-
Die Erfindung bezieht sich auf ein Fahrerassistenzsystem für ein Kraftfahrzeug zur zumindest teilautomatischen Bildung einer Rettungsgasse nach dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1.
-
Ein derartiges Fahrerassistenzsystem wird beispielsweise in der
DE 10 2011 102 024 A1 genannt. Dabei werden dem Fahrzeug Notfallinformationen über eine in Fahrtrichtung vorausliegende Notfallsituation zugeführt. Bei Empfang dieser Notfallinformationen wird mittels eines Eingriffs in die Lenkung, in die Bremsanlage oder/und in den Antriebsstrang das Fahrzeug zumindest teilweise automatisch derart geführt, dass eine Rettungsgasse für ein herannahendes Einsatzfahrzeug gebildet wird. Im hier beschriebenen System ist das Kraftfahrzeug auf eine Information von außen angewiesen, um die Notwendigkeit einer Rettungsgassenbildung zu erkennen.
-
Die
DE 10 2014 200 700 A1 beschreibt ein Verfahren, bei dem das Kraftfahrzeug selbst die Notwendigkeit einer Rettungsgassenbildung erkennt.
-
Die
DE 10 2012 200 950 B3 offenbart ein Verfahren sowie eine Vorrichtung zur Erkennung einer Sondersituation im Straßenverkehr. Dabei wird der Bereich des Umfeldes des Fahrzeugs mittels einer Erfassungseinheit erfasst und aus diesen Signalen wird ermittelt, ob im Erfassungsbereich befindliche Fahrzeuge eine Rettungsgasse bilden. Alternativ oder zusätzlich wird ermittelt, ob im Erfassungsbereich hinter dem Fahrzeug Sonderlichtzeichen gesetzt werden.
-
Die
DE 10 2012 210 252 A1 beschreibt ein Unterstützungsverfahren für einen Fahrer eines Fahrzeuges. Dies umfasst Schritte des Abtastens des Umfeldes des ersten Fahrzeuges, des Bestimmens einer Handlungsanweisung an den Fahrer, um eine Behinderung eines zweiten Fahrzeugs mit Sonderberechtigung zu vermeiden. Ferner wird die Handlungsanweisung an den Fahrer mit dem Verhalten weiterer Fahrzeuge im Abtastbereich abgeglichen.
-
Die
DE 10 2012 211 568 A1 zeigt ein Verfahren zum Bestimmen von Unfallreaktionsdaten zum Einleiten einer Maßnahme als Reaktion auf einen Unfall. Dabei sendet das verunfallte Fremdfahrzeug eine Fahrzeugnachricht aus, welches von anderen Fahrzeugen empfangen wird, um zusammen eine Rettungsgasse bilden zu können.
-
Die
DE 10 2012 212 175 A1 nennt ein Verfahren zum Betreiben eines sich auf einer Fahrbahn bewegendes Fahrzeug, wobei der Verkehrsfluss von weiteren Fahrzeugen im Umfeld des Fahrzeugs erfasst wird und wobei, wenn der Verkehrsfluss einem Stau entspricht, eine Querführung des Fahrzeugs geregelt wird, um einen lateralen Abstand zwischen dem Fahrzeug und einem der weiteren Fahrzeuge zu verringern.
-
Es ist Aufgabe der Erfindung, ein System zum zumindest teilweise automatisierten Bilden einer Rettungsgasse im Hinblick auf seine Zuverlässigkeit zu verbessern.
-
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch den Gegenstand des Patentanspruchs 1 gelöst. Abhängige Patentansprüche sind vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung.
-
Bei dem erfindungsgemäßen Fahrerassistenzsystem für ein Kraftfahrzeug zur zumindest teilautomatischen Bildung einer Rettungsgasse ist die Verwendung eines elektronischen Steuergeräts vorgesehen, das auch für die Funktionen eines Stauassistenzsystems ausgebildet ist und das ein Funktionsmodul dergestalt enthält, dass die Funktion des Stauassistenzsystems, das üblicherweise den Wechsel auf eine Nachbarspur verhindert und/oder üblicherweise eine Spurmittenführung veranlasst, deaktiviert wird, wenn das Steuergerät hierfür eine definierte Information enthält. Zur Bildung einer Rettungsgasse muss zwar die eigene Fahrspur nicht zwangsläufig verlassen werden. Es kann auch Fälle geben, in denen das Ego-Fahrzeug die Spurmarkierung nicht überfährt und lediglich die Spurmittenführung zur Bildung einer Rettungsgasse aufgehoben werden muss. In dem Fall, in dem die Spurmarkierung aber kollektiv von Vorderfahrzeugen tatsächlich zur Bildung einer Rettungsgasse überfahren wird, muss ein Überfahren der Fahrspur erlaubt und eine Deaktivierung der Querführung aufgrund der unplausiblen Umfeldinformation, nämlich dass das kollektive Fahrverhalten und das Verhalten des Vorderfahrzeugs nicht zu den Fahrspurmarkierungen passen, verhindert werden.
-
Eine definierte Information über die Notwendigkeit einer Rettungsgassenbildung kann entweder von außen, z. B. über ein Car-to-Car- oder ein X-to-Car-System, empfangen werden oder von einem fahrzeuginternen Auswertesystem (z. B. gemäß der
DE 10 2014 200 700 A1 ) an das Funktionsmodul übermittelt werden. Eine Information kann beispielsweise die Ankündigung eines nahenden Sonderfahrzeugs oder die Erkennung eines akuten Verkehrsstaus sein.
-
Eine definierte Information kann vorzugsweise das Ergebnis einer steuergeräte-internen Plausibilisierung von Signalen sein. Insbesondere wird die Funktion des Stauassistenzsystems, das üblicherweise den Wechsel auf eine Nachbarspur verhindert, nur unterhalb einer vorgegebenen Fahrgeschwindigkeitsschwelle (z. B. v < 10 km/h) deaktiviert.
-
In einer Weiterbildung der Erfindung ist das Funktionsmodul derart ausgestaltet, dass das Fahrzeug dem Zielobjekt nur folgt,
- – wenn es sich auf einer relevanten Spur für die Rettungsgassenbildung befindet bzw. wenn es sich auf einer Spur befindet, die für eine Rettungsgassenbildung verlassen werden muss und/oder
- – wenn das Zielobjekt in die für eine Rettungsgassenbildung relevante Richtung lenkt bzw. auf eine für eine Rettungsgassenbildung mögliche Fahrspur wechselt und/oder
- – wenn das Verhalten des Zielobjekts zum kollektiven Fahrverhalten passt.
-
Der Erfindung liegen folgende Überlegungen zugrunde:
Üblicherweise beinhaltet ein Fahrerassistenzsystem in Form eines Stauassistenzsystems die Funktion der automatischen Folgefahrt bei gleichzeitiger Beachtung der Fahrspurmarkierungen. Dies bedeutet, dass das hinterher fahrende Fahrzeug im Falle eines Spurwechsels des vorausfahrenden Fahrzeugs während eines Verkehrsstaus nur soweit lenkt, bis die Fahrspurmarkierung erreicht ist. Ferner findet bereits eine Plausibilisierung der Umgebung statt. Das bedeutet, dass Informationen von Markierungen, von Randbebauungen und von einem kollektiven Fahrverhalten in ausreichendem Maß plausibel zueinander sein müssen, um Sicherheitsziele zu erreichen.
-
Aufgrund der strikten Einhaltung der sicherheitsrelevanten Regeln, wie z. B. keine Überquerung der Fahrspurmarkierungen, ist das automatische Bilden einer Rettungsgasse nicht durchführbar. Das Problem dabei ist, dass bereits in einigen Ländern (z. B. Österreich) die Pflicht besteht, präventiv eine Rettungsgasse zu bilden, damit ein Rangieren kurz bevor das Sonderfahrzeug eintrifft vermieden werden kann.
-
Erfindungsgemäß wird ein Stauassistenzsystem mit Plausibilisierung vorgeschlagen, das bei niedrigen Geschwindigkeiten, beispielsweise unter 10 km/h, im Falle eines Verkehrsstaus, ein Entschärfen des Sicherheitsziels möglich macht. Hierbei folgt das Fahrzeug dem vorausfahrenden Fahrzeug (Zielobjekt) automatisch und kann dabei bei Bedarf die Fahrspurmarkierungen überqueren oder auch nur die Spurmittenführung aufheben, falls das Vorderfahrzeug (Zielobjekt) die Fahrspurmarkierung nicht überfährt. In beiden Fällen wird eine Deaktivierung der Querführungs-Funktion aufgrund unplausibler Umfeldinformationen verhindert. Eine Einschränkung besteht jedoch insofern, als das Fahrzeug dem Zielobjekt nur folgt, wenn es sich auf einer relevanten Spur für die Rettungsgassenbildung befindet, beispielsweise auf der linken Fahrbahn einer Autobahn, und das Zielobjekt in die relevante Richtung lenkt. Ferner muss sichergestellt werden, dass das Verhalten des Zielobjekts zum kollektiven Fahrverhalten passt. Dadurch kann ausgeschlossen werden, dass das Fahrzeug dem Zielobjekt folgt, wenn dies jedoch nur einen regulären Fahrspurwechsel vornehmen möchte. Ferner wird durch entsprechende Sensoren und Kameras auf die Randbebauung und auf weitere Objekte geachtet, sodass zwar elf Überqueren der Fahrspurmarkierungen zur Einrichtung einer Rettungsgasse möglich ist, jedoch eine Kollision mit beispielsweise der Mittelleitplanke oder anderen Fahrzeugen vermieden wird.
-
Durch die erfindungsgemäße Implementierung in das Stauassistenzsystem kann eine präventive Bildung einer Rettungsgasse gewährleistet werden. Ein Rangieren des Fahrzeugführers kurz vor Eintreffen eines Sonderfahrzeugs wird hierbei obsolet. Durch die Aufweichung des Sicherheitsziels wird die pflichtgemäße Einleitung einer Rettungsgasse mit gleichzeitiger Vermeidung von Kollisionen auf den relevanten Fahrspuren gewährleistet.
-
In der Zeichnung ist ein Ausführungsbeispiel der Erfindung dargestellt. Sie zeigt schematisch die Funktionsweise des erfindungsgemäßen Fahrerassistenzsystems in Form eines modifizierten Stauassistenzsystems.
-
Ein hier schematisch dargestelltes Multifunktionslenkrad weist einen dem Ein- und Ausschalten eines Stauassistenzsystems zugeordneten Taster STA auf. Bei eingeschaltetem Stauassistenzsystem wir üblicherweise im eigenen Fahrzeug EGO mit dem erfindungsgemäßen System eine automatische Längs- und Querführung auf ein vorausfahrendes Zielobjekt ZO vorgenommen. Als Sicherheitsmaßnahme folgt das EGO-Fahrzeug jedoch einem Zielobjekt ZO nicht mehr, wenn dieses einen Spurwechsel vornimmt (siehe oberes Bild für eine Fahrgeschwindigkeit v oberhalb einer vorgegebenen Schwelle v_S, hier z. B. 10 km/h).
-
Erfindungsgemäß wird jedoch unterhalb der vorgegebenen Fahrgeschwindigkeitsschwelle v_S im Falle eines Verkehrsstaus ein Entschärfen des Sicherheitsziels möglich gemacht. Hierbei folgt das eigene Fahrzeug EGO dem vorausfahrenden Fahrzeug (Zielobjekt) ZO automatisch auch dann, wenn das Zielobjekt ZO die Fahrspurmarkierungen zu Nachbarspuren überquert. Eine Einschränkung besteht jedoch insofern, als das Fahrzeug EGO dem Zielobjekt ZO nur folgt, wenn sich das Zielobjekt ZO in die relevante Richtung hin zu einer für die Rettungsgassenbildung relevante Fahrspur lenkt, hier beispielsweise von der mittleren Fahrspur einer dreispurigen Autobahn auf die linke Fahrspur. Würde sich das EGO-Fahrzeug beispielsweise auf der rechten Fahrspur befinden und das Zielobjekt ZO sich auf die mittlere Fahrspur hinbewegen, würde dieses Verhalten für eine Rettungsgassenbildung als nicht plausibel erkannt werden. Ein derartiger Fahrspurwechsel wird somit erfindungsgemäß verhindert (siehe gestrichelte Elemente im unteren Teil der Zeichnung). Es wird also vorzugsweise sichergestellt, dass das Verhalten des Zielobjekts ZO zum kollektiven Fahrverhalten passt. Dadurch kann ausgeschlossen werden, dass das Fahrzeug EGO dem Zielobjekt ZO folgt, wenn dieses nur einen regulären Fahrspurwechsel vornimmt.
-
Ferner wird ergänzend durch entsprechende an sich bekannte Sensoren und Kameras zur Kollisionsverhinderung auf die Randbebauung und auf weitere Objekte geachtet, sodass zwar ein Überqueren der Fahrspurmarkierungen zur Einrichtung einer Rettungsgasse möglich ist, jedoch eine Kollision mit beispielsweise der Mittelleitplanke oder anderen Fahrzeugen vermieden wird.
-
Schließlich werden im dargestellten Ausführungsbeispiel auf der rechten Seite der Zeichnung zwei mögliche Anzeigesymbole für ein Display dargestellt, die dem Fahrer die jeweils aktive Systemverhaltensweise verdeutlichen:
- – Für die oben dargestellte Situation erscheint rechts oben ein Symbol für die Aktivschaltung eines üblichen Stauassistenten;
-
Für die unten dargestellte Situation, die beispielsweise nach Erhalt einer definierten Information (z. B. durch eine entsprechende Verkehrsmeldung oder Stauerkennung) aktiviert wird, erscheint rechts unten ein Symbol für die Aktivschaltung der automatischen Rettungsgassenbildung.
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Patentliteratur
-
- DE 102011102024 A1 [0002]
- DE 102014200700 A1 [0003, 0011]
- DE 102012200950 B3 [0004]
- DE 102012210252 A1 [0005]
- DE 102012211568 A1 [0006]
- DE 102012212175 A1 [0007]