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Die
vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung von zumindest einem
Gestagen zur Herstellung eines östrogenfreien
Medikaments zur Schwangerschaftsvermeidung.
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Gestagene,
die auch als Gelbkörperhormone
bezeichnet werden, sind eine Gruppe der weiblichen Geschlechtshormone.
Bei diesen Verbindungen handelt es sich um Steroidhormone, die u.
a. in Form der so genannten Minipille zur Schwangerschaftsvermeidung
eingesetzt werden. Gemäß der Erfindung
umfasst der Begriff Gestagene sowohl natürliche Gestagene als auch synthetische
Gestagene, die auch als Progestine bezeichnet werden. Die schwangerschaftsverhindernde
Wirkung dieser Substanzen beruht auf einer Veränderung des Muttermundschleims
sowie einer Hemmung des Aufbaus der Gebärmutterschleimhaut und der
Vorbereitung der Schleimhaut auf eine Nidation (Einnistung) der Blastozyste.
Bei einigen synthetischen Gestagenen wie z. B. Desogestrel, kommt
es zusätzlich
noch zu einer Schwangerschaftsvermeidung durch eine Hemmung des
Eisprungs.
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Gestagene
in Form der Minipille werden zur hormonellen Schwangerschaftsvermeidung
insbesondere in Fällen
verwendet, in denen eine hormonelle Schwangerschaftsvermeidung unter
Verwendung von Östrogen
nicht angezeigt ist. Bekannte Substanzen, die zu diesem Zweck eingesetzt
werden, schließen
Levonorgestrel, Norestisteron und Desogestrel ein.
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Gestagen-basierte
Medikamente werden zur Schwangerschaftsverhütung in einem sog. 28-Tage-Zyklus
eingenommen. Dies bedeutet es erfolgt eine tägliche Einnahme (24 h Intervall)
ohne Unterbrechung. Aufgrund des Wirkmechanismusses der Gestagene
wird bisher davon ausgegangen, dass eine tägliche Einnahme unabdingbar
für eine
sichere Schwangerschaftsvermeidung ist.
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Bei
der Schwangerschaftsvermeidung unter ausschließlicher Verwendung von Gestagen
ist im Unterschied zu Östrogen-basierten
Medikamenten, die zur Schwangerschaftsvermeidung eingesetzt und in
einem Rhythmus von 21 Tagen gefolgt von einer Einnahmepause eingenommen
werden, also eine tägliche
Einnahme notwendig. Daher kann es häufig zu Schmier- und Zwischenblutungen
kommen, die für Frauen
sowohl körperlich
unangenehm als auch psychologisch störend sind.
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Es
gibt jedoch unter der weiblichen Bevölkerung eine Gruppe, die Östrogen-basierte
Medikamente zur Schwangerschaftsvermeidung nicht toleriert, bei
der Nebenwirkungen, wie z. B. eine Thrombosebildung auftreten, oder
bei der, z. B. aufgrund eines erhöhten Krebsrisikos die Gabe
von östrogenhaltigen
Medikamenten, zur Schwangerschaftsvermeidung nicht angebracht ist.
Diese Gruppe muss bei einer hormonellen Schwangerschaftsvermeidung
auf östrogenfreie
Medikamente wie Gestagen-basierte Medikamente zurückgreifen.
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Es
ist somit eine Aufgabe der Erfindung, eine neue Verwendung von Gestagenen
zur Herstellung eines östrogenfreien
Medikaments zur Schwangerschaftsvermeidung zu beschreiben, die die
oben genannten Nebenwirkungen einer kontinuierlichen Einnahme von
gestagenhaltigen Medikamenten vermeidet, ohne dabei auf östrogenhaltige
Medikamente zurückgreifen
zu müssen
und ohne dabei die Sicherheit der Schwangerschaftsvermeidung zu
gefährden.
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Erfindungsgemäß wird die
Aufgabe dadurch gelöst,
dass das Medikament zur täglichen
Verabreichung einer schwangerschaftsvermeidenden Dosis zumindest
eines Gestagens über
einen Zeitraum von n × 21
Tagen, wobei n = 1, 2 oder 3 ist, gefolgt von einer mehrtägigen Einnahmepause,
hergerichtet ist.
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Es
wurde überraschenderweise
herausgefunden, dass auch bei einer regelmäßigen Einnahme von gestagenhaltigen östrogenfreien
Medikamenten zur Schwangerschaftsvermeidung für 21, 42 oder 63 Tage, gefolgt
von einer mehrtägigen
Einnahmepause, langfristig die Vermeidung von Schwangerschaften
sichergestellt werden kann. Ferner hat sich gezeigt, dass dabei
die Häufigkeit
von Schmier- und Zwischenblutungen deutlich reduziert werden kann.
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Somit
kann mit einem Medikament der Erfindung, ohne die Verwendung von Östrogen,
eine Schwangerschaftsvermeidung sichergestellt werden, wobei gleichzeitig
ein Zeitfenster geschaffen wird, um der körpereigenen Östrogenbildung
begrenzt freien Lauf zu lassen. Dies schafft einen Zeitraum, in
dem sich das Endometrium gering profilieren kann. Diese Proliferation
wird nach wenigen Tagen durch die erneute Einnahme der Gestagene
gehemmt und das Endometrium wird gleichzeitig transformiert, was
die Häufigkeit
von Schmier- und Zwischenblutungen deutlich reduziert. In dieser
Einnahmepause kommt es zwar zu einer begrenzten Follikelreifung,
diese wird aber durch die erneute Gestageneinnahme wieder unterdrückt, so
dass es nicht zu einer Ovulation kommen kann. Ferner ist die erreichte
Endometriumhöhe
dabei nur wenige Millimeter hoch, und daher kann sich eine befruchtete
Eizelle nicht einnisten, so dass es auch in der Gestagen-freien
Zeit zu keiner Schwangerschaft kommen kann.
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Gemäß der Erfindung
kann ein einzelnes Gestagen oder eine Kombination von zwei oder
mehr Gestagenen verwendet werden.
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In
einer bevorzugten Ausführungsform
der Erfindung beträgt
die Länge
der mehrtägigen
Einnahmepause 3 bis 7 Tage und insbesondere 7 Tage.
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Diese
Einnahmepause ist an den weiblichen Zyklus angepasst, so dass es
zu einer kontrollierten Abbruchblutung kommt und der körpereigenen Östrogenbildung
für ausreichende
Zeit freier Lauf gelassen wird. Auf diese Weise wird das Auftreten
von Schmier- und Zwischenblutungen sowie ein Ausbleiben der Regelblutung
vermieden oder zumindest reduziert. Die Einnahmepause ist dabei
jedoch nicht so lang, dass es zu einer Schwangerschaft kommen kann.
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In
einer weiteren Ausführungsform
der Erfindung ist die schwangerschaftsvermeidende Dosis eine Dosis
von 30 bis 350 μg
des zumindest einen Gestagens pro Tag, vorzugsweise von 50 bis 200 μg des zumindest
einen Gestagens pro Tag, besonders bevorzugt von 75 bis 175 μg des zumindest
einen Gestagens pro Tag und insbesondere von 100 bis 150 μg des zumindest
einen Gestagens pro Tag.
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Diese
Dosen haben sich als vorteilhaft erwiesen, da sie auf der einen
Seite für
eine sichere Schwangerschaftsvermeidung sorgen, jedoch auf der anderen
Seite zu keiner übermäßigen Belastung des
weiblichen Körpers
mit künstlichen
Hormonen führen.
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In
einer weiteren Ausführungsform
ist das Medikament zur täglichen
Verabreichung einer ersten Dosis des zumindest einen Gestagens für einen ersten
Zeitraum, gefolgt von einer zweiten Dosis des zumindest einen Gestagens
für einen
zweiten Zeitraum hergerichtet, wobei der erste Zeitraum und der zweite
Zeitraum zusammen n × 21
Tage, wobei n wie zuvor definiert ist, ergeben und wobei die zweite
Dosis höher
ist als die erste Dosis. Vorzugsweise beträgt dabei der erste Zeitraum
7 bis 9, insbesondere 8 Tage und der zweite Zeitraum ((12 bis 14)
+ ((n – 1) × 21)),
insbesondere (13 + ((n – 1) × 21)) Tage,
wobei n wie zuvor definiert ist. Vorzugsweise beträgt dabei die
erste Dosis 75 bis 125 μg,
insbesondere 100 μg des
zumindest einen Gestagens pro Tag. Vorzugsweise beträgt dabei
die zweite Dosis 125 bis 175 μg, insbesondere
150 μg des
zumindest einen Gestagens pro Tag.
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Mit
einem solchen Medikament wird also für einen ersten Zeitraum eine
niedrigere Dosis des zumindest einen Gestagens verabreicht und die
Dosis dann für
den Rest des Einnahmezeitraums erhöht, wobei das Medikament insgesamt über 21,
42 oder 63 Tage eingenommen wird. Es hat sich gezeigt, dass ein
solches Medikament zur Stützung
des weiblichen Zyklusses beiträgt
und insbesondere Schmier- und Zwischenblutungen besonders effektiv
verhindert.
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In
einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung ist n = 3.
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In
dieser Variante erfolgt die Einnahme der Gestagene in dem sogenannten
Lang-Zyklus. Durch eine
Einnahme der Gestagene über
63 Tage gefolgt von einer Einnahmepause kann das Auftreten einer Regelblutung über einen
langen Zeitraum unterdrückt
werden, ohne dass Schmier- und Zwischenblutungen auftreten. Dies
ist z. B. bei Patientinnen vorteilhaft, die unter sehr schmerzhaften
Regelblutungen leiden.
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In
einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung ist n = 1.
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In
dieser Variante erfolgt die Einnahme des zumindest einen Gestagens über 21 Tage
gefolgt von einer Einnahmepause. Dieses Einnahmeschema ist besonders
gut an den weiblichen Zyklus angepasst.
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In
einer weiteren Ausgestaltung der oben genannten Maßnahme ist
das Medikament in Form eines Blisters mit 21 gestagenhaltigen Präparaten
hergerichtet.
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Eine
solche Herrichtung ist in der Herstellung einfach und preiswert
und der Blister kann nach Abschluss eines Behandlungszyklusses einfach
von der Anwenderin verworfen werden. Ferner kann mit einer solchen
Herrichtung, die Länge
der Einnahmepause auf einfache Weise individuell eingestellt werden.
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In
einer weiteren Ausgestaltung der oben genannten Maßnahme ist
das Medikament in Form eines Blisters mit 21 gestagenhaltigen Präparaten,
sowie einer Anzahl an wirkstofffreien Präparaten hergerichtet, wobei
die Anzahl der wirkstofffreien Präparate der Anzahl der Tage
der mehrtägigen
Einnahmepause entspricht.
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Eine
solche Kombination aus gestagenhaltigen Präparaten und wirkstofffreien
Präparaten
(Placebos) hat den Vorteil, dass dadurch die Anwenderin täglich ein
Präparat
einnehmen kann, wobei sie jeweils korrekterweise Gestagen einnimmt
oder nicht, ohne dass dabei besonderes Nachdenken oder eine Veränderung
des Tagesrhythmusses notwendig ist. Dies erhöht die Einnahmesicherheit und
die Patienten-Compliance deutlich.
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In
einer weiteren Ausführungsform
der Erfindung ist das zumindest eine Gestagen ausgewählt aus
der Gruppe bestehend aus Dienogest, Desogestrel, Etonogestrel, Levonorgestrel,
Medroxyprogesteron, Norethisteron, Norethisteronacetat, Norethynodrel,
Norgestrel, Norgestimat, Pregnan, Pregnandiol, Progesteron, Pregnenolon
und Mischungen davon.
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Bei
den oben genannten Substanzen handelt es sich um Substanzen, die
schon seit langer Zeit für
die hormonelle Schwangerschaftsvermeidung zugelassen sind, so dass
unter Verwendung dieser Substanzen sichere Medikamente zur Schwangerschaftsvermeidung
hergestellt werden können.
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Es
versteht sich, dass die vorstehend genannten und nachstehend noch
zu benennenden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination,
sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung anwendbar
sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
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Ausführungsbeispiel
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Eine
23-jährige
Patientin (53 kg, 167 cm) nimmt Desogestrel 75 μg nach dem Schema 21 Tage Einnahme,
7 Tage Pause, 21 Tage Einnahme usw. ein. Die Patientin war zuvor
unter der kontinuierlichen Einnahme von Desogestrel 75 μg amenorrhoisch
geblieben und legt zum Auslösen
der Menstruation eine 7-Tage-Pause ein. Um erneut kontrazeptive
Sicherheit zu erlangen, nimmt die Patientin erneut 21 Tage Desogestrel
75 μg pro
Tag ein und pausiert anschließend
wiederum für
sieben Tage. Dieses Schema hat die Patientin über ein Jahr beibehalten.
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Die
regelmäßig durchgeführte Vaginalsonographie
ergab eine nur 2 mm hohe gleichmäßig dicke Gebärmutterschleimhaut
(Endometrium). Die Follikulometrien zeigten ein Follikelwachstum
unter 5 mm. Die regelmäßig durchgeführten Hormonlaborkontrollen
ergaben stets einen Progesteronwert unter 10 ng/dl, was gegen das
Auftreten eines Eisprungs spricht. Der gemessene Estradiolwert lag
stets im unteren Normbereich. Die Patientin hatte stets negative HCG-Werte,
was das Auftreten einer Schwangerschaft ausschließt, und
regelmäßige, kurz
andauernde schwache Periodenblutungen. Eine Schwangerschaft stellte
sich während
der Einnahmezeit nicht ein.
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Desogestrel
75 μg kontinuierlich
eingenommen, verursachte bei der Patientin eine Amenorrhö, da der
fehlende Gestagenentzug ein Abbluten des nur 2 mm hohen Endometriums
verhinderte. Die 7-tägige
Pause führte
zu einer Gestagenentzugsblutung und zu einem geringen Follikelwachstum.
Die durch die Follikelmembran gebildete Estradiolmenge ist in der
7-tägigen
Pause ausreichend, um ein ca. 2 mm hohes Endometrium zu erzeugen.
Die nachfolgende Desogestrelgabe verursacht eine Transformation
des Endometriums, ohne Schmierblutungen und zugleich eine ausreichende
Suppression der Follikelreifung. Eine Ovulation wurde, durch die
rechtzeitige Desogestrelgabe, ebenfalls nie beobachtet.