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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Pflanzenschutzsystems für Nutzpflanzen auf Agrarböden, das eine fahrbare Ausbringeinrichtung zum Ausbringen eines insbesondere flüssigen Pflanzenschutzmittels, erste Mittel zum Erfassen eines Unkrautbestands und zweite Mittel zum Vorgeben einer Fahrgeschwindigkeit für die Ausbringeinrichtung aufweist.
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Weiterhin betrifft die Erfindung ein Pflanzenschutzsystem.
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Stand der Technik
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In der modernen Landwirtschaft ist ein chemischer Pflanzenschutz fester Bestandteil, um ertragreiche Ernten gewährleisten zu können. Üblicherweise wird dazu eine Ausbringeinrichtung über einen Agrarboden gefahren, um bei Bedarf ein flüssiges oder körniges Pflanzenschutzmittel zu applizieren. Häufig werden dazu Feldspritzen verwendet, die es erlauben, bei Arbeitsbreiten von bis zu 40 m das Pflanzenschutzmittel bei einer Fahrgeschwindigkeit zwischen 8 und 20 km/h auszubringen. Für den Landwirt ist dabei eine hohe Flächenleistung von Bedeutung, wobei das Applikationsfenster, in welchem der Pflanzenschutz effektiv angewendet werden kann, witterungs-, krankheits- und unkrautbedingt verhältnismäßig schmal ist.
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Außerdem ist es bereits bekannt, Unkraut auf dem Agrarboden mittels einer geeigneten Sensorik zu identifizieren, um bei Bedarf dieses selektiv mit Herbiziden zu behandeln.
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Offenbarung der Erfindung
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Das erfindungsgemäße Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 hat den Vorteil, dass eine hohe Flächenleistung gewährleistet wird, sodass trotz Ausbringen von Pflanzenschutzmittel und/oder selektiver Herbizide ein Großfeld innerhalb kurzer Zeit bearbeitet werden kann. Erfindungsgemäß ist es hierzu vorgesehen, dass die Fahrgeschwindigkeit in Abhängigkeit von einem durch die ersten Mittel, insbesondere aktuell oder zuvor, erfassten Unkrautbestand variiert wird. Damit erfolgt somit eine Unkraut-abhängige Geschwindigkeitsanpassung, sodass beispielsweise im Bereich mit wenig oder keinem Unkraut, hohe Fahrgeschwindigkeiten erreicht werden, während dort, wo Herbizide ausgebracht werden sollen, die Fahrgeschwindigkeit verringert werden kann, um eine genaue Applikation zu ermöglichen.
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Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung ist vorgesehen, dass die Fahrgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Menge und/oder der Art des erfassten Unkrautbestands variiert wird. Ist beispielsweise nur wenig Unkrautbestand festgestellt worden, so reicht eine geringfügige Reduzierung der Fahrgeschwindigkeit, um diesen Unkrautbestand sicher mit Herbiziden zu beaufschlagen. Wird anderseits eine bestimmte Unkrautart erfasst, die beispielsweise eine höhere Menge von Herbiziden oder Pflanzenschutzmittel bedarf, so wird die Fahrgeschwindigkeit noch weiter reduziert, um auch hier eine sichere Bearbeitung zu gewährleisten.
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Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung ist vorgesehen, dass die Fahrgeschwindigkeit einem Fahrer der Ausbringeinrichtung durch eine akustische und/oder visuelle Anzeige vorgegeben wird. Dadurch wird dem Fahrer lediglich der Hinweis darauf gegeben, seine Fahrgeschwindigkeit auf eine optimale oder maximale Fahrgeschwindigkeit zu reduzieren, um eine sichere und vorteilhafte Bearbeitung des Agrarbodens zu gewährleisten.
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Weiterhin ist bevorzugt vorgesehen, dass die Fahrgeschwindigkeit durch eine Begrenzung einer Maximalgeschwindigkeit der Ausbringeinrichtung vorgegeben wird. Dadurch kann der Fahrer der Ausbringeinrichtung die Geschwindigkeit zwar im Wesentlichen selbst bestimmen, wird jedoch ein Unkrautbestand erfasst, so wird die maximal einstellbare Fahrgeschwindigkeit der Ausbringeinrichtung automatisch reduziert, um ein sicheres Bearbeiten des Unkrauts zu gewährleisten.
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Alternativ wird bevorzugt vorgesehen, dass die Fahrgeschwindigkeit automatisch eingestellt wird. Damit wird direkt in das Fahrgeschehen eingegriffen und die Ausbringeinrichtung letztendlich teilautonom oder vollautonom betrieben. Dadurch ist eine besonders sichere und effiziente Bearbeitung beziehungsweise Pflanzenschutzmittelausbringung gewährleistet.
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Insbesondere wird die Fahrgeschwindigkeit in Bereichen mit erhöhtem Unkrautbestand erhöht und in Bereichen mit niedrigem Unkrautbestand reduziert. Dadurch wird insgesamt eine hohe Fahrleistung und Arbeitsleistung der Ausbringeinrichtung trotz Herbizidapplikation gewährleistet, die eine optimale Flächenleistung ermöglicht.
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Weiterhin ist insbesondere vorgesehen, dass der Unkrautbestand mittels eines Kamerasystems als erste Mittel und einer Bildauswertung ermittelt wird. Die Erfassung des Unkrautbestands wird also letztendlich durch Bildauswertung erreicht, wobei hierzu bereits bekannte Algorithmen genutzt werden können, mittels derer das Unkraut von den eigentlichen Nutzpflanzen unterscheidbar ist. Insbesondere wird dabei ermittelt, ob es sich um eine bestimmte, beispielsweise eine besonders schädliche Unkrautart, handelt, und ob besonders viel oder nur wenig Unkraut vorhanden ist. Entsprechend wird die Fahrgeschwindigkeit, wie zuvor beschrieben, variiert.
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Weiterhin ist bevorzugt vorgesehen, dass die Fahrgeschwindigkeit zusätzlich in Abhängigkeit von einem durch die ersten Mittel erfassten Zustand der Nutzpflanzen variiert wird. Hierbei wird beispielsweise berücksichtigt, ob die Nutzpflanzen alt oder jung, gesund oder ungesund, sind. Hierdurch kann zum einen die Applikation des Pflanzenschutzmittels variiert werden, und zum anderen wird hierdurch die Fahrgeschwindigkeit, wie bereits erwähnt, angepasst, um eine effiziente und vorteilhafte Beaufschlagung der Nutzpflanzen entsprechend ihres Zustands, zu ermöglichen.
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Weiterhin ist gemäß einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung vorgesehen, dass in Abhängigkeit von dem erfassten Unkrautbestand und gegebenenfalls dem Zustand der Nutzpflanzen eine Fahrgeschwindigkeitskarte erstellt wird. Die Fahrgeschwindigkeitskarte kann dabei erstellt werden, bevor die Ausbringeinrichtung ihren Dienst aufnimmt, oder während die Ausbringeinrichtung ihren Dienst bereits tätigt. Dabei kommt es drauf an, ob die ersten Mittel zum Erfassen des Unkrautbestands an der Ausbringeinrichtung selbst angeordnet sind oder nicht. So ist es gemäß einer ersten Ausführungsform bevorzugt vorgesehen, dass die Ausbringeinrichtung selbst die ersten Mittel aufweist, sodass während der Fahrt der Unkrautbestand „online“ ermittelt und die Fahrgeschwindigkeit direkt entsprechend angepasst wird. Gemäß einer alternativen Ausführungsform ist bevorzugt vorgesehen, dass der Unkrautbestand getrennt von der Ausbringeinrichtung ermittelt wird. Dazu sind die ersten Mittel beispielsweise einer bewegbaren Prüfeinrichtung zugeordnet, wie beispielsweise einem Prüfwagen oder einer Prüfdrohne. Auch ist es denkbar, Bilder eines Satellitensystems oder einer Drohne auszuwerten und hieraus den Unkrautbestand großflächig zu bestimmen. In diesem Fall wird dann die Fahrgeschwindigkeitskarte „offline“ erstellt und der Ausbringeinrichtung zur Verfügung gestellt, bevor diese ihren Dienst aufnimmt. Die Fahrgeschwindigkeit wird dann in Abhängigkeit von der aktuellen Position der Ausbringeinrichtung, die insbesondere mittels eines satellitengestützten Navigationssystems bestimmt wird, vorgegeben beziehungsweise wie zuvor beschrieben variiert.
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Das erfindungsgemäße Pflanzenschutzsystem mit den Merkmalen des Anspruchs 10 zeichnet sich dadurch aus, dass es speziell dazu hergerichtet ist, das erfindungsgemäße Verfahren durchzuführen. Es ergeben hierdurch bereits die genannten Vorteile.
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Weitere Vorteile und bevorzugte Merkmale und Merkmalskombinationen ergeben sich aus dem zuvor Beschriebenen sowie aus den Ansprüchen. Im Folgenden soll die Erfindung anhand der Zeichnung näher erläutert werden. Dazu zeigen:
- 1 ein Agrarfeld in einer vereinfachten Draufsicht,
- 2 ein Pflanzenschutzsystem für das Agrarfeld in einer vereinfachten Darstellung und
- 3 ein weiteres Ausführungsbeispiel des Pflanzenschutzsystems.
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1 zeigt in einer vereinfachten Draufsicht ein Agrarfeld 1, das einen Agrarboden 2 aufweist, auf dem Nutzpflanzen gesetzt sind und wachsen. Um einen hohen und sicheren Ernteertrag zu erreichen, ist ein Pflanzenschutzsystem 3 vorhanden, das eine über den Agrarboden 1 fahrbare Ausbringeinrichtung 4 aufweist. Die Einrichtung 4 folgt beispielsweise dem in 1 gezeigten Weg 5, um das gesamte Feld 1 mit Pflanzenschutzmittel zu beaufschlagen.
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2 zeigt dazu in einer vereinfachten Darstellung die Ausbringeinrichtung 4. Diese weist ein Zugfahrzeug 5, insbesondere Traktor, sowie einen von dem Traktor gezogenen Anhänger 6, der einen Tank 7 zur Aufbewahrung eines Pflanzenschutzmittels sowie eine Sprüheinrichtung 8 zum Spritzen des flüssigen Pflanzenschutzmittels sowie Herbizide auf das Feld 1 auf.
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Das Zugfahrzeug 5 weist außerdem erste Mittel 9 zur Erfassung eines Unkrautbestands und zweite Mittel 10 zum Vorgeben einer Fahrgeschwindigkeit für die Ausbringungseinrichtung 4 auf.
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Die ersten Mittel 9 weisen ein Kamerasystem 11 mit wenigstens einer Kamera auf, die das Umfeld der Ausbringeinrichtung 5 insbesondere in Fahrtrichtung überwacht. Das Kamerasystem 11 ist mit einer Recheneinheit 12 verbunden, die von dem Kamerasystem 11 erfasste Bilder auswertet, um Unkraut zu erkennen. Hierzu können bereits bekannte Algorithmen zur Unkrauterkennung genutzt werden. Außerdem überwacht die Recheneinheit 12 optional die erfassten Bilder auf den Zustand der Nutzpflanzen, insbesondere ob diese gesund oder krank sind.
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Die zweiten Mittel 10 weisen eine Recheneinheit 13 auf, welche in Abhängigkeit von dem durch die ersten Mittel 9 erfassten Unkrautbestand eine Fahrgeschwindigkeit für die Ausbringeinrichtung 4 ermittelt. Dabei wird die Fahrgeschwindigkeit in Abhängigkeit von dem Vorhandensein und der Menge des Unkrautbestands variiert. Mit zunehmendem Unkrautbestand wird die Fahrgeschwindigkeit reduziert und mit abnehmendem Unkrautbestand erhöht. Dadurch wird erreicht, dass die Ausbringeinrichtung 4 in Bereichen, in welchen ein erhöhter oder kritischer Unkrautbestand erfasst wurde, wie in 1 durch Bereichsgrenzen 14 angedeutet, mit reduzierter Fahrgeschwindigkeit fährt, wie durch eine Strichelung des Fahrwerks 5 gekennzeichnet. Dadurch können in dem Bereich mit hohem Unkrautbestand Herbizide in erhöhter Konzentration und mit hoher Genauigkeit auf das Unkraut aufgebracht werden, und in Bereichen, wo weniger Unkrautbestand vorhanden ist, wird die Fahrgeschwindigkeit erhöht, um eine hohe Flächenleistung des Pflanzenschutzsystems 3 zu erzielen.
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Dabei ist vorgesehen, dass die Recheneinheit 13 die optimale Fahrgeschwindigkeit dem Fahrer des Zugfahrzeugs 5 beispielsweise durch eine Anzeige 15 mitteilt, sodass dieser selbst die Fahrgeschwindigkeit der Ausbringeinrichtung 4 auf den vorgegebenen Wert reduziert oder erhöht. Alternativ ist vorgesehen, dass die Recheneinheit 13 einem Fahrsteuergerät 16 der Zugmaschine 5 die optimale Fahrgeschwindigkeit direkt vorgibt, wobei das Steuergerät 16 infolge die Fahrgeschwindigkeit der Ausbringeinrichtung 4 selbstständig anpasst. Dadurch wird ein zumindest teilautonomer Betrieb der Ausbringeinrichtung 4 erreicht, der eine hohe Flächenleistung bei sicherer Unkrautbekämpfung gewährleistet.
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Durch die Reduzierung der Fahrgeschwindigkeit wird außerdem erreicht, dass eine sehr genaue Unkrauterkennung erreicht wird, weil nunmehr mehr Zeit zur Verfügung steht, genauere Bilder zu erfassen und auszuwerten. Als Maß für den Unkrautbestand wird beispielsweise die tatsächlich erkannte Anzahl von Unkräutern und die vorhandene Biomasse der Unkräuter je vorgebbarer Flächeneinheit berücksichtigt. Liegt der Unkrautbestand über einem vorgebbaren Sollwert, insbesondere wenn die Biomasse beispielsweise oberhalb eines definierten Grenzwertes für die jeweilige Pflanzenkultur im aktuellen Wachstumsstadium ohne Unkrautbestand überschreitet, ist die Wahrscheinlichkeit von Unkraut sehr hoch und die Fahrgeschwindigkeit wird zur besseren Unkrauterkennung reduziert.
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Neben bildgebenden Verfahren, wie sie durch das Kamerasystem 11 ermöglicht werden, ist es auch denkbar, alternativ oder zusätzlich Spektralinformationen auf das grundsätzliche Vorhandensein von Unkraut zu nutzen.
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Das beschriebene Verfahren ermöglicht sowohl eine hohe Flächenleistung als auch eine hohe Erkennungsrate von Unkräutern.
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In einer vorteilhaften Weiterbildung ist optional vorgesehen, dass zur Erweiterung der Geschwindigkeitsbeeinflussung der erfasste Pflanzenzustand mitberücksichtigt wird, sodass das Verfahren auch mit der Erkennung von Pflanzenkrankheiten oder Schädlingen in vergleichbarer Weise umgesetzt wird.
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Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel ist vorgesehen, dass die ideale Fahrgeschwindigkeit der Ausbringeinrichtung 4 auf Basis einer georeferenzierten Fahrgeschwindigkeitskarte 17 des Feldes 1 dem Fahrer durch die Anzeige 15 angezeigt oder durch das Steuergerät 16 automatisiert eingestellt wird. Die Fahrgeschwindigkeitskarte 17 wird dazu im Vorfeld der eigentlichen Pflanzenschutzapplikation erstellt und anschließend der Ausbringeinrichtung 4, beispielsweise der Recheneinheit 13 zur Verfügung gestellt. Die Fahrgeschwindigkeitskarte wird insbesondere auf Basis des aktuellen, im unmittelbaren Vorfeld der Ausbringeinrichtung 4 vorhandenen, Unkrautbestands, insbesondere dessen Biomasse, erstellt. Alternativ wird als Informationsquelle für den Unkrautbestand die Historie des Unkrautbestands auf dem Feld 1 berücksichtig. Die Historie kann dabei beispielsweise dadurch erfasst werden, dass bei jedem Überfahren des Feldes 3 der Unkrautbestand ermittelt und gespeichert wird. Auf diesen Unkrautbestand kann dann im Nachhinein zurückgegriffen werden. Alternativ können auch Unkrautbestände manuell in das System eingegeben und anschließend durch das beschriebene Verfahren berücksichtigt werden. Die georeferenzierten Eingangsdaten, die insbesondere dadurch ermittelt werden, dass der erfasste Unkrautbestand mit einer aktuellen Position der Ausbringeinrichtung 4 auf dem Feld 1 zusammen gespeichert wird, sind dann jederzeit abrufbar. Die Position der Ausbringeinrichtung 4 wird dabei insbesondere durch ein satellitengestütztes Navigationssystem 18 bestimmt. Allein zum Erfassen des Unkrautbestands ist es nicht notwendig, dass die Ausbringeinrichtung 4 die ersten Mittel 9 aufweist. Vielmehr können diese auch an einem separaten Prüffahrzeug, oder auch an einer Prüfdrohne angeordnet sein, um den Unkrautbestand des Feldes 1 zu erfassen, bevor die Ausbringeinrichtung 4 in Betrieb genommen wird. Auch ist es denkbar, den Unkrautbestand durch Satellitendaten zu ermitteln.
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Die ermittelte Fahrgeschwindigkeitskarte 17 wird dann, wie zuvor bereits erwähnt, der Ausbringeinrichtung 4, insbesondere dem Steuergerät 13, zur Verfügung gestellt, welche im Anschluss beim Befahren des Feldes in Abhängigkeit der aktuellen Position der Ausbringeinrichtung 4 die Fahrgeschwindigkeit entsprechend vorgibt.