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Die Erfindung betrifft ein biologisch-chemisch reaktives Verfahren zur umweltfreundlichen Reinigung der Prozessabluft von Ölmühlen für pflanzliche Produkte sowie zur Rückgewinnung des Wertstoffes 'Schwefel'. Derartige Ölmühlen werden eingesetzt um Öl aus Raps, Sonnenblumen, Sesam, Leinsaat, Leindotter, Mohn, Moringa, Muskatnuss, Granatapfelkerne, Erdnüsse, Haselnuss, Oliven, Mandeln, Walnüssen, Jatropha, Jojoba, Soja, Schwarzkümmel, Kürbiskernen und vielen anderen ölhaltigen Samen bzw. Ölfrüchten zu pressen. Bei größeren kommerziellen Mühlen (sog. zentrale, industrielle Ölmühlen) wird häufig nach der rein mechanischen Pressung bei erhöhten Temperaturen eine Lösemittelextraktion des Preßkuchens mit einem Kohlenwasserstoff durchgeführt, um weiteres pflanzliches Öl weitestgehend quantitativ herauszulösen. Das Lösemittel wird durch ein bekanntes Verfahren wieder aus dem Öl entfernt und auch im Kreislauf geführt – es verbleiben aber dennoch leicht flüchtige Bestandteile im Öl, welche sodann mit der Prozessabluft erfasst und einer Abluftreinigung zugeführt werden. Neben der Belastung durch Lösemittel wird produktionsbedingt Schwefelwasserstoff im Abluftstrom der Ölmühle freigesetzt. Die Abluft wird abgesaugt und einer Reinigung zugeführt.
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Derzeitig wird in sogenannten Desolventiser-Toaster-Kühler Anlagen, teilweise auch nur ”Toaster” genannt, die aus der Ölpresse abgeführte Abluft gekühlt, dann einem Waschverfahren und anschließend einer biologischen Nachreinigung (z. B. einem Biofilter) zugeführt.
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Der prinzipielle Verfahrensablauf der Ölgewinnung kann wie folgt beschrieben werden: Die Ölfrüchte gelangen zu einer Aufbereitung. In einer ersten Aufbereitungsstufe erfolgt eine Flockierung zur ersten Aufschließung der Ölfrüchte. Diese Flocken werden anschließend erwärmt, denn dadurch wird das Öl dünnflüssiger – und gelangen danach in Pressen, wo ein Großteil des Ölgehaltes ausgepresst wird. Das Pressöl gelangt nach einer Reinigung zu einer Entschleimungsanlage. Der warme Presskuchen wird in eine Extraktionsstufe geführt. Dort erfolgt das Auswaschen des noch vorhandenen Öls mit einem Lösungsmittel, beispielsweise technischem n-Hexan. Der verbleibende Extraktionsschrot wird dann in der Desolventiser-Toaster-Kühler-Anlage von restlichem Lösungsmittel befreit, in eine lagerfähige Konsistenz gebracht und in Schrotsilos gefördert.
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Die Mischung aus Preß- und Extraktionsöl gelangt in die Entschleimungsanlage, in der die Mischung von Wasser, wasserlöslichen Inhaltsstoffen und Schwebeteilchen befreit wird.
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Nach einer abschließenden Kühlung wird das nun fertig entschleimte Rohöl in Tanks gelagert.
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Die Desolventiser-Toaster-Kühler-Anlage ist üblicherweise in mehreren, meist übereinander angeordneten Stufen aufgebaut. Dabei durchläuft das zu behandelnde Gut die Anlage von oben nach unten und wird zwischen den Stufen über entsprechende Zellradschleusen weitergegeben. In den ersten, oberen Stufen wird das Schrot-/Lösungsmittelgemisch mit Wasserdampf behandelt und zusätzlich über eine externe Beheizung, beispielsweise dampfbeheizte Doppelböden, erwärmt. Auf diese Weise werden Lösungsmittelbestandteile aus dem Feststoff (Schrot) ausgetrieben. In den weiteren Stufen der Desolventiser-Toaster-Kühler-Anlage erfolgt dann eine Trocknung (sogenannte Toaster-Stufe) und schließlich eine Kühlung des gereinigten Schrots.
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Zum Trocknen und Kühlen des Restschrotes der genannten Ölfrüchte wird üblicherweise Frischluft (als Transportmedium für die ausgetriebene Feuchtigkeit) verwendet. Das beim Trocknen und Kühlen anfallende Abluftgemisch ist in der Regel mit folgenden Inhaltsstoffen belastet:
- • teilweise toxische Geruchsstoffe, wie Schwefelwasserstoff, aus den Aminosäuren der Ölsaaten oder Ölfrüchte
- • Resten der zur Extraktion verwendeten Kohlenwasserstoffe und ähnlichen Extraktionsmitteln, wie n-Hexan, Methylchlorid, Benzinreste, Aceton, 2-Methylpentan, Methylcyclopentan, Ethanol
- • Wasser
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Hauptkomponenten der Abluft sind Stickstoff, Kohlensäure und Sauerstoff.
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Ein besonderes Problem stellt der beim Pressen entstehende Schwefelwasserstoff bzw. ähnliche Sulfhydride und weitere schwefelhaltige Verbindungen dar, die sowohl hochtoxisch sind als auch zu erheblichen Geruchsbelästigungen bzw. Gesundheitsgefährdungen führen können.
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Repräsentative Abluftuntersuchungen von Ölmühlen weisen erhebliche Belastungen insbesondere durch Schwefelwasserstoff mit Konzentrationen von 40 bis 50.000 ppm entsprechend 460 bis 575 g/m3 Abluft auf. Weitere wesentliche Komponenten der Abluft sind die Lösemittelbestandteile Aceton, Hexan, 2-Methylpentan, Methylcyclopentan, Ethanol mit Konzentrationen von 10 bis 1.000 mg/m3 sowie in geringeren Konzentrationen n-Pentan und n-Butan (< 10 mg/m3) dar. Weitere Bestandteile aus dem Mineralöl des Mineralölwäschers sind technisch bedingt nicht zu vermeiden.
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Von diesen Stoffen ist die Schwefelwasserstoff-Fracht gravierend, aber auch die Aceton-Hexan- und Methylpentan-Reste in der Abluft sind nachhaltig zu entfernen.
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Aktuell werden die Schwefelwasserstoffbestandteile durch einen Natronlaugewäscher sowie die organischen Bestandteile mit einem nachgeschalteten bioaktiven Filter – bspw. Biofilter mit Rindenmulch – aus der Abluft gereinigt (
DE 40 17 230 A1 ). Die Rindenfilter werden feucht gefahren und sind mit Mikroorganismen besiedelt, welche eine Umwandlung verschiedener Schadstoffe, wie Hexan oder und weiterer Geruchsstoffe in einem Temperaturbereich von ca. 20–50°C durchführen können. Toxische Frachten konnten auf diesem Wege nicht abgereinigt werden.
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Das bekannte Filter war unter anderem insofern nicht zufriedenstellend, als Rindenmulch sich leicht zersetzte (vererdet). Die Reinigungsleistung pro Kg Rindenmulch-Filtermaterial war ebenfalls verbesserungsfähig.
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Die Reduzierung toxischer Frachten von Schwefelwasserstoff wurde über vorgeschaltete chemische Wäscher versucht. Diese Wäscher sind sehr betriebskostenintensiv, sehr wartungsintensiv und führen darüber hinaus in nachgeschalteten Kläranlagen durch die hohe Schwefelfracht zu erheblichen Betriebsstörungen.
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Demgegenüber ist es Aufgabe der Erfindung, die Abluft aus den genannten Anlagen einer Ölmühle so umweltfreundlich aufzuarbeiten, dass keine toxischen und umweltgefährdende Emissionen oder wassergefährdende Stoffe austreten und auch die Geruchsbelästigung minimiert wird.
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Die Erfindung löst die Aufgabe durch ein Verfahren nach Patentanspruch 1, sowie die Verwendung eines speziellen, mit Mikroorganismen besiedelten porösen Filtermaterial. Vorteilhafte Weiterbildungen ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen. Dabei wird unter direkter Nutzung der Prozessablufteigenschaften (feuchtes, warmes, hochbefrachtetes Abluftgemisch), die Abluft über ein chemisch-biologisch-reaktives Filtermaterial geführt. Dieses Filtermaterial wird in Reaktorbehältern vorgelegt, in denen es durchströmt werden kann.
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Bevorzugt dienen als biokompatibles, poröses Trägermaterial des Filtematerials im Wesentlichen aus Ca(OH)
2, Kalk, Dolomit (MgCa(CO
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2) und natürlichen Fasern hergestellte Formkörper. Als Faserstoffe werden vorrangig Cellulose- oder auch sonstige Pflanzenfasern, Steinwolle, Holzfasern u. dgl. eingesetzt. Diese Fasern haben den Vorteil, dass sie feuchtigkeitsausgleichend wirken, gerne von Bakterien besiedelt werden und problemlos in der Landwirtschaft oder im Straßenbau weiterverwertet werden können. Bevorzugt beinhaltet das Trägermaterial ca. 30 Gew.-% natürliche Fasern, wie Zellulose-Fasern, 55–66 Gew.-% porösen Stabilisierungszusatz – bevorzugt Calciumcarbonat und Magnesiumcalciumcarbonat. Ein derartiges Material besitzt aufgrund des hohen Erdalkalicarbonatanteils eine hervorragende Pufferwirkung und Druckstabilität und ist als UGNclean Pellets im Handel und ist in der
WO 2012/152269 A2 beschrieben.
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Dieses Trägermaterial wird mit Eisenoxid oder anderen, leicht mit Schwefelwasserstoff reagierenden Eisenverbindungen versetzt. Das Material kann zur besseren Energieversorgung der Bakterien und zur Adsorption oder auch Abreaktion von Schadstoffbestandteilen auch weitere Zusätze, wie Zinkverbindungen, Düngesalze und ggf. Aktivkohle als Adsorptionsmittel beinhalten. Ggf. können auch weitere Zuschläge, wie Zeolithe, Tone etc. eingesetzt werden. Dabei wird zunächst das poröse druckfeste Trägermaterial im Wesentlichen aus Fasern und anorganischen Bestandteilen (wie durch Zusatz von Ca(OH)2, Zement) als Bindemittel produziert und befeuchtet und danach mit geeigneten Mikroorganismen besiedelt.
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Wesentliches Merkmal der beschriebenen Pellets ist, dass die Sulfidfracht in der Abluft mit den enthaltenen Additiven reagiert und mit Sauerstoff zu elementarem Schwefel aufoxidiert wird. Die zuvor gasförmige Sulfidfracht wird demnach durch chemisch-biologischen Prozesse verändert, d. h. in einen Feststoff (= elementarer Schwefel bzw. feste Schwefelverbindungen) umgewandelt, der sich auf den Pellets aufbaut. Das beschriebene Aktivfiltermaterial mit anorganischem Eisenverbindungen kann in Kombination im Material angesiedelten Bakterien den Abluftstrom reinigen. Dabei wird bei der Erfindung toxischer Schwefelwasserstoff chemisch als schwarzes Eisensulfid gebunden. An der Schwefelwasserstoffumsetzung ist bei einer Ausführungsform zum Filtermaterial zugemischtes Eisenoxidhydrat beteiligt, das in einer exothermen Reaktion mit Wasser aus Schwefelwasserstoff Eisensulfid bildet.
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Es wird angenommen, dass das Eisenoxidhydrat mit Schwefelwasserstoff, Sauerstoff und Wasser auch elementaren Schwefel bildet, dieser Prozeß wird durch Anwesenheit von sulfoklastischen Bakterien unterstützt. Weiterhin kann das Trägermaterial auch Mikroorganismen aufweisen, welche Kohlenwasserstoffe abzubauen vermögen, so daß neben der Entschwefelungsleistung ein signifikanter Abbau diverser Kohlenwasserstoffe durch die Mikroorganismen auf dem biologisch verträglichen Trägermaterial auftritt.
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Das schwarze, aus einer Eisenverbindung, wie Eisenoxidhydrat und Schwefelwasserstoff gebildete Eisensulfid wird durch Luftsauerstoff zu Eisenoxid und Schwefel. D er Filter regeneriert sich somit selbst.
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Es laufen unter anderem folgende Reaktionen im Aktivfiltermaterial ab: Reaktion von Eisenverbindungen zu Eisensulfid:
F2+(OH)x + Fe3+ + H2O + Schwefelwasserstoff | → FeSx + S + H2O |
FeSx + O2 + H2O | → S + Fe(OH)x |
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Daneben laufen noch weitere Reaktionen ab, unter anderem:
Schwefelwasserstoff O2 | → S + H2O |
Schwefelwasserstoff + O2 | → Schwefelsäure |
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Das als erstes Reaktionsprodukt gebildete Eisensulfid wird im Filter ständig durch die anwesenden sulfoklastischen Bakterien zu Eisenoxidhydrat regeneriert und somit eine hohe Reinigungskapazität des Filtermaterials erreicht: Biologische Regeneration des Filtermaterials
Fe(II)S + O22 + H2O | → 2Fe(III)(OH)x + 2S |
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur Reinigung von Abluftgemischen mit Schwefelverbindungen aus Verarbeitungsprozessen von Ölmühlen für Ölsaaten weist zumindest folgende Schritte auf:
- – Führen des Abluftgemisches durch mindestens ein chemisch-biologisches Reaktivfilter mit: porösen Gerüstmaterialteilchen mit anorganisch gebundenen natürlichen Fasern und Stützmaterial, mindestens einer Eisenverbindung, sulfatoklastischen Organismen, Additiven;
- – Abziehen des im mindestens einen Reaktivfilter gereinigten Abluftstroms aus dem chemisch-biologisch wirksamen Reaktivfilter.
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Die Zugabe von Wasser zum Abluftstrom innerhalb und/oder außerhalb des mindestens eines Reaktionsbehälters mit dem biologisch-chemischen Reaktivfilter kann notwendig sein, z. B. falls die Abluft keine ausreichende Feuchte liefert und auch der Kühlung dient.
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Die Zuführung von Frischluft zum Abluftstrom kann ebenfalls notwendig sein, z. B. um die Konzentration desselben zu verdünnen. Die Gasmengen an Abluft und Frischluft können entsprechend gemessenen Anlagenparametern geregelt und/oder gesteuert werden.
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Bevorzugt wird der gereinigte Abluftstrom in die Ölmühle zurückgeführt und somit jeglicher Abgabe von Abluft in die Umgebung vermieden (Null-Emission).
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Es ist häufig sinnvoll, dass mehrere Reaktionsbehälter mit biologisch-chemisch-reaktiven Formkörpern in Reihe und/oder parallel angeordnet sind.
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Es kann auch günstig sein, dass die Abluft entstaubt wird – dadurch wird mechanisches Zusetzen der Abgaswege verhindert.
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Um den Durchsatz der Anlage zu erhöhen, kann die Abluft aus dem Reaktivfilter mit Unterdruck abgesaugt werden.
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Die während des Aktivfiltrationsschritts (Umsetzung von Eisenverbindungen zu Eisensulfid) anfallende Reaktionswärme kann ein Kühlmedium erwärmen, das in die Ölmühle als Wärmeträger rückgeführt wird, wie auch die während des Kühl- und Trocknungsschritte anfallende Abwärme einem Rekuperator zugeleitet werden kann. Die Reingastemperatur nach Durchströmung ist aufgrund exothermer Reaktionen im Filter höher als die Rohgastemperatur vor Durchströmung. Bei einem mehrstufigen Verfahren kann dies zu einer nicht gewünschten Aufheizung führen, sodass bei Bedarf zwischen den einzelnen Stufen Wärme abgeführt wird. Eine zweite Alternative auf den Wärmehaushalt Einfluss zu nehmen, ist die Zumischung von Frischluft, um lokale Übertemperaturen in der Packung zu vermeiden.
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Aus dem zirkulierenden Abluftstromluft abgezogene Abluft kann dem erfindungsgemäßen regenerativen Reinigungsprozeß unterworfen werden.
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Bevorzugt wird das biologische Reaktivfiltermaterial gemeinsam mit Materialien, ausgewählt aus Nährstoffen, Adsorptionsmitteln, pH-Wert Puffern und Fe(OH)x sowie Mischungen derselben eingesetzt.
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Die Form, Größe, Anordnung und Anzahl des oder der in Reihe und oder seriell installierten und mit porösem Filtermaterial-Formteilen gefüllten Reaktorbehälter hängt von der Schadstofffracht, dem Volumenstrom und dem zu erzielenden Abreinigungsgrad ab.
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Die Erfindung betrifft ferner die Verwendung eines biologischen Reaktivfiltermaterials mit einem mit sulfatoklastischen Organismen besiedelten Gerüstmaterial mit einem Gehalt an Fasern, einem Gehalt an biologisch verträglichem anorganischen Bindemittel, Eisenverbindungen sowie Materialien, ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Nährstoffen, Adsorptionsmitteln, pH-Wert Puffern und katalytischen Materialien zur Reinigung der Abluft von Ölmühlen.
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In vorteilhafter Weise verlangt das erfindungsgemäße Verfahren weder eine Vorreinigung der Abluft vor Eintritt in den Reaktivfilter, noch eine Sondermüllentsorgung des beladenen Filtermaterials. Gleichzeitig erfolgt eine Geruchsvermeidung durch die Umsetzung geruchsintensiver flüchtiger organischer Sulfide durch im Filtermaterial anwesende Bakterien, bspw. Acidithiobacillus. Somit werden nicht nur das hochtoxische Schwefelwasserstoffgas, sondern auch die geruchsintensiven flüchtigen organischen Sulfide und Hydrogensulfide umweltfreundlich abgebaut.
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Von wesentlicher Bedeutung ist ein korrektes Temperaturmanagement des Rohgasstroms und des Filterinneren wegen der ablaufenden exothermen Eisensulfidreaktion, und der Temperaturempfindlichkeit der besiedelnden Mikroorganismen. Das Temperaturmanagement kann durch Zugabe von Frischluft zum Abgasstrom und Wasser erfolgen.
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In ihrer allgemeinsten Ausführungsform betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Abluftreinigung aus Anlagenteilen von Ölmühlen mit folgenden Prozeßschritten:
- • Die warme, feuchte mit Schad- und Geruchsstoffen befrachtete Abluft wird aus der Ölmühle abgezogen und zum mindestens einen Reaktivfilter geführt.
- • Die rohe Abluft aus der Ölmühle wird konditioniert (Temperatur, Feuchte, Volumenstrom werden eingestellt)
- • Im Reaktivfilter wird der Schwefelwasserstoff als Eisensulfid abgefangen (3) bei längerem Einsatz wird dieses zu elementarem Schwefel oxidiert und die Pellets des Reaktivfilters bilden an ihrer Oberfläche einen Schwefelfilm aus elementarem Schwefel (s. 2).
- • Das beladene und verbrauchte Filtermaterial ist aufgrund seiner in ihm angereicherten Bestandteile – im wesentlichen Eisensulfid. Sulfate, Schwefel und Wasser – unbedenklich und kann ggf. unproblematisch als Bodenverbesserungsstoff oder zu Kompostierungszwecken verwertet werden.
- • Bei einer Ausführungsform werden mindestens zwei in Reihe oder Serie geschaltete Reaktivfilter installiert, mit denen ein kontinuierlicher Betrieb der Abluft-Reinigung gewährleistet werden kann. Bei Erschöpfen der Rückhaltekapazität des ersten Filters wird der zweite Filter als Eingangsfilter verwendet und umgekehrt.
- • Es fällt kein Abwasser an, da die zu behandelnde Abluft lediglich einen Wasseranteil von bis zu 100% relative Sättigung aufweist und die im Prozess verarbeitete Abluft durch den exothermen Vorgang der Sulfidoxidation unter Lufterwärmung eine wesentlich höhere relative Luftfeuchtigkeit aufweist und damit die eingedüste Wasserfracht mit aufnimmt.
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Als Ergebnis wird aus der Reinigungsstufe Reinluft abgezogen, die dann- bspw. zum Abbau von organischen Reststoffen – in einen nachgeschalteten Biofilter eingeleitet werden kann.
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Durch die Reaktivfilteranlage, gefüllt mit den Pellets als Reaktivmasse (Festbettreaktor) wird das Gesamtdruckverhältnis von bestehenden Anlagen kaum beeinflusst, so dass keine oder nur geringe zusätzliche Energie für den Transport der Abluft aufgewandt werden muss. Das ist bedingt durch die geringen Druckverluste der reaktiven; aus Formkörpern aufgebauten Filtermasse und durch hohe Verweilzeiten/geringe Filtervolumenbelastung. Ein Aktivfilter gemäß der Erfindung verwendet bestehende Abluft-Feuchtigkeit zu 100% und arbeitet zwischen 30–70°C. Es ist wichtig, dass das Material nicht so naß wird, dass der Luftstrom zu den Bakterien gehindert wird. Der für die Reaktionen notwendige Sauerstoffgehalt des Aktivfilters kann in größeren Bereichen variabel sein und es können < 5 ppm H2S (~0 ppm in praxi) im Abluftstrom entfernt werden. Durch geeignete Zuschläge kann auch NH3 und viele Geruchsstoffe umgesetzt werden. Aufgrund der chemischen Zusammensetzung mit einem hohen basischen Anteil hat das Filtermaterial eine hohe Pufferkapazität und kann gebildete Schwefelsäure zu Sulfat abfangen und umweltverträglich machen.
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Die verbrauchten Pellets – sei es durch Porenzusetzung, Erschöpfung des Puffermaterials oder durch abgestorbene Bakterien, können als Dünger oder auch Bodenlockerungsmittel in Bodenflächen eingebracht werden.
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Für eine eventuelle Feinst-Reinigung, nach der Überführung der toxischen Fracht in den untoxischen Bereich können nach der erster Filterstufe noch Restfrachten kleiner 20 ppm Schwefelwasserstoff auftreten die mit einer seriell nachgeschalteten Filtereinheit entfernt werden (bspw. kann der Reinluftstrom über einen weiteren Reaktivfilter oder einen konventionellen Abluftflächen- oder Containerfilter (Bsp. Rindenmulchfilter) geführt werden. Dadurch, dass das Verfahren quasi-trocken völlig ohne Anfallen von Abwässern geführt wird, ergeben sich erhebliche Einsparungen an Abwasser sowie ein hoch-umweltfreundliches Verhalten der Anlage.
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In den meisten Fällen kann das für die Reaktionen notwendige Wasser aus dem laufenden Prozeß gewonnen werden oder in vergleichsweise geringen Mengen zudosiert werden.
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Erfindungsgemäß kann der Abluftstrom von Schwefelwasserstoff-Frachten von mehreren 10.000 ppm mit einem Wirkungsgrad über 99,9% gereinigt werden.
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Ferner wird elementarer Schwefel – ein wertvolles Material, gewonnen, der sich von den Formkörpern in einem separaten Prozeß trennen läßt.
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Die Erfindung wird nachstehend anhand eines Ausführungsbeispieles näher beschrieben. Dabei zeigt:
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1 ein Schema einer erfindungsgemäßen Anlage zur Durchführung des Verfahrens
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2 ein Foto eines beladenen Formkörpers mit Schwefelschicht und gebildetem Eisensulfid
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3 ein Foto von beladenen Formkörpern aus dem Innenbereich eines Filters; und
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4 ein Foto eines unbeladenen Formkörpers, vergrößert.
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1 zeigt eine Anlage zur Reinigung von Abluft aus einer Ölmühle, wobei stark schematisierend der wesentliche Verlauf der Abgasströme gezeigt ist. Die Erfindung ist keineswegs auf einen derartigen Aufbau eingeschränkt, sondern bezieht sich generell auf die Reaktivfiltration von Ölmühlenabgasen durch Filter mit dem oben erläuterten, durch Zusätze an den Einsatz angepaßtes Gerüstmaterial.
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Mit dem Bezugszeichen 10 ist eine Desolventiser-Toaster-Kühler-Anlage bezeichnet. Entlang einer Abluftleitung 14 wird die warme, feuchte, H2S-enthaltende Abluft aus Anlage 10 abgesaugt und zunächst durch einen mechanischen Staubfilter 16 geführt.
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Die so entstaubte rohe Abluft, die ggf. gekühlt und mit Frischluft versetzt wurde, gelangt danach in einen ersten erfindungsgemäßen Reaktiv-Biofilter 32. Der Aktiv-Biofilter 32 und seine Funktion wird weiter unten näher beschrieben.
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Die Abluftleitung 14 verläuft weiter in einen zweiten Reaktiv-Biofilter 42, in dem sich ebenfalls das erfindungsgemäße Gerüstmaterial mit Zusätzen befindet. Es bestehen Kurzschlußleitungen 14'', die Umleitung des Abgasstroms 14 von der Desolventiser-Toaster-Anlage zum jeweils anderen Reaktiv-Biofilter 32, 42 ermöglichen. Dadurch kann der erste Filter bei Erschöpfung des Gerüstmaterials neu befüllt werden, während die Abgasreinigung im angeschlossenen Filter ununterbrochen weiterläuft. Ggf. können weitere Filtereinheiten stromabwärts des zweiten Filters 42 vorgesehen sein.
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Die aus dem am meisten stromabwärts gelegenen Filter austretende, gereinigte Abluft wird wieder in die Desolventiser-Anlage der Ölmühle rückgeführt.
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Ein Aktivfilter gemäß der Erfindung verwendet bevorzugt bestehende Abluft-Feuchtigkeit zu 100% und arbeitet zwischen 30–70°C. Ggf. kann Wasser zudosiert werden, um eine optimale Feuchte zu erzielen. Es ist wichtig, dass das Material nicht so naß wird, dass der Luftstrom zu den Bakterien gehindert wird. Der für die Reaktionen notwendige Sauerstoffgehalt des Aktivfilters kann in größeren Bereichen variabel sein und es können < 5 ppm H2S (~0 ppm in praxi) im Abluftstrom entfernt werden. Durch geeignete Zuschläge kann auch NH3 und viele Geruchsstoffe umgesetzt werden. Aufgrund der chemischen Zusammensetzung mit einem hohen basischen Anteil (bspw. CaCO3, MgCO3 etc) hat das Filtermaterial eine hohe Pufferkapazität und kann gebildete Schwefelsäure zu Sulfat abfangen und umweltverträglich machen.
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Die verbrauchten Pellets – sei es durch Porenzusetzung, Erschopfung des Puffermaterials oder durch abgestorbene Bakterien, können als Dünger oder auch Bodenlockerungsmittel in Bodenflächen eingebracht werden.
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Die zugesetzte Frischluftmenge wird so geregelt, dass sie den notwendigen Sauerstoff liefert, um einen konstanten, zirkulierenden Kreislaufstrom der Abluft einzustellen und die Mikroorganismen in den Filtern nicht überlastet.
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2 zeigt ein Foto eines beladenen Formkörpers mit Schwefelschicht und gebildetem schwarzem Eisensulfid – dieser stammt aus dem Randbereich des Filters und hatte viel Kontakt mit Sauerstoff. Demzufolge wurde der Schwefelwasserstoff über Eisensulfid (schwarze Punkte) zu elementarem Schwefel oxidiert.
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Bei 3 – einem Foto eines beladenen Formkörpers mit bereits gebildetem schwarzem Eisensulfid im Randbereich – aber noch ohne Oxidation des Eisensulfids zu Schwefel – ist ersichtlich, dass die sulfatoklastischen Bakterien in den Formkörpern noch nicht mit ausreichend Sauerstoff in Kontakt waren, um das schwarze Eisensulfid zu Schwefel und Eisenoxid(hydrat) weiter zu oxidieren. Es zeigt sich deutlich, wie effektiv die angesiedelten Mikroorganismen den toxischen Schwefelwasserstoff in elementaren Schwefel und dessen Verbindungen umwandeln. Dies ist allerdings nur aufgrund des dem Gerüstmaterial zugesetzten Eisenoxidhydrats möglich – der Stand der Technik, bei dem Mikroorganismen auf Rinde das Schwefelwasserstoff zersetzen sollen, kann mangels vorliegenden Eisenoxids diese Abreaktion zu elementarem Schwefel nicht durchführen. Demzufolge besitzt das erfindungsgemäß eingesetzte Gerüstmaterial eine höhere Aufnahmekapazität und Reinigungsfähigkeit als die Rindenmulchfilter des Standes der Technik.
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4 zeigt ein „neues” Pellet – deutlich erkennt man die Fasern, welche das helle Gerüstmaterial verbinden – bei Kontakt mit dem Schwefelwasserstoff-haltigem Gas reagieren vor allem die Eisenverbindungen an der Oberfläche und bilden dann zunächst die Schichtstruktur der 3, die sodann an der Oberfläche weiter zu Schwefel (s. 2) oxidiert wird.
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Ein Aktivfilter gemäß der Erfindung verwendet bevorzugt die bestehende relative Abluft-Feuchtigkeit von bis 100% und arbeitet zwischen 30–70°C, bevorzugt zwischen 30–50°C und besonders bevorzugt zwischen 40 und 50°C. Es ist wichtig, dass das Material nicht überfeuchtet wird, um ein Zusetzen des Porensystems des Gerüstmaterials zu verhindern. Der für die Reaktionen notwendige Luftsauerstoffgehalt des Aktivfilters/der Abluft muss exakt dosiert werden bzw. in ausreichenden Konzentrationen in der Abluft mitgeführt werden. Darüber hinaus muss Prozesswasser in äquivalenten Mengen eingedüst werden. Aufgrund der chemischen Zusammensetzung des Gerüstmaterials mit einem hohen basischen Anteil hat das Filtermaterial eine hohe Pufferkapazität und kann gebildete Schwefelsäure zu Sulfat abfangen und umweltverträglich entsorgen.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Desolventiser-Toaster-Kühler-Anlage
- 12
- Ventilator
- 14
- Abluftleitung
- 16
- Staubfilter
- 18
- Aggregat
- 22
- Leitung für warmes Kühlmittel
- 24
- Kühlmittelaufbereitung
- 26
- Ventil
- 28
- Leitung für Frischluft
- 30
- Ventilator
- 32
- Aktiv-Biofilter
- 33
- Kühlleitung
- 34
- Ventil
- 36
- Einrichtung
- 38
- Frischluftleitung
- 40
- Ventil
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 4017230 A1 [0012]
- WO 2012/152269 A2 [0017]