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Die Erfindung betrifft ein Tastsystem zur Vermessung einer Oberfläche eines Werkstücks, wobei das Tastsystem einen Tastarm mit einem Antastelement sowie eine mit dem Tastarm verbundene Messmittelaufnahme aufweist, wobei der Tastarm und die Messmittelaufnahme um eine Drehachse drehbar angeordnet sind, wobei ein Lesekopf an einem von der Drehachse beabstandeten Ort zur Erfassung der Bewegung der Messmittelaufnahme angeordnet ist, wobei die Messmittelaufnahme mit einem kreisbogenförmigen Abschnitt versehen ist, wobei der Mittelpunkt des Kreisbogens die Drehachse ist und wobei auf dem kreisbogenförigen Abschnitt eine Maßverkörperung angeordnet ist, die von dem Lesekopf erfasst werden kann.
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Tastsysteme dieser Gattung sind im Stand der Technik bekannt. In 1 ist ein solches Tastsystem 1 dargestellt. Es dient dazu, die Oberfläche 2 eines Werkstücks 3 zu vermessen, wofür ein Antastelement 5 vorgesehen ist, das die Oberfläche 2 kontaktiert und – in Abhängigkeit der Oberflächentopographie – in vertikaler Richtung (z-Richtung) beweglich ist. Das Antastelement 5 ist dabei an einem Tastarm 4 angeordnet, der um eine Drehachse 7 drehbar angeordnet ist. Der Tastarm 4 setzt sich jenseits der Drehachse 7 in eine Messmittelaufnahme 6 fort. An dem von der Drehachse 7 entfernten Ende der Messmittelaufnahme 6 ist ein Lesekopf 8 angeordnet, der in der Lage ist, die vertikale Auslenkung des Endes der Messmittelaufnahme 6 zu erfassen.
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Damit ist es möglich, durch Messung der vertikalen Auslenkung des Endes der Messmittelaufnahme 6 auf die Oberflächentopographie der Oberfläche 2 zu schließen.
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Ein Tastsystem der eingangs genannten Art ist aus der
DE 10 2005 018 919 A1 bekannt. Hier weist ein kreisbogenförmiger Abschnitt seitlich einen Strichmaßstab auf, der von einem seitlich des Abschnitts angeordneten Lesekopf gelesen werden kann.
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Häufig kommen als Messsysteme (Leseköpfe) 8 induktive Wegaufnehmer zum Einsatz. Bei diesen bestimmt der Messbereich die zulässige Tastarmbewegung. Systemimmanente Nichtlinearitäten müssen zwingend kompensiert werden, um ein befriedigendes Messergebnis zu erreichen. Die bei üblichen Systemen notwendige A/D-Wandlung (analog-digital-Wandlung) ruft zusätzliche Messunsicherheiten hervor. Dabei wird ein Messsystem mit einem relativ kleinen Messbereich stark übersetzt. So werden z. B. Wegmesssysteme, die mit einem Messweg von +/–2 mm Messweg spezifiziert sind, über eine Hebelübersetzung auf 50 mm Messweg übersetzt. Alle damit zusammen hängenden Fehler werden dadurch ebenfalls mit mehr als dem Faktor 10 verstärkt. Durch die systembedingt vielen mechanischen Komponenten des Systems wird die Empfindlichkeit der Einheit geringer (bedingt insbesondere durch Reibung und bewegte Massen).
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Bekannt ist es auch, die Auslenkung des von der Drehachse 7 entfernten Endes der Messmittelaufnahme 6 durch ein Linearmesssystem zu ermitteln. Hierbei können inkrementelle Längenmesssysteme zum Einsatz kommen. Die maximale Tastarmbewegung wird von der zulässigen Winkelabweichung der Linearmessysteme bestimmt. Dieser Aufbau ist auf Grund der nur geringen möglichen Tastarmbewegung nur in speziellen Messgeräten möglich.
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Als Messmittel bekannt sind auch Systeme mit Lasertriangulationssensoren. Diese sind allerdings relativ empfindlich und daher im Fertigungsbereich nur bedingt einsetzbar. Hier spielt beispielsweise die Luftqualität und die hiermit in Verbindung stehende Verschmutzung der Optik eine Rolle. Ferner ist hier die Justage bei der Gerätemontage sehr zeitaufwändig, was das System verteuert.
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Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Tastsystem zur Vermessung einer Oberfläche zu schaffen, das eine günstigere Realisierung ermöglicht, als es bei den vorbekannten Systemen der Fall ist. Es sollen dabei kostengünstige Standard-Elemente zum Einsatz kommen. Das System soll robust ausgebildet sein und sich daher für den Einsatz im Fertigungsbereich eignen. Weiterhin soll ein gutes Messergebnis erzielbar sein, wobei Nichtlinearitäten vermieden bzw. verringert werden sollen. Die Genauigkeit des Tastsystems soll schließlich hoch sein, so dass eine präzise Messung über einen größeren Hub des Tastsystems möglich wird, als es bislang der Fall ist.
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Die Lösung dieser Aufgabe durch die Erfindung ist dadurch gekennzeichnet, dass die Maßverkörperung auf der radial nach außen weisenden Oberfläche des kreisbogenförmigen Abschnitts angeordnet ist, wobei die Maßverkörperung als Strichmaßband zur Längenmessung ausgebildet ist und wobei die Maßverkörperung zumindest an einem ihrer Enden eine Referenzmarke aufweist.
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Bevorzugt erstreckt sich der Kreisbogen nur über einen Winkel von höchstens 45°, besonders bevorzugt von höchstens 30°.
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Die Maßverkörperung kann als inkrementelles Messsystem zur Längenmessung ausgebildet sein.
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Das Strichmaßband kann als Stahlband ausgebildet sein und eine Dicke von unter einem mm aufweisen, bevorzugt zwischen 0,1 und 0,5 mm. Das Stahlband kann auf dem kreisbogenförmigen Abschnitt aufgeklebt sein.
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Der zum Einsatz kommende Lesekopf ist bevorzugt als optisches inkrementelles Messmittel ausgebildet. Bei dem Lesekopf handelt es sich bevorzugt um einen solchen für ein Strichmaßband. Dabei arbeitet das Messmittel vorzugsweise im Auflichtverfahren.
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Die Maßverkörperung hat zur erleichterten Findung einer Referenzposition zumindest an einem ihrer Enden eine Referenzmarke. Die Maßverkörperung weist dabei bevorzugt an ihren beiden Enden je eine Referenzmarke auf. Das Strichmaßband kann insbesondere mindestens eine Referenzmarke in Form einer Schwärzung aufweisen.
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Eine besonders kostengünstige Lösung ergibt sich, wenn das Strichmaßband frei von einer Referenzspur ist.
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Weiterhin kann mindestens ein Endanschlag für die maximale Verschwenkung der Messmittelaufnahme bei der Drehung um die Drehachse vorgesehen sein; bevorzugt sind zwei Endanschläge für die beiderseitige maximale Verschwenkung der Messmittelaufnahme vorgesehen.
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Die Länge des Tastarms beträgt bevorzugt zwischen 150% und 300% der Länge der Tastarmaufnahme; besonders bevorzugt ist ein Wert von 200%.
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Das Tastsystem kann Bestandteil eines Konturenmessgeräts sein.
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Das erfindungsgemäße Tastsystem ist bevorzugt Bestandteil eines Messgeräts, das im Tastschnittverfahren Geometrien von Werkstücken erfasst. Ebenfalls ist das Prinzip des beschriebenen Tastsystems zur Messung der Gestaltabweichung niedriger Ordnung (Rauheit) oder kombinierter Messung von Rauheit und Geometrie geeignet.
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Der Erfindungsvorschlag hat verschiedene Vorteile zur Folge:
Die vorgeschlagene Lösung ermöglicht eine kostengünstige Herstellung des Tastsystems. Das gilt zunächst hinsichtlich des Einsatzes von Standard-Bausteinen der Längenmesstechnik. Es gilt auch hinsichtlich des Fertigungsaufwandes der Einzelteile des Systems. Die Montage der Einheit ist einfach und kostengünstig, und der Reparatur- und Wartungsaufwand ist durch die einfache Bauweise gering.
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Weiterhin zeichnet sich das Tastsystem durch ein robustes Konzept aus, so dass ein problemloser Einsatz des erfindungsgemäßen Tastsystems im Fertigungsbereich möglich ist.
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Durch die erfindungsgemäße Konzeption werden Nichtlinearitäten weitgehend vermieden bzw. verringert. Dies erhöht die Genauigkeit und Sicherheit der Messung.
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Da das Messsystem des Tastsystems kontaktfrei arbeitet, bleibt auch die Bewegungsreibung auf die Lagerreibung beschränkt.
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Von Vorteil ist es weiterhin, dass eine signifikante Vergrößerung des Messbereichs in vertikaler Richtung (z-Richtung), also der Tastarmbewegungen, möglich wird. Dies ist insbesondere ohne Entstehung von Nichtlinearitäten möglich. Auch die Systemauflösung wird hierdurch nicht reduziert.
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In der Zeichnung ist ein Ausführungsbeispiel der Erfindung dargestellt. Es zeigen:
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1 schematisch die Seitenansicht eines Tastsystems gemäß dem Stand der Technik,
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2 in einer zu 1 analogen Darstellung ein Tastsystem, das gemäß der Erfindung ausgebildet ist, und
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3 in perspektivischer Darstellung den rechten Bereich des Tastsystems gemäß 2.
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In den 2 und 3 ist eine Ausgestaltung eines erfindungsgemäßen Tastsystems 1 zu sehen. Es dient zur Vermessung der Oberfläche 2 eines Werkstücks 3. Das Tastsystem 1 besteht – wie im Stand der Technik gemäß 1 – aus einem Tastarm 4, an dessen linken Ende ein Antastelement 5 angeordnet ist. Das Antastelement 5 tastet – bei Vorliegen einer Relativverschiebung zwischen Antastelement 5 und Oberfläche 2 in horizontaler Richtung – die Oberfläche 2 ab, so dass auf die Oberflächentopographie der Oberfläche 2 geschlossen werden kann. Das Messergebnis kann in bekannter Weise ausgewertet und dargestellt werden.
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Der rechte Bereich des Tastsystems 1 ist durch eine Messmittelaufnahme 6 gekennzeichnet, die einen kreisbogenförmigen Abschnitt 9 aufweist. Von Vorteil ist, dass sich der kreisbogenförmige Abschnitt 9 nur über einen gewissen Winkelabschnitt α erstreckt, der im Bereich von 30° liegt. Die starre Einheit bestehend aus Tastarm 4 und Messmittelnahme 6 mit kreisbogenförmigem Abschnitt 9 kann um die Drehachse 7 drehen. Eine Auslenkung von Tastarm 4 und Messmittelaufnahme 6 um die Achse 7 wird durch die Topographie der Oberfläche 2 verursacht. Um die Oberfläche 2 zu vermessen, ist ein Messmittel im Bereich des kreisbogenförmigen Abschnitts 9 angeordnet. Das Messmittel ist so ausgebildet, dass eine Maßverkörperung 10 vom Lesekopf 8 detektiert werden kann, mit der der kreisbogenförmige Abschnitt 9 versehen ist bzw. die auf diesem aufgebracht ist.
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Bevorzugt besteht die Maßverkörperung 10 aus einem Stück eines handelsüblichen Maßbands eines inkrementellen Längenmesssystems, wobei der Lesekopf 8 als Standard-Lesekopf ausgebildet ist, der das Maßband im Auflichtverfahren lesen kann.
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Die Länge L4 des Tastarms 4 ist vorliegend etwa doppelt so groß wie die Länge L6 der Messmittelaufnahme 6.
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Es wird also nur ein Abschnitt einer Maßverkörperung 10 auf der bogenförmigen Aufnahme 9 aufgebracht, die sich über den begrenzten Winkel α erstreckt. Die Referenzpositionen, die der Lesekopf 8 benötigt, kann durch rechnerische Auswertung der Signalqualität oder der Anlage an einem Endanschlag 13 gewonnen werden. Dadurch kann der Bedarf für eine zusätzliche Referenzspur auf der Maßverkörperung 10 oder die Ausbildung der Maßverkörperung 10 als Absolutmaßstab entfallen. Dies vermindert die Kosten erheblich.
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Eine besonders einfache Möglichkeit, eine Referenz für den Lesekopf 8 zu schaffen, besteht in Folgendem: Ist die Maßverkörperung 10 am Ende beispielsweise geschwärzt, fällt hier beim Ablesen der Maßverkörperung 10 durch den Lesekopf 8 die Amplitude des Messsignals zusammen. Eine Detektion dieser Amplitudenänderung entspricht der Referenzposition „Messbereichsende erreicht”. In 3 sind die Referenzmarken 11 und 12 an den Enden der Maßverkörperung 10 als Schwärzungen zu sehen, die als „Endschalter” wirken. Ein Endschalter sowie dessen Verkabelung und Signalelektronik kann daher in vorteilhafter Weise entfallen. Dennoch ist für das Messsystem eine klare Referenz gegeben.
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Für die Realisierung des dargestellten Systems sind nur Standard-Bauelemente nötig, was die Herstellung kostengünstig macht. Das gilt insbesondere für das Maßband-Längenmesssystem und den Lesekopf, die für Längenmesssysteme bekannt und gebräuchlich sind. Ebenfalls verwendbar ist eine Standard-Interpolationselektronik für Längsmesssysteme.
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Optional kann die Referenzspur bzw. der Endschalter am Ende der Maßverkörperung 10 entfallen.
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Die Anbaubedingungen gestalten sich sehr einfach, lediglich die Positionen des Maßbandes 10 zum Lesekopf 8 müssen justiert werden.
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Nichtlinearitäten sind konzeptbedingt bei der Erfindung gering und können gegebenenfalls durch geometrische Veränderungen reduziert werden. Der Bereich der Tastarmbewegung hängt nämlich nur von der ausgeführten Länge des Maßbandes des Längenmesssystems ab.
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Die Auflösung wird durch den Abstand (Radius L6) zur Drehachse 7 nach der Konstruktionsvorgabe eingestellt. Durch Erhöhung des Abstandes L6 kann die erzielbare Genauigkeit gesteigert werden.
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Der Einfluss der geringen Nichtlinearität des Längenmesssystems bezüglich der Messgenauigkeit nimmt mit steigendem Radius ab, d. h. durch Ungenauigkeiten infolge der Interpolation zwischen den Maßmarkierungen auf der Maßverkörperung.
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Das vom Lesekopf 8 abgetastete Signal der inkrementellen Maßverkörperung kann in an sich bekannter Weise interpoliert werden, um genaue Zwischenwerte und die geforderte Auflösung zu erhalten. Weiterhin können systematische Fehler des Tastsystems durch bekannte Methoden mittels Datenverarbeitung korrigiert werden.
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Eine Messung des Maßbandes mittels des Lesekopfs 8 im einfachsten Falle als relative Messung ist nicht zielführend, da die Drehbewegung des Messtasters so nicht kompensiert werden kann.
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Durch Nutzung der Referenzmarken (Schwärzungen) 11, 12 und/oder der Endanschläge 13 ist jedoch auch eine absolute Messung möglich.
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Aufwändiger, jedoch gleichermaßen möglich ist es, neben dem eigentlichen Maßstab eine zusätzliche Referenzspur auf dem Maßstab aufzubringen, so dass ohne weitere Maßnahmen die absolute Lage ermittelt werden kann.
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Statt der Referenzpositionen (Schwärzungen) ist es grundsätzlich auch möglich, alleine aufgrund der Tatsache, dass bei weiterer Auslenkung der Messmittelaufnahme keine Strichkodierungen mehr folgen, darauf zu schließen, dass das Ende des Maßstabs erreicht ist. Demnach ist also vorgesehen, dass die Maßverkörperung an einem ihrer Enden oder an beiden Enden abrupt endet und somit eine Referenzposition ermittelt werden kann.
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Der kreisbogenförmige Abschnitt kann in kostengünstiger Weise z. B. durch Fräsen auf einer CNC-Maschine hergestellt werden.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Tastsystem
- 2
- Oberfläche
- 3
- Werkstück
- 4
- Tastarm
- 5
- Antastelement
- 6
- Messmittelaufnahme
- 7
- Drehachse
- 8
- Lesekopf
- 9
- kreisbogenförmiger Abschnitt
- 10
- Maßverkörperung (Längenmaßband)
- 11
- Referenzmarke (Schwärzung)
- 12
- Referenzmarke (Schwärzung)
- 13
- Endanschlag
- α
- Winkel
- L4
- Länge des Tastarms
- L6
- Länge der Messmittelaufnahme