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Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur Rückgewinnung von Stahlfasern aus Altreifen oder Reifenteilen sowie ein entsprechendes Verfahren.
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Nach dem Stand der Technik werden Altreifen unter anderem dadurch einer Verwertung zugeführt, dass sie mittels Schneidmühlen klein gehäckselt werden. Nachfolgend werden die einzelnen in den Reifen enthaltenen Bestandteile wie beispielsweise vulkanisierter Gummi oder Stahlwolle und/oder Textilwolle durch Fraktionierverfahren getrennt und ggf. einer weiteren Verwertung zugeführt.
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Verfahrensbedingt führt die oben dargestellte Vorgehensweise jedoch dazu, dass insbesondere die Stahlfasern stark verunreinigt in einer praktisch nicht reproduzierbaren Qualität, insbesondere stark verbogen, verknäult und mit stark unterschiedlichen Längen erhalten werden.
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Des weiteren ist aus der deutschen Offenlegungsschrift
DE 24 27 070 A1 eine Vorrichtung bekannt, mittels derer Stahlfasern aus Altreifen durch Reibung zurück gewonnen werden können.
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Aus der
EP 1 044 084 B1 geht ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Zerkleinerung von Altreifen hervor.
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Ausgehend von dem genannten Stand der Technik stellt sich die Erfindung die Aufgabe, eine Vorrichtung und ein Verfahren anzugeben, durch welche bzw. durch welches Stahlfasern mit insgesamt besserer, reproduzierbarer Qualität erhalten werden, welche einer nachfolgenden Verwertung zugeführt werden können.
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Diese Aufgabe wird durch die Vorrichtung und das Verfahren mit den in den unabhängigen Ansprüchen angegebenen Merkmalen gelöst. Die Unteransprüche betreffen vorteilhafte Ausführungsformen und Varianten der Erfindung.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung zur Rückgewinnung von Stahlfasern aus Altreifen oder Reifenteilen zeigt mindestens zwei relativ zueinander bewegbare Schälscheiben, zwischen denen die Altreifen oder Reifenteile zerkleinert bzw. zerlegt werden können. Dabei sind die Schälscheiben in der Weise ausgebildet, dass eine Freilegung der Stahlfasern überwiegend durch Reibung erfolgt. Mit anderen Worten werden die Reifen oder Reifenteile wie ein Radiergummi zwischen den Schälscheiben zerrieben. Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, dass die in den Reifen oder den Reifenteilen enthaltenen Stahlfasern auf schonende Weise freigelegt werden. Der Bruch der Stahlfasern erfolgt erst dann, wenn der sie umgebende vulkanisierte Gummi weitgehend von ihnen entfernt ist. Hierdurch wird es möglich, vergleichsweise gerade Stahlfasern einstellbarer Länge mit reproduzierbarer Qualität aus den Reifen oder den Reifenteilen zu gewinnen.
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Ausschließlich an den beiden sich gegenüberliegenden Grundflächen der Schälscheiben befinden sich Schälkörper zur Freilegung der Stahlfasern; dabei sind die Schälkörper in einem spitzen Winkel zueinander angeordnet, wobei der Winkel verändert werden kann.
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Die Schälkörper können als Rippen oder Noppen ausgebildet sein; insbesondere können die Schälkörper als teilweise von einer Abdeckplatte abgedeckte Stangen, insbesondere Stahlstangen oder als Rohre, insbesondere Stahlrohre ausgebildet sein.
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Dadurch, dass die Stangen eine Mehrzahl von zueinander in einem bestimmten, insbesondere in einem von 0° verschiedenen, Winkel stehenden Durchgangsbohrungen zur Aufnahme von Schrauben aufweisen, können sie bei Abnutzung axial gedreht und weiter verwendet werden.
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In einer vorteilhaften Ausführungsform der erfindungsgemäßen Vorrichtung können die Schälscheiben eine Trägerscheibe aufweisen, auf welcher eine Abschälscheibe angeordnet ist.
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Ferner können insbesondere als hydraulisch betriebene Druckzylinder ausgebildete Stellelemente zur Variation der Ausrichtung der Körper zu einander vorhanden sein.
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Die Körper können zu einander rotatorisch oder translatorisch bewegbar sein.
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Wie bereits erwähnt, zeichnet sich das erfindungsgemäße Verfahren zur Rückgewinnung von Stahlfasern aus Altreifen dadurch aus, dass eine Freilegung der Stahlfasern überwiegend durch Reibung insbesondere zwischen zwei relativ zueinander bewegbaren Körpern erfolgt.
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Das als Verfahrensergebnis des Verfahrens erhaltene Mahlgut-Gemenge enthält Stahlfasern mit einer Länge von 5–40 mm und einem Durchmesser von 0,15–0,35 mm und/oder mit einer Länge von 1,5–60 mm und einem Durchmesser von 0,7–1,5 mm.
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Nachfolgend werden Ausführungsformen und Varianten der Erfindung anhand der Zeichnung näher ausgeführt.
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Es zeigt:
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1 eine erste Ausführungsform der erfindungsgemäßen Vorrichtung,
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2 eine Detaildarstellung zu 1,
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3 eine Variante zu der in 2 gezeigten Vorrichtung; und
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4 exemplarische Gestaltungen von Schälkörpern.
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1 zeigt eine Vorrichtung zur Stahlfaserrückgewinnung aus Altreifen nach einer ersten Ausführungsform der Erfindung. Die erfindungsgemäße Vorrichtung zeigt dabei die beiden Schälscheiben 50a und 50b, die im vorliegenden Fall in einem spitzen Winkel zueinander einander gegenüberliegend angeordnet sind. Dabei ist die Schälscheibe 50b in einem Winkel gegen die Vertikale geneigt, wohingegen die Schälscheibe 50a vertikal ausgerichtet ist. Die Schälscheiben 50 können einen Durchmesser von ca. 800–2000 mm aufweisen. Die gezeigten Anordnungen der Schälscheiben sind dabei lediglich exemplarisch zu sehen; auch andere Winkelanordnungen sind hier denkbar. Die Schälscheiben 50 sind in der Weise aufgebaut, dass sie eine Trägerscheibe 5a bzw. 5b aufweisen, auf welcher die Abschälscheibe 6a bzw. 6b angeordnet ist. Die Abschälscheiben 6 können dabei mit den Trägerscheiben 5 mittels eines in der 1 nicht dargestellten Schnellverschlusses verbunden sein, um einen schnellen Wechsel der Abschälscheiben 6 im Falle von Verschleiß und/oder sich ändernder Anforderungen an die Qualität der erhaltenen Stahlfasern zu ermöglichen. Bei dem Schnellverschluss kann es sich insbesondere um einen mechanischen Schnappverschluss oder auch um eine (elektro-)magnetische Halterung handeln. Auf den Abschälscheiben 6 sind die Schälkörper 8, die im vorliegenden Fall als rippenförmige Strukturen ausgebildet sind, angeordnet. Im Betrieb der gezeigten Vorrichtung rotiert die Schälscheibe 50a gegenüber der feststehenden Schälscheibe 50b, wobei die Schälscheibe 50a mittels der Antriebswelle 4 in Rotation versetzt wird. Die zu verarbeitenden Reifen 1 werden der Vorrichtung im vorliegenden Beispiel von oben zugeführt und gelangen in den Raum zwischen den beiden Schälscheiben 50, wo sie von den Schälkörpern 8 aufgeschlossen werden; dabei werden die in den Reifen enthaltenen Stahlfasern freigelegt. Der Gummianteil/Textilanteil wird dabei in ähnlicher Weise wie bei der Verwendung eines Radiergummis auf Papier abgerieben. Alternativ oder zusätzlich können der Vorrichtung auch Reifenteile 2 aus dem mit dem Rührwerk 9 versehenen Vorratsbehälter 3 mittels der Austragsschnecke 15 zugeführt werden. Die Austragsschnecke 15 kann dabei einen Durchmesser von ca. 300 mm aufweisen. Das Rührwerk 9 gewährleistet in Verbindung mit den an der Wandung des Vorratsbehälters angeordneten Vibrationsmotoren 18 eine ständige Zuführung von Reifenteilen 3 zu der Austragsschnecke 15. Durch die Relativbewegung der beiden Schälscheiben 50 zueinander wird der Reifengummi zunächst von den Stahlfasern bzw. den Textilfasern auf schonende Weise abgeschält, ohne dass es zu einer starken Deformation oder zu einem unkontrollierten vorzeitigen Bruch der Stahlfasern kommt. Typischerweise brechen die Stahlfasern erst in dem Moment, in dem sie völlig freigelegt sind und durch die Schälkörper 8 in freigelegtem Zustand gebogen werden. Im Ergebnis enthält das im unteren Bereich der Anordnung austretende Mahlgut-Gemenge 16 vergleichsweise gerade und lange Stahlfasern, die praktisch ohne zusätzliche Behandlung einer weiteren Verwertung zugeführt werden können. Die Qualität des austretenden Mahlgut-Gemenges 16 lässt sich dabei insbesondere durch die Wahl der Geometrie der wirksamen Oberflächen der Schälscheiben 6 beeinflussen. Daneben ist es denkbar, die gezeigte Anordnung mit einem Gehäuse zu umgeben, das mindestens teilweise als Siebplatte gebildet ist; die Lochung des Siebes bestimmt dabei ebenfalls die geometrischen Eigenschaften des austretenden Mahlgutes mit. Das Mahlgut-Gemenge kann – neben Gummipartikeln und thermoplastischen Fasern – insbesondere Stahlfasern mit einer Länge im Bereich von 5–60 mm aufweisen. Daneben kann Einfluss auf die Qualität des Mahlgut-Gemenges 16 durch die Anordnung der beiden Schälscheiben 50 zueinander sowie durch den Druck, den diese auf die zu verarbeitenden Reifen 1 bzw. auf die Reifenteile 2 ausüben, genommen werden. Beide oben genannten Parameter können mittels der beiden hydraulisch betriebenen Druckzylinder 7a und 7b in einem weiten Bereich eingestellt bzw. geregelt oder gesteuert werden. Insgesamt lässt sich die Qualität des austretenden Mahlgutes durch die Wahl der oben genannten Parameter in einem weiten Bereich reproduzierbar einstellen.
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Anhand des in 1 mit ”II” gekennzeichneten Ausschnitts soll nachfolgend in 2 eine exemplarische Bauform der Abschälscheiben 6 erläutert werden. 2 zeigt eine Abschälscheibe 6 mit den darauf angeordneten Schälkörpern 8, die im vorliegenden Beispiel als gehärtete Stahlstangen ausgebildet sind. Die Schälkörper 8 sind mittels der Schrauben 14 in entsprechenden Bohrungen in der Schälscheibe 6 fixiert. Dabei zeigen die Schälkörper 8 für jede Schraube 14 eine Mehrzahl von zueinander in einem bestimmten Winkel stehenden Durchgangsbohrungen 17 zur Aufnahme der Schrauben 14. Diese Maßnahme gestattet es, im Fall des Verschleißes des wirksamen Bereiches eines Schälkörpers 8, also desjenigen Bereiches der mit den zu verarbeitenden Reifen 1 oder den Reifenteilen 2 im Betrieb der Anlage in Berührung kommt, mittels einer Drehung um die Längsachse und einer neuen Verschraubung in der Durchgangsbohrung 17 einen neuen, unverbrauchten Bereich des Schälkörpers 8 in Kontakt mit den Reifen 1 bzw. den Reifenteilen 2 zu bringen. Die oben genannten wirksamen Bereiche der Schälkörper 8 sind dabei i. W. diejenigen Bereiche, die sich oberhalb der Abdeckplatte 11 befinden. Die Abdeckplatte 11 ist ihrerseits mittels der Fixierungsschrauben 12 mit der Abschälscheibe 6 verbunden. Unter anderem über dies Wahl des Überstandes der Schälkörper 8 über die Abdeckplatte 11 und den Abstand der Schälkörper 8 untereinander kann die Länge der in dem Mahlgut-Gemenge 16 enthaltenen Stahlfasern in einem gewissen Bereich eingestellt werden.
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3 zeigt weitere Varianten zur Gestaltung der Abschälscheiben 6 und der Schälkörper 8. In dem in 3 gezeigten Beispiel ist die Abschälscheibe 6 als Hohlkörper ausgebildet, in dessen Wandung Ausnehmungen zur Aufnahme der Schälkörper 8 ausgebildet sind. Hierdurch wird es möglich, die hohle Abschälscheibe 6 von einem Kühlmedium durchströmen zu lassen, wodurch eine ausgesprochen effiziente Kühlung erreicht werden kann. In einer in 3 ebenfalls gezeigten Variante sind die Schälkörper 8a als Stahlrohre ausgebildet, die selbst von dem Kühlmedium durchströmt werden können. Dadurch wird erreicht, dass die beim Betrieb der erfindungsgemäßen Vorrichtung entstehende Reibungswärme effizient bereits an demjenigen Ort abgeführt wird, wo sie entsteht. Eine Fixierung der Schälkörper 8a wird durch die Schrauben 14a erreicht, die schräg von der Vorderseite der Abschälscheibe 6 in Bohrungen der Schälkörper 8a fixiert sind. Entsprechend können auch die in 3 ebenfalls dargestellten, als Stahlstäbe ausgebildeten Schälkörper 8b oder auch 8c fixiert werden.
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Die hohle Ausbildung der Abschälscheibe 6 bzw. der Stahlrohre kann dabei in einer weiteren Funktionalität dazu genutzt werden, eine Feuerlöschfunktionalität zu realisieren. In Verbindung mit einer geeigneten Sensorik können dabei Düsen oder allgemein Öffnungen in einzelnen oder allen Rohren bzw. in der hohl ausgebildeten Abschälscheibe 6 vorhanden sein, durch die im Falle eines bspw. aufgrund Funkenbildung entstehenden Brandes Löschmittel austreten kann. Bei dem Löschmittel kann es sich insbesondere im Falle der Verwendung von Wasser als Kühlmittel um das Kühlmittel selbst oder auch um eine in einem separaten Volumen vorgehaltenes gesondertes Fluid oder Pulver handeln. Auch das Vorsehen von nicht oder nicht primär Schälkörper wirkenden Rohren oder eines Teilvolumens in der hohlen Abschälscheibe 6 für die angesprochene Löschfunktionalität ist denkbar.
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4 zeigt exemplarisch eine alternative Gestaltung eines Schälkörpers 8 mit unterschiedlich ausgebildeten Oberflächen, welche je nach Anforderung an die Qualität des Mahlgutes gewählt werden können.
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Die mit der erfindungsgemäßen Vorrichtung aus den Altreifen
1 oder Reifenteilen
2 gewonnen Stahlfasern können grob in die beiden Kategorien Mikrofasern und Standardfasern eingeteilt werden. Nachfolgend sind einige physikalische Parameter der beiden Kategoriern übersichtsartig zusammengestellt: Mikrofasern:
Länge: | 5,0–40,0 mm |
Durchmesser: | 0,15–0,35 mm |
Zugfestigkeit: | 1.500–2.500 N/mm2 |
Form: | gerade/gebogen |
Oberfläche: | glatt/geriffelt/gewellt |
Standardfasern:
Länge: | 1,5–60,0 mm |
Durchmesser: | 0,70–1,5 mm |
Zugfestigkeit: | 1.500–2.500 N/mm2 |
Form: | gerade/gebogen |
Oberfläche: | glatt/geriffelt/gewellt |
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Dabei zeigen die Mikrofasern üblicherweise einen welligen Verlauf gegebenenfalls mit geraden Abschnitten.
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Die Standardfasern dagegen verlaufen üblicherweise gerade mit gegebenenfalls welligen Abschnitten. Die angesprochene Welligkeit der Fasern ergibt sich praktisch automatisch aus dem oben geschilderten Verfahren; sie hat insbesondere für eine Anwendung der Fasern als Mikroarmierungen den Vorteil, dass die Faser besser gegen ein Verrutschen im zu armierenden Material gesichert ist, als es bei einer vollständig gerade verlaufenden Faser der Fall wäre.
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Die erhaltenen Stahlfasern kommen insbesondere als Armierungsfasern für die nachfolgend zusammengestellten Anwendungsgebiete in Frage:
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Allgemein:
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• Industrie- und Betonböden aller Art
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• Lagerhallen
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• Produktionshallen
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• Werkhallen
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• Hochregallager
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• Parkhäuser
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• Parkplätze
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• Betonstraßen
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• Flugzeugabstellflächen
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• Schrottplätze
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• Stützmauern bis 1,0 m Geländesprung
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• Schächte bis 0,9 m Tiefe
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• Sicherheitsbauten wie Tresorräume
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• Monolithische Hartstoff-Verschleißschichten
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• Magnesia- und Kunstharz-Systeme
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• Integrierte Industrieflächenheizungen
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• Feuerfestbeton
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• Verkehrsflächen
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• Fundamente
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• Spritzbeton
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• Sohlplatten (Fundamentfunktion)
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• Deckenplatten
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• Tragende Wände
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• Tunnelschalen
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• Baugruben- und Hangsicherungen
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• Rohre
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• Ableitflächen
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• Auffangwannen
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• Ableitkanäle
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• Tankstellenflächen, z. B. aus FDE-Beton, SiFCon, SiMCon
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• Tragende Elemente in Bauwerken mit Dichtfunktion (z. b. Sohlplatten, Wände)
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• Kellerfußböden
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• Tresorbeton
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Wohnungsbau:
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- • Streifenfundamente
- • Fundamentplatten
- • Kellersohlplatten
- • Kellerwände
- • Garagensohlen
- • Terrassen
- • Zementestrich
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Tunnelbau:
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- • Spritzbeton für Sicherungszwecke
- • Betoninnenschalen
- • Tübbings
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Sonstige:
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- • Transportbandsysteme
- • Mikroarmierung aller Art
- • Betonfertigteile, insbesondere dünnwandige Fertigteile
- • Tankstellen
- • Ultrahochfeste Betonelemente aller Art