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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Aufarbeitung (Entgiftung) von Faulschlamm, welcher toxische
Verbindungen von Arsen, Antimon und/oder Quecksilber enthält, dadurch gekennzeichnet, dass dem Faul- schlamm zum Zwecke des anaeroben Abbaus zu im wesentlichen Methan, Kohlensäure und Wasser ein Mittel zugesetzt wird, welches den pH-Wert und das Redox-Potential zu puffern imstande ist, wie z. B. ein Gemisch der Hydroxyde des Fell und FEIII, und dass der genannte Zusatz in solchen Mengen erfolgt, dass der pH-Wert des Faulschlammes auf zwischen 6, 6 und 8, 2, vorzugsweise auf 6, 8 bis 7, 5, und das Redoxpotential auf einen Wert zwischen -0, 2 bis -0, 5 EH2 Volt, vorzugsweise -0, 2 bis -0, 3 EH2 Volt eingestellt werden.
Die Verwendung von Rusma oder Vagebi als Enthaarungsmittel steht besonders in den arabischen Ländern in Gebrauch. Das Präparat besteht im wesentlichen aus einem Teil Auripigment (AS2S3), welches auch ) Rauschgelb oder Arsen HI-Sulfid genannt wird, sowie 5 Teilen Ätzkalk (CaO). Dieses Gemisch wird fein gepulvert mit Wasser vermischt und in Breiform oft mit Mehl auf die zu enthaarende Haut aufgetragen.
Das Auripigment ist praktisch im Wasser unlöslich, besitzt ein spezifisches Gewicht von 3, 43. Gegen
Säuren ist es beständig, dagegen wenig beständig in alkalischen Lösungen, so dass es von Ammoniakwasser und selbst schwach basischem Ammoniumcarbonat aufgelöst wird, wobei ein Gemisch von Arseniten mit i Sulfoarseniten entsteht. AS2S3 ist praktisch ungiftig, solange es nicht in andere dreiwertige Arsenverbin- dungen übergeführt wird. Der Überschuss des Enthaarungsmittels gelangt mit denHaarenin das Kanalisations- netz und somit in die Kläranlage. Der Hauptteil an Auripigment setzt sich bereits im Primärabsetzbecken mit den Haaren und andern Sedimentstoffen unverändert ab und gelangt von dort in den Faulbehälter, wo es unter reduzierenden anaeroben Bedingungen in giftige Arsenverbindungen umgesetzt wird. Somit erklärt sich die beklagenswerte Störung des Faulvorganges.
Auch kleinere Gewerbebetriebe, die sich mit Gerberei befas- sen, benützen heute noch arsenhältige Enthaarungsmittel. Auch auf diese Weise kann Arsen in den Faulbe- hälter gelangen. Ein nicht unwesentlicher Teil des kolloidverteilten Auripigments wird mit dem Belebt- schlamm unverändert abgeschieden, da seine oxydierende Behandlung kaum eine Umwandlung bewirkt. Auch die Haare nehmen einen geringen Teil an Arsen auf und binden dieses an den Cystingruppen des langge- streckten Keratinmolekuls.
Ähnlich verhalten sich die Antimon- und Quecksilberverbindungen, die aus Analogiegründen in das er- findungsgemässe Verfahren mit aufgenommen wurden.
Durch die Reduktionsvorgänge im Faulbehälter werden die Arsenverbindungen unter der Einwirkung von
H-Donatoren zum Teil in den sehr giftigen Arsenwasserstoff AsH3 und dessen Verbindungen verwandelt, die schon bei einer sehr geringen Konzentration den Faulbehältervorgang schädigen. Hiebei tritt ein Knoblauch- oder widerlicher Geruch nach Kakodyl auf. Der Gehalt von As in der überstehenden Flüssigkeit nimmt be- deutend zu, während der Gehalt des Bodenschlammes an As verarmt. Gleichzeitig fällt die Methanbildung stark ab, worauf noch später hingewiesen wird. Bei den Antimonverbindungen entsteht die Antimonbutter, die in die Schwimmschlammschicht abwandert, während beim Quecksilber giftige Sublimatverbindungen entstehen können.
Da die praktische Anwendung derzeit hauptsächlich auf die schädliche Wirkung des Arsens im Faul- behälter ausgeht, so wird nachstehend auch hauptsächlich auf dieses eingegangen.
Der chemische Abbau der Haare im Faulbehälter ist mengenmässig von geringerer Bedeutung, da sich der Grossteil der Haare im ausgetragenen Schlamm wieder finden lässt. Soweit der Abbau erfolgt, so verläuft er theoretisch so, dass die Disulfidbrücke in zwei isolierte Sulfhydrylreste reduziert wird, wobei aus dem
Keratin zwei Keratein-Molekille gebildet werden. Das Aufnahmevermögen von Arsen lässt sich aus folgender
Gleichung veranschaulichen :
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Hiebei werden die Mercaptogruppen bestimmter Enzyme, die aus den Cystingruppen z. B. des Keratins entstehen, durch kovalente Bindung fixiert. Die endständigen Kohlenwasserstoffgruppen sind für den mikrobiologischen Vorgang jetzt zugänglich und durch weitere H-DonatorenwirddasArsenzuArsenwasserstoff reduziert.
Durch die stufenweise Substitution der Wasserstoffatome des Arsenwasserstoffes durch Alkylgruppen leiten sich von ihm die primären, sekundären und tertiären Arsine ab, an die sich als höchste Alkylierungsstufe die quarternären Arsoniumsalze anschliessen.
Allgemein kann gesagt werden, dass die toxische Wirkung des Arsens mit zunehmender Wertigkeit sinkt.
Die meisten der 5-wertigen Arsenverbindungen sind weniger giftig als die der 3-wertigen. Die Pharmakologie hat sich diese Eigenschaften zu Nutze gemacht. Mitunter ist dies auch die Ursache, weshalb in der oxydisohen Abbaustufe die Arsenvergiftungen weniger im Belebtschlamm zur Geltung kommen als in dem Faulbehälter. Die stark reduzierenden Vorgänge, durch die im Substrat ständig nachgebildeten und anwesenden H-Donatorenwie z.
B. (NAD, FAD), führen diefunfwertigen Arsenverbindungenindiedreiwertigensehr giftigen
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Arsenwasserstoffverbindungen über, ebenso werden die dreiwertigen Schwefelverbindungen des Arsens auf- gespalten und in die Arsenwasserstoff-und Schwefelverbindungen übergeführt. Dadurch erklären sich die er- wähnten Störungen beim anaeroben Faulvorgang und der charakteristische Geruch.
Die Vorgänge im Faulbehälter bilden den Gegenstand zahlreicher Untersuchungen und werden hier nur soweit berührt, als diese für das Verständnis des erfindungsgemässen Verfahrens erforderlich sind. Der Ab- bau erfolgt in 2 Stufen. Die erste Stufe ist die Verflüssigungsstufe der Feststoffe, die zweite Stufe die Ver- gasung. Für die erste Stufe sind die säurebildenden, für die zweite die methanbildenden Bakterien zuständig.
Die verbleibenden organischen Stoffe, die sich im eingedickten Schlamm befinden, werden unter Dunkel- heit und Sauerstoffabschluss durch den Stoffwechsel der säurebildenden Bakterien und der Methanbakterien sowie der nitrifizierenden und sulfatreduzierenden Bakterien abgebaut.
Die säurebildenden Bakterien wandeln die komplizierten organischen Verbindungen in einfachere Ver- bindungen wie z. B. Essig, Propion- und Buttersäure um. Diese Stoffe dienen den Methanbakterien als Nähr- stoff und werden weiter in einfache Verbindungen umgewandelt.
Die meisten Bakterien der anaeroben Faulung haben mesophilen Charakter. Ihre günstigste Wirksamkeit setzt bei zirka 370C ein, weshalb Faulbehälter beheizt werden.
Die entstandenen organischen Säuren werden in ihre Salze verwandelt und liegen nicht frei vor, weshalb der günstigste pH-Wert des anaeroben Faulvorganges nahe 7 meistens in schwach alkalischem Bereich liegt.
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bei PH 8 mit -0, 48 und -0, 5 EH2 Volt angegeben. Der optimale Redox-Potential-Bereich liegt zwischen zirka -0, 2 bis-0, 3 Volt für einen pH-Bereich von 6, 8 bis zirka 7, 5 pH.
Die Gesamtalkalltät liegtals Bicarbonatund Aoetatalkalität vor, da die meisten organischen hier in Frage kommenden Säuren nur wenig stärker sind als die Kohlensäure.
Für das erfindungsgemässe Verfahren ist es somit wesentlich, dass ein Stoff zugesetzt wird, dem gleich- zeitig eine pi-puffende Wirkung als auch die Einstellung des Redoxpotentials von -0, 2 bis -0, 5 EH2 Volt bewirkt wird. Das wesentlichste Ziel des erfindungsgemässen Verfahrens ist die Verhinderung der Entstehung von Arsenwasserstoff. Durch Versuche konnte nämlich festgestellt werden, dass in den angegebenen PH- und rH-Bereichen aus beispielsweise As S3 kein Arsenwasserstoff bei der anaeroben Fäulnis entsteht, wenn er- findungsgemäss eine Substanz zugesetzt wird, welche sowohl als pH-Puffer als auch rH-Puffer innerhalb der angegebenen Bereiche funktioniert.
Vergleichsweise dazu haben die Versuche ergeben, dass bei Abwesenheit einer solchen Substanz die Methangärung und-bildung in Gegenwart von As Sg fast vollständig zum Stillstand gelangen. Erfindungsgemäss ist in erster Linie nicht daran gedacht, dass die Fällungsprodukte als Adsorben- tien dienen, sondern es wird die Pufferwirkung des PH- und rH-Bereiches dazu benützt, dass durch den Me- tabolismus des anaeroben Abbauvorganges keine Bedingungen entstehen, die es gestatten würden, z. B. aus AS2 Ss Arsenwasserstoff AsH3 entstehen zu lassen. Die besten Resultate werden erzielt, wenn man ein Gemischder Hydroxyde von Fe und Fe zusetzt. Dadurch steigt die Gasentwicklung innerhalb von kurzer Zeit.
Vergleicht man dazu einen Faulschlamm, dem AsSg allein zugesetzt wurde, so nimmt die Methanentwicklungabund gerät nach 2 bis 3 Tagen fast zum vollkommenen Stillstand. Das Faulgas bekommt den knoblauchartigen Geruch von Arsenwasserstoff. Allmählich übernimmt ein anderer nicht erwünschter Metabolismus den anaeroben Abbau des Faulschlammes, der nichtnurwesentlichlängere Zeitin Anspruchnimmt, sondern auch einen üblen Geruch verbreitet.
Es istbereits bekannt, vergl. die deutsche Patentschrift Nr. 591528 beim Ausfaulen von Gerbereischlamm C02 in den stark alkalischen Ätzkalk enthaltenden Schlamm einzuführen ; dies führt zur Bildung von frisch gefälltem Karbonatschlamm, der pH-Wert fällt somit von stark alkalischem Bereich auf einen fast neutralen Bereich zurück. Bei sehr hohem Alkaligehalt wird eine konservierende Wirkung erzielt, die annähernd an eine sterile biologisch nicht sehr aktive Lösung herankommt. Mit diesem Verfahren ist auch nicht gedacht, gleichzeitig neben einer pH-regulierenden auch eine rH-puffernde Lösung zu schaffen, die die Bildung von toxischen Arsenwasserstoffverbindungen inhibieren. Entsprechend dem damaligen Stand der Technik konnte auch nicht daran gedacht sein, den rH-Wert als die 2.
Komponente als Regulativ für den Abbau des Faulschlammes zu steuern. Der Adsorptionseffekt ist zwar sicherlich auch beim erfindungsgemässen Verfahren von Bedeutung, denn bei einer grösseren Oberfläche ist auch eine beschleunigte Reaktion zu erwarten. Ebenso ist z. B. eine intensive Gasumwälzung während des Abbauvorganges bekanntlich von Vorteil. All dies ist jedoch unwirksam, wenn nicht durch den erfindungsgemässen Zusatz die Entstehung von Schadstoffen verhindert wird. Bekanntlich ist z. B. das As2 sus nur schwer in neutralem Wasser löslich. In starken Alkalien löst sich die Verbindung zum Arsenat und wird dann durch die H-Donatoren, wenn der Redoxbereichunter 0, 5 EHz Volt sinkt, z. B. in AsH3 umgesetzt ; gerade das aber soll durch das erfindungsgemässe Verfahren verhindert werden.
Versuche mit eingedicktem kommunalen Frischschlamm, haben bei der anaeroben Faulung, ohne Schadstoffe, nach zirka 50 h, bei einer Faultemperatur von zirka 370C ein Gasgemisch von zirka 69% Methan und 30, 7% C02 geliefert. Diese Werte können bei enzymatischen adaptierten Kulturen stark streuen und bilden
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nur einen allgemeinen Vergleichswert. Inhibitoren wie z. B. Giftstoffe As, Cu, Sb, Hg u. a. können den Zer- setzungsprozess stark beeinflussen. Einen entscheidenden Einfluss auf die Zusammensetzung des Faulgases übt das zu zersetzende Substrat aus, in welchem Verhältnis C : H : 0 : N, je nach dem Fettgehalt im Schlamm die Faulgaszusammensetzung zwischen % CO : % CH zwischen l : 1, 7 und 1 : 2 schwanken lässt. Als End-
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Methan zu bilden.
Dies entspricht einer sehr kräftigen Reduktionswirkung. So z. B. kann das Methanobakterium M. o. H. die methanbildende Komponente mittels molekularem Wasserstoff als H-Donator wie folgt verwerten :
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Schaden mehr nehmen. Zu beachten ist auch der Wassergehalt und die Dichte des eingedickten Schlammes, welcher zur Faulung gelangt. Eine zu starke Verdünnung führt einerseits zu einer Abnahme der Konzentra- tion der Biokulturen und erhöht anderseits die Löslichkeit für die Schadstoffe, weshalb sich auch eine laufen- de Dichtekontrolle des Faulschlammes erforderlich macht.
Ein mässiger Überschuss an dem erfindungsgemäss zu verwendenen Zusatz ist für den anaeroben Faulvor- gang förderlich, da an den gebildeten Flocken und Feststoffteilchen eine bessere Besiedelung mit lebenden
Mikroorganismen entsteht. Durch Abfallstoffe wie z. B. Hefeabfall, Brauereischlempe od. dgl., die einen Ge- halt an der Vitamin B 12-Reihe besitzen, kann der Faulvorgang noch verbessert werden, wenn die üblichen
Parameter nicht überschritten werden. Der wahrscheinliche Weg der Methanbildung aus CO2 oder Acetat durch Methanbakterien wurde von BARKER, H. A. : BiochemJ.
Bd. 105 [1967], beschrieben. Der Prozess verläuft über 6 Stufen wobei als H-Donatoren Pyruvatoder, die THF (Tetrahydrofolsäure) und CoB12 als
Coenzym (Vitamin But2) fungieren Die Zugaben der genannten Abfallprodukte müssen jedoch vom Fachmann erfolgen, da Rohstoffe von Stärkeprodukten leicht in saure Gärung übergehen können, die für die anaerobe
Faulung nicht zuträglich sind. Ihre Anwendung wird nur in besonders hartnäckigen Fällen empfohlen.
PATENTANSPRÜCHE :
1. Verfahren zur Aufarbeitung (Entgiftung) von Faulschlamm, welcher toxische Verbindungen von Arsen, Antimonund/oderQuecksilberenthält, dadurch gekennzeichnet, dassdemFaulschlamm zum Zwecke des anaeroben Abbaus zu im wesentlichen Methan, Kohlensäure und Wasser, ein Mittel zugesetzt wird, welches den pH-Wert und das Redox-Potential zu puffern imstande ist, wie z. B. ein Gemisch der Hydroxyde des Fell und Fern, und dass der genannte Zusatz in solchen Mengen erfogt, dass der pH-Wert des Faulschlammes auf zwischen 6, 6 und 8, 2, vorzugsweise auf 6, 8 bis 7, 5 und das Redoxpotential auf einen Wert zwischen-0, 2 bis-0, 5 EH, Volt, vorzugsweise -0, 2 bis -0, 3 EH2 Volt eingestellt werden.