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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Bestimmen des Gewichts beziehungsweise der Masse eines Fahrzeugs, insbesondere Kraftfahrzeugs, das ein Bremssystem mit wenigstens einer betätigbaren und einem Rad des Fahrzeugs zugeordneten Radbremseinrichtung aufweist, mittels derer ein Bremsdruck zum Abbremsen oder Blockieren des Rads erzeugbar ist.
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Ferner betrifft die Erfindung eine entsprechende Vorrichtung.
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Stand der Technik
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Verfahren und Vorrichtungen der Eingangs genannten Art sind aus dem Stand der Technik bekannt. Das Fahrzeuggewicht ist eine Größe, die für viele fahrdynamische Eigenschaften von Bedeutung ist. Das Fahrzeuggewicht ist für den Straßenverkehr relevant, insbesondere in Bezug auf gesetzliche Regelungen bezüglich einer maximalen Beladung des Fahrzeugs. Die Bestimmung des Fahrzeuggewichts erfolgt mehrheitlich über externe Messeinrichtungen. Es gibt aber mittlerweile auch Ansätze, die das Fahrzeuggewicht ohne externe Hilfsmittel bestimmen. So besteht beispielsweise bei Fahrzeugen mit einer Luftfederung die Möglichkeit, das Fahrzeuggewicht über einen gemessenen Luftdruck zu ermitteln. Auch sind Algorithmen bekannt, die das Fahrzeuggewicht über die Auswertung der Geschwindigkeits- und Beschleunigungssignale entsprechender Sensoren des Fahrzeugs während der Fahrt näherungsweise ermitteln.
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Aus der Offenlegungsschrift
WO 03/029764 A1 ist außerdem ein Verfahren zur Ermittlung der Masse eines Kraftfahrzeugs bekannt, bei welchem unter Berücksichtigung unterschiedlicher Fahrsituationen mit Auswertung der jeweiligen Fahrzeug-Beschleunigung, der Hangabtriebskraft und einer Bremskraft die Kraftfahrzeugmasse ermittelt wird. Dabei wird davon ausgegangen, dass im Betrieb des Fahrzeugs der Fahrer Bremsmomente erzeugt, die dann in die Bewertung mit einfließen. Hierzu ist jedoch ein Fahrbetrieb des Kraftfahrzeugs notwendig, der den Fahrer dazu zwingt, das Fahrzeug beim Beladen regelmäßig in Bewegung zu setzen, um dann die erfassten Werte bei einem Abbremsvorgang in die Bestimmung der Fahrzeugmasse mit einfließen lassen zu können.
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Offenbarung der Erfindung
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Das erfindungsgemäße Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 hat den Vorteil, dass ein Fahrbetrieb des Kraftfahrzeugs zum Feststellen des Fahrzeuggewichts oder der Fahrzeugmasse nicht notwendig ist. Vielmehr ist es durch das erfindungsgemäße Verfahren auch möglich, das Gewicht des Fahrzeugs vollautomatisch zu erfassen. Erfindungsgemäß ist hierzu vorgesehen, dass in einem ersten Schritt a) festgestellt wird, ob das Fahrzeug stillsteht. In einem darauffolgenden Schritt b) wird die Neigung des Fahrzeugs erfasst und festgestellt, ob das Fahrzeug in Längsrichtung gesehen auf einer Fahrbahn mit einer über einen vorgebbaren Grenzwert hinausgehenden Steigung steht. Anschließend wird in einem Schritt c) der Bremsdruck, der das Stillstehen des Fahrzeugs auf der Steigung gewährleistet, bis zu einem Bremsdruckwert zu verringert, ab welchem das Rad, welchem die Radbremseinrichtung zugeordnet ist, zu rollen beginnt. In Abhängigkeit von diesem Bremsdruckwert, bei welchem das Rad zu rollen beginnt, und der erfassten Neigung beziehungsweise Steigung, wird in einem Schritt d) das Gewicht des Fahrzeugs bestimmt. Die Bestimmung des Fahrzeuggewichts beziehungsweise der Fahrzeugmasse erfolgt somit in einer stationären Fahrsituation, wodurch auch Störsignale auf die Sensorik, insbesondere bei der Ermittlung von der Steigung, minimal gehalten werden. In Kenntnis von den grundlegenden physikalischen Zusammenhängen bei einem auf einer geneigten Fahrbahn stehenden Fahrzeugs, lässt sich auf Basis des Bremsdruckwertes sowie der erfassten Steigung auf das Fahrzeuggewicht schließen. Steht das Fahrzeug still, so wirkt die Hangabtriebskraft der Bremskraft der Bremseinrichtung entgegen. Zur Bestimmung des Fahrzeuggewichts wird vorausgesetzt, dass der Radradius beziehungsweise der Raddurchmesser des Rades, sowie der effektive Radius der Radbremseinrichtung, also der Radius, auf welchem die Bremseinrichtung auf dem Rad wirkt, bekannt sind. Ebenfalls bekannt ist die Erdbeschleunigung, die die Hangabtriebskraft erzeugt. Der Reibwert zwischen der Radbremseinrichtung und dem Rad, insbesondere zwischen einem Bremsbelag und einer Bremsscheibe, sowie die Anzahl der Beläge sind grundsätzlich ebenfalls bekannt. Der Steigungswinkel beziehungsweise die Neigung des Fahrzeugs kann über eine Inertialsensorik auf bereits bekannte Art und Weise erfasst werden. Insbesondere ist dazu ein Längsbeschleunigungssensor vorgesehen, der die Neigung des Fahrzeugs erfasst beziehungsweise ermittelt. Im Momentengleichgewicht muss eine minimal notwendige Klemmkraft beziehungsweise Bremskraft aufgebracht werden, um das Fahrzeug trotz Steigung still zu halten. Wird der Bremsdruck nun an dem Rad reduziert, bis das Rad zu rollen beginnt, beispielsweise, weil bei einer mechanischen Bremse von einer Haftreibung in eine Gleitreibung übergegangen wird, so wird die minimale Klemmkraft zum Halten unterschritten und das Fahrzeug beginnt sich zu bewegen. Das Bewegen beziehungsweise das Beginnen des Rollens wird vorzugsweise durch einen Raddrehzahlmesser erfasst. Der Bremsdruck wird kontrolliert reduziert, vorzugsweise mit einem niedrigen zeitlichen Gradienten, so dass der Zeitpunkt des Übergangs von der Haft- in die Gleitreibung beziehungsweise vom Stillstehen zum Rollen exakt ermittelt werden kann. Die zu dem Zeitpunkt, zu welchem das Rollen beginnt, also bei Erreichen des Bremsdruckwertes erfassten Größen, erlauben es, das Fahrzeuggewicht genau zu berechnen, ohne dass eine externe Messeinrichtung notwendig wäre.
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Gemäß einer vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung ist vorgesehen, dass der Bremsdruckwert erhöht wird, sobald das Rad zu rollen beginnt. Hierdurch wird erreicht, dass das Fahrzeug nicht unkontrolliert zu rollen beginnt. Vielmehr reicht ein kurzes Anrollen des Fahrzeugs aus, um den Bremsdruckwert zu erfassen. Sobald dies geschehen ist, ist ein Weiterrollen des Fahrzeugs nicht notwendig und wird zweckmäßigerweise durch Erhöhen des Bremsdrucks unterbunden. Dadurch kann auch eine vollautomatisierte Gewichtsbestimmung erfolgen, ohne dass beispielsweise ein Fahrer auf dem Fahrersitz Platznehmen muss. Dies erleichtert für den Fahrer den Umgang mit dem Fahrzeug, wenn er beispielsweise herausfinden möchte, ob er mit dem bereits beladenen Gewicht eine gesetzlich vorgeschriebene Grenze überschritten hat oder nicht.
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Ferner ist bevorzugt vorgesehen, wie bereits erwähnt, dass das Gewicht zusätzlich in Abhängigkeit von dem Außenradius des Rades und dem effektiven Radius der Radbremseinrichtung auf dem Rad bestimmt wird. Diese Konstanten ermöglichen das Bestimmen des Gewichts und sind insbesondere in einem nicht-flüchtigen Speicher eines Steuergeräts des Fahrzeugs hinterlegt. Wird ein Rad oder eine Radbremseinrichtung gewechselt, so werden entsprechend die Daten auf den aktuellen Stand gebracht.
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Ferner ist bevorzugt vorgesehen, dass jedem Rad einer Achse und/oder jedem Rad des Fahrzeugs eine Radbremseinrichtung zugeordnet ist, wobei die Schritte a) bis d) an den Rädern einer Achse oder an allen Rädern gleichzeitig durchgeführt werden. Grundsätzlich kann es ausreichen, nur eine Radbremseinrichtung zu nutzen, insbesondere um das Fahrzeuggewicht zu bestimmen. So kann für die Bestimmung des Fahrzeuggewichts vorgesehen sein, dass alle Radbremseinrichtungen bis auf eine deaktiviert werden, so dass durch das Reduzieren des Bremsdrucks der verbleibenden Radbremseinrichtung relativ schnell ein Bremsdruckwert erreicht wird, ab welchem das Fahrzeug zu rollen beginnt. Dadurch ist es möglich, auch bei geringen Steigungen bereits das Fahrzeuggewicht ausreichend sicher festzustellen. Bei höheren Steigungen oder zum Erhöhen der Sicherheit werden die Radbremseinrichtungen einer Achse oder alle Radbremseinrichtungen des Fahrzeugs gleichzeitig betätigt, um das zuvor stehenden Verfahren durchzuführen. Zweckmäßigerweise werden die erfassten Radbremswerte, ab welchen das Fahrzeug zu rollen beginnt, gemittelt und dann ausgewertet.
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Gemäß einer vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung ist außerdem vorgesehen, dass der Bremsdruck elektromechanisch, hydraulisch oder pneumatisch erzeugt wird. Insbesondere wird der Bremsdruck automatisch, beispielsweise durch ein Bremssystem, wie beispielsweise ein ESP-System (ESP-Elektronisches Stabilitäts-Programm) oder eine automatische Parkbremse, eingestellt. Zum Bestimmen des Fahrzeuggewichts muss der Fahrer des Fahrzeugs das Verfahren vorzugsweise lediglich durch Betätigen eines Schalters starten.
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Alternativ ist bevorzugt vorgesehen, dass der Bremsdruck durch den Fahrer selbst, insbesondere durch eine Bremspedalbetätigung, eingestellt beziehungsweise vorgegeben wird. Damit wird der Fahrer in das Verfahren eingebunden und beispielsweise mittels eines Mitteilungssystems des Kraftfahrzeugs durch das Verfahren hindurch geführt und angeleitet, beim Stillstand des Fahrzeugs an einem Hang den Bremsdruck zu reduzieren, bis das Fahrzeug zu rollen beginnt. Die Werte werden dann automatisch wie zuvor beschrieben ausgewertet, um das Gewicht des Fahrzeugs zu bestimmen.
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Weiterhin ist bevorzugt vorgesehen, dass der Bremsdruckwert in Abhängigkeit von der Anzahl der betätigten Radbremseinrichtungen vorgegeben wird. Je nachdem, wie viele Radbremseinrichtungen bei Durchführung des Verfahrens betätigt werden, ändert sich selbstverständlich auch der jeweils erfasste Bremsdruckwert, bei welchem das Fahrzeug zu rollen beginnt. Umso mehr Radbremseinrichtungen des Bremssystems betätigt werden, desto niedriger fällt der Bremsdruckwert aus, ab welchem das Fahrzeug zu rollen beginnt.
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Besonders bevorzugt ist vorgesehen, dass der Rollweg des Fahrzeugs durch eine Umfeldsensorik auf potenzielle Kollisionen überwacht und das Verfahren nur dann durchgeführt wird, wenn keine Kollisionsgefahr besteht. Die Umfeldsensorik kann beispielsweise als Radarsensorik, Infratorsensorik oder Kamerasensorik ausgebildet sein, die den Rollweg, also den Bereich vor oder hinter dem Fahrzeug berührungsfrei darauf überwacht, ob Kollisionsobjekte in dem Rollweg beziehungsweise in der aktuellen Trajektorie des Fahrzeugs stehen, die mit dem Fahrzeug kollidieren könnten. Hierdurch wird erreicht, dass die Sicherheit des Verfahrens, insbesondere bei einer automatischen Durchführung, erhöht wird.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 9 zeichnet sich durch ein speziell hergestelltes Steuergerät aus, das Mittel zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens aufweist. Es ergeben sich hierdurch die bereits zuvor genannten Vorteile.
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Besonders bevorzugt ist vorgesehen, dass die Mittel wenigstens eine Bremsdruckerfassungseinrichtung, eine Steigungserfassungseinrichtung sowie einen nicht-flüchtigen Speicher aufweisen. In dem nicht-flüchtigen Speicher sind zweckmäßigerweise konstante Werte, wie beispielsweise der Raddurchmesser und/oder der effektive Radius der jeweiligen Radbremseinrichtung hinterlegt. Mittels der Radbremsdruckerfassungseinrichtung, die den Bremsdruck direkt erfassen kann oder auch durch Ansteuersignale berechnen kann, wird der aktuelle Bremsdruck zum Ermitteln des Bremsdruckwertes erfasst. Die Steigungserfassungseinrichtung, insbesondere ein Längsbeschleunigungssensor, dient zum einfachen Erfassen der Neigung des Fahrzeugs. Das Verfahren wird zweckmäßigerweise nur dann gestartet, wenn die Neigung ausreichend ist, um die Rollbewegung des Fahrzeugs sicher zu gewährleisten, damit das Fahrzeuggewicht bestimmt werden kann. Mit zunehmender Steigung kann auch vorgesehen sein, dass der Bremsdruck langsamer reduziert wird, um ein plötzliches Losrollen des Fahrzeugs zu vermeiden.
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Im Folgenden soll die Erfindung anhand der Zeichnung näher erläutert werden.
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Dazu zeigen:
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1 ein auf einem Hang stehendes Fahrzeug,
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2A und 2B eine Radbremseinrichtung in unterschiedlichen Ansichten,
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3 ein Rad des Fahrzeugs mit darauf wirkenden Kräften,
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4 einen Radgeschwindigkeitsverlauf des Rades und
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5 ein Verfahren zum Ermitteln des Fahrzeuggewichts als Flussdiagramm.
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1 zeigt ein Fahrzeug 1, das auf einer Fahrbahn 2 steht, die eine Steigung α aufweist, so dass das Fahrzeug 1 in Längsrichtung nach vorne geneigt steht. In diesem Zustand wirken auf das Fahrzeug die Gewichtskraft FG, die sich aus der Masse des Fahrzeugs mv und der Erdbeschleunigung g ergibt. Hieraus ergibt sich aufgrund der Steigung α eine Hangabtriebskraft FDH, die sich aus der Gewichtskraft, der Masse des Fahrzeugs, der Erdbeschleunigung beziehungsweise Erdanziehungskraft und dem Steigungswinkel α folgendermaßen ergibt: FDH = mv·g·sinα (1)
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Aus der Hangabtriebskraft FDH und dem Außenradius des Rades 3 beziehungsweise dem Radradius rstat lässt sich das Gesamthangabtriebsmoment MDH ermitteln, das auf ein Rad 3 des Fahrzeugs 1 wirkt. Dabei gilt: MDH = FDH·rstat (2)
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Um das Fahrzeug 1 an dem Hang im Stillstand zu halten, muss dem Hangabtriebsmoment MDH entgegengewirkt werden. Dies geschieht über das Aufbringen einer Klemmkraft FC über eine dem jeweiligen Rad 3 zugeordnete Radbremseinrichtung 4, wie sie beispielhaft in den 2A und 2B gezeigt ist. 2A zeigt dabei die Radbremseinrichtung 4 in einer Schnittdarstellung durch die Drehachse des Rades 3 und 2B in einer Draufsicht auf die Radbremseinrichtung 4 in Richtung der Drehachse. Vorliegend ist die Radbremseinrichtung 4 als mechanisch wirkende Radbremseinrichtung 4 ausgebildet, die eine mit dem Rad 3 drehfest verbundene Bremsscheibe 5 sowie karosserieseitig angeordnete Bremsbeläge 6 aufweist. Die Bremsbeläge 6 werden durch einen Bremskolben 7 mit einem Bremsdruck p beaufschlagt. Sobald der kolbenseitige Bremsbelag 6 die Bremsscheibe 5 erreicht hat, wird aufgrund des vorteilhafterweise gleitend gelagerten und die Bremsbeläge 6 tragenden Gehäuses 8 der gegenüberliegende Bremsbelag 6 ebenfalls gegen die Bremsscheibe 5 verschoben. Hierdurch entsteht die Klemmkraft FC, welche jeweils in Richtung der Bremsscheibe 5 gerichtet ist und somit eine Normalkraft in Bezug auf die Bremsscheibe 5 darstellt. Unter Berücksichtigung des Reibwerts µ zwischen Bremsbelag 6 und Bremsscheibe 5 ist die Reibkraft FR bestimmbar durch FR = FC·µ (3)
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Die Reibkraft FR bewirkt über den effektiven Radius reff zur Kontaktfläche der Klemmkraft FC ein Moment MC, welches entgegengesetzt zu dem Hangabtriebsmoment MDH wirkt. Damit das Fahrzeug 1 am Hang im Stillstand verbleibt, muss daher gelten: MC ≥ MDH, (4) wie in 3 beispielhaft an dem Rad 3 dargestellt. Die beiden Momente MC und MDH lassen sich durch die vorgenannten Gleichungen in Kräfte und wirksame Längen zerlegen. Ferner lassen sich die Reibkraft und die Hangabtriebskraft durch Gleichungen (1) und (3) substituieren. Da sich die bisher betrachteten Kräfte- und Momentenbildung auf das Fahrzeug 1 insgesamt bezogen haben, muss der Reibwert FR für alle vier Räder des Fahrzeugs 1 berücksichtigt werden, d.h. der Summe an acht Bremsbelägen 6. *Zweckmäßigerweise ist jedem Rad des Fahrzeugs 1 eine entsprechende Radbremseinrichtung 4 zugeordnet.* I MC = MDH
II FR·reff = FDH·rstat
III FC·8µ·reff = mv·g·sinα·rstat (5)
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Aus Gleichung (5) wird ersichtlich, dass die Fahrzeugmasse beziehungsweise das Fahrzeuggewicht errechnet werden kann, wenn folgende Größen bekannt sind: Der Radradius rstat und der effektive Radius reff sind beides geometrische Größen, die dem Fahrzeughersteller bekannt sind und somit als Festwerte vorliegen. Ebenfalls bekannt ist die Erdbeschleunigung g. Der Wert µ zwischen Bremsbelag 6 und Bremsscheibe 5 und die Anzahl der Beläge 6 sind ebenfalls vom Fahrzeughersteller oder zumindest vom Komponentenhersteller bekannt. Die Anzahl n der gebremsten Räder oder Achsen des Fahrzeugs 1 hängt vom jeweiligen Fahrzeugtyp beziehungsweise von der in der Situation wirksamen Ansteuerung ab. Der Steigungswinkel α des Fahrzeugs 1 auf dem durch die Fahrbahn 2 bewirkten Gefälle wird vorzugsweise über eine Inertialsensorik, insbesondere über einen Längsbeschleunigungssensor, berechnet. Die Klemmkraft FC kann mittels eines Drucksensors im Hauptbremszylinder der Radbremseinrichtung 4 und/oder durch Modelldruckschätzung des Bremssystems für die Radbremszylinder errechnet werden. Alternativ ist es auch denkbar, den jeweiligen Bremsdruck direkt durch Sensorik im jeweiligen Bremskreis zu ermitteln. So sind Bremssysteme, insbesondere ESP-Systeme bekannt, bei welchen Drucksensoren vorgesehen sind, um den aktuellen Bremsdruck zu überwachen beziehungsweise zu erfassen. Weiterhin ist es denkbar, durch eine automatisierte Feststellbremse die wirksame Bremskraft während des Kraftauf- beziehungsweise Kraftabbaus zu berechnen.
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Aus Gleichung (5) ist es bekannt, dass bei Momentengleichgewicht eine minimal notwendige Klemmkraft F
C aufgebracht wird, um das Fahrzeug bei Gefälle zu halten. Wenn der Bremsdruck p an den Rädern
3 nun soweit reduziert wird, dass an den Bremsbelagflächen ein Übergang von Haftreibung zu Gleitreibung erfolgt, wurde die minimale Klemmkraft zum Halten des Fahrzeugs
1 unterschritten und das Fahrzeug
1 beginnt sich zu bewegen und die Räder
3 beginnen zu rollen. Die Radbewegung wird vorzugsweise durch jeweils einen Raddrehzahlsensor erfasst. Hierdurch lässt sich der Zeitpunkt feststellen, zu welchem die Räder in Abhängigkeit von dem aktuellen Bremsdruck zu rollen beginnen. Vorteilhafterweise wird daher zu dem Zeitpunkt t
r, an welchem die Räder zu rollen beginnen, der aktuelle Bremsdruckwert der jeweiligen Radbremseinrichtung
4 festgestellt, und in Abhängigkeit davon die Fahrzeugmasse beziehungsweise das Fahrzeuggewicht berechnet. Die zu dem Zeitpunkt des Losrollens ermittelten Größen lassen sich dazu verwenden, die Gleichung (5) nach der Masse des Fahrzeugs hin m
v aufzulösen:
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Um den Übergang von Haft- in Gleitreibung einzuleiten, muss der Bremsdruck in dem Radbremszylinder reduziert werden. Dies lässt sich automatisiert über das Bremssystem realisieren, welches beispielsweise mithilfe einer Pumpe aktiv den Bremsdruck auf- und mittels der Ansteuerung von Auslassventilen wieder abbauen kann. Der Druckaufbau/-Abbaugradient lässt sich über das Steuergerät vorgeben und kann dazu genutzt werden, den Losrollzeitpunkt tr zu detektieren und alle relevanten Signalwerte zu diesem Zeitpunkt auszulesen.
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4 zeigt in diesem Zusammenhang die Klemmkraft FC sowie die Radgeschwindigkeit VR über die Zeit t aufgetragen. Zu dem Zeitpunkt tr, wenn die Haftreibung in Gleitreibung übergeht, beginnt das Rad 3 zu rollen, die Radgeschwindigkeit Vr nimmt zu.
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Alternativ ist es denkbar, dass der Fahrer selbst den benötigten Bremsdruck zum Halten des Fahrzeugs aufbringt und diesen wieder, insbesondere gleichmäßig, mit geringer Geschwindigkeit abbaut, bis die Räder zu rollen beginnen. Alternativ ist bevorzugt vorgesehen, dass, sofern eine automatisierte Parkbremse vorhanden ist, die Klemmkraft elektromechanisch abgebaut wird.
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Bevor der Bremsdruck p reduziert wird, wird die Fahrzeuglängsbeschleunigung mittels eines hier nicht näher dargestellten Längsbeschleunigungssensors gemessen und daraus die Steigung der Fahrbahn 2 berechnet. Da sich das Fahrzeug im stationären Zustand, also im Stillstand befindet, erfolgt die Bestimmung der Steigung der Fahrbahn mithilfe des Längsbeschleunigungssensors sehr genau.
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Sobald durch Unterbremsen ein Anlaufen der Räder 3 über die Drehzahlsensoren zum Zeitpunkt tr detektiert wird, wird ferner folgender Wert ausgelesen, um die Gleichungen (5) beziehungsweise (6) zu lösen:
Der Bremsdruck p jeder Radbremseinrichtung 4 kann über das Bremssystemsteuergerät beziehungsweise ESP-Steuergerät ermittelt werden. Weil die Klemmkraft FC proportional zum Bremsdruck p im Bremszylinder der Räder ist, kann die Klemmkraft in Gleichung (5) III durch folgende Gleichung substituiert werden: FC = p·Ap·n, (7) wobei p der Bremsdruck, Ap die Druckfläche des Kolbens und n die Anzahl der gebremsten Räder ist. Es besteht eine Alternative zur Ermittlung der Klemmkraft FC, sofern eine elektromechanische Parkbremse eingesetzt wird. Mithilfe des Schätzalgorithmus der elektromechanischen Parkbremse, kann die Klemmkraft für jede Radbremseinrichtung 4 ermittelt werden, um Gleichungen (5) beziehungsweise (6) zu lösen.
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Die folgenden Beispielrechnungen verdeutlichen den Ablauf der Fahrzeuggewichtsermittlung:
Als Rahmenbedingung werden gesetzt: rstat = 0,4318 m reff = 0,2 m und µ = 0,34.
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Zunächst wird mittels des Längsbeschleunigungssensors ein Gefälle von 10 % ermittelt und dadurch der Steigungswinkel α zu α = 5,71° = 0,0997 rad berechnet. Der von dem Bremssystem errechnete oder gemessene Bremsdruck p zu dem Zeitpunkt tr entspricht p = 2bar = 2·105N/m2, bei einem Kolbendurchmesser von Dk = 42 mm, wobei insgesamt von vier (n = 4) gebremsten Rädern ausgegangen wird, so dass sich die Reibkraft FC ergibt zu FC = 2·105N/m2·1,385·10–3 m2·4 = 1108N. Damit ergibt sich das Fahrzeuggewicht mv gemäß Gleichung (6) zu mv = 1430 kg.
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Wie man der Beispielrechnung entnehmen kann, ist bereits ein geringer Bremsdruck von ca. 2 bar zum Halten des Fahrzeugs 1 an einem 10 %-Gefälle ausreichend, weil der Bremsdruck p an allen vier Rädern 3 des Fahrzeugs 1 wirkt. Die Modulation geringer Drücke kann für beide Modulationsvarianten, also für den Fahrer oder das System, schwer zu bewerkstelligen sein. Aus diesem Grund ist vorteilhafterweise vorgesehen, dass der Bremsdruck beispielsweise nur an der Hinterachse aufgebaut wird. Dies lässt sich über ein Bremsregelsystem realisieren. Die Folge ist, dass aufgrund der fehlenden Bremswirkung an der Vorderachse der Bremsdruck an den Rädern der Hinterachse angehoben werden muss. Dies geschieht mit dem Faktor 2. In Gleichung (5) III wird nur noch der Reibwert für vier Beläge 6 zur Kalkulation genutzt und in Gleichung (7) geht die Klemmkraft FC nur noch für zwei Räder ein. Um also das ermittelte Fahrzeuggewicht am 10 %-Gefälle zu erhalten, ohne die Bremswirkung der Vorderachse zu nutzen, wären 8 bar Bremsdruck nötig. Dies kann sowohl für den Fahrer, als auch systemtechnisch einfacher realisiert beziehungsweise eingestellt werden.
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Eine weitere Steigerung der Genauigkeit lässt sich dadurch realisieren, dass das Fahrzeug 1 vorübergehend nur mit einer Radbremseinrichtung 4 gehalten wird, und diese dann langsam durch den Fahrer oder durch das Bremssystem automatisch gelöst wird. Dies ist insbesondere bei geringen Steigungen α von Vorteil, da dann höhere Kräfte wirksam sind.
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Vorteilhafterweise wird der Bremsdruck wieder erhöht, sobald die Detektion von tr erfolgreich durchgeführt wurde. Insbesondere ist vorgesehen, dass, wenn das Fahrzeug 1 über eine Umfeldsensorik beispielsweise mit Ultraschallsensoren zur Einparkhilfe verfügt, das Reduzieren des Bremsmoments unterbrochen wird, sofern eine Kollisionsgefahr besteht.
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Weiterhin kann vorteilhafterweise vorgesehen sein, dass die Gleichungen (5) und (6) nicht nach der Masse, sondern bei sonst unveränderten Ausgangsbedingungen nach dem Reibwert µ aufgelöst werden. Es ist beispielsweise experimentell möglich, mithilfe der erweiterten Gewichtsermittlungsfunktion und einer exakt definierten Fahrzeugmasse, zum Beispiel „leeres Fahrzeug, Fahrer und Kraftstoff“ den durchschnittlichen Reibwert der Bremsbeläge 6 zu ermitteln. Eine weitere Ausgestaltung der Funktion kann dazu genutzt werden, den Reibwert individuell zu bestimmen.
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Sofern eine automatisierte Parkbremse vorgesehen ist, kann diese dazu verwendet werden, die Bremskraft zu reduzieren und dadurch das Losrollen des Fahrzeugs beziehungsweise Rad 3 zu ermöglichen. Die Kraftschätzverfahren ermitteln die Klemmkräfte an den gebremsten Rädern 3 beim Reduzieren des Bremsdrucks beziehungsweise Bremskraft, wodurch Gleichungen (5) und (6) ebenfalls gelöst werden können.
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Vorteilhafterweise lässt sich die Funktion der Gewichtsermittlung mithilfe eines Menüs im Kombiinstrument oder einem anderen Anzeigeinstrument des Fahrzeugs aufrufen und leitet vorteilhafterweise den Fahrer Schritt für Schritt durch die Prozedur. Denkbar sind dabei beispielsweise folgende Anleitungsphasen:
- 1. Der Fahrer wird aufgefordert das Fahrzeug auf ein Gefälle zu bewegen. Dabei gibt beispielsweise eine Anzeige mit der aktuellen Straßensteigung Aufschluss darüber, ob das Gefälle zur Gewichtsermittlung geeignet ist oder nicht.
- 2. Dem Fahrer wird die Möglichkeit gegeben, die Bremsdruckmodulation automatisch oder manuell durchzuführen. Der Fahrer muss also eine Wahl treffen, ob er selbst den Bremsdruck aufbringen und entsprechend reduzieren möchte, oder ob dies automatisch erfolgen soll.
- 3. Der Fahrer wird aufgefordert, das Starten des Verfahrens zu bestätigen. Dadurch soll der Fahrer insbesondere darauf aufmerksam gemacht werden, dass sich in Hangabtriebsrichtung kein Hindernis befindet, welches durch das kontrollierte Losrollen des Fahrzeugs 1 gefährdet werden könnte. Wenn das Fahrzeug, wie zuvor erwähnt, eine Umfeldsensorik aufweist, kann dieser Schritt auch entfallen.
- 4. Sobald der Zeitpunkt tr erfasst und die dabei erfassten Größen, wie zuvor beschrieben, ermittelt wurden, wird das Gesamtgewicht des Fahrzeugs berechnet und dem Fahrer visuell oder akustisch angezeigt.
- 5. Nach erfolgter Gewichtsermittlung wird das Fahrzeug 1 zumindest vorübergehend, insbesondere automatisiert, wieder in den Stillstand gebracht, auch wenn der Fahrer das Bremspedal beziehungsweise die Feststellbremse des Fahrzeugs selbst nicht betätigt.
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In 6 wird das vorteilhafte Verfahren zur Gewichtsermittlung nochmals in einem Flussidagramm zusammengefasst.
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In dem Schritt 1 betätigt der Fahrer die Zündung des Fahrzeugs und kann dann in einem Schritt 2 das Programm oder die Funktion der Gewichtsermittlung auswählen, die vorzugsweise in einem Kombiinstrument oder der anderen Anzeigeeinheit des Fahrzeugs dargestellt wird. Sobald der Fahrer dies bestätigt hat, erfolgt in einem Schritt S3 die Bestimmung des aktuellen Steigungswinkels α. Insbesondere wird der Steigungswinkel dem Fahrer direkt durch das Anzeigeinstrument zusammen mit einer Information darüber angezeigt, ob die aktuelle Steigung für die Gewichtsermittlung ausreichend ist oder nicht. Die Beschleunigung ax wird dabei durch einen Längsbeschleunigungssensor in einem Schritt S4 in m/s2 erfasst. In einem Schritt S5 wird geprüft, ob die erfasste Steigung für die Gewichtsermittlung ausreichend ist oder nicht. Ist sie nicht ausreichend, wird dies entsprechend dem Fahrer angezeigt.
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Reicht die Steigung jedoch aus, so wird die Gewichtsermittlung in einem Schritt S6 gestartet, wobei in dem Flussdiagramm unterschieden wird, ob die Gewichtsermittlung automatisch (rechte Seite) oder mithilfe des Fahrers (linke Seite) erfolgt. Zunächst soll die manuelle Variante betrachtet werden.
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Dabei wird in einem Schritt S7 der Fahrer dazu aufgefordert, zunächst einen ausreichenden Bremsdruck aufzubauen, insbesondere durch Bremspedalbetätigung, so dass das Fahrzeug stillsteht. Dabei ist besonders bevorzugt vorgesehen, dass ein minimaler Haltedruck erreicht werden soll. Dies wird in einem Schritt S8 geprüft, wozu in Schritt S18 der Bremsdruck ermittelt oder gemessen wird. Wurde der minimale Haltedruck nicht erreicht, so wird der Fahrer dazu aufgefordert, den Bremsdruck weiter zu erhöhen (n). Reicht der Haltedruck aus (j), so wird in einem folgenden Schritt S9 geprüft, ob die Feststellbremse gelöst ist. Ist dies nicht der Fall, so wird der Fahrer dazu aufgefordert, die Feststellbremse zu lösen. Handelt es sich bei der Feststellbremse um eine elektromechanische Parkbremse, so kann durch einen entsprechenden Systembefehl die Feststellbremse auch automatisch gelöst werden. Ist die Feststellbremse gelöst (j), so wird der Fahrer in einem Schritt S10 dazu aufgefordert, den Bremsdruck zu reduzieren, wobei in einem Schritt S11 der Druckabbaugradient überwacht wird. Überschreitet dieser einen vorgebbaren Grenzwert (n), so wird der Fahrer dazu aufgefordert, das Verfahren nochmals durchzuführen. Liegt der Druckabbaugradient unterhalb des vorgebbaren Grenzwerts (j), so wird der Zeitpunkt tr in einem Schritt S12 erfasst und die zu diesem Moment vorliegenden Bremsdrücke an den Rädern gespeichert. Auch ist es denkbar, einen Mittelwert der erfassten Bremsdruckwerte zu bilden. Dabei können Modellbremsdrücke oder ein direkt erfasster Druck im jeweiligen Hauptbremszylinder der Erfassung des Bremsdruckwertes zugrunde gelegt werden. Zum Erfassen des Zeitpunkts tr werden die Ausgabewerte von einem dem jeweiligen Rad zugeordneten Drehzahlsensor beziehungsweise von allen Drehzahlsensoren in einem Schritt S13 erfasst, um die Radgeschwindigkeit VR zu erfassen. Sobald sich die Radgeschwindigkeit, wie zuvor in Bezug auf 4 beschrieben, erhöht, wird der Zeitpunkt tr festgestellt. Zusätzlich werden die zuvor in einem Schritt S14 hinterlegten konstanten Werte bezüglich des Radradius rstat, des effektiven Radius reff, des Reibwerts, der Erdbeschleunigung g, der Druckfläche Ap des Bremskolben 7 sowie die Anzahl n der gebremsten Räder eingelesen. Aus all diesen Werten wird in einem Schritt S15 das Fahrzeuggewicht beziehungsweise die Fahrzeugmasse mV wie zuvor beschrieben mittels der erläuterten Gleichungen berechnet und dem Fahrer visuell oder akustisch angezeigt.
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Alternativ zu den Schritten S7 und S10, in welchen der Fahrer des Fahrzeugs 1 selbst tätig werden muss, ist es – wie zuvor bereits erwähnt – vorgesehen, dass die Gewichtsprüfung zumindest im Wesentlichen automatisch erfolgt. Dazu wird in einem Schritt S16 ein automatischer Druckaufbau über das Bremssystem erzeugt und in einem Schritt S17 entsprechend automatisch verringert, bis das oder die Räder 3 zu dem Zeitpunkt tr zu rollen beginnen. Zweckmäßigerweise wird nach erfassen von tr der Bremsdruck wieder erhöht, um ein unkontrolliertes Rollen des Fahrzeugs zu vermeiden.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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