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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Servolenksystems eines Fahrzeugs, das einen Hilfsantrieb mit einem Elektromotor zum Erzeugen eines Motordrehmoments zum Einstellen eines Lenkwinkels aufweist, wobei der Lenkwinkel in Abhängigkeit von einem Drehwinkel eines Rotors des Elektromotors fortlaufend bestimmt wird, und wobei ein erstes System und/oder ein zu dem ersten System redundantes zweites System zum Bestimmen des Lenkwinkels betrieben werden.
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Ferner betrifft die Erfindung eine Vorrichtung zum Betreiben eines Servolenksystems, das einen Hilfsantrieb mit einem Elektromotor zum Erzeugen eines Motordrehmoments zum Einstellen eines Lenkwinkels sowie ein Steuergerät aufweist.
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Weiterhin betrifft die Erfindung ein entsprechendes Servolenksystem.
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Stand der Technik
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Verfahren, Vorrichtungen und Servolenksysteme der eingangs genannten Art sind aus dem Stand der Technik bekannt. So offenbart beispielsweise die Offenlegungsschrift
DE 10 2013 104 586 A1 ein Verfahren zur fortlaufenden Bestimmung eines Lenkwinkels in Abhängigkeit des Drehwinkels des Rotors eines Elektromotors. Um den Lenkwinkel auch in einem Ruhezustand beziehungsweise Sleep-Modus, beispielsweise bei abgeschalteter Klemme
15 beziehungsweise Zündung, bestimmen zu können, ist es notwendig, das System zum Bestimmen des Lenkwinkels auch weiterhin mit Strom zu versorgen. Die genannte Druckschrift schlägt dabei vor, dass der Lenkwinkel periodisch bestimmt wird, um den Stromverbrauch zu reduzieren.
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Um einen Ausfall des Servolenksystems beziehungsweise der Unterstützung durch den Hilfsantrieb zu vermeiden, ist es außerdem bekannt, zwei redundante Systeme zur Bestimmung des Lenkwinkels vorzusehen und zu betreiben, sodass bei Ausfall eines der Systeme das andere System den Betrieb des Servolenksystems aufrechterhalten kann. Dies führt jedoch im Ruhemodus dazu, dass der Stromverbrauch des Servolenksystems in Bezug auf die Bestimmung des Lenkwinkels verdoppelt wird.
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In diesem Zusammenhang ist beispielsweise aus der
DE 10 2012 104 989 A1 ein Verfahren zum Betreiben eines Servolenksystems eines Kraftfahrzeugs bekannt, das einen Hilfsantrieb mit einem Elektromotor zum Erzeugen eines Motordrehmoments zur Einstellung eines Lenkwinkels aufweist, wobei der Lenkwinkel in Abhängigkeit von einem Drehwinkel eines Rotors des Elektromotors fortlaufend bestimmt wird, wobei ein erstes System und ein zu dem ersten System redundantes zweites System zum Bestimmen des Lenkwinkels betrieben werden, und wobei in einem Ruhemodus zunächst nur eines der Systeme betrieben und auf eine Änderung des erfassten Winkels überwacht wird und das andere System erst dann betrieben wird, wenn bei dem einen System eine Winkeländerung erfasst wird.
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Darüber hinaus ist aus der
DE 10 2012 012 996 A1 ein Verfahren zum Betreiben eines Servolenksystems eines Kraftfahrzeugs bekannt, das einen Hilfsantrieb mit einem Elektromotor zum Erzeugen eines Motordrehmoments zur Einstellung eines Lenkwinkels aufweist, wobei der Lenkwinkel in Abhängigkeit von einem Drehwinkel eines Rotors des Elektromotors fortlaufend bestimmt wird, wobei ein erstes System und ein zu dem ersten System redundantes zweites System zum Bestimmen des Lenkwinkels betrieben werden, und wobei eine Funktionsstörung anhand eines Vergleichs der mittels beider Systeme bestimmten Lenkwinkel detektiert wird.
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Aufgabe der Erfindung
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren, eine Vorrichtung sowie ein Servolenksystem zu schaffen, die auf einfache und kostengünstige Art und Weise den Stromverbrauch bei der fortlaufenden Bestimmung des Lenkwinkels auch im Ruhemodus gering halten.
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Offenbarung der Erfindung
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Die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1, durch eine Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 5 sowie ein Servolenksystem mit den Merkmalen des Anspruchs 6 gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Durch die Anwendung des Verfahrens entsteht der Vorteil, dass der Stromverbrauch auch im Ruhemodus auf ein Mindestmaß reduziert wird, das den sicheren Betrieb des Servolenksystems gewährleistet. Hierzu ist vorgesehen, dass im Ruhemodus zunächst nur eines der Systeme betrieben und auf Fehlfunktionen überwacht und das zweite System erst dann betrieben wird, wenn bei dem einen System eine Fehlfunktion erfasst wird. Es ist also vorgesehen, dass im Ruhemodus zunächst nur eines der Systeme betrieben wird und entsprechend Strom verbraucht. Erst dann, wenn erfasst wird, dass dieses System eine Fehlfunktion aufweist, wird das andere System betrieben beziehungsweise aktiviert, sodass erst dann durch das andere System Strom verbraucht wird. Vorzugsweise wird bei Erfassen einer Fehlfunktion in dem einen System das eine System deaktiviert, sodass ein weiterer Stromverbrauch durch das fehlerhafte System verhindert wird. Bei dem einen System, das im Normalfall betrieben und auf Fehlfunktionen überwacht wird, kann es sich sowohl um das erste als auch im das zweite System handeln.
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Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung ist vorgesehen, dass im Ruhemodus zumindest zunächst nur das erste System betrieben und auf Fehlfunktionen überwacht wird. Dadurch ist eine klare Betriebshierarchie vorgegeben, wonach das erste System so lange betrieben wird, bis es eine Fehlfunktion aufweist. Hierdurch ergibt sich eine einfache und eindeutige Ansteuerung der Systeme.
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Gemäß einer alternativen Ausführungsform ist bevorzugt vorgesehen, dass im Ruhezustand das erste und das zweite System abwechselnd betrieben und auf Fehlfunktionen überwacht werden. Hierdurch wird erreicht, dass die Systeme zumindest im Wesentlichen gleich belastet werden und dadurch auch im Wesentlichen gleichmäßig altern. Dies erhöht die Lebensdauer des Gesamtsystems und verhindert außerdem beispielsweise auch, dass eines der Systeme aufgrund von Überlastung ausfällt. Bevorzugt erfolgt der Wechsel zwischen dem Betrieb des ersten und des zweiten Systems in Abhängigkeit von einer vorgebbaren Zeitdauer, sodass eine gleichmäßige und regelmäßige Aktivierung und Deaktivierung der Systeme erfolgt. Alternativ oder zusätzlich ist bevorzugt vorgesehen, dass mit jeder Außerbetriebnahme des Servolenksystems das eine oder andere System betrieben wird, sodass für die Dauer des Ruhezustands zunächst nur das eine der beiden Systeme betrieben und auf Fehlfunktionen überwacht wird. Ist zusätzlich vorgesehen, dass ein Wechsel nach Ablauf einer vorgebbaren Zeitdauer erfolgt, wird dann im weiteren Verlauf des Betriebs der Wechsel zwischen den Systemen erfolgen, um eine gleichmäßige Belastung der Systeme zu gewährleisten.
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Besonders bevorzugt ist vorgesehen, dass nur das jeweils betriebene System mit einem elektrischen Versorgungsstrom gespeist wird. Dadurch wird von vornherein ein Stromverbrauch durch das deaktivierte System verhindert und die Energiebilanz des Servolenksystems optimiert.
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Die Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 5 zeichnet sich dadurch aus, dass das Steuergerät speziell dazu hergerichtet ist, bei bestimmungsgemäßem Gebrauch das genannte Verfahren durchzuführen. Es ergeben sich hierdurch die bereits genannten Vorteile. Weitere Vorteile und bevorzugte Aspekte ergeben sich insbesondere aus dem zuvor Beschriebenen sowie aus den Ansprüchen.
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Das Lenksystem mit den Merkmalen des Anspruchs 6 zeichnet sich durch die zuvor genannte Vorrichtung aus. Es ergeben sich hierdurch die bereits genannten Vorteile. Weitere Vorteile und bevorzugte Aspekte ergeben sich insbesondere aus dem zuvor Beschriebenen sowie aus den Ansprüchen.
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Im Folgenden soll die Erfindung anhand der Zeichnung näher erläutert werden. Dazu zeigen
- 1 ein Servolenksystem eines Kraftfahrzeugs in einer vereinfachten Darstellung und
- 2 ein Steuergerät des Lenksystems in einer vereinfachten Darstellung.
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1 zeigt in einer vereinfachten Darstellung ein Servolenksystem 1 für zwei lenkbare Räder 2 einer Radachse eines hier nicht näher dargestellten Kraftfahrzeugs. Die Räder 2 sind durch jeweils eine Radaufhängung 3 verschwenkbar an dem Kraftfahrzeug gelagert. Durch eine jeweilige Gelenkstange 4 ist jedes der Räder außerdem mit einem Lenkgetriebe 5 verbunden. Das Lenkgetriebe 5 weist eine Zahnstange 6 auf, die an ihren beiden Enden mit jeweils einer der Gelenkstangen 4 gekoppelt ist. Mit der Zahnstange 6 steht ein Ritzel 7 in Eingriff, das drehfest mit einer Lenkstange 8 verbunden ist, die außerdem eine Lenkhandhabe 9 in Form eines von einem Fahrer benutzbaren Lenkrads trägt. Sobald der Fahrer ein Handdrehmoment MH auf die Lenkhandhabe 9 ausübt, wie durch einen Doppelpfeil gezeigt, dreht er bei einem ausreichend hohen Handmoment die Lenkstange 8 um einen Winkel α und damit das Ritzel 7, wodurch die Zahnstange 6 des Lenkgetriebes 5 verschoben und die Räder 2 um einen der Übersetzung entsprechenden Lenkwinkel β verschwenkt werden.
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Das Servolenksystem 1 ist als elektromotorisches Servolenksystem 1 ausgebildet und weist dazu einen Elektromotor 10 als Aktuator A auf, dessen Rotor mit der Lenkstange 8 direkt oder indirekt wirkverbunden ist. Der Elektromotor 10 weist eine Leistungselektronik 11 auf, die durch ein Steuergerät 12 zum Betreiben des Elektromotors 10 angesteuert wird. Das Steuergerät 12 erfasst dabei außerdem Daten eines Drehmomentsensors 13, der beispielsweise der Lenkstange 8 zugeordnet ist, um das von dem Fahrer auf das Lenkrad aufgebrachte Handdrehmoment MH zu erfassen. In Abhängigkeit des erfassten Handdrehmoments MH steuert das Steuergerät 12 den Elektromotor 10 durch die Leistungselektronik 11 dazu an, ein Motordrehmoment MM zu erzeugen, das direkt oder über ein Getriebe auf die Lenkstange 8 übertragen und damit dem Handdrehmoment überlagert wird. Das von dem Steuergerät 12 durchgeführte Verfahren erleichtert damit dem Fahrer das Führen des das Servolenksystem 1 aufweisende Kraftfahrzeugs. Weiterhin erfasst das Steuergerät 12 Ausgangssignale einer Sensoreinrichtung 14 zum Erfassen eines Drehwinkels eines Rotors R des Elektromotors 10, wobei der Drehwinkel zur Ansteuerung und Regelelung des Elektromotors 10 genutzt wird. Die Sensoreinrichtung 14 weist dabei beispielsweise ein drehfest mit dem Rotor R verbundenes Geberelement 15 und mehrere gehäusefest über den Umfang des Geberelements 15 verteilt angeordnete Sensoren 16, insbesondere magnetosensitive Sensoren auf. Diese bestimmen in Abhängigkeit des erfassten magnetischen Feldes des Geberelements 15 den aktuellen Drehwinkel des Rotors R. In Kenntnis des Drehwinkels und einer Veränderung dessen bestimmt das Steuergerät 12 fortlaufend den Lenkwinkel β.
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Der hier vorgestellte Aufbau des Servolenksystems 1 ist rein beispielhaft zu verstehen. Selbstverständlich können die Sensoren und auch der Elektromotor 10 an anderer Stelle des Servolenksystems 1 angeordnet sein.
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2 zeigt in einer vereinfachten Darstellung einen Ausschnitt des Steuergeräts 12, das mit der Sensorvorrichtung 14 verbunden ist. Das Steuergerät 12 weist zwei vorliegend redundant zueinander ausgebildete Systeme 17 und 18 auf, die jeweils eine anwendungsspezifische integrierte Schaltung 19 beziehungsweise 20, einen Mikrokontroller 21 beziehungsweise 22 sowie einen Endstufentreiber 23 beziehungsweise 24 aufweisen. Die beiden Systeme 17, 18 sind redundant ausgebildet, um unabhängig von einander in Abhängigkeit der Daten der Sensorvorrichtung 14 den aktuellen Lenkwinkel β des Lenksystems 1 zu bestimmen.
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Um den Stromverbrauch im Betrieb möglichst gering zu halten, ist vorliegend vorgesehen, dass in einem Ruhemodus, in welchem das Lenksystem 1 deaktiviert ist, beispielsweise weil eine Zündung des Kraftfahrzeugs abgeschaltet beziehungsweise die „Klemme 15“ geöffnet/getrennt ist, wird zunächst nur das System 17 betrieben und das System 18 deaktiviert. Dadurch wird der Stromverbrauch insgesamt halbiert im Vergleich zu einem Verfahren, bei welchem beide Systeme 17, 18 redundant gleichzeitig betrieben werden. Das im Ruhemodus weiterbetriebene System 17 kann dabei periodisch oder dauerhaft betrieben werden, um den Lenkwinkel zu bestimmen. Vorteilhafterweise wird das System 17 außerdem auf Fehlfunktionen überwacht. Sobald eine Fehlfunktion erfasst wird, wird das System 17 deaktiviert und das System 18 aktiviert, um den Lenkwinkel auch weiterhin im Ruhemodus bestimmen zu können. Durch diesen Wechsel erst bei Erfassen einer Fehlfunktion wird gewährleistet, dass insgesamt der Stromverbrauch besonders niedrig ist. Besonders vorteilhaft ist vorgesehen, dass im Ruhezustand nach Ablauf einer vorgebbaren Zeitdauer auch ohne das Auftreten einer Fehlfunktion das System 17 deaktiviert und das System 18 in Betrieb genommen wird, wobei nach erneutem Ablauf der vorgebbaren Zeitdauer wieder zurück zu dem System 17 gewechselt wird. Es wird somit ein Wechsel zwischen den Systemen 17, 18 nach Ablauf einer vorgebbaren Zeitdauer vorgeschlagen, wodurch die Belastung der einzelnen Systeme 17, 18 insgesamt gleichmäßig verteilt und dadurch die zu erwartende Lebensdauer des Steuergeräts 12 insgesamt erhöht wird.
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Vorteilhafterweise wird nur das jeweils gerade betriebene System 17 oder 18 mit Strom von einer Stromversorgung versorgt, um den Stromverbrauch insgesamt zu minimieren.