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Die
Erfindung betrifft ein formstabiles Formteil zur Förderung
der Knochenneubildung gemäß dem Oberbegriff
des Anspruchs 1.
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In
der Medizin gibt es eine Vielzahl von Anwendungsfällen, in
denen es wünschenswert
ist, dass Knochenmaterial vom menschlichen oder tierischen Patienten
selbst neu gebildet wird. Es ist bekannt, dass Osteoblasten bestrebt
sind, in Hohlräume
hineinzuwachsen. Wird ein solcher Hohlraum künstlich auf einer Knochenunterlagen
hergestellt, so sind die Osteoblasten bestrebt, diesen Hohlraum auszufüllen. Diese
Erkenntnis macht man sich beispielsweise in der Zahnmedizin zunutze,
wenn der Kieferknochen, beispielsweise durch Parodontitis angegriffen
und teilweise zerstört
ist.
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Aus
der
DE 198 30 992
C2 ist es bekannt, den für das gezielte Wachstum der
Osteoblasten benötigten
Hohlraum am menschlichen oder tierischen Kieferknochen durch nicht
resorbierbare oder resorbierbare Folien zu bilden. Die bekannten,
nicht resorbierbaren Materialien sind äußerst formstabil, haben jedoch
den Nachteil, dass sie nach der Neubildung der Knochensubstanz in
einer zweiten Operation wieder mühsam
entfernt werden müssen,
wobei es häufig
zu einer Beschädigung
der gerade erst neu gebildeten Knochensubstanz kommen kann. Die bekannten
resorbierbaren Folien haben den Nachteil, dass sie eine unzureichende
Formstabilität
aufweisen. Die Verwendung von resorbierbaren Folien hatte jedoch
den Vorteil, dass sie keinen zusätzlichen chirurgischen
Eingriff erforderten, sondern im Körper beispielsweise vollständig zu
CO
2 und H
2O abgebaut wurden.
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Die
DE 198 30 992 C2 schlägt daher
vor, Formteile zur Förderung
der Neubildung von Knochenmaterial zu verwenden, die für die Dauer
der Neubildung von Knochensubstanz formstabil sind, die jedoch bei
Temperaturen von beispielsweise oberhalb von 55°C verformt werden können, um
die als Folien ausgebildeten Formteile an die Kiefersituation des
Patienten anzupassen. Die vorgeschlagenen Formteile weisen zwar
den Vorteil auf, dass sie bei den in der Mundhöhle des Patienten herrschenden
Temperaturen formstabil sind und vollständig vom Körper abgebaut werden können. Es
besteht jedoch die Gefahr, dass die Patienten während des Verformungsprozesses
der bekannten Folien durch die für
den Verformungsprozess notwendigen Temperaturen verletzt werden
können
oder zumindest Schmerzen empfinden. Dies lässt sich nicht vermeiden, da
die Folien bei hoher Temperatur in der Mundhöhle des Patienten unmittelbar
an den Kiefer angeformt werden müssen.
Außerdem
ist der Verformungsprozess zeitaufwändig. Während dieser Zeit können Keime
in die offene Wunde eintreten.
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Weiterhin
ist bei dem bekannten, verformbaren Formteil nachteilig, dass eine
absolute Abdichtung des entstehenden Hohlraums nicht möglich ist. Kleinere
Spalten zwischen dem Formteil und dem Knochen oder dem Zahnschmelz
des Patienten können
nicht vermieden werden. Hierdurch kann es zu Infektionen kommen.
Weiterhin wird die Knochenbildung durch diese Undichtigkeiten verlangsamt.
Die Knochenbildung kann auch vollständig unterbleiben, wenn durch
diese Spalten Periosten oder Epithelzellen hindurch in den Hohlraum
hineinwachsen und diesen ausfüllen,
bevor sich Knochensubstanz bilden kann.
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Der
Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein verbessertes formstabiles
Formteil vorzuschlagen, bei dem der Einsatz von hohen Temperaturen nicht
notwendig ist.
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Diese
Aufgabe wird mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst. Vorteilhafte
Weiterbildungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen angegeben.
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Der
Erfindung liegt der Gedanke zugrunde, das vom Körper vollständig resorbierbare Formteil dauerhaft
formstabil auszubilden. Hierzu ist das Formteil erfindungsgemäß temperaturstabil
ausgebildet, bleibt also auch bei hohen Temperaturen, insbesondere
bei Temperaturen bis mindestens 100°C, vorzugsweise bei Temperaturen
bis mindestens 200°C,
bevorzugt auch bei Temperaturen über
200°C starr.
Da das erfindungsgemäße Formteil
nicht durch den Einsatz von hohen Temperaturen verformbar ist, muss
das Formteil während
der Operation auch nicht erhitzt werden, wodurch eine Verletzung
des Patienten durch hohe Temperaturen ausgeschlossen wird. Bevorzugt
wird das erfindungsgemäße Formteil
als Massenprodukt in unterschiedlichen Größen hergestellt. Dabei sind
die Formteile derart ausgeformt, dass sie ohne Veränderungen
vornehmen zu müssen
an die entsprechende Körperstelle
aufgebracht werden können.
Ein Verformungsprozess ist nicht notwendig, wodurch die Operation
beschleunigt durchgeführt
werden kann. Sollten doch Anpassungen notwendig sein, so kann das
Formteil durch Schleifen oder Fräsen
an die gewünschte
Knochensituation bei Mensch oder Tier, insbesondere an die Kiefersituation,
angepasst werden. Ein weiterer Vorteil des erfindungsgemäßen Formteils
gegenüber nicht
starren Formteilen besteht darin, dass es sich zur Fixierung des
Zahnfleisches eignet. Dabei verformt sich das Formteil nicht, sondern
behält
seine steife Form. Das Zahnfleisch, welches sich meist teilweise
zurückgebildet
hat, kann auf seine ursprüngliche
Erstreckung gedehnt und im gedehnten Zustand fixiert werden.
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Das
Formteil ist iss auch druckstabil, insbesondere bei Drücken bis
10 bar, vorzugsweise bei Drücken
bis 100 bar oder darüber
ausgebildet. Hierdurch wird die Verformbarkeit des Formteils gänzlich ausgeschlossen.
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Um
den mittels des Formteils hergestellten Hohlraum abzudichten und
somit den Eintritt von Bakterien, Periosten oder Epithelzellen in
den Hohlraum zu vermeiden, ist in der Erfindung vorgesehen, dass
das Formteil eine elastische Dichtungsschicht aus vom menschlichen
oder tierischen Körper
resorbierbarem Material aufweist. Diese Schicht aus Dichtungsmaterial
ist bevorzugt nicht großflächig auf
dem Formteil aufgebracht, sondern lediglich in dem Kontaktbereich
des Formteils zum menschlichen Körper. Dabei
ist es denkbar, dass das Dichtungsmaterial bereits bei der Herstellung
des Formteils auf das Formteil aufgetragen und mit diesem steril
verpackt wird. Ebenso ist es möglich,
dass der operierende Arzt das Dichtungsmaterial vor dem Aufsetzen
des Formteils auf die Knochenunterlage des menschlichen oder tierischen
Patienten auf das Formteil aufbringt. Das flexible Dichtungsmaterial
passt sich an die Form der Knochenunterlage und/oder des Zahnschmelzes
an, wodurch eine Bearbeitung des formstabilen Teils während der
Operation des starren Formteils mit Vorteil unterbleiben kann.
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Bevorzugt
weist das Dichtungsmaterial eine Klebeeigenschaft auf, durch die
das Formteil an vorgegebener Position am Körper vorläufig fixierbar ist.
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Gemäß einer
vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung ist vorgesehen, dass als
Dichtungsmaterial Collagen verwendet wird, insbesondere eine Mischung
aus Collagen 1 und Collagen 3. Es ist jedoch auch denkbar, lediglich
Collagen 1 oder ausschließlich
Collagen 3 zu verwenden. Collagen hat nicht nur Dichtungseigenschaften,
sondern fixiert den Formkörper
zumindest vorläufig
durch seine Klebewirkung.
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Das
Formteil wird endgültig
mithilfe von Schrauben oder Fäden
oder auch resorbierbaren Pins fixiert, um die Dichtigkeit des Hohlraums über den
gesamten Knochenneubildungsprozess zu gewährleisten.
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Um
das Knochenwachstum zu fördern,
ist gemäß der Erfindung
vorgesehen, zumindest die der Knochenunterlage zugewandte Oberfläche des Formteils
mit einer Rauigkeit auszubilden, die vorzugsweise der durchschnittlichen
Rauigkeit eines menschlichen bzw. tierischen Knochens entspricht. Bevorzugt
ist die gesamte Oberfläche
des Formteils innerhalb des Hohlraum rau ausgebildet, damit das nachwachsende
Knochenmaterial hieran Halt finden kann. Die Rauigkeit kann in das
Formteil, beispielsweise durch Bestrahlen mit feinsten Partikeln
eingebracht werden.
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Gemäß einer
bevorzugten Ausführungsform enthält das Formteil
allogenes Material oder besteht vollständig aus allogenem Material.
Insbesondere ist es denkbar, das Formteil aus Spenderknochen oder aus
Knochen von Knochenbanken auszubilden. Auch ist die Verwendung von
FDBA (freeze dried bone allocrafts) oder von DFDBA (decalcified
freeze dried bone allocrafts) von Vorteil. Durch die Ausbildung
des Formteils aus einem Material von einem genetisch differenten
Individuum derselben Spezies kann das Knochenwachstum optimal verlaufen.
Die Wahrscheinlichkeit entzündlicher
Reaktionen wird mit Vorteil reduziert.
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Auch
die Verwendung von xenogenen Materialien zur Herstellung des Formteils
hat sich als vorteilhaft erwiesen. Zur Herstellung von Formteilen,
die für
den Menschen geeignet sind, eignen sich insbesondere Knochen von
Rind, Schwein und Pferd. Es ist jedoch auch möglich, das Formteil aus Algen,
insbesondere Algenextrakten, Korallen oder Muscheln herzustellen.
Die Schale von Muscheln eignet sich besonders zur Herstellung von
Formteilen, da diese bereits von Natur aus eine einen Hohlraum bildende Raumstruktur
aufweist. Muschelschalen bestehen aus einem Calcium-Protein-Gemisch,
was besonders gut vom Körper
resorbiert werden kann.
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Daneben
ist es auch möglich,
das Formteil aus autogenem Material herzustellen. Hierbei ist die Wahrscheinlichkeit
des Auftretens von entzündlichen Reaktionen
des Körpers
des Patienten am geringsten.
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Weiterhin
ist es möglich,
alloplastische Materialien wie Calciumphosphate, Keramiken oder
Biogläser
zur Herstellung des erfindungsgemäßen formstabilen Formteils
zu verwenden.
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Je
nach Größe des benötigten Hohlraums oder
je nach Ausformung der noch vorhandenen Knochenunterlage ist es
von Vorteil, mindestens zwei Formteile zu einem Formkörper zusammenzufassen, wobei
die Formteile gegeneinander abgedichtet werden müssen, damit ein dichter Hohlraum
entsteht und das Eindringen von Bakterien oder das Einwachsen von
Osteoblasten oder Periosten verhindert wird. Als Dichtungsmaterial
wird hierfür
ebenfalls Collagen bevorzugt. Es sind jedoch auch andere resorbierbare Materialien
denkbar.
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Weiter
Vorteile und zweckmäßige Ausführungen
sind den weiteren Ansprüchen,
der Figurenbeschreibung und der Zeichnung zu entnehmen.
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Die
einzige 1 zeigt einen auf eine Kieferknochenunterlage
aufgesetzten formstabilen Formkörper.
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In 1 ist
ein aufgrund von Parodontitis teilweise zerstörter Kieferknochen 1 gezeigt.
Wird der Kieferknochen 1 nicht wieder hergestellt, kann
es zum Ausfallen des in dem Kieferknochen 1 gehaltenen
Zahns 2 kommen. Zum Zwecke der Knochenneubildung ist auf
den Kieferknochen 1 ein sphärisch geformtes, formstabiles
Formteil 3 aufgesetzt. In 1 ist das
Formteil 3 geschnitten dargestellt. Es bildet oberhalb
des Kieferknochens 1 einen Hohlraum 4 aus, in
den zunächst
Fibroblasten und dann die Osteoblasten des Kieferknochens 1 in
Pfeilrichtung 5 hineinwachsen können. Um zu verhindern, dass
Zellen der Knochenhaut 6 oder Zellen des Zahnfleischs 7 in
den Hohlraum 4 eindringen können, ist das Formteil 3 gegenüber dem
Zahn 2 sowie gegenüber
dem Kieferknochen 1 mithilfe von Collagen 8 abgedichtet.
Nicht gezeigt ist die endgültige
Fixierung des resorbierbaren Formteils 3 mithilfe von ebenfalls
resorbierbaren Schrauben, Fäden
oder Pins im Kieferknochen 1.
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Die
dem Hohlraum 4 zugewandte Oberfläche 9 des Formteils 3 ist
mit einer Rauigkeit versehen, die der Rauigkeit der Oberfläche eines
herkömmlichen
Kieferknochens entspricht. Hierdurch wird das Wachstum des Kieferknochens 1 entlang der
Oberfläche 9 des
Formteils 3 gefördert.
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Das
Formteil 3 besteht in dem gezeigten Ausführungsbeispiel
aus einer dauerhaft formstabilen Muschelschale, die sich nicht durch
Temperatureinwirkung oder Druckeinwirkung verformen lässt. Bei
dem Formteil 3 handelt es sich um ein Massenprodukt, das über die
Collagenschicht an die spezielle Situation am Körper des Patienten angepasst
werden kann.
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Um
das Formteil 3 in die dargestellte Position einbringen
zu können,
wird zunächst
der obere Zahnfleischlappen 7 aufgeklappt. Gegebenenfalls
wird die Oberfläche
des Kieferknochens aufgeraut, um das Wachstum des Knochens 1 zu
fördern.
Daraufhin wird das Formteil 3 mit seiner Collagenschicht 8 an die
entsprechende Stelle aufgebracht und mittels resorbierbarer Materialien
am Kieferknochen 1 und/oder am Zahn 2 fixiert.
Daraufhin wird der Zahnfleischlappen 7 wieder in die in 1 dargestellte
Position geklappt und an der Außenseite
des Formteils 3 fixiert. An der Außenseite des Formteils 3 wächst die
Knochenhaut 6 entlang in Pfeilrichtung 10, so dass
nach einiger Zeit die ursprüngliche
Kiefersituation mit vollständigem
Kieferknochen 1, Knochenhaut 6 und Zahnfleisch 7 wieder
hergestellt ist.
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Eine
zweite Operation zur Entfernung des Formteils 1 nach erfolgter
Knochenneubildung ist nicht erforderlich, da das Formteil 1 mit
Collagen 8 vom Körper
vollständig
abgebaut wird.