielt werden können und die Glasübergangstemperatur bei Einsatz von bereits geringen Konzentrationen an Flammschutzmittel stark absinkt.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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