Verfahren zur Herstellung eines nahtlosen Stahlrohres und Walzwerk zur Durchführung des Verfahrens
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines nahtlosen Stahlrohres in einem kontinuierlichen Walzprozess, bei dem zunächst Vormaterial in einem Lochwalzwerk zu einem Hohlblock umgeformt wird, der dann in einem mehrge- rüstigen Kontiwalzwerk auf einer zuvor eingefädelten Dornstange zu einer Rohrluppe gewalzt wird, wobei die den Hohlblock aufnehmende, von einer an der Einlaufseite angeordneten Dornstangenhalte- und Verfahreinrichtung erfasste Dornstange dem Kontiwalzwerk zugeführt und nachdem die Rohrluppe auf einem dem Kontiwalzwerk nachgeschalteten Ausziehwalzwerk von der Dornstange abgewalzt worden ist zur Einlaufseite zurück transportiert wird. Des weiteren betrifft die Erfindung ein Walzwerk zur Durchführung des Verfahrens.
Ein solches Verfahren und Walzwerk zur Herstellung nahtloser Rohre im Konti- walzverfahren (kontinuierliches Rohrwalzverfahren) mit einem Kontiwalzwerk, auch Rohrkontiwalzwerk genannt, ist beispielsweise durch die DE-Z „Berg- und Hüttenmännische Monatshefte 130 (1985), Heft 7, Seiten 205 - 211 ," bekannt geworden. Als Ausgangsmaterial dient zumeist gewalzter Rundstahl, vorwiegend als Rundstrangguss bis 350 mm Durchmesser, der in Längen bis zu 5 m in einem Drehherdofen auf Walztemperatur gebracht wird. Es erfolgt anschließend das Lochen des Massivblocks auf einem Lochwalzwerk, in der Regel ausgebildet als Schrägwalzwerk, zu einem dünnwandigen Hohlblock. Der so gefertigte Hohlblock wird dann in gleicher Wärme im Kontiwalzwerk über einer Dornstange zur Luppe ausgewalzt. Das Kontiwalzwerk besteht zumeist aus sechs bis neun dicht hinter-
einander liegenden Walzgerüsten, die gegeneinander jeweils verdreht angeordnet sind, beispielsweise um jeweils 90°.
Vor dem Walzbeginn im Kontiwalzwerk wird der Hohlblock mit der darin eingefädelten Dornstange von einer einlaufseitigen Dornstangenhalte- oder Verfahrein- richtung, fachüblich Retainer genannt, in Position gefahren und dann in das Kontiwalzwerk eingestoßen. Dort wird der Hohlblock von den Walzen erfasst und durch die von Gerüst zu Gerüst kleiner werdenden Walzkaliber auf der Dornstange ausgewalzt. Die Dornstange wird dabei mittels der Dornstangenhalte- und Verfahreinrichtung mit während des Walzens kontrollierter, halb- oder vollgesteuerter Dornstangengeschwindigkeit nachgefahren.
In dem einen Fall wird die Dornstange kurz vor Walzende gelöst, so dass Dornstange und Luppe das Walzwerk in Walzrichtung verlassen und einem Stripper zugeführt werden, wo die Dornstange ausgezogen wird. In dem zweiten Fall bei während des gesamten Walzvorgangs mit konstanter Geschwindigkeit nachgefahrener Dornstange wird die Luppe in einem den Kontiwalzwerk nachgeschalteten Ausziehwalzwerk von der Dornstange abgezogen. Die Dornstange wird danach zur Einlaufseite zurückgefahren. Für diese und auch die unter Free-floating (frei mitlaufende Dornstange) oder Semi-Floating (beim Walzen zurückgehaltene und danach mitlaufende Dornstange) sowie Restrained (beim Walzen zurückgehaltene, danach zurückgezogene Dornstange) bekannten Verfahren kann entweder eine hohe Stückzahl, ggf. kombiniert mit einer geringen Dornstangenlänge (SemiFloating) und dann aber ungleichmäßiger Luppentemperatur, so dass zur Weiterverarbeitung eine Nacherwärmung der Rohrluppen erforderlich wird, oder eine gleichmäßige Luppentemperatur mit dann allerdings aufgrund des Rücktransports der Dornstange in Walzlinie hohen Taktzeiten und somit geringen Stückzahlen verwirklicht werden.
Aus der DE 28 11 801 A1 ist ein Walzwerk mit einem mehrgerüstigen Konti- walzwerk und einem mehrgerüstigen Ausziehwalzwerk bekannt, bei dem ein zu walzendes Rohr mittels einer vor dem Kontiwalzwerk gehaltenen Dornstange ausgewalzt wird.
Durch die DE 31 36 381 A1 und die DE 142 79 15 A1 sind Walzwerke bekannt, welche ein Kontiwalzwerk und ein Ausziehwalzwerk besitzen und die zwischen dem Kontiwalzwerk und dem Ausziehwalzwerk eine Halterung für eine Dornstangenhalte- und Verfahreinrichtung aufweisen.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und ein Walzwerk der gattungsgemäßen Art zu schaffen, mit denen sich die genannten Nachteile vermeiden und insbesondere bei geringem Temperaturabfall der Rohrluppen hohe Stückzahlen bei gleichbleibender Produktqualität erreichen lassen.
Diese Aufgabe wird mit einem Verfahren erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass die Dornstange mit der aufgefädelten Rohrluppe nach dem Austritt aus dem letzten Gerüst des Kontiwalzwerkes von der einlaufseitigen Domstangenhalte- und Verfahreinrichtung freigegeben und damit einhergehend von einer zweiten, nachgeschalteten Dornstangenhalte- und Verfahreinrichtung übernommen und so lange festgehalten wird, bis die Rohrluppe über das Ausziehwalzwerk abgewalzt ist. Es wird hierdurch eine Semi-Restrained-Domstangenfahrweise mit kontinuierlichem Ausziehen der Dornstange über das in Linie hinter dem Kontiwalzwerk angeordnete Ausziehwalzwerk ermöglicht, wobei das Kontiwalzwerk und die einlauf- seitige Dornstangen- und Verfahreinrichtung aber während des nachgeschalteten Abwalzens schon ungehindert zur gleichzeitigen Vorbereitung eines folgenden Walzvorgangs verfügbar sind. Es kann somit noch beim weiteren, kontinuierlichen Ausziehen bzw. Abwälzen in Linie schon die nachfolgende Hohlblock- Dornstangen-kombination eingelegt werden.
Der Temperaturabfall des Walzgutes bzw. der Rohrluppen ist nur sehr gering, was eine Nacherwärmung entbehrlich macht. Hierzu tragen die erfindungsgemäß ermöglichten, erhöhten Eingangsquerschnitte des Hohlblocks und eine höhere Umformung im Kontiwalzwerk bei. Durch das erfindungsgemäße Ausschleusen der Dornstange zwischen dem Konti- und dem Ausziehwalzwerk, vorzugsweise orthogonal zur dortigen Dornstangenhalte- und Verfahreinrichtung, optional aber auch in Linie durch das Ausziehwalzwerk, kann das Ausziehwalzwerk mit festem Kaliber, ohne Walzenschnellöffnung, walzen, denn die Walzen brauchen nicht mehr auf das im Dünnwandbereich gegenüber der Rohrluppe dickere Maß bzw. den größeren Durchmesser der zurückgehaltenen Dornstange angestellt zu werden. Nach einem Vorschlag der Erfindung wird hierzu die Dornstange beim Walzen im Kontiwalzwerk mit Rückhaltewirkung kontrolliert in Walzrichtung bewegt und beim Eintritt in das Ausziehwalzwerk in Linie kontinuierlich ausgezogen.
Des weiteren wird die Aufgabe durch ein Walzwerk gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 5 gelöst, bei dem in Linie zwischen dem Kontiwalzwerk und dem Ausziehwalzwerk eine weitere Dornstangenhalte- und Verfahreinrichtung angeordnet ist.
Hierbei ist erfindungsgemäß vorgesehen, dass die Dornstangenhalte- und Verfahreinrichtungen mit zwei voneinander beabstandeten Dornstangengreifmitteln und die Schafte der Dornstangen mit zwei Ankupplungsköpfen ausgebildet sind, von denen einer am in Walzrichtung gesehen hinteren Ende und der andere in Walzrichtung nach vorne beabstandet vorgesehen ist. Sobald der Ankupplungs- kopf, fachüblich Angel genannt, am Dornstangenende von der einlaufseitigen Dornstangenhalte- und Verfahreinrichtung freigegeben wird, wird zeitgleich der weiter vorne ausgebildete, zweite Ankupplungskopf von der nachgeschalteten, zweiten Dornstangenhalte- und Verfahreinrichtung übernommen und festgehalten, bis die Rohrluppe über das Ausziehwalzwerk von der Dornstange abgewalzt ist. Die beiden Dornstangenhalte- und Verfahreinrichtungen sind folglich so kombi-
niert, dass der zweite, vordere Ankupplungskopf übernommen wird, sobald der Ankupplungskopf am Dornstangenende ausgeklinkt worden ist. Durch die Ausbildung mit zwei Domstangengreifmitteln bzw. Rückhalteeinheiten wird erreicht, dass nach dem Übergeben der Dornstange das jeweils freie Dornstangengreifmittel schnellstmöglich die Grundposition für einen folgenden Walzvorgang einnehmen kann.
Es wird vorgeschlagen, dass die Dornstangenhalte- und Verfahreinrichtungen als Kettenretainer ausgeführt und mit Tragetraversen bestückt sind.
Nach einem vorteilhaften Vorschlag der Erfindung sind die Tragetraversen zumindest der zweiten, nachgeschalteten Dornstangenhalte- und Verfahreinrichtung als Rollen ausgebildet. Es lässt sich damit ein Geschwindigkeitsunterschied zwischen Kette und Rohrluppe ausgleichen.
Weitere Merkmale und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus den Patentansprüchen und der nachfolgenden Beschreibung eines in der einzeigen Figur dargestellten Ausführungsbeispiels der Erfindung.
Von einer Walzanlage zur Herstellung nahtloser Stahlrohre in einem kontinuierlichen Walzprozess sind in der sehr schematischen Figur ein Kontiwalzwerk 1 , das hier aus sechs aufeinander folgenden Walzgerüsten 2.1 bis 2.n besteht, und ein sich diesem in Walzrichtung 3 anschließendes Ausziehwalzwerk 4 sowie eine ein- laufseitig vor dem ersten Walzgerüst 2.1 angeordnete Dornstangenhalte- und Verfahreinrichtung 5 und eine weitere, in Linie zwischen dem letzten Walzgerüst 2.n de Kontiwalzwerks 1 und dem Ausziehwalzwerk 4 vorgesehene zweite Dornstangenhalte- und Verfahreinrichtung 6 dargestellt. Die Dornstangenhalte- und Verfahreinrichtungen 5, 6 sind als um Kettenräder 7 geführte Kettenretainer ausgebildet.
Zum Walzen eines zuvor in einem Lochwalzwerk (nicht dargestellt) hergestellten Hohlblockes 8 zu einer Rohrluppe 9 wird in den Hohlblock 8 eine Dornstange 10 eingefädelt, wie in dem Ablaufschema I bis IX der Dornstangenfahrweise unter I zu entnehmen, und in dieser Hohlblock-Dornstangenkombination 8, 10 auf die ein- laufseitige Dornstangenhalte- und Verfahreinrichtung 5 verbracht. Dort wird die einen ersten, und außerdem einen zweiten, in Walzrichtung 3 gesehen weiter vorne ausgebildeten Ankupplungskopf 11b aufweisende Dornstange 10 von einem Domstangengreifmittel 12 der einlaufseitigen Dornstangenhalte- und Verfahreinrichtung 5 erfasst, wie in der Figur oben dargestellt und unter II zu entnehmen ist. Die durch das Greifmittel 12 erfasste Dornstange 10 mit dem aufgenommenen Hohlblock 8 wird dann in der Folge gemäß III bis vor das erste Walzgerüst 2.1 des Kontiwalzwerks 1 transportiert. Der Hohlblock 8 wird dort von den Walzen des ersten Walzgerüstes 2.1 erfasst und dann über die Folgegerüste bis 2.n (vergleiche IV) zu der Rohrluppe 9 ausgewalzt. Hierbei wird die Dornstange 10 der einlaufseitigen Dornstangenhalte- und Verfahreinrichtung 5 mit einer gezielt gesteuerten Geschwindigkeit kontinuierlich in Walzrichtung 3 bewegt.
Sobald die Rohrluppe 9 das letzte Walzgerüst 2.n des Kontiwalzwerks 1 verlassen hat (vergleiche V) und auch die Dornstange mit ihrem zweiten Ankupplungskopf 11b in den Bereich der nachgeschalteten, zweiten Dornstangenhalte- und Verfahreinrichtung 6 gelangt, wird zeitgleich der Ankupplungskopf 11a der Dornstange 10 aus dem Greifmittel 12 der einlaufseitigen Dornstangenhalte- und Verfahreinrichtung 5 ausgeklinkt und der zweite, vorgelagerte Ankupplungskopf 11b von einem Domstangengreifmittel 13 der zweiten Dornstangenhalte- und Verfahreinrichtung 6 erfasst (vergleiche die Positionen VI und VII).
Die Domstange 10 wird von dem Greifmittel 13 solange festgehalten, bis die Rohrluppe 9 über das Ausziehwalzwerk 4 von der Dömstange 10 abgewalzt ist (vergleiche Pos. VIII). Sobald die Dornstange 10 von der Rohrluppe 9 frei ist, wird sie seitlich bzw. orthogonal gemäß Pfeil 14 ausgeschleust und steht im Dornstangen-
kreislauf für einen erneuten Walzprozess zur Verfügung. Hierbei kann, wie unter I' bis IV veranschaulicht, das Einfädeln einer Dornstange 10 in einen Hohlblock 8 für eine Folgewalzung mit Positionierung der Hohlblock-Dornstangenkombination 8, 10 bereits zu einem Zeitpunkt durchgeführt werden, zu dem die Rohrluppe 9 des vorhergehenden Walzvorgangs noch von der Dornstange 10 abgewalzt wird. Damit nach dem Übergeben der Dornstange 10 möglichst schnell wieder die Grundposition für eine Folgewalzung erreicht wird, sind die Dornstangenhalte- und Verfahreinrichtungen 5, 6 mit einem zweiten Dornstangengreif mittel 12' bzw. 13' ausgebildet.
Die einlaufseitige Dornstangenhalte- und Verfahreinrichtung 5 ist mit Tragetraversen 15 versehen, während die Ketten der zwischen dem Kontiwalzwerk 1 und dem Ausziehwalzwerk 4 angeordneten Dornstangenhalte- und Verfahreneinrichtung mit Rollen 16 bestückt sind, um den Geschwindigkeitsunterschied zwischen Kette und Rohrluppe 9 auszugleichen.
Bezugszeichenliste
1 Kontiwalzwerk
2.1-2.n Walzgerüste
3 Walzrichtung (Pfeil)
4 Ausziehwalzwerk
5 einlaufseitige, erste Dornstangenhalte- und Verfahreinrichtung
6 zweite Dornstangenhalte- und Verfahreinrichtung
7 Kettenrad
8 Hohlblock
9 Rohrluppe
10 Dornstange
11a erster, hinterer Ankupplungskopf
11b zweiter Ankupplungskopf
12, 12' Dornstangengreifmittel 3, 13' Dornstangengreifmittei
14 Ausschleusungspfeil 5 Tragetraversen 6 Rollen