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Die
vorliegende Erfindung betrifft eine Vorrichtung enthaltend ein motorisch
gesteuertes Beleuchtungs- und Beobachtungssystem zur standardisierten
und reproduzierbaren Beurteilung von visuellen Farbeffekten, das
sich dadurch auszeichnet, dass in einer Lichtkammer die Beleuchtungs-
und Beobachtungswinkel auf ein Objekt reproduzierbar eingestellt
werden können.
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Da
Effektlackierungen immer beliebter werden, spielen sie heute in
vielen Anwendungen eine immer größere Rolle.
Effektlacke zeichnen sich häufig
dadurch aus, dass sie ihre Farbe mit dem Beobachtungswinkel und
den Lichtverhältnissen ändern. Abhängig vom
eingesetzten Pigment im Effektlack ist häufig auch ein Glitzereffekt
zu beobachten, der bei Sonnenschein anders wirkt als bei bedecktem
Himmel.
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Praktisch
alle Automobilhersteller, Lackproduzenten [OEM (= Original Equipment
Manufacturer) oder Industrie] oder Lackverarbeiter verwenden für die Überprüfung der
Farbtonkonstanz bzw. Farbtonnachstellung sowohl Mehrwinkelfarbmessgeräte als auch
visuelle Beurteilungen, um einen möglichst einheitlichen Farbtoneindruck
zwischen Vorlage und Nachstellung sicherzustellen.
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Für die visuelle
Beurteilung wird hierfür
meistens eine Abmusterungskabine mit standardisierten Lichtarten
verwendet. Das ausgestrahlte Licht der verschiedenen Lichtarten
wird mittels einer Streuscheibe möglichst homogen (und damit
diffus) in der Kabine verteilt. Die Lichteinheit ist praktisch immer oberhalb
des Beobachters fixiert und somit wird beim Betrachten von Proben
unter verschiedenen Beobachtungswinkeln immer auch gleichzeitig
der Beleuchtungswinkel mit geändert.
Von Nachteil ist hierbei, dass es hierbei nicht möglich ist,
die visuellen Bewertungen mit den instrumentellen zu vergleichen, da
letztere unter anderen Bedingungen vermessen wurden (z. B. X-Rite
MA68 in der OEM-Industrie). Dies ist der Grund, warum immer wieder
Diskrepanzen zwischen messtechnischer und visueller Farbbeurteilung
auftreten.
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Herkömmliche
3- oder 5-Winkel-Farbmessgeräte
können
keine Textur-Effekte
und noch weniger ihre Winkelabhängigkeit
erfassen, da sie die spektrale Reflexion über den gesamten Messfleck
mitteln und auch hier die Unterschiedlichkeit der Geometrien bei
visueller und instrumenteller Bewertung zu berücksichtigen ist.
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Aus
dem Stand der Technik ist das Farb- und Texturmesssystem BYK-mac der Fa. Byk-Gardner bekannt,
das neben dem Gesamtfarbeindruck zusätzlich die messtechnische Bewertungen
der Textur unter verschiedenen Beleuchtungswinkeln misst. Allerdings
werden mit diesem Messsystem ebenfalls die Diskrepanzen zwischen
visuellen und instrumentellen Befunden nicht beseitigt.
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Die
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es ein goniometrisches Beobachtungs-
und Dokumentationsgerät
bereitzustellen, das die oben angegebenen Nachteile nicht aufweist
und gleichzeitig reproduzierbare Werte für den Farbtoneindruck liefert. Die
erfindungsgemäße Beobachtungs-
und Dokumentationsvorrichtung soll es erlauben, die Wirkung eines
Effektpigments unter standardisierten und reproduzierbaren Beleuchtungs-
und Beobachtungsbedingungen beurteilen.
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Überraschenderweise
wurde nun eine technische Vorrichtung gefunden, die es gestattet
mit einer hohen Reproduzierbarkeit goniochromatische und goniotexturale
Muster visuell zu begutachten und zu dokumentieren. Diese Vorrichtung
ist ein motorisch gesteuertes Beleuchtungs- und Beobachtungssystem
mit diffusen und direkten Beleuchtungsquellen.
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Gegenstand
der vorliegenden Erfindung ist somit eine Vorrichtung enthaltend
ein motorisch gesteuerten Beleuchtungs- und Beobachtungssystem zur
standardisierten und reproduzierbaren Beurteilung und Dokumentation
von Farbeffekten, dadurch gekennzeichnet, dass in einer Lichtkammer
die Lichtarten eingestellt werden können, wobei die Lichtkabine
einen Probenhalter (3) aufweist, und der Probenhalter vertikal
und horizontal drehbar ist und in der Beleuchtungsebene (in plane)
und außerhalb
der Beleuchtungsebene (out of plane) mindestens 35 verschiedene
Positionen anfahren kann, und die Lichtkammer mit diffusen (1)
und direkten (2) Beleuchtungsquellen ausgestattet ist.
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Bei
dem erfindungsgemäßen Beleuchtungs- und
Beobachtungssystem handelt es sich, wie in 1 dargestellt,
um ein mannshohes Messgerät, wobei
in einer Lichtkabine Proben verglichen und beurteilt werden können, z.
B. lackierte Kunststoffteile, Bleche oder auch Lackkarten. Der Lichteinfall
in der Lichtkabine kann unter verschiedenen Winkeln eingestellt
werden.
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Das
Gerät besteht
aus zwei rechteckigen Baugruppen, die aufeinander stapelbar angeordnet sind.
Die untere Baugruppe (motorische Einheit) nimmt eine kreisrunde
Tischplatte (3) (= Probentisch) auf, die mittels zweier
Servoantriebe rotiert und geneigt werden kann. Die Drehbewegung
kann durch ein Schneckenradgetriebe realisiert werden. Die Kippbewegung
erfolgt vorzugsweise mittels eines Zahnriemenantriebes. Die Servoantriebe
ermöglichen
eine Positioniergenauigkeit von +/– 10'. Eingesetzt werden können u.
a. Antriebe der Fa. Bosch Rexroth Typ IndraDyn S mit einer Ansteuerung
Typ IndraDrive. Der Tisch kann aus der Horizontalen in jede beliebige
Winkelposition in den Grenzen zwischen +45° und –45° gefahren werden. Die Drehung um
die Hochachse ist im Bereich von –180°/0°/+180° möglich. Zur Aufnahme der Proben
können
beispielsweise magnetische Halter in die Tischplatte eingelassen
werden.
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Durch
die Verwendung von unterschiedlichen Lichtquellen (1, 2)
lassen sich unterschiedliche Lichtverhältnisse, z. B. sogenannte ”Farbtemperaturen
des Lichts”,
wie auch unterschiedliche Lichtintensitäten einstellen: Sonnenlicht,
diffuses Licht wie bei bewölktem
Himmel, aber auch andere bekannten Arten von künstlichem Licht.
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Für die direkte
Beleuchtung der Proben befinden sich auf der Tischplatte ein, zwei
oder drei oder mehr Traversen, vorzugsweise mindestens drei Traversen
(2), die in ihrer Neigung zur Tischplatte frei justierbar
sind. Diese Traversen nehmen flexible Lichtleiter auf mit deren
Hilfe das Licht aus den Lichtquellen auf die Proben geleitet wird.
Die Lichtquellen sind unterhalb der Tischplatte angeordnet.
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Die
Lichtkabine enthält
mindestens drei direkte Lichtquellen, vorzugsweise Traversen mit
Lichtleitern, z. B. Geräte
der Fa. Leica Typ KL2500LCD mit regelbaren Farbtemperaturen zwischen
2600 und 3300 K, die unter einem Winkel (gemessen zur Probentischnormalen)
15°, 45° und 65° in einem
Abstand von 45 cm angeordnet sind. Damit sind Bestrahlungsstärken von
bis zu 7500 lux in der Probenebene (bei 15°) möglich. Die Lichtquellen sind über Bügel starr
mit dem Probentisch verbunden. Die Proben oder Probenpaare, welche
auf dem motorisch rotier- und verschwenkbaren Probentisch liegen
(2 zueinander senkrechte Achsen, servo-motorisch mit Winkelauflösungen bis
in den Sekundenbereich), werden somit stets aus gleicher Beleuchtungsrichtung
bestrahlt, je nachdem welche der Lichtquellen aktiviert ist und
unabhängig
davon, um wie viel Grad der Probentisch gedreht oder verschwenkt
wurde. Da die ganze Vorrichtung in einer schwarz-ausgekleideten
Box installiert ist, welche in ihrer seitlichen Öffnungsklappe einen in Mannshöhe angebrachten Schlitz
aufweist, kann ein Beobachter die Proben visuell abmustern, und
den Beobachtungswinkel durch Betätigen
von Wahlschaltern zur Verkippung des Probentisches einstellen, ohne
dass sich dadurch der Beleuchtungswinkel ändert. Das ist ein grundsätzliches
Erfordernis an Abmusterungskabinen, welche den Anspruch haben auch
das visuell Nachzuprüfen,
was spektrale Goniometer in ihrer Geometrie und Beleuchtungsart
realisieren. Durch die Rotation des Probentisches sind des Weiteren
auch noch die ”out
of plane” Winkel
der Beobachtung einzustellen, bei denen die Beobachtungsrichtungen
außerhalb
der Ebene von Beleuchtungsrichtung und Probennormale liegen. Dies
kommt einem Erfordernis nach, wonach instrumentelle Farb- und Texturunterschiede
auch aus im ganzen Halbraum oberhalb der Probe und nicht nur in
einer Ebene gewählt
werden.
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Somit
können
in dem erfindungsgemäßen Messgerät in der
Beleuchtungsebene (in plane) mindestens 9 und außerhalb der Beleuchtungsebene (out
of plane) mindestens 35 verschiedene Tischpositionen angefahren
werden, wodurch sich mit den drei Beleuchtungsrichtungen in-plane
27 Beobachtungsgeometrien und out-of plane 105 Beobachtungsgeometrien
ergeben, die nacheinander entsprechend den Beobachteraktionen anfahren
werden. Innerhalb dieses Satzes von Beobachtungsgeometrien sind
alle z. B. bei der Automobilserienfertigung gebräuchlichen Farbmessgoniometergeometrien
(z. B. X-Rite MA68, BYK-mac) enthalten.
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Um
zu garantieren, dass sowohl bisherige Abmusterungsergebnisse kontrolliert,
wie auch um diffuse Beleuchtung zu implementieren, ist das gesamte
Messgerät
mit einer Haube versehen, welche die in der (Automobil)-Industrie übliche Beleuchtungseinheit
(1), beispielsweise die des Herstellers X-Rite Typ Spektralight
3, enthält.
Damit kann bei einer in direkter Beleuchtung ausgesuchten Beobachtungsgeometrie,
die direkte Beleuchtung ausgestellt und die diffuse Beleuchtung
in mehreren Lichtarten (D65, A, CWF, TL84) aktiviert werden.
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Umgekehrt
kann von der „klassischen” diffusen
Beleuchtung, bei der bisher Farb- und Texturunterschiede bewertet
wurden, die Beobachtungsrichtung nun genau festgelegt und reproduziert
werden und danach auf die gerichteten Beleuchtungen (bei fixierter
Beobachtungsrichtung) umgeschaltet werden. Diese beiden zusätzlichen
Bewertungsprozeduren, deren Ablauf durch Wahl der Schalterstellungen
vom Beobachter gestartet werden kann, erlaubt eine schnelle und
effiziente Klärung
der Fragestellung, ob bisherige Diskrepanzen in visueller vs. instrumenteller
Bewertung dadurch hervorgerufen sind, dass eben bisher unter anderen
Geometrien beobachtet als gemessen wurde, oder ob wirklich in einigen
Fällen
die kommerziellen goniometrischen Farbmessgeräte nicht in der Lage sind,
bestimmte Farbeffekte hinreichend gut zu detektieren.
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Aufgrund
der Ausleuchtung des Probentisches können vorzugsweise Proben mit
Abmessungen bis zu maximal 20·20
cm2, bzw. beim Paarvergleich bis zu 20·10 cm2 untersucht und bündig zueinander angeordnet
werden.
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Die
obere Baugruppe (Lichtkammer) ist an drei Seiten geschlossen und
von vorne über
eine Tür zu öffnen, um
die zu vermessenden Proben auszurichten. In der Tür befindet
sich eine Blende (5), die gewährleistet, dass der Betrachter
die Proben aus einer definierten Position (Betrachtungswinkel) anschaut.
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Zur
Dokumentation und Kommunikation der in der Lichtkammer ”gesehenen” Ergebnisse
bezüglich
Farbe und Textur ist es in einer bevorzugten Ausführungsform
möglich
die Tür
mit einer Vorrichtung auszustatten, die es erlaubt anstelle des
Betrachters an der Blende (= Sehschlitz) (5) eine digitale
Luminanzkamera einzuschwenken. Die lokalen Leuchtdichteunterschiede
der aufgelegten Probe/Probenpaare werden in klassischer Weise photographiert, wobei
die kalibrierten Leuchtdichten direkt aus dem mit dem verbundenen
Rechner dargestellten Abbild entnommen werden können. Wahlweise ist die Leuchtdichte-Kamera
auf den HDR-Abbildungsmodus umzustellen, wobei vorher der Belichtungsumfang
festgelegt werden muss. Für
das ”tone
mapping” der
HDR-Aufnahmen stehen
mehrere übliche
Algorithmen im Luminanzkamera-Aufnahmeprogramm zur
Verfügung.
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Ein
Bestrahlungsstärke-Sensor
misst die Bestrahlungsstärke
und die Beleuchtungsstärke
in der Probenebene; die Positionierung der Proben in immer der gleichen
Art kann beispielsweise durch ein Laserfadenkreuz, welches in die
Probenebenen eingeblendet wird, erleichtert werden.
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Die
Steuerung der Motorik sowie der Beleuchtung kann mittels einer SPS
(System Programmierbare Steuerung) realisiert werden. Die Bedienung
der Anlage erfolgt durch Drehschalter und Taster die sich in einem
Bedienfeld (4) unter der Haube befinden.
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Mit
dem erfindungsgemäßen Messsystems ist
es möglich
die Richtigkeit der Messwerte unter den exakt gleichen Messgeometrien
visuell zu beurteilen, und somit kann z. B. das Aufgabenspektrum der
Messgeräte
erweitert sowie mögliche
Fehlerquellen eliminiert werden.
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Das
erfindungsgemäße Messgerät ist insbesondere
dort einsetzbar, wo die optische Wirkung von Effektpigmenten, wie
z. B. Perlglanzpigmenten, Interferenzpigmenten, Metalleffektpigmenten,
goniochromatischen Pigmenten, beurteilt werden muss. So wirkt zum
Beispiel ein und derselbe Autolack bei Sonnenlicht anders als bei
Regenwetter. Der gleich Lack kann auf einem Metall-Karosserieteil
ganz anders aussehen als auf einem Kunststoff-Stoßfänger. Das erfindungsgemäße Messgerät hilft
beispielsweise die Zusammensetzung des Autolackes und damit auch der
Pigmente genau an das jeweilige Trägermaterial anzupassen, damit
das Auto ein einheitliches Erscheinungsbild hat, d. h. Farbton und
Textur stimmen überein.