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Verfahren zur Herstellung eines Serums gegen Brandfolgen.
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vor den gefährlichen Brandfolgen zu schützen. Bisher wurde ein spezifisches Serum gegen Brandfolgen nicht verwendet. Das Prinzip, Brandfolgen, insbesondere zur Verhinderung des Spättodes nach Brand- verletzungen, mit einem spezifischen Serum zu behandeln, ist grundsätzlich neu.
Nach der Weidenfeldsehen Regel genügt bei Erwachsenen die Verbrennung eines Drittels der
Körperoberfläche (bei Kindern eines Viertels), um das Individuum in höchste Lebensgefahr zu bringen.
Schon eine Verbrennung ersten Grades (einfache Rötung der Haut) in diesem Ausmass führt meistens den Tod nach einigen Tagen herbei. Die gefährlichen Brandfolgen rühren in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle von toxisch wirkenden Substanzen her, die im verbrannten Haut- (Schlpimhaut) Bpzirk an Ort und Stelle entstehen, indem durch die Hitzeeinwirkung normale Hautbestandteile in jene höchst toxisch wirkenden Substanzen umgeformt werden. Durch Resorption dieser toxischen Substanzen kommt es, wenn dieselben durch die Hitzeeinwirkung in entsprechender Menge gebildet wurden, zu den schweren Brandfolgen, auch sehr oft nach mehreren Tagen zum Tode (sogenannter "toxischer Tod").
Dies gilt freilich nur für die so häufigen oberflächlichen Verbrennungen und Verbrühungen, bei denen der Tod nicht schon während oder unmittelbar nach der Verbrennung durch extreme, an sich schon tödlich wirkende Temperatureinwirkung oder durch Schädigung (direkte Zerstörung) lebenswichtiger Organe eintritt.
Das nach dem erfundenen Verfahren hergestellte neue Serum gegen Brandfolgen enthält nun wirksame Antikörper gegen jene toxischen Substanzen, die im verbrannten Haut (bzw. Sehleimhaut)gebiet entstehen und nach Resorption in den Gesamtorganismus dort ihre gefährliche Wirkung entfalten.
Das Serum kann als prophylaktisch-therapeutisch hochwirksames Mittel bei allen geeigneten Fällen angewendet werden, insbesondere bei jenen Fällen, wo nach der Weidenfeldschen Regel die Prognose einer Brandverletzung eine schlechte ist. Sein Anwendungsgebiet ist somit sehr gross.
Zur Gewinnung des in Rede stehenden Serums kann erfindungsgemäss folgender Weg eingeschlagen werden.
Es wird ein Extrakt aus verbrannter, verbrühter oder sonstwie weitgehend über die Normaltemperatur erhitzter Haut und gegebenenfalls aus einer kleinen Menge von ebenso behandelter Schleimhaut hergestellt. Dieser Extrakt aus verbrannter Haut wird Tieren eingespritzt, von denen später Serum gewonnen werden soll. Der Extrakt kann in steigenden Dosen z. B. Pferden oder Rindern eingespritzt werden (analog dem an sich bekannten Immunisierungsverfahren mit andern Antigenen zwecks Herstellung der Sera gegen andere Krankheiten). Die Extrakteinspritzungen werden zweckmässig zwei-bis dreimal wöchentlich durch 4 bis 6 Wochen (manchmal auch länger) vorgenommen. Hierauf wird eine Ruhepause von 8 bis 12 Tagen eingeschaltet, nach welcher das Serum von den so vorbehandelten Tieren in der üblichen Weise gewonnen werden kann.
Zur Herstellung des Extraktes werden Hautstücke einer mehr oder minder starken Erhitzung ausgesetzt. Die Erhitzung kann auf vielerlei Art erfolgen (Übergiessen mit kochender Flüssigkeit, direkte Flammenwirkung. Bestreichen mit glühendem bzw. heissem Metallstück. Elektrizität usw.). Das zu verbrennende Hautareal wird zweckmässig vor der Verbrennung mechanisch (nicht durch chemische Mittel) gründlich enthaart, z. B. mit einem Rasiermesser ohne Anwendung von Seife. Die zur Extraktherstellung verwendete Haut kann an lebenden (eventuell mit Äther leicht narkotisierten) Tieren verbrannt werden
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gut durchgemischt, dabei aber vor Staub geschützt.
Nach Zentrifugierung (10 Minuten lang, nicht mehr
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Faltenfilter mittlerer Dichte filtriert. Statt durch Zentrifugieren kann die Flüssigkeit auch durch vor- sichtiges Abpressen von den festen Anteilen des Breies getrennt werden, wobei jedoch der Druck nicht zu hoch sein darf (bis zirka 30 Atm.). Als Presse kann eine der gangbaren Organpressen (z. B. eine"Buehner"- Presse) in Anwendung kommen. Der Presssaft soll nur mit Glas-und Porzellanteilen, weiter mit dem zum Pressen verwendeten Leinen in Berührung kommen, nicht aber mit Metallteilen. Die so erhaltene filtrierte Flüssigkeit kann hierauf den serumspendenden Tieren nach dem Vorbild der üblichen Immunisierungsverfahren eingespritzt werden. Bei der Extraktherstellung können Änderungen eintreten, die mit der Anpassung an das jeweils verwendete Ausgangsmaterial (Haut) zusammenhängen.
Ferner können an Stelle der Kochsalzlösung andere Flüssigkeiten (wie z. B. Alkohol, Äther usw. ) als Extraktionsmittel verwendet werden, um die Zusammensetzung des in Lösung gehenden Stoffgemisches zu verändern. In den Grundzügen wird jedoch in allen Fällen so verfahren, wie dies oben beschrieben wurde.
Der Extrakt kann vor seiner Einspritzung in die serumspendenden Tiere verschiedenartigen Vorbehandlungen unterworfen werden, wie sie bei der Serumherstellung auch sonst üblich sind. So kann z. B. das. sogenannte"kombinierte Immunisierungsverfahren"zur Anwendung gelangen. Zu diesem Zweck wird der in der beschriebenen Weise hergestellte Extrakt mit dem Serum eines Tieres zusammengebracht, das einer andern Tierart angehört als die Tierart, von der die Haut zur Extraktbereitung genommen wurde. Die Tierart, von der dieses Serum stammt, soll auch verschieden von jener Tierart sein, an der die Extrakteinspritzungen zwecks Immunisierung vorgenommen werden.
Beispielsweise wird ein Gemisch von 10 cs Hautextrakt von Ratten mit 0'5 em3 Schweineserum eine Stunde bei Zimmertemperatur stehengelassen und hierauf Kaninchen eingespritzt. Diese Mischung muss vor jeder der wiederhalten Einspritzungen frisch hergestellt werden. Hingegen wird das Serum zweckmässig inaktiviert (z. B. eine halbe Stunde auf 560 C im Wasserbad erwärmt), durch eine der üblichen Porzellankerzen filtriert. mit einem der üblichen Konservierungsmittel (z. B. 0'25 % Phenol) versetzt und im Eisschrank bis zur jeweiligen Verwendung aufbewahrt. Ein solches kombiniertes Immunisierungsverfahren kommt insbesondere bei Verwendung alkoholischer Extrakte der beschriebenen Art in Betracht.
Der Zweck aller dieser Vorbehandlungen ist im allgemeinen derselbe. Wird ein nicht vorbehandelter Extrakt Tieren einverleibt, so bilden diese Antikörper nur gegen einen Teil der Stoffe, die mit dem Extrakt in den Tierkörper gelangt sind, da der Extrakt ein Gemenge der verschiedenartigsten Stoffe darstellt. Durch solche bekannte Vorbehandlungen geeigneter Art gelingt es, Stoffen, die sonst keine Antikörperbildung anregen (keine Vollantigene sind), diese Fähigkeit zu verleihen und dadurch im Serum der mit dem Extrakt behandelten Tiere auch Antikörper gegen Stoffgruppe des Extraktes zu erhalten, die durch Einverleibung eines nicht vorbehandelten Extraktes nicht entstehen.
Die gesamte Extraktmenge, die zur Immunisierung des einzelnen Tieres nötig ist, sehwankt selbst-
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zustand usw. Neben der Summe dieser besonderen Umstände ist der Gehalt des Extraktes an wirksamem
Antigen massgebend. Die Blutentnahme, Serumgewinnung nach abgeschlossenem Immunisierungsver- fahren sowie die praktische Verwendung des Serums erfolgt in der für andere Heilsera üblichen Weise.
Nach der letzten Einspritzung lässt man zweckmässig 8 bis 10 Tage verstreichen, bevor das Tier.. geblutet'', wird, d. h. bevor die Blutentnahme zum Zwecke der Serumgewinnung erfolgt.
Die Wirksamkeit der Sera hat sich in einer langen Reihe von Tierversuchen überzeugend nach- weisen lassen. Verbrennungen, die bei den Kontrolltieren in hohem Verhältnissatz von tödliche Wirkung waren, konnten, gleichartigen Versuchstieren in gleicher Stärke und Ausdehnung beigebracht, durch die
Schutzwirkung des spezifischen Serums unschädlich gemacht werden : die mit dem Serum behandelten
Tiere blieben zu einem grossen Prozentsatz dauernd am Leben. Der Nachweis der Wirksamkeit der
Sera kann in der folgenden Weise geführt werden :
Zunächst wird durch einige Vorversuche das Ausmass der Verbrennung festgestellt, das eben noch sicher tödlich wirkt ; dieses Ausmass ist je nach Rasse und Tiergrösse verschieden. Für diese Versuche eignen sich in erster Linie Kaninchen, da Meerschweinchen und Ratten usw. gegen Hautverbrennungen widerstandsfähiger sind.
Es sind gesunde, gleichaltrige, erwachsene Tiere von möglichst gleichem Gewicht und gleicher Rasse zum Versuch einzustellen. Die Kaninchen werden auf passende Operationsbretter aufgebunden, wie sie in Laboratorien für Tierversuch verwendet werden, mittels Schere am Rumpf (Rücken- und Bauchgegend) je nach der Ausdehnung der geplanten Verbrennung gründlichst enthaart. Hierauf wird das betreffende Tier in eine tiefe Äthernarkose, bis zum Ausbleiben des Lidreflexes, versetzt und die Verbrennung dann schnell auf zweierlei Art vorgenommen (wobei, wegen der Explosionsgefahr des Äthers bei Flammennähe, die Narkosemaske entfernt wird). Zunächst wird die Haut mit einem ganz glatten bis zur Rotglut erhitzten Stahlstück bis zur leichten aber deutlichen Braunfärbung bestrichen.
Das Stahlstück, das zweckmässig von der Gestalt eines Messers ist, wird mit seiner breiten Seitenfläche aufgesetzt und gleichmässig schnell über die Haut weggezogen, ohne an einer Stelle länger aufzuruhen. So wird z. B. die Hälfte der enthaarten Hautfläche verbrannt. Die andere Hälfte wird durch Übergiessen mit kochendem Wasser verbrüht. Das Wasser wird in einem neben dem Operationstisch befindlichen Erlenmeyer-Kolben gekocht, dessen noch kochender Inhalt in mehreren kleinen Portionen über die zu verbrennende Haut ausgegossen wird. Die Haut soll etwa 1 Sekunde lang mit dem Wasser in Berührung gebracht werden.
Nach der Verbrennung soll man die Tiere gründlich abtrocknen und sofort in Käfige bringen, die, vor Zug geschützt, in wohltemperiertem Raum untergebracht und mit reichlich frischer Streu und Holzwolle versehen sind, um zu verhindern, dass die Tiere, die ihres natür- liehen Wärmeschutzes, der Haare, teilweise beraubt sind, hiedurch tödlich erkranken. Zur Sicherheit sind von dem Herzblut jedes gestorbenen Tieres unter den Kautelen der bakteriologischen Technik Kulturen zu machen ; nur im Falle, als diese Kulturen steril bleiben und der übrige Obduktionsbefund mit dem bekannten Bild des Verbrennungstodes übereinstimmt, ist die Annahme zulässig, dass das Tier an den Verbrennungsfolgen zugrunde gegangen ist.
Bei einiger Übung lassen sieh diese Verbrennungen, was Ausdehnung und Intensität betrifft, sehr sicher und gleichmässig durchführen. Indem man bei einer zu diesen Vorversuchen bestimmten Reihe von Kaninchen die Ausdehnung der Verbrennung (d. h. die Grösse der verbrannten Hautoberfläche) langsam von Tier zu Tier steigert, lässt sich eindeutig feststellen, welche Ausdehnung die auf die beschriebene Art vorgenommene Verbrennung haben muss, um eben noch mit Bestimmtheit tödlich zu wirken. Ist dieses Mass gefunden und stellt sich bei allen so verbrannten Kaninchen der Tod ungefähr in gleicher Zeit nach der Verbrennung ein, so kann zur eigentlichen Prüfung der Serumwirksamkeit geschritten werden.
Hiezu wird, wie oben beschrieben, eine grössere Reihe Kaninchen derartig verbrannt, dass auf Grund der Vorversuche der Tod nach einer ungefähr zu bestimmenden Frist zu erwarten ist. Die Verbrennung wird in der kleinsten Ausdehnung vorgenommen, die bei den Vor-
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nacheinander in dieser Ausdehnung verbrannt.
Hierauf wird die Serie willkürlich in zwei Gruppen geteilt ; den verbrannten Tieren der einen Gruppe macht man, von der dritten Stunde nach der Verbrennung an beginnend, subkutane, allenfalls auch intravenöse Injektionen des gemäss der Erfindung hergestellten Serums in steigenden Dosen von 2 bis 4 cm3. Die Tiere der andern Gruppe bekommen keine Einspritzungen, oder es werden ihnen gleiche Dosen eines gewöhnlichen Serums eingespritzt, das von der gleichen Tierart entnommen wird wie das für die erste Gruppe verwendete spezifische Serum. Die Injektionszeiten sollen für beide Gruppen gleich sein.
Da bei allen in eben noch tödlich wirkender Ausdehnung verbrannten Kaninchen der Tod, falls eine Behandlung mit dem Heilserum nicht vorgenommen wird, mit grosser Regelmässigkeit am zweiten Tage nach der Verbrennung eintritt, sind zweckmässig die eingespritzten Serumdosen bis zum Morgen des zweiten Tages allmählich bis zu einer alle 3 bis 4 Stunden verabreichten Dosis von etwa 5 cm3 zu steigern. Diese Zahl schwankt einerseits in Abhängigkeit von der verwendeten Tiergrösse, anderseits in Abhängigkeit von der Wirksamkeit des Serums.
Als Beispiel sei folgendes Versuehsergebnis wiedergegeben : Es wurden 20 Kaninchen der gleichen Rasse, die bezüglich Alter, Gewicht und Farbe gleichartig waren, zum Versuch eingestellt, nachdem die gerade noch tödlich wirkende geringste Verbrennul1gsdosis vorher an andern gleichartigen Kaninchen in der obenbeschriebenen Weise festgestellt worden war. Bei diesen Vorversuchen war das Befinden der
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Tiere am Tage nach der Verbrennung immer gut, die Tiere nahmen regelmässig Futter und wiesen keine schweren Krankheitssymptome auf ; am zweiten Tage jedoch begann ein deutlicher Verfall, und der Tod trat bei allen Tieren regelmässig im Zeitraum von 50 bis 55 Stunden nach der Verbrennung ein.
Daher wurden die 20 zum Versuch bestimmten Kaninchen durchweg gleichmässig auf die beschriebene Art verbrannt. 10 der so verbrannten Tiere erhielten Einspritzungen des in Rede stehenden Serums (Versuchstiere), die andern 10 Tiere erhielten ein Normalserum derselben Tierart zu gleichen Zeiten und in gleichen Mengen (2 bis 4 cm3) eingespritzt (Kontrolltiere). Sämtliche Kontrolltiere starben in dem Zeitraum von der 52. bis 59. Stunde nach der Verbrennung ; von den mit dem Serum gegen Brandfolgen behandelten 10 Versuchstieren blieben 6 Tiere dauernd am Leben, die andern 4 Tiere starben, eines am 2., zwei am 3. und das vierte am 4. Tag nach der Verbrennung. Die überlebenden Tiere wurden noch weitere 3 Monate beobachtet und wiesen keine Besonderheiten auf. Die Brandwunde heilte langsam.
Die Serumeinspritzungen wurden bis zum 5. Tage nach der Verbrennung fortgesetzt. Das Ergebnis dieses Versuches ist typisch : je nach Gute des nach dem beschriebenen Verfahren hergestellten Serums bleiben mehr oder weniger der Versuchtiere am Leben, während die Kontrolltiere mit grosser Regelmässigkeit am 2. Tag nach der Verbrennung sterben.
PATENT-ANSPRÜCHE :
1. Verfahren zur Herstellung eines Serums gegen Brandfolgen, dadurch gekennzeichnet, dass Tieren ein Gemisch von toxischen Substanzen, die sich bei Verbrennungen in der Haut bilden, als Antigen einverleibt wird, worauf aus dem Blut dieser Tiere Serum in an sich bekannter Weise gewonnen wird.