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Die Erfindung betrifft ein Verfahren und ein Fahrerassistenzsystem zur Durchführung eines Fahrspurwechsels eines auf einer Ist-Spur autonom fahrenden Fahrzeugs auf eine benachbarte Ziel-Spur.
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Autonomes Fahren von Fahrzeugen ermöglicht das Fahren in autonomen Kolonnen, um mittels höherer, aber organisierter Verkehrsdichte den Verkehrsfluss auf einer mehrspurigen Strasse zu erhöhen und gleichzeitig durch das Kolonnenfahren (Windschattenfahren) den Energieverbrauch der Kolonnenfahrzeuge zu reduzieren. Vor allem der erhöhte Verkehrsfluss (Fahrzeuge pro Zeit, die einen Straßenabschnitt passieren) wird angesichts des erwarteten, steigenden Verkehrsaufkommens besonders in Ballungsgebieten interessant.
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Aus dem EU-Projekt SARTRE (EU Framework Program 7) ist hierzu ein Konzept bekannt, bei dem ein von einem professionellen Fahrer gesteuertes Führungsfahrzeug und mehrere nachfolgende, autonom gesteuerte Folgefahrzeugen eine Kolonne bilden. Die autonom gesteuerten Folgefahrzeuge sind mit Umgebungssensoren und einer Längs- und Quersteuerung zum autonomen Fahren ausgestattet, so dass sie die Spur wie auch einen vorgegebenen Abstand voneinander automatisch halten. Derartige Kolonnen erhöhen die Verkehrssicherheit, schützen die Umwelt, optimieren den Verkehrsfluss und erhöhen den Fahrtkomfort für die Folgefahrzeuge.
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Zur Regelung des Abstandes zu einem vorausfahrenden Fahrzeug ist aus der
DE 10 2008 061 303 A1 ein Steuersystem für ein Fahrzeug bekannt, welches eine Steuereinrichtung und ein Fahrerassistenzsystem aufweist. Die Steuereinheit ist in der Lage, einen einzuhaltenden Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug auf Basis von Car-to-Car-(C2C)-Kommunikation zu berechnen, wobei das Fahrerassistenzsystem diesen berechneten einzuhaltenden Abstand direkt als Vorgabe zur Fahrzeugsteuerung übernimmt.
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Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren und ein Fahrerassistenzsystem zur Durchführung eines Fahrspurwechsels eines auf einer Ist-Spur autonom, ggf. in einer vorgenannten Kolonne fahrenden Fahrzeugs auf eine benachbarte Ziel-Spur anzugeben.
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Die Erfindung ergibt sich aus den Merkmalen der unabhängigen Ansprüche. Vorteilhafte Weiterbildungen und Ausgestaltungen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
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Der verfahrensgemäße Aspekt der Aufgabe ist durch ein Verfahren zur Durchführung eines Fahrspurwechsels eines auf einer Ist-Spur autonom fahrenden Fahrzeugs auf eine benachbarte Ziel-Spur gelöst, bei dem der Fahrspurwechsel zunächst selbsttätig durch das Fahrzeug oder durch eine Eingabe im Fahrzeug, d. h. in ein Eingabemittel des Fahrzeugs initialisiert wird. Eine selbsttätige Initialisierung erfolgt als eine vom Fahrzeug autonom gefällte Spurwechselentscheidung, die beispielsweise aufgrund eines Nutzerprofils, einer vom Navigationssystem berechneten Route oder einer aktuellen Verkehrssituation wie einer Staubildung auf einer Ist-Spur zustande kommt. Als Eingabemittel für einen Nutzer können beispielsweise manuell bedienbare Schnittstellen (Taster, Tastatur, Touchscreen Blinkerhebel, etc.) aber auch Schnittstellen zur Spracheingabe dienen. Die Initialisierung umfasst insbesondere die Information, auf welche zur Ist-Spur benachbarte Ziel-Spur (links oder rechts von der Ist-Spur) gewechselt werden soll.
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Nach der Initialisierung eines Fahrspurwechsels wird auf Basis von ersten Orts- und Bewegungsdaten des Fahrzeugs und von zweiten Orts- und Bewegungsdaten von auf der Ziel-Spur fahrenden zweiten Fahrzeugen ein Vorliegen einer für den Fahrspurwechsel adäquaten Verkehrslücke ermittelt. Die Orts- und Bewegungsdaten werden bspw. über eine Car-to-Car (C2C) oder eine Car-to-X (C2X) Kommunikation bereitgestellt. Die jeweiligen Ortsdaten geben den Ort des jeweiligen Fahrzeugs an. Die jeweiligen Bewegungsdaten geben insbesondere die Geschwindigkeit, die Beschleunigung des jeweiligen Fahrzeugs an. Weiterhin können die Bewegungsdaten Stellungen des Bremspedals oder des Gaspedals der jeweiligen Fahrzeuge umfassen. Die Orts- und Bewegungsdaten können je nach Auslegung des Verfahrens aktuelle oder prognostizierte Werte umfassen.
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Unter dem Begriff „adäquate Verkehrslücke” wird vorliegend eine Verkehrslücke auf der Ziel-Spur verstanden, die einen gefahrlosen und im Verkehrsfluss harmonischen Fahrspurwechsel unter Berücksichtigung von Sicherheitsabständen zu zweiten Fahrzeugen auf der Ziel-Spur, Sicherheitsabständen zu dem auf der Ist-Spur dem Fahrzeug nachfolgenden und vorausfahrenden Fahrzeug, und ggf. erforderlichen Beschleunigungs- oder Verzögerungsvorgängen des Fahrzeugs ermöglicht.
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Die zweiten Fahrzeuge sind vorzugsweise diejenigen Fahrzeuge, die auf der Ziel-Spur von dem Fahrspurwechsel betroffen sind, d. h. Fahrzeuge auf der Ziel-Spur in einer begrenzten Umgebung vor oder hinter dem (eigenen) Fahrzeug fahren.
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Sofern das Vorliegen einer adäquaten Verkehrslücke auf der Zielspur erkannt wird, wird der Fahrspurwechsel von dem Fahrzeug autonom ausgeführt. Das Fahrzeug verfügt hierzu über entsprechende Umgebungssensoren und eine entsprechende Längs- und Quersteuerung.
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Im einfachsten Fall wird abgewartet bis sich auf der Ziel-Spur eine solche adäquate Verkehrslücke im Verkehrsfluss von selbst ergibt. Alternativ kann eine solche adäquate Verkehrslücke wie nachfolgende beschrieben auch aktiv erzeugt werden.
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Eine Weiterbildung des Verfahrens zeichnet sich dadurch aus, dass die für den Fahrspurwechsel adäquate Verkehrslücke auf der Ziel-Spur erzeugt wird, indem das Fahrzeug und die zweiten Fahrzeuge ihre jeweiligen Bewegungen entsprechend koordiniert und aktiv anpassen. Dabei erfolgt die koordinierte Anpassung der Bewegungen bevorzugt derart, dass jeweils eine möglichst geringe Bewegungsänderung des Fahrzeugs und der zweiten Fahrzeuge erfolgt. Die Anpassung der Bewegungen des Fahrzeugs und der zweiten Fahrzeuge wird vorteilhaft durch eine Zentralstelle gesteuert. Die Zentralstelle kann bspw. ein Zentralserver einer Verkehrsleitstelle sein. Hierzu werden aktuelle Orts- und Bewegungsdaten des Fahrzeugs und der zweiten Fahrzeuge an die Zentralstelle übermittelt. Die Zentralstelle übernimmt die entsprechend koordinierte Steuerung der am Fahrspurwechsel beteiligten Fahrzeuge, indem entsprechende Steuersignale von der Zentralstelle an die betroffenen Fahrzeuge übermittelt werden. Die Kommunikation zwischen Zentralstelle und den Fahrzeuge erfolgt beispielsweise über mobiles Internet oder eine Car-to-X-Kommunikation.
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Alternativ kann die Anpassung der Bewegungen des Fahrzeugs und der zweiten Fahrzeuge auch durch das Kollektiv bestehend aus dem Fahrzeug und den zweiten Fahrzeugen koordiniert gesteuert werden. Hierzu verfügen die beteiligten Fahrzeuge bevorzugt über entsprechende Car-to-Car-Kommunikationsmittel und darüber vernetzte Steuerrechner. Das vorgeschlagene Verfahren eignet sich insbesondere zur Verkehrsflussoptimierung auf einer Strasse mit mehreren Fahrspuren. Eine entsprechende Weiterbildung des vorgeschlagenen Verfahrens hierzu zeichnet sich dadurch aus, dass je Fahrspur eine von der Verkehrsdichte abhängige Richtgeschwindigkeit vorgegeben wird, und für das Fahrzeug eine fahrspurabhängige oder geschwindigkeitsabhängige Maut erhoben wird. Die Richtgeschwindigkeit wird vorzugsweise dynamisch an eine sich ändernde Verkehrsdichte (entweder Fahrspur-bezogen oder Straßenabschnitt-bezogen) angepasst. Vorteilhaft wird denjenigen zweiten Fahrzeugen, die zum Erzeugen einer adäquaten Verkehrslücke abbremsen, ein Mautbonus gutgeschrieben.
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Durch die fahrspurabhängige Maut kann der Fahrer eines autonom fahrenden Fahrzeugs beispielsweise wählen, ob er schneller und teurer oder langsamer und preisgünstiger zum Ziel gelangen will. Vorteilhaft kann bei der Initialisierung des erfindungsgemäßen Fahrspurwechsels zwischen diese beiden Kategorien (Kategorie 1: schneller und teurer, Kategorie 2: langsamer und preisgünstiger) gewählt werden. Hierbei muss dem Fahrzeug bzw. dem entsprechenden Fahrerassistenzssystem natürlich bekannt sein, welche spurbezogenen Mautgebühren jeweils auf dem befahrenen Straßenabschnitt anfallen und auf welcher Ist-Spur das Fahrzeug gerade fährt. Die entsprechenden Informationen werden dem Fahrer vorzugsweise im Fahrzeug angezeigt, so dass er seine Auswahl entsprechend treffen kann. Durch die entsprechende Vorgabe der fahrspurabhängigen Maut kann auf die Verteilung von Fahrzeugen auf den verfügbaren Fahrspuren und damit auf die auf dem Straßenabschnitt erzielbaren spurbezogenen Richtgeschwindigkeiten Einfluss genommen werden, bzw. die Verteilung gezielt gesteuert werden.
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In Verbindung mit mautpflichtigen mehrspurigen Straßen kann das vorgeschlagene Verfahren also genutzt werden, um sowohl ein energie- und kostensparendes, autonomes Fahren (bspw. Kolonnenfahren), als auch ein preisgebundenes, individuell schnelleres (autonomes) Fahren trotz hoher Verkehrsdichte zu ermöglichen.
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Der vorrichtungsgemäße Aspekt der Aufgabe wird durch ein Fahrerassistenzsystem zur Durchführung eines Fahrspurwechsels eines auf einer Ist-Spur autonom fahrenden Fahrzeugs auf eine benachbarte Ziel-Spur gelöst. Das Fahrzeug umfasst ein Mittel zur selbsttätigen Initialisierung eines Fahrspurwechsels oder ein Eingabemittel zur Initialisierung des Fahrspurwechsels, eine Steuereinheit, die zur autonomen Längs- und Quersteuerung des Fahrzeugs ausgeführt ist, ein Mittel zur Bereitstellung erster Orts- und Bewegungsdaten des Fahrzeugs, ein Kommunikationsmittel zumindest zur Bereitstellung zweiter Orts- und Bewegungsdaten von auf der Ziel-Spur fahrenden Fahrzeugen, wobei die Steuereinheit dazu ausgelegt ist auf Basis der ersten und zweiten Orts- und Bewegungsdaten ein Vorliegen einer für den Fahrspurwechsel adäquaten Verkehrslücke zu ermitteln und bei Vorliegen einer adäquaten Verkehrslücke den Fahrspurwechsel durch entsprechende Längs- und Quersteuerung des Fahrzeugs autonom auszuführen.
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Das Eingabemittel ist bevorzugt ein am Lenkrad angebrachter Hebel, ein Schiebetaster, eine Tastatur, ein Touchscreen, oder ein Spracheingabesystem. Die Steuereinheit umfasst insbesondere eine Rechnereinheit, die zur Ausführung eines Verfahrens zur Ermittlung einer adäquaten Verkehrslücke auf der Ziel-Spur und zur automatischen Steuerung des Fahrspurwechsels ausgeführt ist. Das Kommunikationsmittel ist bevorzugt für eine sichere C2C oder C2X-Kommunikation ausgelegt. Vorteilhafte Weiterbildungen des Fahrerassistenzsystems ergeben sich durch eine analoge bzw. sinngemäße Übertragung der zum erfindungsgemäßen Verfahren gemachten Ausführungen.
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Die Erfindung betrifft schließlich ein Kraftfahrzeug mit einem Fahrerassistenzsystem, wie vorstehend beschrieben.
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Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung, in der ein Ausführungsbeispiel im Einzelnen beschrieben ist. Gleiche, ähnliche und/oder funktionsgleiche Teile sind mit gleichen Bezugszeichen versehen.
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Es zeigen:
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1a–c eine zeitliche Entwicklung einer Verkehrssituation mit autonom fahrenden Fahrzeugen 101–106 bei einem erfindungsgemäßen Fahrspurwechsel eines Fahrzeugs 101,
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2 einen schematischen Ablauf eines erfindungsgemäßen Verfahrens, und
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3 einen schematischen Aufbau eines erfindungsgemäßen Fahrerassistenzsystems.
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Die 1a–c zeigen eine zeitliche Entwicklung einer Verkehrssituation mit autonom fahrenden Fahrzeugen 101–106 bei einem erfindungsgemäßen Fahrspurwechsel eines Fahrzeugs 101 von einer Ist-Spur 108 auf eine Zielspur 107. Die 1a zeigt die Verkehrssituation zu einer Zeit t0, die 1b zeigt die Verkehrssituation zu einer Zeit t0 + 5 s und die 1c zeigt die Verkehrssituation zu einer Zeit t0 + 10 s. Die Fahrtrichtung der Fahrzeuge 101–106 ist vorliegend von unten nach oben (angezeigt durch die Pfeile in 1a).
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Auf der jeweils dargestellten dreispurigen Strasse sind für die drei Fahrspuren 107–109 in gleicher Fahrtrichtung jeweils verschiedene Richtgeschwindigkeiten vorgegeben, die von den autonom fahrenden Fahrzeugen 101–106 entsprechend gefahren werden. In dem gezeigten Ausführungsbeispiel wird von Rechtsverkehr ausgegangen. So ist der rechten Fahrspur 109 bspw. die Richtgeschwindigkeit 100 km/h, der mittleren Fahrspur 108 die Richtgeschwindigkeit 130 km/h, und der linken Fahrspur 107 die Richtgeschwindigkeit 160 km/h vorgegeben. Je nach Verkehrsdichte auf jeder der drei Fahrspuren 107–109 werden die Richtgeschwindigkeiten dynamisch angepasst, um eine entsprechende Verkehrsflusssteuerung zu erzielen. Die Anpassung der Richtgeschwindigkeiten erfolgt durch eine Verkehrsleitstelle. Die autonom fahrenden Fahrzeuge 101–106 halten sich automatisch an die vorgegebene Richtgeschwindigkeit innerhalb eines bestimmten Toleranzbereichs. Mehrere Fahrzeuge, vorliegend in 1a und 1b: die Fahrzeuge 101–103, können sich dabei leicht zu einer autonomen Kolonne zusammenschließen, so dass der Abstand zwischen den Kolonnenfahrzeugen so gering gehalten wird, dass ein „Windschattenfahren” erfolgt und weiterhin ein hoher Verkehrsfluss erzielt wird.
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Das Erkennen der für die jeweilige Fahrspur gültigen Richtgeschwindigkeit kann dabei sowohl mittels eines Verkehrszeichenerkennungssystems in den jeweiligen Fahrzeugen, als auch mittels Informationsübertragung von einer Verkehrsleitstelle, bspw. über eine C2X-Kommunikation erfolgen.
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Vorliegend möchte der Fahrer des autonom fahrenden Fahrzeugs 101 in 1a eine höhere als die auf der aktuellen Ist-Spur 108 gültige Fahrgeschwindigkeit (Richtgeschwindigkeit) fahren. Er teilt seinen Wunsch mittels eines entsprechend gestalteten Eingabemittels dem Fahrerassistenzsystem des Fahrzeugs 101 mit. Das Fahrerassistenzssystem initialisiert daraufhin den Fahrspurwechsel von der Ist-Spur 108 auf die gewünschte benachbarte Ziel-Spur 107 mit der höheren Richtgeschwindigkeit, führt diesen aber erst dann durch, nachdem es mit den auf der Ziel-Spur 107 fahrenden zweiten Fahrzeugen 104–106 eine entsprechende Verkehrslücke 110 vereinbart bzw. aktiv koordiniert hat, welche räumlich und zeitlich ein gefahrloses Ausscheren aus der Ist-Spur 108, ein adäquates Beschleunigen und ein Einscheren in die Ziel-Spur 107 ermöglicht und diese Verkehrslücke 110 auch tatsächlich vorliegt.
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Vorliegend wird zum Herstellen der adäquaten Verkehrslücke 110 ein gezieltes Abbremsen des Fahrzeugs 106 auf der Ziel-Spur 107 koordiniert, um den Fahrspurwechsel durchzuführen. Dies ist in den 1a und 1b an dem sich vergrößernden Abstand der Fahrzeuge 104 und 105 zu erkennen, während der Abstand der Fahrzeuge 105 und 106 konstant bleibt. Das Koodinieren der adäquaten Verkehrslücke kann beispielsweise mittels einer C2X-Kommunikation erfolgen, jeweils direkt mit den betroffenen Fahrzeugen über eine C2C-Kommunikation, oder über eine Kommunikation zu einer Zentralstelle.
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In entsprechend analoger Art und Weise wird ein Fahrspurwechsel auf die Fahrspur 109 mit niedriger Richtgeschwindigkeit oder das Ausfahren aus der Fahrbahn ermöglicht.
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Das Ermitteln des Vorliegens einer adäquaten Verkehrslücke oder das Erzeugen einer adäquaten Verkehrslücke kann entweder von einer Zentralstelle oder denzentral als Kollektiv, bestehend aus den beteiligten Fahrzeugen erfolgen. Durch entsprechende Bewegungsorganisation der beteiligten Fahrzeuge kann der Fahrspurwechsel derart koordiniert stattfinden, dass eine möglichst geringe Beeinträchtigung der bisherigen Bewegungen der beteiligten Fahrzeuge stattfindet. Hierzu könnte vorliegend im Einzelfall auch eine kooridinierte Geschwindigkeitsanpassung aller Fahrzeuge 101–106 erfolgen, um eine adäquate Verkehrslücke 110 zu erzeugen.
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In der in 1b dargestellten Verkehrssituation liegt die für den Fahrspurwechsel des Fahrzeugs 101 adäquate Verkehrslücke 110 aktuell vor, so dass der Fahrspurwechsel durch das Fahrzeug 101 autonom durchgeführt nun durchgeführt wird (angezeigt durch den Pfeil an Fahrzeug 101).
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In der in 1c dargestellten Verkehrssituation hat das Fahrzeug 101 den Fahrspurwechsel auf die Ziel-Spur 107 bereits ausgeführt und sich mit den Fahrzeugen 104–106 zu einer neuen Kolonne zusammengeschlossen.
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Bei einer hohen Verkehrsdichte auf einem mehrspurigen Strassenabschnitt und/oder bei einer hohen Anzahl von Spurwechseln und damit Fahrzeugen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten auf ein und der selben Fahrspur ist ein Fahren mit konstant höherer Geschwindigkeit im Allgemeinen nur schwer zu realisieren, ohne das Beeinträchtigungs- und Kollisionsrisiko zu erhöhen. In diesem Fall können finanzielle Anreize geschaffen werden, um dennoch ein schnelleres Fahren zu ermöglichen. Beispielsweise könnte auf einer mautpflichtigen Straße im Falle hoher Verkehrsdichte ein Bonus verrechnet werden für Fahrzeuge, die sich in die langsamere Spur einordnen. Dieser Bonus könnte auch aus einer verringerten Maut bestehen. Gleichzeitig könnte die Maut auf einer schnelleren Spur entsprechend erhöht werden, um zusätzlich Fahrer zu motivieren, sich in langsameren Spuren einzuordnen.
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Sobald daurch auf einer schnelleren Spur die Verkehrsdichte ausreichend ausgedünnt wurde, kann die dort gültige Richtgeschwindigkeit entsprechend dynamisch erhöht werden, um ein schnelleres Vorankommen zu gewährleisten.
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Zur Ermittlung der Geschwindigkeit und der Verkehrsdichte auf einzelnen Spuren können sowohl Infrastrukturelemente im Bereich der Strasse als auch die Sensoriken der einzelnen Fahrzeuge mittels C2X genutzt werden. Die dynamische Anpassung der Mautgebühren kann beispielsweise von einer Leitstelle aus gesteuert werden oder aber mittels C2X oder anderer Übertragungstechniken zwischen den Fahrzeugen ausgehandelt werden. Die Gebührenverrechnung selbst könnte beispielsweise anhand vorab angelegter Gebührenkonten, über eine Micropayment-Organsisation oder über die Mobilfunkrechnung erfolgen.
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In einer weiteren Ausprägung kann die Gebührenverrechnung individuell mit demjenigen Fahrzeug erfolgen, mit welchem eine Verhandlung um ein Spurwechselfenster erfolgreich abgeschlossen wurde. In diesem Falle entrichtet der Fahrer des spurwechselnden Fahrzeugs eine Gebühr an den Fahrer eines anderen Fahrzeugs, welches den Spurwechselvorgang durch ein Abbremsmanöver ermöglicht hat.
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In diesem Zusammenhang ist auch eine Interaktion mittels User Interface mit demjenigen Fahrer denkbar, welcher den Spurwechsel auszuüben wünscht und demjenigen Fahrer, dessen Fahrzeug hierfür abbremsen müsste. Beispielsweise könnte eine Gebühr dynamisch ermittelt werden, je nachdem, wie stark der Bremseingriff erfolgen müsste, um ein Fahrzeug einscheren zu lassen, und der Fahrer des Fahrzeugs mit Spurwechselwunsch kann per User Interface entscheiden, ob er bereit ist, diese Gebühr zu entrichten. Auch eine Option zu weiteren Verhandlung wäre denkbar, ebenso wie eine Festsetzung dieser Gebühren durch eine Leitstelle. Im letztgenannten Fall ist auch eine Bonusverrechnung für Fahrzeuge denkbar, die andere Fahrzeuge einscheren lassen.
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Letztendlich kann der Fahrer in der Konfiguration autonom fahrender Fahrzeuge Profile einstellen, in denen verschiedene Fahrverhalten, z. B. „langsam und günstig” oder „schnell und kostenintensiv”, ausgewählt werden können, so dass das Fahrerassistenzsystem im Fahrzeug selbst gemäß dem gewählten Profil die vorstehen genannten Aktionen selbstständig entscheidet und durchführt und dementsprechend Gebühren entrichtet oder kassiert.
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2 zeigt einen schematischen Ablauf eines erfindungsgemäßen Verfahrens zur Durchführung eines Fahrspurwechsels eines auf einer Ist-Spur 108 autonom fahrenden Fahrzeugs 101 auf eine benachbarte Ziel-Spur 107. In einem ersten Schritt 201 erfolgt eine Initialisierung des Fahrspurwechsels durch eine Eingabe in ein Eingabemittel im Fahrzeug. Diese Eingabe umfasst zumindest eine Information aus der hervorgeht, ob auf die benachbarte Spur rechts oder links von der Ist-Spur 108 gewechselt werden soll. In einem zweiten Schritt 202 wird auf Basis von ersten Orts- und Bewegungsdaten des Fahrzeugs 101 und von zweiten Orts- und Bewegungsdaten von auf der Ziel-Spur 107 fahrenden zweiten Fahrzeugen 104–106 ein Vorliegen einer für den Fahrspurwechsel adäquaten Verkehrslücke ermittelt. Im einfachsten Fall wird solange gewartet, bis sich auf der Ziel-Spur 107 eine adäquate Verkehrslücke 110 von selbst ergibt. Die adäquate Verkehrslücke 110 muss derart angeordnet sein und ausreichend freien Verkehrsraum aufweisen, so dass ein gefahrloses Ausscheren aus der Ist-Spur auf die Ziel-Spur mit einem entsprechenden Beschleunigungsvorgang des Fahrzeugs 101 möglich ist. Vorzugsweise wird die für den Fahrspurwechsel adäquate Verkehrslücke 110 auf der Ziel-Spur 107 erzeugt, indem alle beteiligten Fahrzeuge 101–106 oder zumindest ein Fahrzeug ihre jeweiligen Bewegungen entsprechend koordiniert und aktiv anpassen.
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Wird das Vorliegen einer adäquaten Verkehrslücke 110 für den Fahrspurwechsel festgestellt, dann wird der Fahrspurwechsel in einem dritten Schritt 203 von dem Fahrzeug 101 autonom ausgeführt.
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3 zeigt einen schematischen Aufbau eines erfindungsgemäßen Fahrerassistenzsystems zur Durchführung eines Fahrspurwechsels eines auf einer Ist-Spur 108 autonom fahrenden Fahrzeugs 101 auf eine benachbarte Ziel-Spur 107. Das Fahrzeug 101 umfasst einen Wählhebel 301 zur Initialisierung des Fahrspurwechsels, wobei der Wählhebel zwei Stellungen aufweist, die einen Fahrspurwechsel von der Ist-Spur 108 auf die benachbarte rechte Fahrspur 109 bzw. die benachbarte linke Fahrspur 107 angeben. Das Fahrzeug 101 umfasst weiterhin eine Steuereinheit 302 zur autonomen Längs- und Quersteuerung des Fahrzeugs. Die Steuereinheit 302 ist hierzu mit Umgebungssensoren 304 verbunden, die ein aktuelles Abbild der das Fahrzeug 101 umgebenden Verkehrssituation erfassen. Das Fahrzeug 101 umfasst weiterhin ein Mittel 303 zur Bereitstellung erster Orts- und Bewegungsdaten des Fahrzeugs 101, und ein Kommunikationsmittel 305 zumindest zur Bereitstellung zweiter Orts- und Bewegungsdaten von auf der Ziel-Spur 107 fahrenden Fahrzeugen 104–106. Die Steuereinheit 302 ist dazu ausgelegt auf Basis der ersten und zweiten Orts- und Bewegungsdaten ein Vorliegen einer für den Fahrspurwechsel adäquaten Verkehrslücke 110 zu ermitteln und bei Vorliegen einer adäquaten Verkehrslücke 110 den Fahrspurwechsel durch entsprechende Längs- und Quersteuerung des Fahrzeugs 101 autonom auszuführen.
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Obwohl die Erfindung im Detail durch bevorzugte Ausführungsbeispiele näher illustriert und erläutert wurde, so ist die Erfindung nicht durch die offenbarten Beispiele eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden, ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen. Es ist daher klar, dass eine Vielzahl von Variationsmöglichkeiten existiert. Es ist ebenfalls klar, dass beispielhaft genannte Ausführungsformen wirklich nur Beispiele darstellen, die nicht in irgendeiner Weise als Begrenzung etwa des Schutzbereichs, der Anwendungsmöglichkeiten oder der Konfiguration der Erfindung aufzufassen sind. Vielmehr versetzen die vorhergehende Beschreibung und die Figurenbeschreibung den Fachmann in die Lage, die beispielhaften Ausführungsformen konkret umzusetzen, wobei der Fachmann in Kenntnis des offenbarten Erfindungsgedankens vielfältige Änderungen, beispielsweise hinsichtlich der Funktion oder der Anordnung einzelner, in einer beispielhaften Ausführungsform genannter Elemente, vornehmen kann, ohne den Schutzbereich zu verlassen, der durch die Ansprüche und deren rechtliche Entsprechungen, wie etwa weitergehenden Erläuterung in der Beschreibung, definiert wird.
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Bezugszeichenliste
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- 101–106
- Fahrzeuge
- 107–109
- Fahrspuren
- 110
- adäquate Verkehrslücke
- 201–203
- Verfahrensschritte
- 301
- Eingabemittel
- 302
- Steuereinheit/Steuermittel
- 303
- Mittel zur Bereitstellung erster Orts- und Bewegungsdaten des Fahrzeugs 101
- 304
- Umgebungssensoren
- 305
- Kommunikationsmittel
- 306
- Längssteuerung des Fahrzeugs 101
- 307
- Quersteuerung des Fahrzeugs 101
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102008061303 A1 [0004]