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Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur Ermittlung des Reibungskoeffizienten einer Fahrbahnoberfläche, wobei eine Gummiprobe mit der Fahrbahnoberfläche in Kontakt gebracht wird.
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Derartige Vorrichtungen sind dem Fachmann hinreichend bekannt. Die Vorrichtungen werden im Bereich der Reibprozessbeschreibung zwischen Gummiprüfkörpern und Fahrbahnoberfläche eingesetzt. Insbesondere soll die „Griffigkeit“ der Fahrbahnoberfläche charakterisierbar sein, um Rückschlüsse auf die Vergleichbarkeit von Bremstests von Fahrzeugreifen ziehen zu können.
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Der Reibungskoeffizient, auch Reibungszahl oder Reibwert genannt, ist ein Maß für die Reibungskraft im Verhältnis zur Anpresskraft zwischen zwei Festkörpern.
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Bestehende Systeme zur Griffigkeitsuntersuchung von Fahrbahnoberflächen lassen sich grob in drei Kategorien einteilen.
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In der ersten Kategorie existieren fahrzeugbasierte Systeme, bei denen ein Prüfrad entweder unter Schräglauf oder Schlupf durch ein Fahrzeug über die zu vermessende Oberfläche bewegt wird und ein Reibwert gemessen wird. Nachteilig ist, dass nur ein Wert erhaltbar ist, der dem vermessenen Fahrbahnabschnitt eine einzige Kenngröße zuordnet. Zudem ist die Schlupfgeschwindigkeit meist konstant.
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In der zweiten Kategorie existieren portable Systeme, welche einen linearen Reibprozess zwischen Gummiprüfkörper und Oberfläche nachbilden. Ein Teil dieser Systeme werden in der Regel für Griffigkeitsuntersuchungen von Fußgängerwegen und Bodenbelägen verwendet und erreichen nicht die im Reifen-Fahrbahn-Kontakt vorherrschenden Parameterbereiche bezüglich Relativgeschwindigkeit und Kontaktdruck und können daher nicht für Rückschlüsse auf die Vergleichbarkeit von Bremstests von Fahrzeugreifen herangezogen werden.
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Zudem ist das sogenannte „British Pendulum“ bekannt, bei dem eine Gummiprobe in einer Pendelbewegung mit der Fahrbahnoberfläche in Kontakt gebracht wird. Das Pendel schwingt dabei durch den Kontaktbereich und tritt im unteren Scheitelpunkt der Bewegung in den Reibkontakt. Aufgrund der im Reibprozess dissipierten Energie schwingt das Pendel nicht mehr in die Ausgangshöhe auf. Auf einer Skala lässt sich die erreichte Höhe ablesen, so dass indirekt auf den Reibwert geschlossen werden muss. Eine Normalkrafterfassung ist nicht vorhanden. Die auftretende Normalkraft ist stark von der Justierung des Gerätes zur Fahrbahnoberfläche abhängig. Die indirekte Ermittlung des Reibwertes ist ungenau und nicht reproduzierbar.
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In einer dritten Kategorie sind Laborprüfstände bekannt. Um die Griffigkeit einer Fahrbahnoberfläche messen zu können, muss ein Fahrbahnoberflächenbereich ausgeschnitten und präpariert werden. Das ist zeitaufwändig und teuer.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, eine leistungsfähige Vorrichtung zur direkten Ermittlung des Reibkoeffizienten einer Fahrbahnoberfläche zu schaffen, wobei die Vorrichtung zudem portabel sein soll.
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Gelöst wird die gestellte Aufgabe erfindungsgemäß dadurch, dass die Vorrichtung einen längserstreckten Rahmen mit wenigstens drei Füßen zum Aufsetzen auf die Fahrbahnoberfläche aufweist, dass innerhalb des Rahmens eine horizontale, fahrbahnoberflächenparallele, längserstreckte Führung vorgesehen ist, an der die Gummiprobe mit einer Normalkraft beaufschlagt horizontal, fahrbahnoberflächenparallel und linear über die Fahrbahnoberfläche bewegbar ist, dass die Normalkraft durch das Eigengewicht der Antriebseinheit erzeugt ist und dass ein Sensor angeordnet ist, der die zur direkten Ermittlung des Reibungskoeffizienten erforderlichen Daten misst.
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Es ist eine einfache, portable und leistungsfähige Vorrichtung zur direkten Ermittlung des Reibungskoeffizienten geschaffen, welche auch im Parameterbereich von ABS-Bremsversuchen von Fahrzeugreifen anwendbar ist. Die Geschwindigkeit, mit der die Gummiprobe über die Fahrbahnoberfläche bewegt werden kann, beträgt zwischen 0–5 m/s mit einem Druck von etwa 3 bar. Es ist bei gegebener Antriebskraft eine hohe Dynamik erreichbar.
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Mit der Vorrichtung ist eine Gummiprobe mit einer Normalkraft zu beaufschlagen und linear über eine Fahrbahnoberfläche bewegbar, wobei durch den Sensor die Reibkraft und die Normalkraft messbar sind. Aus diesen beiden Messgrößen ist der Reibungskoeffizient direkt und reproduzierbar zu errechnen. Die Normalkraft wird durch die Gewichtskraft der Antriebseinheit erzeugt und ist somit konstant und wegunabhängig. Die Antriebseinheit ist mit der Gummiprobe über die Prüfoberfläche verfahrbar. Es ist erforderlich, dass der Sensor gleichzeitig mit Antriebseinheit verfahrbar ist.
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Die Füße der Vorrichtung können aus Gummi sein, um die Vorrichtung reibschlüssig mit der Fahrbahnoberfläche zu verbinden.
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Portabel bedeutet, dass die Vorrichtung vorteilhafterweise maximal 40 kg wiegt. Die Vorrichtung ist vorzugsweise modular aufgebaut sein, so dass diese in deren Einzelmodule zerlegt, leicht transportierbar ist.
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Vorteilhaft ist es, wenn die Antriebseinheit ein servogeregelter, elektrischer Lineardirektantrieb und somit stufenlos verstellbar ist.
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Zweckmäßig ist es, wenn die Gummiprobe in einem Probenhalter angeordnet ist.
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Vorteilhaft ist es, wenn der Sensor ein Mehrkomponenten-Kraftsensor ist. Hierdurch ist es ermöglicht, die wesentlichen Parameter zur Bestimmung des Reibungskoeffizienten direkt zu messen.
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Vorteilhaft ist es, wenn vertikal unterhalb der Antriebseinheit der Probenhalter zur Aufnahme der Gummiprobe und zwischen dem Probenhalter und der Antriebseinheit der Sensor angeordnet ist. Die auf die Gummiprobe wirkende Normalkraft wird nicht durch den verfahrbaren Sensor erzeugt, sondern durch Ausnutzung der Gewichtskraft der Antriebseinheit. Somit ist die Masse des Sensors gering gehalten, um bei gegebener Antriebskraft eine hohe Dynamik zu erreichen.
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Zweckmäßig ist es, wenn wenigstens je ein Trittbrett links und rechts in Bezug auf die Längserstreckung der Vorrichtung angeordnet ist, welches der Beschwerung der Vorrichtung durch Aufbringung weiteren Gewichtes dient. Um einen sicheren Reibschluß zwischen Rahmen und Fahrbahnoberfläche sicherzustellen, kann der Rahmen neben seinem Eigengewicht durch das Aufbringen von weiterem Gewicht beschwert werden. Beispielsweise kann dieses weitere Gewicht das Eigengewicht eines Menschen sein. Die Vorrichtung als solche weist neben den geringen Abmessungen ein nur vergleichsweise geringes Eigengewicht auf und ist daher portabel.
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Zweckmäßig ist es, wenn der Sensor (samt Probe) um eine Achse schwenkbar ist, wobei die Achse parallel zur linearen Führung angeordnet ist. Somit ist kein Ausrichten des Prüfgerätes in Bezug auf die Neigung der Fahrbahnoberfläche erforderlich.
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Zweckmäßig ist es, wenn die Vorrichtung eine Länge von maximal etwa 1,20 m, eine Breite von etwa 0,5 m und eine Höhe von etwa 0,5 m aufweist. Dabei weist die Führung eine Länge von etwa 1,0 m oder weniger auf.
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Weitere Merkmale, Vorteile und Einzelheiten der Erfindung werden anhand der Zeichnungen, die schematische Ausführungsbeispiele darstellen, näher erläutert. Dabei zeigen die:
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1 eine Seitenansicht der erfindungsgemäßen Vorrichtung;
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2 eine Seitenansicht auf den Probenhalter.
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Die 1 zeigt eine Seitenansicht der erfindungsgemäßen Vorrichtung. Die nachfolgende Beschreibung bezieht sich auf die 1 und 2. Die Vorrichtung 1 dient zur Ermittlung des Reibungskoeffizienten einer Fahrbahnoberfläche (hier nicht dargestellt), wobei eine Gummiprobe 3 mit der Fahrbahnoberfläche in Kontakt gebracht wird. Die Vorrichtung 1 weist einen längserstreckten Rahmen 4 in Form eines Quaders mit vier Füßen 5 zum Aufsetzen auf die Fahrbahnoberfläche (hier nicht dargestellt) auf. Innerhalb des Rahmens 4 eine horizontale, längserstreckte Führung 6 vorgesehen, an der die Gummiprobe 3 mit einer Normalkraft FN beaufschlagt horizontal und linear über die Fahrbahnoberfläche bewegbar ist. Die Normalkraft FN ist durch das Eigengewicht FG der Antriebseinheit 7 erzeugt. Die Antriebseinheit 7 weist einen servogeregelten, elektrischen Lineardirektantrieb auf. Zudem ist ein Sensor 8 angeordnet, der die zur direkten Ermittlung des Reibungskoeffizienten erforderlichen Daten misst. Der Sensor 8 ist ein Mehrkomponenten-Kraftsensor. Vertikal unterhalb der Antriebseinheit 7 ist ein Probenhalter 9 zur Aufnahme der Gummiprobe 3 und zwischen dem Probenhalter 9 und der Antriebseinheit 7 ist der Sensor 8 angeordnet. Während der Messung des Reibungskoeffizienten werden die Antriebseinheit 7, der Sensor 8 und der Probenhalter 9 mit der Gummiprobe 3 entlang der längserstreckten Führung 6 verfahren und der Sensor 8 misst direkt die Normalkraft FN und die Reibkraft FR, woraus sich direkt der Reibungskoeffizient errechnen lässt.
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Der Rahmen 4 besteht aus Aluminium und weist eine Breite 10 von etwa 0,5 m, eine Höhe 11 von etwa 0,5 m und eine Länge 12 von etwa 1,2 m auf.
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Die praktische Anwendung sieht beispielsweise vor, dass die Vorrichtung am Einsatzort aufgestellt wird und die Gummiprobe entlang verschiedener Geschwindigkeitsprofile über die Fahrbahnoberfläche bewegt wird. Dabei werden Reib- und Normalkraft gemessen.
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Eine weitere Anwendung sieht beispielsweise vor, die sich im Stillstand befindliche Gummiprobe mit einer ansteigenden Antriebskraft zu beaufschlagen, bis die Haftreibungsgrenze überschritten ist und die Probe in Bewegung versetzt wird. Auf diese Weise lässt sich ein Haftreibungskoeffizient an mehreren Punkten der Fahrbahnoberfläche ermitteln, so dass ein einziger Versuchsdurchgang ausreichen kann, um eine sogenannte „µ-Schlupf-Kurve“ zu ermitteln.
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Die 2 zeigt eine Seitenansicht auf den Probenhalter 9, welcher an seiner Unterseite die Gummiprobe 3 aufweist. Oberhalb des Probenhalters ist der Sensor 8 innerhalb einer Sensorkapsel angeordnet. Der Probenhalter ist mittels einer Achse 13 schwenkbar mit dem Sensor 8 bzw. der Sensorkapsel verbunden. Die Achse 13 ist parallel zu der Verfahrrichtung der Gummiprobe 3 angeordnet.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Vorrichtung
- 2
- Fahrbahnoberfläche
- 3
- Gummiprobe
- 4
- Rahmen
- 5
- Fuß
- 6
- Führung
- 7
- Antriebseinheit
- 8
- Sensor
- 9
- Probenhalter
- 10
- Breite des Rahmens
- 11
- Höhe des Rahmens
- 12
- Länge des Rahmens
- 13
- Achse
- FN
- Normalkraft
- FG
- Gewichtskraft
- FR
- Reibkraft