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Die Erfindung betrifft ein Fahrzeugmassenschätzungsverfahren, mittels dem es möglich ist, die Masse eines Fahrzeugs, insbesondere eines Personenkraftwagens, zu schätzen. Ferner ist es mit dem hier relevanten Fahrzeugmassenschätzungsverfahren auch möglich, die Masse eines Gespanns, also eines Fahrzeugs mit Anhänger, sowie eines Anhängers allein zu schätzen.
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Die derartige Schätzung der Fahrzeugmasse und insbesondere auch der Anhängermasse dient als Grundlage für eine fahrdynamische Stabilisierung des Fahrzeugs und gegebenenfalls seines Anhängers.
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Es sind diverse Verfahren für eine Schätzung der Fahrzeugmasse aus einer Vertikaldynamik des jeweiligen Fahrzeugs bekannt, die insbesondere mit Tiefpassfiltern der Kräfte der zugehörigen Radaufhängung und mit nichtlinearen Zustandsbeobachtern (EKF) arbeiten.
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So ist aus
EP 1863659 B1 ein Verfahren zur Bestimmung der Masse eines Fahrzeugs anhand einer Vertikalbewegung zwischen einem Fahrzeugaufbau und den Fahrzeugrädern bekannt, wobei die Massenschätzung mittels eines auf der Vertikaldynamik des Fahrzeugs basierenden, nichtlinearen Zustandsbeobachters durchgeführt wird.
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In
EP 1430276 B1 ist ein Verfahren zur Ermittlung der Masse eines Kraftfahrzeugs unter Berücksichtigung unterschiedlicher Fahrsituationen mit Auswertung der jeweiligen Fahrzeugbeschleunigung bekannt. Dabei werden neben der Antriebskraft eines Antriebsaggregats die jeweiligen Widerstandskräfte, resultierend aus rotatorischen Kräften, aus dem Luftwiderstand, aus dem Rollwiderstand und aus der Hangabtriebskraft, und zusätzlich Bremskräfte an zugehörigen Reibungsbremsen berücksichtigt. Derartige Massenschätzungen mit der Fahrzeugbeschleunigung, also auf der Basis der Längsdynamik des Fahrzeugs, inkludieren jedoch immer die Anhängermasse. Es ergeben sich dann vergleichsweise viele nötige Modellannahmen, die nicht mit hoher Sicherheit bestimmt werden können.
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Aus
DE 102006045305 B3 ist ein Verfahren zur Ermittlung der Masse eines Kraftfahrzeugs durch die Messung der Höhenstände der Radaufhängung unter Kalibrierung durch eine Fahrzeugmassenschätzung aus der Längsdynamik bekannt. Bei Verwendung einer Niveauregelung im Fahrzeug ist jedoch eine Massenschätzung über die Auswertung von Messungen des Höhenstandes nicht möglich, da eben genau die erwartete Änderung des Höhenstands durch die Regelung ausgeglichen wird.
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Die
DE 19744066 B4 beschreibt ein Verfahren zum Erkennen eines Anhängerbetriebs bei einem Kraftfahrzeug, wobei ein Drucksignal, das den zum Anhänger ausgesteuerten Druck erfasst, ausgewertet wird. Für die Detektion des Anhängers muss der Anhänger also mechanisch über eine Anhängerkupplung und zusätzlich mittels weiterer Anschlüsse mit dem Zugfahrzeug verbunden sein. Darüber hinaus ist eine zusätzliche Sensorik für die Druckmessung notwendig. Eine Aussage über die Masse des Anhängers kann nicht getroffen werden.
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Gemäß
US 2009/0306861 ist es möglich, einen Anhänger durch einen Vergleich der erwarteten Dynamik des Fahrzeuges mit gemessenen Sensorgrößen zu erkennen. Wenn der Schwerpunkt des Anhängers jedoch nahe an einer Radachse liegt, existiert der Einfluss des Anhängers auf die Dynamik des Fahrzeugs nur bei starken Gierratenänderungen. Generell ist der Einfluss des Anhängers auf die Dynamik des Fahrzeugs bei dieser Konfiguration gering.
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Erfindungsgemäß ist ein Fahrzeugmassenschätzungsverfahren zum Schätzen der Masse eines Fahrzeugs geschaffen, bei dem für das Fahrzeug mehrere Modelle zum Schätzen der Masse erstellt werden, mit den Modellen je mindestens ein am Fahrzeug messbarer Parameter geschätzt wird, am Fahrzeug der messbare Parameter gemessen wird und eine Bewertung der Modelle mittels eines Vergleichs des geschätzten und des gemessenen Parameters erfolgt. Insbesondere wird bei der Parametrisierung der erfindungsgemäßen Modelle zwischen den verschiedenen Modellen allein der Parameter der Masse des Fahrzeugs als unterschiedliche bzw. jeweils anders gesetzt.
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Die mehreren Modelle werden erfindungsgemäß bevorzugt zyklisch erstellt bzw. ausgeführt und dabei wird für ein erneutes Schätzen der Masse des Fahrzeugs jenes Modell gewählt, das vorhergehend eine im Vergleich zu den anderen Modellen gute Bewertung erhalten hat. Insbesondere werden mehrere Modelle (alle mit unterschiedlichen Massen) initialisiert. Diese werden dann zyklisch (bevorzugt gemäß dem Kalman Filter) ausgeführt. In jedem Schritt werden alle Modelle bewertet. Damit liegt dann für jedes Modell zu jeder Zeit eine Bewertung bzw. eine Wahrscheinlichkeit vor. Dabei kann durch ein zyklisches Vorgehen ermittelt werden, welches Modell mehrfach eine gute Bewertung erhalten hat, und dann dieses Modell als das die Masse des Fahrzeugs als am wahrscheinlichsten richtig angebende Modell erkannt werden. Vorzugsweise wird nach einer gewissen Zeit eine „Massen-Region” von Modellen als wahrscheinlicher bewertet als andere. Dann kann man sozusagen neu initialisieren und zwar eben in der zuvor gefunden Region mit höher Dichte an Modellen. Für ein erneutes Schätzen der Masse des Fahrzeugs werden ferner bevorzugt von den vorhergehenden Modellen α Modelle mit der geringsten Wahrscheinlichkeit gelöscht und α neue Modelle erstellt. Dadurch kann eine Diskretisierung im wahrscheinlichen Bereich verfeinert werden. Darüber hinaus werden vorteilhaft für ein erneutes Schätzen der Masse des Fahrzeugs die Modelle mittels der vorhergehend gemessenen Parameter optimiert. Die mehreren Modelle zum Schätzen der Masse und deren Bewertung laufen dann also parallel bzw. zeitgleich. Ferner kann man zur Bewertung der Modelle vorteilhaft den gewichteten Mittelwert über mindestens zweit, bevorzugt über alle Modelle erstellt. Für den gewichteten Mittelwert wird die Masse des jeweiligen Modells und deren Wahrscheinlichkeit bzw. Güte berücksichtigt.
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Mit anderen Worten wird erfindungsgemäß zur Masseschätzung ein Multi-Model-Ansatz verwendet. Zur Masseschätzung erfolgt dabei ein Vergleich von gemessenen und geschätzten Parametern. Damit wird die Güte der Modelle bewertet, welche unter der Annahme unterschiedlicher Massen parametriert werden. Insbesondere wird die Masse entsprechend dem Modell mit der höchsten Güte ausgewählt.
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Die mehreren Modelle werden gemäß der Erfindung vorzugsweise mit jeweils einer linearen Zustandsgleichung erstellt.
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Bei der Bewertung wird vorteilhaft als Bewertungskriterium eine zuvor definierte Wahrscheinlichkeit für das Modell verwendet.
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Als messbarer Parameter wird besonders bevorzugt ein Parameter der Vertikaldynamik des Fahrzeugs, insbesondere ein Höhenstand einer Radaufhängung, eine Federsteifigkeit einer Radaufhängung, ein Dämpfungswert einer Radaufhängung und/oder eine Radbeschleunigung eines Fahrzeugrades, verwendet. Alternativ oder zusätzlich wird als messbarer Parameter ein Parameter der Längsdynamik oder der Querdynamik oder des Lenkwinkels des Fahrzeugs, insbesondere eine Gesamtbeschleunigung, verwendet.
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Mit den erfindungsgemäß vorgesehenen Modellen wird ferner bevorzugt je eine Teilmasse des Fahrzeugs geschätzt, wobei vorzugsweise vier Multi-Modell-Ansätze für je eine Viertelfahrzeugmasse verwendet werden. Die Gesamtmasse des Fahrzeugs wird dann als eine Summe der Teilmassen ermittelt.
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Um das erfindungsgemäße Fahrzeugmassenschätzungsverfahren weiter zu verbessern, ist ferner vorzugsweise vorgesehen, bei den erfindungsgemäßen Modellen Brems- und/oder Beschleunigungsvorgänge sowie Kurven- und Lenkvorgänge des Fahrzeugs zu berücksichtigen.
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Die Erfindung basiert auf der Erkenntnis, dass Verfahren zur Bestimmung von Fahrwerksparametern, vor allem auch der Fahrzeugmasse, aus der Vertikaldynamik hinlänglich bekannt sind. Die bekannten Verfahren weisen aber insbesondere den Nachteil auf, dass nichtlineare Zustandsbeobachter relativ aufwändig sind und vergleichsweise viel Rechenzeit benötigen. Zudem können sich instabile bzw. divergierende Zustandsschätzungen aufgrund einer unzureichenden Güte der Parametrierung ergeben.
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Mit der erfindungsgemäßen Lösung ist es hingegen möglich, die Rechenzeit pro Modell auf ca. 1/10 im Vergleich zu einer Verwendung von nicht-linearen Zustandsbeobachtern zu reduzieren. Die erfindungsgemäße Lösung basiert ferner darauf, dass viele Größen, die zur Zustandsschätzung benötigt werden, mittels zugehöriger Gleichungen einmalig vorberechnet werden. Somit müssen diese Größen nicht wie sonst üblich in jedem Zeitschritt bzw. jedem Schätzungsdurchlauf neu berechnet werden. Ferner ist eine robustere Modellierung und Parametrierung geschaffen. Die erfindungsgemäße Funktionalität ergibt sich auch bei einer im Fahrzeug eingebauten Niveauregelung. Insbesondere wird gemäß der Erfindung auch kein Referenzhöhenstand, also die Höhe des Fahrzeugaufbaus bei entspannter Feder der zugehörigen Radaufhängung, benötigt.
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In einer vorteilhaften Ausprägung der erfindungsgemäßen Lösung wird der gewichtete Mittelwert aller Modellmassen gewichtet mit der jeweiligen Modellgüte bestimmt. Hinlänglich bekannte Verfahren bewerten die Modellfehler anhand der Varianz einer Normalverteilung – dies ist hier nicht gemacht. Erfindungsgemäß wird für alle Modelle die gleiche Varianz zur Bewertung herangezogen. Die Varianz entspricht hierbei einem Designparameter: Umso größer die Varianz angenommen wird, desto langsamer konvergiert die Massenschätzung. Hinlänglich bekannte Verfahren setzten ferner für die Modellfehler eine Normalverteilung an (Kalmann Filter) – diese Einschränkung wird mit dem vorgeschlagenen Verfahren aufgelöst.
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Kombiniert man die erfindungsgemäße Masseschätzung mit einer hinlänglich bekannter Massenschätzung aus der Fahrzeuglängsdynamik, so lässt sich die Verteilung der Massen (Fahrzeugmasse, Anhängermasse) in einem Fahrzeug-Anhängergespann bestimmen. Bei einem solchen bekannten Massenschätzungsverfahren wird, wie etwa oben zu
EP 1430276 B1 erläutert, die Masse eines Gespanns anhand der während eines Bremsvorgangs bzw. einer Beschleunigung insgesamt ermittelten trägen Masse festgestellt.
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Nachfolgend wird ein Ausführungsbeispiel der erfindungsgemäßen Lösung anhand der beigefügten schematischen Zeichnungen näher erläutert. Es zeigt:
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1 das Wirkschema eines erfindungsgemäß verwendeten Viertelfahrzeugs,
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2 einen Ablauf des erfindungsgemäßen Verfahrens insgesamt,
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3 einen Ablauf des erfindungsgemäßen Verfahrens zu einem seiner Zeitschritte,
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4 einen ersten Graphen zur erfindungsgemäßen Bewertung der Modelle und
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5 einen zweiten Graphen zur erfindungsgemäßen Bewertung der Modelle.
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1 veranschaulicht die erfindungsgemäße Vorgehensweise, gemäß der ein Fahrzeug in vier Teile, so genannte Viertelfahrzeuge 10, aufgeteilt wird. Zu jedem Viertelfahrzeug 10 gehört eine Radaufhängung mit zugehörigem Fahrzeugrad, das einen Höhenstand zR einnimmt. Der zugehörige Fahrzeugaufbau weist (erfindungsgemäß vereinfacht) eine Teilmasse mA und einen Höhenstand zA auf. Zwischen dem Fahrzeugaufbau und dem Fahrzeugrad befindet sich die Feder- und Dämpfungseinrichtung der Radaufhängung mit einer Federkonstanten Fc sowie einem Dämpfungswert Fd.
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Für die Dynamik des derart reduzierten Viertelfahrzeugs werden mehrere lineare Zustandsbeobachter der Form x = (zA – zR; żA – żR; zR; żR; z ··R) mit dem Messvektor z = (zA – zR; z ··R) verwendet.
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Zur Parametrierung werden also als Parameter, insbesondere die Federsteifigkeit Fc und der Dämpfungswert bzw. Dämpfungsparameter Fd der Fahrzeugaufhängung, verwendet. Bei einem Fahrzeug mit Luftfedern, die ein- oder zweiachsig verbaut sein können, kann dabei z. B. über einen Luftdrucksensor der Innendruck gemessen und aus einer Lookup-Tabelle die Federsteifigkeit Fc bestimmt werden.
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In 2 sind die wesentlichen Schritte der Vorgehensweise veranschaulicht. Zunächst wird das Fahrzeug wie erläutert in die vier Viertelfahrzeuge 10 unterteilt. Für jedes der Viertelfahrzeuge 10 wird anhand eines Multi-Modell-Ansatzes mit mehreren Modellen eine Simulation bzw. Schätzung 12 durchgeführt. Ergebnisse 14 der Schätzung 12 werden mittels eines Vergleichs mit Messdaten der Fahrzeugdynamik einer Bewertung 16 unterzogen. Anhand einer Wahrscheinlichkeit 18 ergibt sich das als bestes Modell beurteilte Modell und mittels diesem in einer Gesamtschätzung 20 eine Gesamtmasse 22 des Fahrzeugs. Anhand der Messdaten der Fahrzeugdynamik erfolgt ferner ein Korrigieren bzw. Optimieren 24 der Modelle.
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Wie in 3 veranschaulicht, werden auf diese Weise zu einem Zeitschritt des erfindungsgemäßen Verfahrens mehrere Modelle 26 mit der Laufziffer i, i + 1, ... für die Teilmasse Masse mA, aufgestellt. Für jedes Modell 26 wird auf der Grundlage eines vorigen Zustands 28 mittels der Schätzung 12 ein prädizierter Zustand 30 ermittelt. Dieser geht mittels des genannten Optimierens 24 in einen korrigierten Zustand 32 und mittels der Bewertung 16 in einen Gütewert 34 ein. Aus diesem wird eine Modellwahrscheinlichkeit 36 ermittelt, anhand derer das beste Modell 26 für die Massenschätzung ausgewählt wird. Für das Optimieren 24 und die Bewertung 16 wird wie erläutert in jedem Zeitschritt ferner eine Messung 38 von messbaren Parametern des jeweiligen Modells 26 berücksichtigt. Die Messung gibt es also in jedem Zeitschritt einmal, und zwar von Sensoren am realen Fahrzeug. Diese Messung wird dann verglichen mit entsprechend geschätzten Zuständen der jeweiligen Modelle.
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Das Korrigieren bzw. Optimieren 24 der Modelle 26 erfolgt ähnlich zu einem Kalman-Filter: x ^priori,k = Fx ^posteriori,k-1
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Hierbei ist F die Systemmatrix und x ^posteriori,k-1 die Zustandsschätzung aus dem letzten Zeitschritt. x ^posteriori,k-1 = x ^priori,k + Lk(zk – Hx ^priori,k)
- zk
- ist die Messung in Zeitschritt k und H die Beobachtungsmatrix.
- Lk
- entspricht dem stationären Wert des Kaiman-Gains eines Viertelfahrzeuges, welches eine in etwa zu erwartende Viertelfahrzeugmasse besitzt.
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Als stationärer Wert wird das „eingeschwungene” Kalman-Gain verwendet.
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Die stationären Werte können durch mehrfaches Auswerten von
- (1) Ppriori,k = FPposteriori,k-1F' + Q
- (2) Sk = HPpriori,kH' + R
- (3) Lk = Ppriori,kHS –1 / k
- (4) Pposteriori,k = (I – LkH)Ppriori,k
errechnet werden.
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Das Kalman-Filter ist ein Zustandsbeobachter, der bei normaler Anwendung komplett (mit allen Gleichungen) zeitsynchron eine Schätzung der Zustände errechnet. Vorliegend werden nur die Gleichungen x ^priori,k = Fx ^posteriori,k-1 und x ^posteriori,k = x ^priori,k + Lk(zk – Hx ^priori,k) zeitsynchron verwendet. Die Gleichungen (1) und (4) werden hingegen nur einmalig und separat berechnet. Beim einmaligen Berechnen wird zyklisch gerechnet, bis das Kalman-Gain „eingeschwungen” ist.
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Das Kalman-Gain L wird bei dieser Vorgehensweise konstant gesetzt und kann daher separat vorberechnet werden, und zwar abhängig von der gewählten Prozessrauschmatrix Q und der Messrauschmatrix R, und abhängig von dem Modell, welches F vorgibt. Konkret heißt das, dass ein Modell der Masse 400 kg ein leicht verschiedenes F aufweist, als ein Modell der Masse 500 kg. Praktisch sollte man ein Modell der Masse verwenden, zu dem auf passende Messungen gemacht wurden. Dazu werden die Gleichungen (1) bis (4), die so genannten Kalman-Gleichungen, in Schleife berechnet, bis sie eingeschwungen sind und das Kalman-Gain einen stationären Wert erreicht. Dieses wird dann gespeichert und kann jederzeit benutzt werden.
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Eine Lösung mittels der so genannten Riccati-Gleichung P = F(P – PH'(HPH' + R)–1HP)F' + Q als Alternative wird vorliegend hingegen nicht empfohlen, nachdem aufgrund von fehlender Beobachtbarkeit die Varianzen von zR und żR divergieren.
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Die genannte Vorgehensweise kann schon vor der Verwendung im Fahrzeug erfolgen, nachdem beim Kalman-Filter die Gains unabhängig von den Messungen zk sind.
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Wobei Pposteriori,k-1 die geschätzte Kovarianzmatrix des letzten Zustandsvektors ist, Q die diskretisierte Kovarianzmatrix des Systemrauschens, R die Kovarianzmatrix des Messrauschens und/die Einheitsmatrix ist.
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Das Kalman-Gain L ist also für alle Modelle zu jedem Zeitschritt gleich. Bei der einmaligen Parameterwahl von Q und R wird nicht darauf geachtet, dass das Filter konsistent ist. Dies wäre für eine einzelne Masse möglich, bei mehreren Massen müssten aber auch die Parameter Q und gegebenenfalls R dafür jeweils geändert werden. Praktisch sind aber nicht immer alle nötigen Messreihen vorhanden. Dies alles führt dazu, dass die durch das Kalman-Filter berechneten Kovarianzen nicht zur Bewertung 16 der Modelle 26 benutzt werden.
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Wie bereits zu 3 erläutert, wird dabei ein Multi-Modell-Ansatz durchgeführt, bei dem für die Bewegung jedes Rades insgesamt N Modelle 26 mit unterschiedlichen Massen mi initialisiert werden. So zeigt 3 ein Modell 26 für eine Massenschätzung i und ein weiteres Modell 26 für eine Massenschätzung i + 1.
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Durch K aufeinanderfolgende Messungen z der Vertikaldynamik, vorliegend des Höhenstands z
A und vorzugsweise auch einer Radbeschleunigung, wird die Bewertung
16 der einzelnen Modelle
26 mit den unterschiedlichen Aufbaumassen bzw. Teilmassen m
A durchgeführt. Dafür wird für jedes Modell i mit der Masse m
i vorzugsweise ein eigens definiertes Gütemaß
34 für einen Fehler E
i bestimmt zu
mit der Messung h
k = z
k(1) und Schätzung h
i,k = x
i,k(1) des Höhenstandes z
A aus dem Modell i, gewichtet mit dem Exponent δ. Sofern beispielsweise δ = 2 angesetzt wird, entspricht dies dem Optimierungskriterium einer Least-Squares-Optimierung und die Bewertung
16 wird ähnlich zu einer Likelihood-Bewertung bzw. Wahrscheinlichkeitsbewertung (unter einer Normalverteilungsannahme).
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Dabei kann man für jedes Modell i nach K Messschritten folgende bevorzugten Modellwahrscheinlichkeit
36 definieren:
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Die Fahrzeugmasse des Viertelfahrzeugs
10 wird dann bestimmt zu der Masse
m ^k welche beim Modell mit dem kleinsten Gütemaß E
(i|K), respektive der größten Wahrscheinlichkeit P
(i|K), verwendet wird:
m ^k = m(iK)
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Zur Abschätzung der Güte über die Massenschätzung und eventueller Abbruchkriterien bei Erreichung einer entsprechend sicheren Schätzung dient die Form der Kurve, wie sie in 4 dargestellt ist. Dabei zeigt die senkrechte Diagrammachse die Modellwahrscheinlichkeit 36 über der jeweils zugehörigen Fahrzeugmasse des Viertelfahrzeugs 10 (in kg) an der waagrechten Diagrammachse.
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5 veranschaulicht, wie nach der Hälfte der Berechnungszeit die Modellwahrscheinlichkeiten 36 zu einer „breiteren” Kurve führen, als am Ende der Berechnung (siehe 4). Mit ansteigender Zeit fokussieren sich die Wahrscheinlichkeiten auf einen bestimmten Bereich.
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Nach einer gewissen Zykluszeit werden unwahrscheinliche Modelle 26 nicht weiter verfolgt, um Rechenkapazität zu sparen. Im Bereich hoher Modellwahrscheinlichkeiten 36 werden neue Modelle 26 initialisiert, um die Auflösung der Massenschätzung zu verbessern.
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Von den N Modellen 26 werden beispielsweise α Modelle (α < N – 2) mit den niedrigsten Wahrscheinlichkeiten 36 gelöscht und gleichzeitig α neue Modelle 26 auf folgende Weise initialisiert:
Wahrscheinlichstes Modell liegt am Rand (i = 1 bzw. i = N):
Δmneu > Δmalt (Weite der Diskretisierung der Massen wird vergrößert)
α neue Modelle setzten die Simulation auf der Seite des Modells mit Pmax fort.
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Wahrscheinlichstes Modell ist nicht am Rand (1 < i < N):
Δmneu < Δmalt (Weite der Diskretisierung der Massen wird verringert)
α neue Modelle um das Modell mit mit Pmax unterteilen die wahrscheinlichsten Intervalle.
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Schließlich sei noch angemerkt, dass zur Berechnung des Kaiman-Gains – neben der Viertelfahrzeugmasse – die Varianzeinträge für das Systemrauschen Q und das Messrauschen R vorgegeben werden können. Zur Bestimmung der Prozessrauschparameter, der Parameter des Messrauschens sowie des Exponenten δ kann ein Optimierungsalgorithmus („Differential Evolution”) verwendet werden. Dieser bestimmt die optimalen Parameter auf der Grundlage von Trainingsdaten, respektive Messfahrten von Fahrzeugen mit bekannter Masse, anhand der Bewertung, wie passend die Masse (und u. a. weitere dynamische Größen) geschätzt wurden.
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Die Masse m
G des Gesamtfahrzeugs ergibt sich schließlich aus der Summe der vier Einzelergebnisse m
A aus den Vierteilfahrzeugmodellen:
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Zur Schätzung der Masse eines Anhängers sind Massenschätzungen aus der Längsdynamik hinlänglich bekannt. Bei den bekannten Verfahren wird, falls ein Anhänger vorhanden ist, die Gesamtmasse des Gespanns geschätzt. Beim hier vorgestellten Verfahren der Massenschätzung aus der Vertikaldynamik wird hingegen die reine Fahrzeugmasse mG (zuzüglich der im Verhältnis kleinen statischen Anhängelast auf der Anhängerkupplung des Zugfahrzeugs) bestimmt.
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Mit m ^Anhänger = m ^Gespann – m ^Fahrzeug kann somit die Masse des Anhängers bestimmt werden.
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In einem Bereich, in dem sicher von einem vorhandenen Anhänger ausgegangen wird, kann die Fahrzeugmasse – und damit auch die Anhängermasse – noch um die erwarteten statischen Kupplungskräfte korrigiert werden, die in der Massenschätzung durch die Vertikaldynamik dem Fahrzeug zugeschlagen wurde:
mit der Erdbeschleunigung
g = 9,81 m / s² .
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Systematische Fehler der Schätzung der Fahrzeugmasse, die aufgrund von Eigenschaften des Anhängers (Masse, Trägheitsmoment, ...) auftreten, können in einer zweiten Korrektur berücksichtigt werden: m ^korr,2 = f(m ^Anhänger,korr, ...)
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Viertelfahrzeug
- 12
- Schätzung
- 14
- Ergebnis
- 16
- Bewertung
- 18
- Wahrscheinlichkeit
- 20
- Gesamtschätzung
- 22
- Gesamtmasse
- 24
- Optimieren
- 26
- Modell
- 28
- Zustand
- 30
- Zustand
- 32
- Zustand
- 34
- Gütewert
- 36
- Modellwahrscheinlichkeit
- 38
- Messung
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- EP 1863659 B1 [0004]
- EP 1430276 B1 [0005, 0020]
- DE 102006045305 B3 [0006]
- DE 19744066 B4 [0007]
- US 2009/0306861 [0008]